Das Königreich Preußen (1701-1918) in detaillierter Übersicht, Geschichte in alten Ansichtskarten.
Berlin ist die Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Preußen.
Königreich Preußen 1701 – 1918
Das Königreich Preußen mit seinen Provinzen: Brandenburg – Hannover – Hessen-Nassau – Ostpreußen – Pommern – Posen – Rheinland – Sachsen – Schlesien – Schleswig-Holstein – Westfalen – Westpreußen und den zwei gesonderten Bezirken Berlin und Hohenzollern.
Das Königreich Preußen ist der wichtigste Bundesstaat im Deutschen Reich, besteht seit 1866 im wesentlichen aus einem zusammenhängenden Gebiet, das freilich eine Anzahl von kleineren Staaten (Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, die Freien Städte Hamburg, Bremen und Lübeck; Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Oberhessen, Teile der thüringischen Staaten) umschließt, und grenzt gegen Norden an die Nordsee, Dänemark und die Ostsee, gegen Osten an Russland und Galizien, gegen Süden an die österreichischen Kronländer Schlesien, Mähren und Böhmen, ferner an das Königreich Sachsen, die thüringischen Staaten, Bayern, das Großherzogtum Hessen, die bayrische Pfalz und Elsaß-Lothringen und gegen Westen an Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Getrennt vom preußischen Staatsgebiet sind außer mehreren Enklaven innerhalb der von Preußen umschlossenen Staaten die Kreise Schleusingen, Schmalkalden und Ziegenrück sowie die Exklaven Wandersleben in Thüringen und Hohenzollern in Süddeutschland.
Die äußersten Punkte Preußens, abgesehen von Hohenzollern, sind folgende:
- der nördlichste bei Nimmersatt, nördlich von Memel, unter 55°54′ nördliche Breite,
- der östlichste bei Schilleningken unweit Schirwindt an der Scheschuppe unter 22°53′ östliche Länge,
- der südlichste bei Hanweiler, südlich von Saarbrücken, am Einfluss der Blies in die Saar unter 49°7′ nördliche Breite und
- der westlichste bei Isenbruch im Regierungsbezirk Aachen (4 km von der Maas) unter 5°52′ östliche Länge.
In Hinsicht auf den Flächeninhalt nimmt Preußen, nach Russland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Spanien und Schweden, die sechste Stelle unter den europäischen Staaten ein. Das Königreich Preußen ist mit 348.607 km² der größte Staat des Deutschen Reichs und umfasst nahezu den ganzen Norden Deutschlands.
Wappen:
Das Staatswappen des Königreichs Preußen ist ein dreifaches: das kleine ist mit der Königskrone bedeckt und enthält in Silber einen schwarzen, goldbewehrten, königlich gekrönten Adler mit roter Zunge, goldenen Kleestengeln auf den Flügeln und dem Namenszug des ersten Königs auf der Brust, mit Zepter und Reichsapfel in den Fängen. Das mittlere Wappen besteht in einem Schilde, der zweimal gespalten und dreimal quer geteilt ist, mit rotem Schildesfuß, in der Mitte belegt mit dem Schilde des kleinen Staatswappens. In den übrigen elf Feldern erscheinen die Wappen der Provinzen und Länder. Der Schild ist ebenfalls mit der preußischen Königskrone bedeckt und wird von zwei wilden, mit Keulen bewaffneten Männern gehalten und von der Kette des Schwarzen Adlerordens umzogen. Das große Wappen enthält 48 Felder und 3 Mittelschilder. Unten erscheint ebenfalls ein roter Schildfuß, den Regalienschild repräsentierend. Der Schild ist von einem mit der preußischen Königskrone gekrönten goldenen Helm bedeckt, von den preußischen Orden umgeben, und wird von zwei wilden, Fahnen tragenden Männern gehalten. Das Ganze ist von einem purpurnen, mit Adlern und Königskronen bestickten Wappenzelt umgeben, dessen Gipfel die Königskrone und das Reichspanier decken. Die blaue Randleiste des Zeltes trägt den Wahlspruch Friedrichs I.: „Gott mit uns!„
Landesfarben:
Die preußische Landesflagge ist weiß, hat keine Auszackung und wird sowohl an der oberen als an der untern Seite von einem schwarzen Streifen eingefasst. In dem weißen Felde zeigt sie den heraldischen preußischen Adler. Die preußische Kriegsflagge, die von Staatsfahrzeugen in Binnengewässern geführt wird, ist weiß und ohne schwarze Randstreifen. Ihre Länge verhält sich zur Höhe wie 5 zu 3. Die äußere schmale Seite ist auf ein Fünftel der Flaggenlänge ausgezackt. In der Mitte des nicht ausgezackten Teiles befindet sich der heraldische preußische Adler (schwarz mit roter Zunge, goldenen Fängen und Schnabel, im rechten Fange den goldenen Zepter, im linken den blauen Reichsapfel führend, mit goldenen Kleestengeln, auf der Brust ein goldenes FR, auf dem Kopfe die purpurgefütterte Königskrone), in der oberen Ecke am Flaggenstocke das schwarze, weißgesäumte Eiserne Kreuz.
