Das Herzogtum Anhalt (1863–1918) in detaillierter Übersicht, Geschichte in alten Ansichtskarten.
Dessau ist die Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Anhalt.
Herzogtum Anhalt 1863 – 1918
Das Herzogtum Anhalt war Mitglied des Deutschen Bundes, seit 1866 des Norddeutschen Bundes und seit 1871 ist es ein Bundesstaat des Deutschen Reichs. 1863 durch Vereinigung der Herzogtümer Anhalt-Dessau–Köthen und Anhalt-Bernburg gebildet, umfasst sämtliche seit 1603 getrennt gewesene anhaltische Lande.
Diese liegen im norddeutschen Tiefland und auf dem Unterharz und gliedern sich in zwei Hauptteile, einen östlichen und einen westlichen, welche durch die preußische Provinz Sachsen voneinander getrennt werden; dazu kommen noch fünf kleine, von preußischen Landen umschlossene Enklaven: Alsleben, Mühlingen, Dornburg, Gödnitz und Tilkerode-Abberode.
- Der östliche, größere Hauptteil ist von den preußischen Regierungsbezirken Potsdam, Magdeburg und Merseburg umschlossen; die beiden letzteren umgeben auch
- den westlichen, kleineren Teil (das sogenannte Oberherzogtum oder Ballenstedt), und nur etwa 7,5 km lang bildet das Herzogtum Braunschweig (Kreis Blankenburg) die Grenze.
Der größte Teil des Landes ist Flachland, nur der südwestlichste ist gebirgig durch den Unterharz, dessen höchste Kuppe hier, der Ramberg (Viktorshöhe), 582 m Höhe erreicht. Vom Unterharz senkt sich das Land nach der Saale hin; jenseits dieses Flusses bildet es bis zur Elbe eine zum Teil wellenförmige Ebene. Vom rechten Elbufer an beginnt ein meist sandiges, stark bewaldetes Flachland, nur hier und da durch moorige und fette Niederungen und den Höhenzug des Fläming unterbrochen.
Der größte Teil des Ganzen, von Ballenstedt bis an die Mulde und Elbe, hat vortrefflichen Ackerboden; weniger fruchtbar, jedoch gras- und holzreich ist der Landstrich nördlich von der Elbe; auf dem Harz lohnt der Boden nur an einigen Stellen den Ackerbau. Die Elbe, als Hauptfluss, durchströmt den östlichen Teil des Landes von Osten nach Westen und nimmt hier unterhalb Roßlau die von Süden kommende Mulde auf. Die Saale, bereits schiffbar, geht in nördlicher Richtung durch den westlichen Strich des östlichen Teiles und nimmt rechts die Fuhne (Landgraben), links die Wipper mit der Eine und die Bode mit der Selke auf. Selke und Eine bewässern den westlichen Teil. Das Klima ist mild, nur in dem gebirgigsten Teil etwas rau.
Wappen:
Das Wappen des Herzogtums Anhalt ist zweimal gespalten und dreimal quergeteilt mit Herzschild. Herzschild gespalten, vorn in Silber ein goldbewehrter roter halber Adler (Brandenburg), hinten von Schwarz und Gold zehnmal quergestreift, die Streifen von einem grünen Rautenkranz schrägrechts überzogen (Sachsen). 1) (Sachsen). 2) In Blau ein gekrönter goldener Adler (Pfalz zu Sachsen). 3) In Silber drei rote, im Dreipaß ausgebrochene Seeblätter (Engern). 4) In Silber eine nach links aufsteigende rote, gezinnte Mauer mit goldenem Tor, auf der ein gekrönter schwarzer Bär mit goldenem Halsband emporschreitet (Beringen). 5) Von Schwarz und Gold zehnmal quergestreift (Ballenstedt). 6) Von Schwarz und Silber zu zwölf Plätzen geschacht (Askanien). 7) Von Gold und Rot geviert (Waldersee). 8) In Blau zwei goldene Schräglinksbalken (Warmsdorf). 9) In Blau ein goldbewehrter silberner Adler (Mühlingen). 10) Ein rotes Feld (Regalienschild). 11) Dieselbe Zeichnung wie 4), nur läuft die Mauer schrägrechts, das Tor ist offen, das Halsband des Bären ist von Silber (Bernburg).