Orden:
Ritterorden sind:
- der Orden vom Schwarzen Adler, gestiftet 18. Januar 1701, der höchste preußische Orden;
- der Verdienstorden der preußischen Krone, gestiftet 18. Januar 1901;
- der Orden Pour le mérite, gestiftet 1740, erweitert 18. Januar 1810, mit einer 31. Mai 1842 gestifteten Friedensklasse für Wissenschaft und Künste;
- der Rote Adlerorden, 1705 in Bayreuth gestiftet, durch Bestätigungsurkunde 12. Juni 1792 zum zweiten Ritterorden des königlichen Hauses erhoben, 1810, 1811, 1830, 1832, 1848, 1864 und 1865 erweitert;
- der königliche Kronenorden, gestiftet 18. Okt. 1861;
- der königliche Hausorden von Hohenzollern, 7. Dezember 1849 in die Reihe der königlich preußischen Orden übergegangen, neue Statuten vom 23. August 1851; die Ballei Brandenburg des ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem, bestand schon 1382, aufgelöst 23. Januar 1811, wieder errichtet 15. Oktober 1852;
- der Orden des Eisernen Kreuzes, gestiftet 10. März 1813, erneuert 19. Juli 1870;
- der Wilhelmsorden, gestiftet 18. Januar 1896;
Frauenorden:
- der Luisenorden, gestiftet 3. August 1814, erneuert 15. Juli 1850, erweitert 30. Oktober 1865;
- das Verdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen, errichtet 22. März 1871.
Ehrenzeichen sind:
- das allgemeine Ehrenzeichen,
- die Rettungsmedaille am Bande,
- die Rote Kreuz-Medaille und verschiedene Militärehrenzeichen und Kriegsdenkmünzen.
Oberhaupt aller Orden, mit Ausnahme der für Damen bestimmten, deren Vorsteherin die Königin ist, und aller Ehrenzeichen ist der König.
Bundesrat:
17 Stimmen
Reichstag:
236 Abgeordnete
Landesparlament des Königreichs Preußen:
Als verfassungsmäßige Vertretung der Staatsbürger zur Mitwirkung und Beteiligung an der gesetzgebenden Gewalt besteht der Landtag. Dieser besteht aus zwei Kammern, von denen zufolge des Gesetzes vom 30. Mai 1855 die erste Herrenhaus, die zweite Haus der Abgeordneten genannt wird. Beide sind gleichberechtigt, die Beratungen erfolgen gesondert und nur bei der Beschlussnahme über Einsetzung einer Regentschaft gemeinsam. Beide Häuser können schriftliche Petitionen entgegennehmen und den Ministern überweisen, von diesen über eingegangene Beschwerden Auskünfte verlangen (Interpellationsrecht), selbstständig Gesetzanträge einbringen und Adressen an den König richten. Das vornehmste Recht aber (insbesondere des Abgeordnetenhauses) besteht in der Einnahmen- und Ausgabenbewilligung, in der Kontrolle der Staatsschuldenverwaltung.
- Das Herrenhaus besteht nach dem Gesetz vom 7. Mai 1853 und späteren königlichen Erlassen gegenwärtig aus im ganzen 310 Mitgliedern, bez. Stimmen, von denen 41 ruhen. Die Kategorien der Mitglieder und Stimmen sind folgende:
I. Die Prinzen des königlichen Hauses, sobald dieselben nach erlangter Großjährigkeit vom König in das Herrenhaus berufen werden;
II. Mitglieder mit erblicher Berechtigung (im ganzen 98, davon 28 Stimmen ruhend):
1) Haupt des fürstlichen Hauses Hohenzollern,
2) Häupter der vormals reichsständischen Häuser in den königlich preußischen Landen, zur Zeit 22, davon 6 ruhend,
3) Fürsten, Grafen und Herren, zur Zeit 75, davon 22 ruhend,
4) durch besondere königliche Verordnung;
III. auf Lebenszeit berufene Mitglieder (46):
1) die Inhaber der vier großen Landesämter in Preußen,
2) aus besonderem allerhöchsten Vertrauen berufen, zur Zeit 42;
IV. infolge von Präsentation berufene Mitglieder (im ganzen 165, davon aus den Landesuniversitäten 9 und als Vertreter von Städten 44).
- Das Abgeordnetenhaus besteht lediglich aus den von den Staatsbürgern gewählten Repräsentanten, deren Anzahl auf 433 festgesetzt ist. Die Wahlen erfolgen auf Grund der Verordnung vom 30. Mai 1849, welche auch gesetzlich auf die hohenzollerischen Fürstentümer und die neuen Provinzen ausgedehnt wurde. Die Wahl der Abgeordneten ist eine mittelbare und geschieht mittels Wahl der Wahlmänner (Urwahlen) und mittels Wahl der Abgeordneten durch die Wahlmänner. Auf je 250 Seelen wird ein Wahlmann gewählt. Die Urwähler zerfallen nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Steuern in drei Abteilungen und zwar in der Art, dass auf jede Abteilung ein Drittel der Gesamtsumme der Steuerbeträge aller Urwähler fällt (Höchstbesteuerte, Minderbesteuerte, am niedrigsten oder gar nicht Besteuerte). Das Mandat der Abgeordneten erstreckt sich auf die Dauer der Legislaturperiode, die durch Gesetz vom 27. Mai 1888 auf fünf Jahre festgesetzt ist. Zum Abgeordneten ist jeder Preuße wählbar, der das 30. Lebensjahr vollendet hat, im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte und bereits seit einem Jahr preußischer Staatsangehöriger gewesen ist, während die Wähler aus allen wenigstens 24 Jahre alten Preußen bestehen, die seit sechs Monaten in der Gemeinde wohnen und keine Armenunterstützung empfangen.
Die Kammern werden durch den König, so oft es die Umstände erfordern, berufen, sollen aber in jedem Jahresetat (1. April bis 31. März) wenigstens einmal und zwar spätestens Mitte Januar zur Beratung des Staatshaushaltsgesetzes zusammentreten. Erfolgt eine Auflösung des Abgeordnetenhauses, so müssen innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen nach derselben die neu gewählten Kammern versammelt werden. Beide Häuser werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen. Die Vertagung des Landtags darf aber ohne Zustimmung desselben nicht über 30 Tage dauern und sich nicht während einer und derselben Session wiederholen. Jedes Haus regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung und wählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer für die Dauer der Sitzungsperiode. Niemand kann Mitglied beider Häuser sein. Die Sitzungen sind öffentlich. Das Herrenhaus ist bei Anwesenheit von 60, das Abgeordnetenhaus bei Anwesenheit der Mehrzahl seiner Mitglieder beschlussfähig. Die Mitglieder beider Häuser sind Vertreter des ganzen Volkes und an Instruktionen nicht gebunden. Sie können für ihre im Haus ausgesprochenen Meinungen nur innerhalb des Hauses zur Rechenschaft gezogen werden. Die Minister oder deren Stellvertreter haben Zutritt in beide Häuser und müssen jederzeit auf ihr Verlangen gehört werden, sind aber nur dann stimmberechtigt, wenn sie Mitglieder des betreffenden Hauses sind. Die Beschlüsse werden in beiden Häusern nach absoluter Stimmenmehrheit gefasst, welche auch für Verfassungsänderungen genügt; nur müssen bei solchen zwei Abstimmungen stattfinden, zwischen denen ein Zeitraum von wenigstens 21 Tagen liegen muss. Zu jedem Gesetz ist die Übereinstimmung des Königs und der beiden Häuser des Landtags erforderlich.
Hauptstadt:
Berlin mit einer Fläche von 63,3 km² = 1,15 Quadratmeilen und 2.040.148 Einwohner (1905) die größte Stadt des Deutschen Reichs.
Größe des Königreichs Preußen:
348.657,9 km²
Einwohner:
- 1816 = 10.349.031
- 1825 = 12.256.725
- 1840 = 14.928.501
- 1852 = 16.935.420
- 1861 = 18.491.220
- 1867 = 23.971.337
- 1871 = 24.691.085
- 1900 = 34.463.377
- 1905 = 37.278.820
- 1910 = 40.165.219
Familienstand: (1900)
- 59,62 % ledig
- 34,68 % verheiratet
- 5,53 % verwitwet
- 0,17 % geschieden
1904 fanden 1.304.797 Geburten (davon 92.503 uneheliche Kinder), 294.732 Eheschließungen und 742.366 Sterbefälle statt.
Bevölkerungsdichte:
106,9/km² (1905)
Bewohner:
nach Muttersprachen (1910)
- 35.426.335 deutsch
- 3.500.621 polnisch, masurisch oder kaschubisch
- 93.933 litauisch (Ostpreußen)
- 63.143 wendisch (Regierungsbezirk Frankfurt, Liegnitz)
- 103.283 mährisch oder tschechisch
- 139.577 dänisch oder norwegisch
- 19.885 friesisch
- 84.555 holländisch (Düsseldorf und Aachen)
Die Polen wohnen hauptsächlich in den Provinzen Posen, Schlesien, Westpreußen und Westfalen, die Masuren in Ostpreußen, die Kassuben in Westpreußen, die Wenden in Brandenburg und Schlesien, die Mähren und Tschechen in Schlesien, die Dänen in Schleswig, die Holländer in Rheinland und Westfalen. Außerdem finden sich 11.750 Wallonen meist im Rheinland, 20.640 Friesen in Schleswig-Holstein und 21.789 Italiener in Rheinland und Westfalen.
Bildung:
Der Elementarunterricht erfolgt obligatorisch und schulgeldfrei. Die Zahl der öffentlichen Volksschulen beträgt im Jahr 1911 = 38.684 (1906 = 36.756, davon 24.910 evangelisch, 10.799 katholisch , 244 israelitisch und 803 paritätisch) mit 6.671.074 Schülern, 92.408 Lehrern, 24.756 Lehrerinnen und 45.852 Hilfskräften. Außerdem erfolgt der Unterricht an 463 öffentlichen Mittelschulen, 263 Privatschulen mit Volksschulziel, 924 Privatschulen mit Mittelschulziel. Die Universitäten bestehen in der Regel aus vier Fakultäten: einer theologischen, juristischen, medizinischen und philosophischen. Die Universitäten Bonn und Breslau haben außer der evangelisch- auch eine katholisch-theologische Fakultät, während die Universität Münster nur drei Fakultäten, eine katholisch-theologisch, eine philosophische und eine juristische, und das Lyzeum in Braunsberg nur eine katholisch-theologische Fakultät hat. Im Winter 1904/05 hatten die 11 preußischen Hochschulen Berlin, Bonn, Breslau, Göttingen, Greifswald, Halle, Kiel, Königsberg, Marburg, Münster und Braunsberg (Lyzeum) von zusammen 19.722 Studierenden (ohne ca. 4000 zum Besuch der Vorlesungen Berechtigte) besucht. Dazu kommt noch die Kaiser Wilhelm-Akademie in Posen (1139 Besucher) und 7 katholische Priesterseminare (555 Studierende). Das Lehrpersonal beläuft sich insgesamt auf 1725, darunter 611 ordentliche Professoren.