Landesfarben:
Die Flagge des des Herzogtums Anhalt ist Rot, Grün, Weiß.
Orden des Herzogtums Anhalt:
Als Orden bestehen der Hausorden Albrechts des Bären, 18. November 1836 gestiftet und der Verdienstorden für Kunst und Wissenschaft (seit 1873).
Bundesrat:
1 Stimme
Reichstag:
2 Wahlkreise (Dessau und Bernburg) und 2 Abgeordnete
Landesparlament des Herzogtums Anhalt:
36 Abgeordnete.
Der Landtag wird aus 36 Vertretern gebildet, von denen
- 2 der Herzog für die Dauer der Landtagsperiode ernennt,
- 8 von den meistbesteuerten Grundbesitzern,
- 2 von den meistbesteuerten Handel- und Gewerbetreibenden,
- 14 von den übrigen Wahlberechtigten der Städte und
- 10 von den übrigen Wahlberechtigten des Landes gewählt werden.
Wahlrecht und Wahlfähigkeit hängt von der Vollendung des 25. Lebensjahres ab; die Grundbesitzer müssen wenigstens 63 Mark Grundsteuer zahlen, die Handel- und Gewerbetreibenden mit einem Einkommen von mindestens 18.000 Mark zur Einkommensteuer veranlagt sein, um das Wahlrecht in den Abteilungen der Meistbesteuerten ausüben zu können. Die Wahl ist geheim und für die Abgeordneten der Städte und des Landes indirekt. Die Landtagsperiode dauert sechs Jahre. Das Herzogtum Anhalt bildet einen konstitutionell-monarchistischen Staat.
Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Anhalt:
Dessau = 54.898 Einwohner (1905) = 76. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Größe des Herzogtums Anhalt:
2294,36 km² = 41 Quadratmeilen
Gerichtsorganisation:
Für die Rechtspflege bestehen (1910) unter dem Königlichen Preußischen Oberlandesgericht Naumburg (Saale). Ein Landgericht in Dessau mit den Amtsgerichten: Ballenstädt, Bernburg, Köthen, Coswig (Anhalt), Dessau, Harzgerode, Jeßnitz, Oranienbaum, Roßlau, Sandersleben und Zerbst.
Einwohner:
Die Bevölkerung betrug nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 = 331.128 Einwohner:
- 161.134 männlich
- 169.994 weiblich
Bevölkerungsentwicklung:
- 1818 = 122.447
- 1864 = 193.046
- 1875 = 213.565
- 1880 = 232.592
- 1885 = 248.166
- 1890 = 271.963
- 1900 = 316.085
- 1905 = 328.029
- 1910 = 331.128
Klima:
Das Klima ist mild, nur in dem gebirgigsten Teil etwas rau.
Gewässer:
Hauptflüsse sind Elbe, Mulde, Saale, Bode, Wipper, Fuhne, Selke.
Bewohner:
Die Bewohner gehören überwiegend der thüringisch-obersächsischen Mundartfamilie an. Anhalt liegt im Grenzgebiet zwischen niederdeutschen Sachsen (niedersächsische Ostfalen) und Thüringern. Die Landbevölkerung östlich der Saale ist oft slawischer Herkunft.
Bevölkerungsdichte:
143 /km²
Bildung:
Das Unterrichts- und Erziehungswesen in Anhalt wurde immer mehr verbessert und hat einen guten Ruf. Das Land zählt im Jahr 1888 9 Mittelschulen, 6 höhere Töchterschulen, 15 Bürgerschulen, 207 Volksschulen, für welche die Lehrer in dem Seminar in Köthen ausgebildet werden. Für die höhere Bildung wirken 4 Gymnasien, 2 Realgymnasien, 2 Realprogymnasien, 1 Lehrerinnenseminar in Dessau; daneben bestehen verschiedene Privaterziehungsinstitute und Rettungshäuser. Für Das Herzogtum Anhalt verfügt über 4 Gymnasien, 2 Realgymnasien, ein Progymnasium, ein Realprogymnasium, eine Realschule, 13 Mittelschulen, 4 höhere Töchterschulen, ein Schullehrerseminar und 2 Lehrerinnenseminare. Außerdem hat das Land eine höhere technische Lehranstalt und eine Baugewerkschule.