Klima:
In Preußen ist die Temperatur ziemlich gleich, da die durch die verschiedene geografische Lage bedingten Differenzen meist durch andere Verhältnisse wieder ausgeglichen werden, da sich im Süden die bedeutendsten Bodenerhebungen vorfinden, im Norden aber die Seeluft die Wärme und Kälte mäßigt. Die bedeutendsten Differenzen finden sich zwischen den westlichen und östlichen Gegenden. Am Rhein, Main und in dem Tieflandbecken von Münster beträgt die mittlere Jahrestemperatur 9-10° C., über 9° außerdem noch in Hannover, Altona und Berlin; sonst beläuft sie sich auf 7-9° und sinkt nur in Ostpreußen und im Gebirge (Kirche Wang 870 m, Clausthal 590 m) unter 6° C. Die mittlere Temperatur des Winters beträgt unter -4° C. im östlichen Ostpreußen, zwischen -3 und -4° in Königsberg und auf dem Norddeutschen Landrücken bis Konitz, zwischen -1 und -2° in Posen, Oberschlesien und auf dem Oberharz, dagegen 1-2° im Westen. Die höchste mittlere Temperatur im Sommer (17-18° C.) haben die Rheingegend, Torgau, das mittlere Brandenburg, Oberschlesien und Altona, die niedrigste (wenig über und unter 16°) die Küstenlandschaften an der Nord- und Ostsee und der Norddeutsche Landrücken.
Religion: (1905)
- 23.341.502 Evangelisch
- 13.334.765 Römisch-katholisch
- 409.501 Juden
- 45.654 Apostolisch (Irvingianer)
- 42.370 Baptisten
- 17.679 Griechisch-orthodox und -Katholisch
- 51.076 christliche und andere Dissidenten
- 18.569 sonstige Christen (davon 1900: 4031 Herrnhuter, 2557 englische und schottische Hochkirche, 5226 Methodisten und Quäker)
- 13.860 Mennoniten
- 11.004 Freireligiöse
- 6081 andere Religionen
- 1263 ohne Angaben
Postwesen und Briefmarken:
Das Königreich Preußen verfügte vom 18.01.1701 bis 31.12.1867 über eine eigene Posthoheit. Die erste preußische Briefmarke wurde 1857 ausgegeben. Ab 1866 gehörte Preußen zum Norddeutschen Postgebiet, ab 01.01.1871 zum Gebiet der Reichspost.
Die preußische Post regelte den Betrieb neben dem Königreich Preußen 1850 auch im Herzogtum Anhalt, dem Fürstentum Waldeck und Pyrmont, im Fürstentum Birkenfeld (einem Teil des Großherzogtums Oldenburg), in Exklaven des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt und des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen und in einigen Exklaven des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Am 1. Januar 1866 kam das Herzogtum Lauenburg, am 1. Oktober 1866 das besetzte Königreich Hannover, am 1. Januar 1867 Schleswig-Holstein und das oldenburgische Fürstentum Lübeck dazu. Ebenso unterhielt die preußische Post Postanstalten in Hamburg und Bremen.