Religion:
Das Christentum fand im westlichen Teil von Anhalt bald Eingang, nur bei der slawischen Bevölkerung im Osten behauptete sich bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts das Heidentum. Die Bevölkerung bekennt sich mit Ausnahme von wenigen Katholiken, Juden und Andersgläubigen zum protestantischen und zwar (durch Gesetz vom 29. Januar 1880 ist die Union auch im köthenschen Landesteil vollzogen) zum evangelischen (unierten) Glauben. Oberste protestantische Kirchenbehörde ist das Konsistorium in Dessau, das unter dem Staatsministerium steht, und dem anderseits die fünf Superintendenten in den fünf Kreishauptstädten unterstellt sind. In Gemeinschaft mit dem Kirchenregiment hat die Landessynode (laut Gesetz vom 14. Dezember 1878 und 24. März 1879) die Zustände und Bedürfnisse der Landeskirche in Obacht zu nehmen, die Verwaltung der kirchlichen Fonds zu kontrollieren und namentlich an der kirchlichen Gesetzgebung teilzunehmen. Die Synode wird zusammengesetzt aus 20 in den fünf Kreisen gewählten Mitgliedern (10 geistliche Mitglieder und 10 weltliche Mitglieder). Die Wahl der Synodalmitglieder erfolgt für eine Synodalperiode von sechs Jahren. Die Landessynode tritt auf Berufung des Landesherrn alle drei Jahre zu ordentlichen Versammlungen zusammen; zu außerordentlichen Versammlungen kann sie nach Bedürfnis jederzeit berufen werden.Die Katholiken unterstehen seit 1868 dem Bischof in Paderborn als „apostolischem Administrator“.
1900
- 302.781 Evangelisch
- 11.699 Römisch-katholisch
- 1605 Juden
Militär:
Das Militärwesen des Herzogtums Anhalt ist bereits seit 1867 ganz mit Preußen verschmolzen. Nach der Konvention vom 28. Juni 1867 wurde aus dem Kontingent von Anhalt das anhaltische Infanterieregiment Nr. 93 gebildet, welches die preußische Normalstärke (pro Bataillon 532 Mann mit 18 Offizieren im Frieden und 1034 Mann mit 22 Offizieren im Krieg) erhielt und der 7. Division des 4. Armeekorps zugeteilt ist.
Garnisonsstädte sind Dessau und Zerbst.
Wirtschaft:
Die Hütten- und Hammerwerkindustrie blüht im Selketal, wo die gewonnenen Erze verarbeitet werden. Zu erwähnen sind dort die Silber- oder Viktor-Friedrichshütte mit Vitriolsiederei und der Eisenhüttenort Magdesprung). Chemische Industrie auf Verarbeitung der bei Leopoldshall gewonnenen Abraumsalze (Carnallit und Kainit) liefert verschiedene Kalisalze. Andere Industrieerzeugnisse sind Gold- und Silberwaren, Fayence, Chemikalien; auch Wollspinnereien und Wollwebereien, Maschinen- und Papierfabriken.
Landwirtschaft:
Die Hauptprodukte sind Getreide (Weizen), Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Zuckerrüben, Kartoffeln, Tabak, Flachs, Ölfrüchte, Hopfen und andere Kultur- und Handelspflanzen sowie Holz (Harz und rechtes Elbufer). Die Landwirtschaft ist die Hauptbeschäftigung der Einwohner und wird mit großer Sorgfalt betrieben. Besonders hervorzuheben sind hier die zahlreichen herzoglichen und landesfiskalischen Domänen, deren Areal ein Drittel des Landes einnimmt, sowie die großen Rittergüter. Die Viehzucht ist sehr erfolgreich, besonders die Rinderzucht in den Niederungen an der Elbe ist hervorzuheben.Bergbau Steinsalzbergwerk in Leopoldshall gegenüber Staßfurt.
Postwesen und Briefmarken:
Die preußische Post regelte seit 1850 auch den Postbetrieb im Herzogtum Anhalt. Das gesamte preußische Postwesen ging am 1. Januar 1868 auf den Norddeutschen Bund (Norddeutscher Postbezirk) über. Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 bestimmte u.a. dass die unmittelbare Posthoheit, mit Ausnahme des inneren Verkehrs im Königreich Bayern und im Königreich Württemberg, dem Deutschen Reich zusteht.
Währungen und Münzen:
vor 1875: 1 Taler = 30 Silbergroschen = 360 Pfennig
ab 1875: 1 Mark = 100 Pfennig
Regenten:
regierendes Fürstenhaus: Askanien, Ahnherr Graf Esico (um 1020), aus dem schwäbischen Geschlecht der Beringer, welcher im 11. Jahrhundert als Graf von Ballenstedt erscheint. Sein Urenkel war Albrecht der Bär, dessen Enkel Heinrich sich zuerst Fürst von Anhalt nannte.
Das Herzogtum Anhalt ist nach der Landschafts- und Geschäftsordnung vom 17. September 1859 eine konstitutionelle, im Mannesstamm nach dem Rechte der Erstgeburt erbliche Monarchie. Der Herzog führt den Titel Hoheit, vereinigt in sich die Exekutivgewalt; die Legislative teilt er mit den Ständen. Das herzogliche Haus besitzt außerhalb des Landes zahlreiche und ansehnliche Güter in den preußischen Provinzen Sachsen, Brandenburg und Preußen (495 km²); außerdem die Herrschaft Hertnek in Ungarn.
Herzöge von Anhalt:
- 30.08.1863 – 22.05.1871 Herzog Leopold Friedrich, genannt Herzog Leopold II. (01.10.1794 – 22.05.1871)
- 22.05.1871 – 24.01.1904 Herzog Leopold Friedrich Franz Nikolaus, genannt Herzog Friedrich I. (29.04.1831 – 24.01.1904)
- 21.01.1904 – 21.04.1918 Herzog Friedrich (Erbprinz seit 2.2.1886), genannt Herzog Friedrich II. (19.08.1856 – 21.04.1918)
- 21.04.1918 – 13.09.1918 Herzog Eduard von Anhalt (18.04.1861 – 18.09.1918)
- 13.09.1918 – 12.11.1918 Herzog Joachim (01.11.1901 – 18.02.1947)
Hymne:
Die offizielle Hymne des Herzogtums Anhalt lautet „Heil unserm Herzog, Heil!„
Organisation der Verwaltungsbehörden des Herzogtums Anhalt:
Oberste Behörde des Herzogtums ist das Staatsministerium in Dessau, dessen sämtliche früher getrennte Departements seit 1870 unter einem Staatsminister vereinigt sind. Diesem sind unterstellt:
- das Landgericht
- die Staatsanwaltschaft
- die Regierung (mit einer Abteilung für das Innere und einer Abteilung für das Schulwesen)
- die Finanzdirektion
- das Konsistorium (für evangelische Kirchensachen)
- die Landrentenbankdirektion
- das Statistische Büro
- die Behördenbibliothek
- das Haus- und Staatsarchiv in Zerbst
- die Strafanstalts-Kommission in Dessau
- die Herzoglich Anhaltinische Zolldirektion in Magdeburg
- die Salzwerks-Direktion in Leopoldshall
Administrative Gliederung des Herzogtums Anhalt:
Das Herzogtum ist in 5 Kreise eingeteilt: Dessau, Köthen, Zerbst, Bernburg und Ballenstedt. Die Kreisdirektion für jeden Kreis hat ihren Sitz in der Stadt, nach der der Kreis benannt ist. Die Kreisdirektionen sind ebenso wie die Städte Bernburg, Köthen (Cöthen), Dessau und Zerbst der Regierung, Abteilung des Inneren, unterstellt. Alle übrigen Stadt- und Landgemeinden stehen unter Aufsicht der Kreisdirektionen.