Maße:
- 1 Zoll-Pfund = 30 Lot = 500 Gramm (ab 1.1.1861)
- 1 Fuß = 12 Zoll = 144 Linien = 139,13 par. Linien = 0,313853 m
- 1 Elle = 25 1/2 Zoll = rd. 2/3 m,
- 1 Lachter = 80 Zoll = 2,09236 m
- 1 Rute = 32 Fuß = 3,76624 m;
- 1 preußische Meile = 24000 Fuß = 7532,5 m
- 1 Morgen = 180 Quadrat-Ruten = 25920 Quadrat-Fuß = 0,2553 ha
- 1 Quart = 64 Kubik-Zoll = 1/27 Kubik-Fuß = 1,14503 l
- 1 Oxhoft = 1 1/2 Ohm =3 Eimer = 6 Anker = 180 Quart = 2,0611 hl
- 1 Scheffel = 16 Metzen = 48 Quart = 16/9 Kubik-Fuß = 0,54961 hl
- 1 Wispel = 24 Scheffel = 13,191 hl
- 1 Tonne = 4 Scheffel = 2,19846 hl
- 1 Klafter = 108 Kubik-Fuß = 3,3389 cbm
- 1 Schachtrute = 144 Kubik-Fuß = 4,4519 cbm
- 1 Pfund = 30 Lot (zu 4 Quentchen zu 10 Zent zu 10 Korn) = 500 g
- 1 Zentner = 100 Pfund, 1 Schiffslast = 40 Zentner
- 1 Karat = 4 Grän = 64 Teile = 205,537 mg
Hymne des Königreichs Preußen:
Preußenlied: „Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben?“
Regenten:
Regierendes Fürstenhaus: Hohenzollern, Ahnherr Burchardus de Zolorin († 1061)
Das Königreich Preußen ist eine konstitutionelle Monarchie, deren Staatsgrundgesetz in der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 niedergelegt ist, die indessen durch spätere Gesetze sowie durch die deutsche Reichsverfassung vom 16. April 1871 in Einzelheiten mehrfache Änderungen erfahren hat. Staatsoberhaupt ist der König. Die Krone ist (seit 1871 mit der deutschen Kaiserwürde) erblich im Mannesstamm des königlich preußischen Hauses Hohenzollern nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge. Der König wird mit Vollendung des 18. Lebensjahrs volljährig. Der erstgeborene Sohn des Kaisers und Königs heißt „Kronprinz des Deutschen Reichs und Kronprinz von Preußen“ und bekleidet als Kronprinz von Preußen zugleich die Würde des Statthalters von Pommern. Falls dagegen der Bruder des Königs oder ein anderer Prinz des Hauses vermutlicher Thronerbe ist, führt er nur den Titel „Prinz von Preußen“. Ist der König minderjährig oder dauernd an der Regierung verhindert, so hat der der Krone zunächst stehende volljährige Agnat oder in Ermangelung eines solchen das Staatsministerium den Landtag zur Beschlussnahme über die Regentschaft zu berufen. Nach dem Antritt der Regierung legt der König den Eid auf die Verfassung ab. Der König, welcher unverletzlich und unverantwortlich ist, aber für alle Regierungsakte der Gegenzeichnung der Minister bedarf, welche damit die Verantwortlichkeit übernehmen, ist im Grunde der Repräsentant der gesamten Staatsgewalt; ihm allein steht die Exekutive (vollziehende Gewalt) zu. Mit dem Landtag gemeinsam übt er die gesetzgebende Gewalt aus; aber erst durch die Bekanntmachung der Gesetze (Promulgation) durch den König treten dieselben in Wirksamkeit, und die zu deren Ausführung nötigen Verordnungen erfolgen seinerseits. Eine nähere gesetzliche Regelung der im Art. 61 der Verfassungsurkunde behandelten Ministerverantwortlichkeit ist bisher nicht erfolgt. Keiner Gegenzeichnung bedürfen diejenigen Akte, welche der König als oberster Kriegsherr (Armeebefehle) oder als Träger des landesherrlichen Kirchenregiments vollzieht.
Am 9. November 1918 rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die erste deutsche Republik von einen Fenster des Reichtages aus. Wenige Stunden später proklamierte Karl Liebknecht die „Sozialistische Republik“ vom Balkon des Berliner Schlosses. Die symbolische „Ausrufung“ bzw. „Proklamation“ hatten staatsrechtlich gesehen keine Bedeutungen, da Kaiser Wilhelm II. erst am 28. November abdankte und somit die Monarchie in Deutschland bis zu diesem Datum weiter bestand.
Könige von Preußen
- 18.01.1701 – 25.02.1713 Friedrich I.
- 25.02.1713 – 31.05.1740 Friedrich Wilhelm I.
- 31.05.1740 – 17.08.1786 Friedrich II. (Friedrich der Große)
- 17.08.1786 – 16.11.1797 Friedrich Wilhelm II.
- 16.11.1797 – 07.06.1840 Friedrich Wilhelm III.
- 07.06.1840 – 02.01.1861 Friedrich Wilhelm IV.
- 02.01.1861 – 09.03.1888 Wilhelm I.
- 09.03.1888 – 15.06.1888 Friedrich III.
- 15.06.1888 – 28.11.1918 Wilhelm II.
Ministerpräsidenten von Preußen:
Ministerien:
Die obersten Staatsbehörde sind:
- das Staatsministerium
- die einzelnen Ministerien
- der evangelische Oberkirchenrat
- die Oberrechnungskammer
Das Staatsministerium besteht unter dem Vorsitz eines Präsidenten aus den Ministern der einzelnen Ressorts sowie sonst ernannten Staatsministern ohne eigenen Amtsbereich und dient insbesondere zur Wahrung der erforderlichen Einheit in der Staatsverwaltung. Unmittelbar dem gesamten Staatsministerium unterstehen:
- das Zentraldirektorium der Vermessungen im preußischen Staate
- der Disziplinarhof für nicht richterliche Beamte
- das Oberverwaltungsgericht
- der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte
- die Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte
- Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen (in Posen)
- das literarische Büro des Staatsministeriums
- der deutsche „Reichs- und königlich preußische Staatsanzeiger“
- die Redaktion der Gesetzsammlung; unter der oberen Leitung des Präsidenten des Staatsministeriums die Generalordenskommission
- die Staatsarchive
- das Gesetzsammlungsamt
Die einzelnen Ministerien sind:
- das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (Auswärtiges Amt des Deutschen Reichs),
- das Finanzministerium (hiervon ressortieren die Generallotteriedirektion,
- die Münzanstalten,
- die Seehandlung,
- die Hauptverwaltung der Staatsschulden etc.),
- das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Kultusministerium, hiervon ressortieren die Akademie der Wissenschaften, die Kunstakademien, Museen, die königliche Bibliothek, die Sternwarte, der botanische Garten, das geodätische und das meteorologische Institut),
- das Ministerium für Handel und Gewerbe (unter ihm stehen die Eichungsbehörden, die Navigationsschulen, die gewerblichen und kunstgewerblichen Fachschulen, die Verwaltung der Porzellanmanufaktur sowie das Fortbildungsschulwesen),
- das Ministerium des Innern (unter ihm das Statistische Büro, die Strafanstalten, das Polizeipräsidium zu Berlin),
- das Justizministerium,
- das Kriegsministerium (in finanzieller Beziehung Reichsbehörde),
- das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten (Ressort: Landesökonomiekollegium, die landschaftlichen Kreditinstitute, die höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten, die Haupt- und Landgestüte),
- das Ministerium der öffentlichen Arbeiten (mit vier Abteilungen: 1) Verwaltung für Berg-, Hütten- und Salinenwesen; 2) Verwaltung der Staatseisenbahnen; 3) des Bauwesens; 4) Führung der Staatsaussicht über die Privateisenbahnen).