- Kreis Dessau mit einer Fläche von 424,59 km², 85.573 Einwohnern (Jahr 1900) enthält 59 Gemeinden: Alten, Bobbau, Brandhorst, Dellnau, Dessau, Diesdorf, Elsnigk, Fraßdorf, Friedrichsdorf, Gohrau, Griesen, Großkühnau, Haideburg vor der Haide, Hinsdorf, Horstdorf, Hoyersdorf, Jeßnitz, Jonitz, Kakau, Kleckewitz, Kleinkühnau, Kleinleipzig, Kleinmöhlau, Kleutsch, Kochstedt, Körnitz, Lausigk, Libbesdorf, Lingenau, Marke, Meilendorf, Mosigkau, Naundorf bei Dessau, Naundorf vor der Haide, Niesau, Oranienbaum, Pötnitz, Quellendorf, Raguhn, Rehsen, Reppichau, Retzau, Reupzig, Riesigk, Rosefeld, Roßdorf, Scheuder, Scholitz, Schönitz, Siebenhausen, Sollnitz, Storkau, Thurland, Tornau vor der Haide, Törten, Vockerode, Wörlitz, Zehmigkau, Ziebigk
- Kreis Köthen mit einer Fläche von 343,13 km², 53.691 Einwohnern (Jahr 1900) enthält 79 Gemeinden: Arensdorf, Baasdorf, Berwitz, Biendorf, Breesen, Cattau, Cörmigk, Cosa, Cösitz, Crüchern, Diebzig, Dohndorf, Drosa, Edderitz, Elsdorf, Fernsdorf, Frenz, Gerlebogk, Geuz, Glauzig, Gnetsch, Gölzau, Görzig, Gröbzig, Großbadegast, Großpaschleben, Großweißandt, Großwülknitz, Hohnsdorf, Hohsdorf, Ilbersdorf, Kleinbadegast, Kleinpaschleben, Kleinweißandt, Kleinwülknitz, Kleinzerbst, Klepzig, Köthen, Lennewitz, Libehna, Locherau, Maasdorf, Merzien, Mölz, Osternienburg, Pfaffendorf, Pfitzdorf, Pfriemsdorf, Piethen, Pißdorf, Plömnitz, Porst, Preußlitz, Priesdorf, Prosigk, Radegast, Reinsdorf, Riesdorf, Rohndorf, Schortewitz, Thurau, Trebbichau an der Fuhne, Trebbichau bei Wulfen, Trinum, Wadendorf, Wehlau, Wenndorf, Werdershausen, Wiendorf, Wohlsdorf, Wörbzig, Wulfen, Würflau, Zabitz, Zehbitz, Zehmitz, Zehringen, Zeundorf, Ziebigk
- Kreis Zerbst mit einer Fläche von 802,97 km², 53.141 Einwohnern (Jahr 1900) enthält 79 Gemeinden: Badetz, Badewitz, Bias, Bone, Bonitz, Bornum, Brambach, Bräsen, Buhlendorf, Buko, Buro, Cobbelsdorf, Coswig, Deetz, Dobritz, Dornburg, Düben, Eichholz, Garitz, Gödnitz, Göritz, Griebo, Grimme, Grochewitz, Hagendorf, Hohenlepte, Hundeluft, Jeber-Bergfrieden, Jütrichau, Kerchau, Kermen, Kleinleitzkau, Klieken, Köselitz, Krakau, Kuhberge, Leps, Lietzo, Lindau, Luko, Luso, Meinsdorf, Möllensdorf, Mühlsdorf, Mühlstedt, Mühro, Natho, Nedlitz, Neeken, Niederlepte, Nutha, Pakendorf, Polenzko mit OT Bärenthoren, Pulspforde, Pülzig, Quast, Ragösen, Reuden, Rietzmeck, Rodleben, Roßlau, Senst, Serno, Stackelitz, Steckby, Steutz, Straguth, Streetz, Strinum, Thießen, Thornau-Bernsdorf, Trüben, Wahlsdorf, Weiden, Wertlau, Wörpen, Zerbst, Zernitz, Zieko
- Kreis Bernburg mit einer Fläche von 396,91 km², 93.386 Einwohnern (Jahr 1900) enthält 45 Gemeinden: Aderstedt, Altenburg, Amesdorf, Baalberge, Bernburg, Borgesdorf, Bullenstedt, Dröbel, Drohndorf, Freckleben, Gerbitz, Giersleben, Grimschleben, Gröna, Großmühlingen, Großpoley, Großwirschleben, Güsten, Hecklingen, Hohenerxleben, Ilberstedt, Kleinmühlingen, Kleinpoley, Kleinschierstedt, Kleinwirschleben, Latdorf, Leau, Leopoldshall, Mehringen, Neundorf, Nienburg, Oberpeißen, Osmarsleben, Plötzkau, Pobzig, Rathmannsdorf, Roschwitz, Sandersleben, Schackenthal, Schackstedt, Unterwiederstedt, Warmsdorf, Weddegast mit Neunfinger, Wedlitz, Wispitz