Zum gemeinsamen Ressort der Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft gehören der Landeseisenbahnrat und die Bezirkseisenbahnräte, ebenso der Volkswirtschaftsrat. Selbstständige staatliche Oberbehörden sind noch: der evangelische Oberkirchenrat für die acht älteren Provinzen und die Oberrechnungskammer in Potsdam, welche unmittelbar dem König untersteht. Letztere übt die Kontrolle über den gesamten Staatshaushalt. Vom Staatsministerium getrennt besteht noch das Ministerium des königlichen Hauses, von welchem das Heroldsamt, das königliche Hausarchiv, die Hofkammer der königlichen Familiengüter und das königlich-prinzliche Familienfideikommiß (durch privates Rechtsgeschäft gebundenes Sondervermögen) ressortieren.
Währungen und Münzen:
- vor 1873: 1 Taler = 30 Silbergroschen = 360 Pfenning (1 Silbergroschen = 12 Pfenning)
- ab 1873: 1 Mark = 100 Pfenning (zum Umtauschkurs von 1 Taler [Thaler] = 3 Mark)
Administrative Gliederung des Königreichs Preußen:
Das Staatsgebiet ist in 12 Provinzen eingeteilt, die sich in 37 Regierungsbezirke untergliedern, die zusammen 578 Kreise (89 Stadt- und 489 Landkreise) umfassen. Die Vertretung der obersten Staatsbehörde und des Staatsinteresses im allgemeinen sowie die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung ruhen in den Provinzen bei den Oberpräsidenten, in den Regierungsbezirken bei den Regierungspräsidenten (Regierungen), in den Kreisen bei den Landräten und in den Gemeinden bei den Bürgermeistern, bzw. Ortsvorstehern.
- Der Schweizer Kanton Neuenburg war von 1707 bis 1857 auch ein preußisches Fürstentum. Neuenburg trat im Jahr 1815 als 21. Kanton der Schweizer Eidgenossenschaft bei.
- Hohenzollern (Hohenzollernsche Lande) war keine selbstständige Provinz, sondern durch Staatsvertrag vom 7. Dezember 1849 nur ein Regierungsbezirk des Königreichs Preußen. Auch seine isolierte Lage in Süddeutschland liegend, machte ihn zum „besonderen Regierungsbezirk“. Dadurch wurde das Land in der Rechtspflege vom preußischen Oberlandesgericht in Frankfurt/M und in Kirchenangelegenheiten, Militär-, Schul-, Medizinalwesen von der Rheinprovinz geregelt. Verwaltet wurde das Land von einem Königlichen Regierungspräsidenten in Sigmaringen. Provinzen wurden immer von einem Oberpräsidenten verwaltet.
Siehe auch Provinzen des Königreichs Preußen
Geschichte Preußens:
Die Grundlage der preußischen Monarchie bildet die Mark Brandenburg, die Friedrich I. aus dem Hause Hohenzollern 1415 zugleich mit der Kurwürde zu Lehn erhielt. Er erwarb die Uckermark, sein Nachfolger, Kurfürst Friedrich II. (1440-70), die Neumark, Cottbus und Lübben. Ihm folgte Albrecht Achilles (1470-86); Johann Cicero (1486-99) erwarb Crossen und Züllichau sowie Sommerfeld, kaufte die Herrschaft Zossen. Joachim I. (1499-1535) gründete 1506 die Universität Frankfurt. Joachim II. (1535-71) führte 1539 die Reformation ein und erwarb 1537 das Anrecht auf Liegnitz, Brieg und Wohlau. Johann Georg (1571-98) zog die Bistümer Brandenburg, Havelberg und Lebus ein und vereinigte die Neumark wieder mit den Kurlanden.
Sein auf die Erwerbung des Herzogtums Preußen vom Deutschen Ritterorden sowie der Jülichschen Lande gerichteter Plan wurde durch seinen Sohn, Joachim Friedrich (1598-1608), weiter verfolgt und durch dessen Sohn Johann Sigismund (1608-19), größtenteils erreicht. Aus der jülichschen Erbschaft fiel diesem 1614 Cleve, Mark und Ravensberg zu. 1618 vereinigte er das Herzogtum Preußen mit Brandenburg. Unter Georg Wilhelm (1619-40) litt das Land durch den Dreißigjährigen Krieg. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst (1640-88), schuf eine große Armee, erhielt im Westfälischen Frieden Hinterpommern, die Bistümer Halberstadt, Minden, Cammin und das Erzstift Magdeburg, beteiligte sich am Schwedisch-Polnischen Krieg (1655-60), erlangte 1660 die Souveränität im Herzogtum Preußen, siegte über die Schweden bei Fehrbellin (1675), unterdrücke die Opposition der Landstände und wurde der eigentliche Begründer des preußischen Staates.
Friedrich III. (1688-1713) erklärte sich als Friedrich I. (1701) zum König von Preußen, förderte die geistige Bildung, stürzte aber den Staat in finanzielle Schwierigkeiten und vergrößerte Preußen durch einige kleinere Erwerbungen. Friedrich Wilhelm I. (1713-40) richtete die Verwaltung musterhaft ein, erwarb 1713 Obergeldern, 1720 Vorpommern bis zur Peene, Stettin, die Inseln Usedom und Wollin, hinterließ bedeutende Finanzmittel und ein schlagkräftiges Heer. Friedrich II. (1740-86) erhob Preußen zur europäischen Großmacht. Er gewann durch den Schlesischen Krieg und den Siebenjährigen Krieg fast ganz Schlesien, 1772 bei der ersten Teilung Polens fast ganz Westpreußen und den Netzedistrikt, 1774 Ostfriesland und 1780 einen Teil von Mansfeld, gründete 1785 den Fürstenbund und förderte das Wohl des Landes durch eine gerechte und weise Regierung. Bei seinem Tod umfasste Preußen 198.000 km² mit 5,5 Millionen Einwohner. Friedrich Wilhelm II. (1786-97) erwarb 1791 die fränkischen Markgrafentümer Ansbach und Bayreuth und durch die zweite und dritte Teilung Polens Südpreußen, Neuostpreußen und Neuschlesien. Dagegen schwächte er Preußen durch seine haltlose Politik Österreich gegenüber und in den französischen Revolutionskriegen und erschöpfte so die Staatsfinanzen. Friedrich Wilhelms III. (1797-1840) schwächliche Neutralitätspolitik gegenüber Napoleon führte zur Niederlage Preußens und durch die Schlachten bei Jena und Auerstädt (1806) erfolgte die Zerschlagung des preußischen Staates. Er verlor 1807 im Frieden von Tilsit die Hälfte seiner Länder, die er jedoch nach dem Sieg über Napoleon durch den Wiener Kongress großenteils zurückerhielt, dazu die Hälfte des Königreichs Sachsen und andere Gebiete. Er organisierte darauf die Verwaltung, förderte Handel und Gewerbe, besonders auch die Bildung. Friedrich Wilhelm IV. (1840-61) gab, durch die Ereignisse von 1848 gedrängt, Preußen eine Verfassung, wies die ihm vom Frankfurter Parlament angetragene deutsche Kaiserkrone aber zurück und unterwarf sich Österreich durch die Olmützer Konvention (29. November 1850). 1857 ging Neuenburg für Preußen verloren, doch erwarb es Hohenzollern und vom Großherzogtum Oldenburg durch Kauf das Jadegebiet.
Wegen dauernder Krankheit des Königs erhielt sein Bruder, Prinz Wilhelm am 23. Oktober 1857 die Regentschaft, die er am 7. Oktober 1858 definitiv antrat. Dieser entließ das reaktionäre Ministerium Manteuffel, berief ein liberales Ministerium („Ministerium der neuen Ära“) unter dem Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen und nahm vor allem die Reorganisation des Militärwesens durch Roon (1859) als Kriegsminister in Angriff, geriet aber darüber bald mit dem Abgeordnetenhaus in Konflikt. Nach Friedrich Wilhelms IV. Tod am 2. Januar 1861 wurde er als Wilhelm I. am 18. Oktober zu Königsberg gekrönt. 1862 berief er Bismarck an die Spitze eines konservativen Ministeriums. Der Streit über die Budgetfrage, insbesondere die Wiederherstellung des durch das Abgeordnetenhaus verworfenen Regierungsetats, verschärften den Konflikt aufs äußerste, doch wurden die inneren Probleme durch die Krise um Schleswig einstweilen zurückgedrängt.
Preußen führte 1864 zusammen mit Österreich einen Krieg gegen Dänemark (Deutsch-Dänischer Krieg von 1864) und veranlasste den Frieden zu Wien (30. Oktober 1864). Da sich aber die beiden deutschen Großmächte über das Schicksal Schleswig-Holsteins nicht verständigen konnten, brach 1866 der Deutsche Krieg aus, durch den Preußen infolge der Annexion von Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt a. M. und Schleswig-Holstein sein Staatsgebiet bedeutend erweitern konnte und nun an die Spitze des Norddeutschen Bundes trat. Nun erfolgte auch die Lösung des inneren Konfliktes durch Bewilligung der Indemnität seitens des Abgeordnetenhauses (3. September 1866). Der Machtzuwachs Preußens brachte Frankreich auf den Plan. Weite Kreise der französischen Gesellschaft verlangten „Revanche für Sadowa“ (Bataille de Sadowa = Schlacht bei Königgrätz) und beschuldigten Kaiser Napoleon III., der nicht einmal Luxemburg als Kompensation zu gewinnen wusste, des Verrates an Frankreichs Macht und Ehre. Die französische Regierung sah sich unter diesen Umständen zur Behauptung ihrer Popularität und Macht zu einem Krieg gegen Preußen gedrängt.