- Kreis Ballenstedt (sogenanntes Oberherzogtum) mit einer Fläche von 331,78 km², 30.294 Einwohnern (Jahr 1900) enthält 20 Gemeinden: Alikendorf, Badeborn, Ballenstedt, Bärenrode, Frose, Gernrode, Großalsleben, Güntersberge, Harzgerode, Hoym, Kleinalsleben, Lindenberg, Neudorf, Opperode, Radisleben, Reinstedt, Rieder, Schielo, Siptenfelde, Tilkerode
Geschichte Anhalts:
Das Herzogtum Anhalt wurde 1863 durch Vereinigung der beiden Herzogtümer Anhalt-Dessau-Köthen und Anhalt-Bernburg gebildet und umfasst sämtliche seit 1603 getrennt gewesene anhaltische Lande. Es besteht aus zwei größeren Gebieten und mehreren sehr kleinen Landesteilen.
Das Herzogtum Anhalt, dessen Bevölkerung im Westen der Saale deutscher, im Osten des Flusses dagegen slawischer Herkunft ist, bildete seit den Zeiten Karls des Großen einen Bestandteil des fränkischen, später ostfränkischen Reichs. Es war in mehrere Gaue, wie Schwabengau, Nordthüringer Gau, eingeteilt und stand unter der Herrschaft einer größeren Zahl von Grafen. Das Christentum fand im westlichen Teil von Anhalt bald Eingang, nur bei der slawischen Bevölkerung im Osten behauptete sich bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts das Heidentum.
Der Name Anhalt leitet sich von „Burg“ (an der Halde) ab. Das alte niedersächsische Fürstengeschlecht der Askanier herrschte seit der Anfangszeit des Reiches im mitteldeutschen Raum. Es brachte u.a. Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (1729 – 1796), die spätere Katharina II. (Katharina die Große), ab 1762 Kaiserin von Russland hervor. Anhalt war lange in verschiedene Nebenlinien zersplittert. 1806 wurden von Napoleon die verbliebenen Fürstentümer Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen zu Herzogtümern erhoben und wurden Mitglieder im Rheinbund. Seit 1815 gehörten sie dem Deutschen Bund an. Am 23. November 1847 erlosch die Herzogslinie in Köthen und am 19. August 1863 erlosch die Herzogslinie in Bernburg. 1848 ergingen von Volksversammlungen Petitionen aus um Gewährung einer Verfassung und freiheitlicher Reformen an die Regierung. Diese gab nach einigen Widerständen nach und suchte durch Berufung des volkstümlichen Ministeriums Habicht-Köppe Herr der Lage zu bleiben. Die vom 29. Oktober 1848 datierte Verfassungsurkunde verkündigte eine demokratisch-monarchische Regierungsform, ein Ausgehen aller Gewalten vom Volk, Abschaffung des Adels etc. Aber 1849 trat hauptsächlich infolge preußischen Einflusses auch hier eine Reaktion ein, deren Repräsentant das 11. Juli 1849 berufene Ministerium Plötz war. Dieses drang auf Abänderung der Verfassung und obwohl die Mehrheit des Landtags die Mehrzahl der ministeriellen Vorschläge genehmigte, kam dennoch keine Einigung zustande. Unter diesen Umständen schritt das Ministerium am 12. November 1849 zur Auflösung sowohl des vereinigten Landtags als der beiden Sonderlandtage in Dessau und Köthen.