Der Deutsch-Französischen Krieg von 1870-71 führte zu Frankreich Niederlage und stellte Preußen als Präsidialmacht an die Spitze ganz Deutschlands. Am 18. Januar 1871 erfolgte die Proklamierung Königs Wilhelm von Preußen als Deutscher Kaiser. Durch die Berufung des Kultusministers Falk (22. Januar 1872) trat eine freisinnige Richtung ins Leben, welche in der Ausweisung der Jesuiten aus Deutschland und den neuen Kirchengesetzen (Maigesetzen) ihren Ausdruck fand, womit der sogenannte Kulturkampf begann. Die Attentate auf Kaiser Wilhelm I. vom 11. Mai und 2. Juni 1878 führten zu den Sozialistengesetzen, die ein Verbot der Sozialdemokraten zur Folge hatten. Infolge der nachgiebigen Haltung Bismarcks der Kurie gegenüber, gab Falk 1879 seine Entlassung. Die eine Schutzzollpolitik einleitenden wirtschaftlichen Gesetze veranlassten 1878 auch den Rücktritt anderer liberaler Minister. In den Jahren 1880-85 wurden sämtliche wichtige Privatbahnen Preußens verstaatlicht, am 17. September 1880 der Volkswirtschaftsrat errichtet und am 30. April 1884 der Staatsrat wieder ins Leben gerufen. Der fortschreitenden Polonisierung der östlichsten Provinzen trat die Regierung 1886 durch das Ansiedelungsgesetz entgegen. Nachdem schon durch selbständiges Vorgehen der Regierung die Maigesetze in wesentlichen Teilen abgemildert waren, wurde infolge direkter Verhandlungen mit der Kurie durch die kirchenpolitischen Gesetze vom 21. Mai 1886 und 29. April 1887 der Kulturkampf beigelegt.
Kaiser Wilhelm I. starb am 9. März 1888, ihm folgte sein Sohn Friedrich für 99 Tage als Kaiser Friedrich III., diesem folgte am 15. Juni 1888 sein Sohn als Kaiser Wilhelm II. (Dreikaiserjahr). Wilhelm II. entließ am 20. März 1890 Bismarck und ernannte den General Graf Caprivi zu dessen Nachfolger. Der 1890 berufene Finanzminister Miquel führte die Steuerreform durch (progressive Einkommensteuer, Vermögenssteuer, Verzicht auf die Grund-, Gebäude-, Gewerbe- und Bergwerksteuer), dem Minister des Innern Herrfurth gelang das Gesetz der Landgemeindeordnung für die östlichen Provinzen, dagegen scheiterte der vom Kultusminister Graf Zedlitz-Trützschler 1892 vorgelegte Volksschulgesetzentwurf und führte zur Entlassung Caprivis als preußischer Ministerpräsident. Ihm folgte Graf Eulenburg, der aber 1894 zurücktrat. Nunmehr wurde Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Die Vorlage über einen Mittellandkanal wurde vom Landtag zweimal abgelehnt und gelangte erst 1905 in stark veränderter Form zur Annahme. 1900 trat Fürst Hohenlohe zurück und ihm folgte Graf Bülow. 1900 folgte Theobald von Bethmann Hollweg, 1917, für wenige Wochen Georg Michaelis. Ihm folgten bis 30. September 1918 Georg Friedrich Graf von Hertling. Letzter Ministerpräsident des Königreich Preußens war bis 9. November 1918 Max Prinz von Baden.
Preußen wurde nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) im November 1918 ein Freistaat (Republik) innerhalb der Weimarer Republik und im Versailler Vertrag drastisch beschnitten. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945), zuvor von den Nationalsozialisten schon zerlegt und 1945 de facto völlig erledigt, noch einmal formell durch das alliierte Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947 von den Siegermächten (USA, Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien) für aufgelöst erklärt.
Am 25. Juli 1957 wurde die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) mit Sitz in Berlin durch ein Bundesgesetz gegründet. Aufgabe der Stiftung ist die Bewahrung und Pflege der Kulturgüter des ehemaligen Landes Preußen.
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Quellenhinweise:
- „Harms Vaterländische Erdkunde“ 1906
- „Andree’s Handatlas“, 1881 und 1914
- „Das Deutsche Reich – Vaterlandskunde“, Prof. Dr. J.W. Otto Richter, Verlag Otto Spamer Leipzig, Zweite Auflage, ca. 1890
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“, 1898
- „Spamers Großer Hand-Atlas“ Leipzig, 1900
- „Großes Lehrbuch der Geographie“ E. von Seydlitz, Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau, 1902
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Konversations-Lexikon“ Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Kleine Deutsche Staatskunde“, E. Stutzer – Dresden und Berlin, 1910
- „Deutschland als Weltmacht – Vierzig Jahre Deutsches Reich“ Berlin, 1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Oberstufen-Altas für höhere Lehranstalten“ Gotha Justus Perthes 1914
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