Da die neu berufenen Landtage sich den Wünschen der Regierung nicht nachgiebig zeigten, wurden auch sie nach kurzer Tätigkeit einfach aufgelöst. Am 4. November 1851 erfolgte die Aufhebung der Verfassung vom 29. Oktober 1848. Eine vom Herzog zur Regelung der Verfassungsangelegenheiten ernannte Kommission legte im April 1852 dem Herzog von Anhalt-Dessau als dem Senior des Hauses den Entwurf einer neuen landständischen Verfassung für ganz Anhalt vor, gegen welchen jedoch der engere Ausschuss der alten Landschaft des gesamten Herzogtums, besonders die Ritterschaft von Bernburg und Köthen, 1853 beim Bundestag Protest erhob. Am 5. Februar 1853 wurde der Vertrag ratifiziert. Die auf diese Weise durch ein Patent am 22. Mai 1853 zu einem Staat vereinigten Herzogtümer hießen von nun ab Anhalt-Dessau-Köthen. Auf vonseiten des Bundes 1854 ergangene Aufforderung setzten sich die Regierungen von Dessau und Bernburg mit den noch vorhandenen Mitgliedern der anhaltischen Gesamtlandschaft in Einvernehmen, dessen Resultat die auch von dem Bernburger Landtag angenommene feudalständische Landschaftsordnung für ganz Anhalt war, welche am 1. Oktober 1859 in Kraft trat. Vergebens versuchten die Stadtverordneten von Köthen 1861 die Wiederherstellung der Verfassung von 1848, der Bundestag gab einen ablehnenden Bescheid. Am 26. November 1863 wurde der erste Landtag für das vereinigte Herzogtum eröffnet. Mit Preußen durch eine Militärkonvention verbunden, stand Anhalt bei dem Bundesbeschluss am 14. Juni 1866 aufseiten dieser Macht; doch nahmen die anhaltischen Truppen, als Bestandteil der Reserve, an der eigentlichen Aktion im Deutschen Krieg keinen Anteil. Das Herzogtum trat dem Norddeutschen Bund bei und wurde so 1871 ein souveräner Bundesstaat im Deutschen Reich.
Im Innern dauerte inzwischen die Spannung fort. Nach den Ereignissen von 1866 trat die das Domanialvermögen (Gutsbesitzes) betreffende Frage in den Vordergrund. Das herzogliche Haus war bestrebt, eine Vereinbarung mit der Landesvertretung dahin zu treffen, dass das gesamte Stammgut nebst den von den anhaltischen Fürsten im Lauf der Zeit gemachten Erwerbungen als Privateigentum des herzoglichen Hauses anerkannt werde. Die Landesvertretung wies die hierauf bezügliche Vorlage, als dem Interesse des Landes nachteilig, beharrlich zurück, und erst 1872 kam die Auseinandersetzung des herzoglichen Hauses mit dem Land in Betreff des Gutsbesitzes zustande. Nach dem Tode Friedrichs I. (24. Januar 1904) folgte dessen Sohn Friedrich II. (gestorben am 21. April 1918), diesem dessen Bruder Eduard (gestorben am 13. September 1918), darauf dessen Sohn Joachim Ernst unter Vormundschaft seines Oheims Aribert, der für ihn am 12. November 1918 auf den Thron verzichtete.
Am 12. November 1918 dankt Herzog Joachim von Anhalt ab. Anhalt wird Freistaat innerhalb des Deutschen Reichs mit Dessau als Hauptstadt. 1925 registrierten Stadt und Land Zerbst 62.353 Einwohner. Der Staatsrat übernahm die Staatsgewalt, Grundgesetz war die Verfassung für Anhalt vom 18. Juli 1919. Nachbarorte des Landkreises Zerbst gehörten zu den preußischen Kreisen Jerichow I und Belzig. Anstelle des Staatsrates trat 1922 das Anhaltische Staatsministerium. Im Landtag Dessau waren 36 Abgeordnete vertreten, gewählt vom Volk für jeweils 4 Jahre. 1934 umfasste der Landkreis Zerbst 81 Ortschaften und die 4 Städte. Der Kreistag bestand aus 9 Abgeordneten, den Kreisausschuss bildeten 5 Kreisdeputierte. Vorsitzender war jeweils Landrat Dr. Hinze. 1939 besteht der Landkreis Zerbst aus 81 Ortschaften sowie den Städten Zerbst, Coswig und Lindau.
Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) erfolgte die Besetzung Anhalts durch die Rote Armee. Anhalt wird Teil der sowjetischen Besatzungszone. Es folgte die Zwangseingliederung des Freistaats Anhalt in die Preußische Provinz Sachsen aufgrund des Vorschlags des von den Sowjets eingesetzten und kollaborierenden Präsidenten, des ehemaligen Landeshauptmanns der Provinz Sachsen, Dr. Erhard Hübener. Diese langjährige und einseitige Eingliederungsforderung der Preußischen Provinz Sachsen wurde dann mit der SMAD-Verordnung vom 23. Juli 1945 zur Neugliederung der Provinz Sachsen-Anhalt in drei Regierungsbezirke (Dessau, Magdeburg, Merseburg) als Mittelinstanzen vollendet. Die braunschweigische Exklave Calvörde, der östliche Teil des braunschweigischen Landkreises Blankenburg im Harz und die thüringische Exklave Allstedt werden dem Land eingegliedert.
1947 wird das Land Sachsen-Anhalt mit Halle als Landeshauptstadt wird gebildet. Der letzte regierende Landesherr aus dem Hause Askanien, Joachim Ernst Herzog von Anhalt, starb am 18. Februar 1947 im sowjetisch geführten NKWD-Sonderlager Nr. 2 (ehemaliges KZ Buchenwald), nachdem er bereits unter den Nazis im KZ Dachau von 1939 bis 1945 inhaftiert war.
Unter Verlust eines größeren Grenzsaumes entstanden 1952 die Bezirke Halle (mit einem Großteil Anhalts) und Magdeburg (mit der Region Zerbst). Am 25. Juli 1952 fand die letzte Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt statt.
1990 kam es zur Wiederherstellung des Landes Sachsen-Anhalt mit Magdeburg als Landeshauptstadt.
Sachsen-Anhalt aktuell:
Der heutige Land Sachsen-Anhalt mit der Landeshauptstadt Magdeburg besteht aus
- der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen, ohne den Regierungsbezirk Erfurt (1944 zu Thüringen),
- ohne die Kreise Delitzsch und Torgau (1989 an Sachsen) und
- ohne den Kreis Liebenwerda (1989 an Brandenburg)
- dem ehemaligen Herzogtum Anhalt
- dem Landkreis Blankenburg und Enklave Calvörde des ehemaligen Herzogtum Braunschweig (1945 an Sachsen-Anhalt)
- der thüringischen Exklave Allstedt des ehemaligen Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (1945 an Sachsen-Anhalt)
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Harms Vaterländische Erdkunde“ 1906
- „Andree’s Handatlas“, 1881 und 1914
- „Das Deutsche Reich – Vaterlandskunde“, Prof. Dr. J.W. Otto Richter, Verlag Otto Spamer Leipzig, Zweite Auflage, ca. 1890
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“, 1898
- „Spamers Großer Hand-Atlas“ Leipzig, 1900
- „Großes Lehrbuch der Geographie“ E. von Seydlitz, Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau, 1902
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Konversations-Lexikon“ Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Kleine Deutsche Staatskunde“, E. Stutzer – Dresden und Berlin, 1910
- „Deutschland als Weltmacht – Vierzig Jahre Deutsches Reich“ Berlin, 1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Oberstufen-Altas für höhere Lehranstalten“ Gotha Justus Perthes 1914
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