Tilsit in Ostpreußen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Tilsit 37.110 Einwohner – 1905 = 103. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Tilsit in Ostpreußen im Königreich Preußen
Tilsit ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Ostpreußen, Regierungsbezirk Gumbinnen und liegt am Einfluss der Tilse in die Memel, sowie 14 Meter über dem Meer.
Im Jahr 1905 leben in Tilsit mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 41 und ein Dragonerregiment Nr. 1) 37.148 Einwohner, die überwiegende Mehrheit Evangelische, 1052 sind Katholiken und 671 Juden.
Tilsit hat 4 evangelische (darunter eine runde litauische) und eine katholische Kirche, Synagoge, 7 Bethäuser verschiedener Sekten, ein schönes Rathaus, ein Denkmal der Königin Luise (modelliert von Professor Eberlein), ein Denkmal des hier geborenen Dichters Max von Schenkendorf, ein Kriegerdenkmal.
Die Stadt Tilsit hat bedeutende Industrie in Eisengießerei und Maschinenbau, Hefen-, Spiritus-, Gips-, Kunstwolle-, Chemikalien-, Knochenkohlen-, Seifen-, Kunststein-, Käse-, Schnupftabak-, Chromleder-, Zellstoff-, Wagen- und Möbelfabrikation, auch befinden sich dort Dampfmahl- und Dampfschneidemühlen, Bierbrauereien, eine Holzimprägnieranstalt, Kalkbrennerei, Aal- und Lachsfang.
Der Handel in Tilsit, unterstützt durch eine Korporation der Kaufmannschaft, eine Nebenstelle der Reichsbank (Umsatz 1906: 251,5 Millionen Mark) und die Schifffahrt auf der Memel, ist besonders bedeutend in Tabak, Holz, Getreide, Steinkohlen, Flachs, Öl etc., auch hat Tilsit besuchte Pferdemärkte.
Dem Verkehr dient eine elektrische Straßenbahn; für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Osterode-Memel, Königsberg-Tilsit und Tilsit-Stallupönen.
Tilsit hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummenanstalt, ein Waisenhaus, Konservatorium für Musik, Theater etc. und ist Sitz eines Landgerichts und eines Hauptzollamtes. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 42 Stadtverordnete.
Zum Landgerichtsbezirk Tilsit gehören die 6 Amtsgerichte zu Heinrichswalde, Kaukehmen. Ragnit, Skaisgirren, Tilsit und Wischwill. 4 km westwärts von Tilsit fängt die Tilsiter Niederung an, ein fruchtbarer Landstrich im Bereich der Mündungsarme der Memel, der sich von Norden nach Süden 80 km, von Osten nach Westen 53 km weit ausdehnt. In der Nähe Dorf Splitter.
Tilsit Geschichte
Tilsit wurde 1552 Stadt. Hier kam es nach den verlorenen Schlachten von Jena und Auerstedt (1806) zu dem legendären Treffen zwischen der Königin Luise von Preußen und Napoleon I., durch das der Fortbestand der preußischen Monarchie gesichert werden konnte. Durch den Frieden zu Tilsit am 7. und 9. Juli 1807, zwischen Napoleon I., Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen abgeschlossen, verlor das Königreich Preußen zwar die Hälfte seines Gebietes, blieb aber bestehen.
Während des Ersten Weltkrieges (1914 -1918) wurde Tilsit unmittelbar nach Kriegsausbruch von den Russen besetzt. Mehrfach wurde die Sprengung der Königin Luisebrücke verhindert. Nach der siegreichen Schlacht bei Tannenberg (26. August bis 30. August 1914) konnten hier über 6000 Russen gefangen genommen werden. Nach dem Verlust des Memellandes (1919) litt die einheimische Wirtschaft schwer.
Tilsit wurde während des Zweiten Weltkrieges mehrfach von der Roten Armee bombardiert. Im Oktober 1944 rückte die Front bis vor die Tore der Stadt, die Zivilbevölkerung wurde weitgehend evakuiert. Nach einem schweren Artilleriebombardement, das die Stadt bis zu 80 % zerstörte, wurde Tilsit am 20. Januar 1945 von sowjetischen Truppen eingenommen.
Im Potsdamer Abkommen von 1945 wurde festgelegt, dass das nördliche Ostpreußen unter sowjetische Verwaltung gestellt wird. 1946 bekam Tilsit den russischen Namen Sowetsk und wurde hauptsächlich mit Russen besiedelt.
Sowetsk (russisch Советск), deutsch Tilsit, ist heute eine Stadt in Russland, Oblast Kaliningrad, mit rund 38.500 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
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Als Kind stand ich oft vor diesem Denkmal
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mein Urgroßonkel und Urgroßtante haben in Tilsit geheiratet und auch gewohnt. Bin auf der Suche nach Unterlagen
Meine Mutter und meine Großeltern stammen alle aus der einst wunderschönen urdeutschen Stadt Tilsit in Ostpreußen, welche die Russen 1944/45 vollständig vernichtet haben. Die meisten Verwandten wurden entweder bestialisch umgebracht, vertrieben, massen-vergewaltigt, enteignet, nach Sibirien deportiert, auf der Flucht erfroren, verhungert, von den Tieffliegern erschossen, ausgebombt oder ins Eis eingebrochen und elendig ertrunken. Diesen Völkermord verdanken wir den (…) Russen.
Moin, meine mutter ist in der nähe von tilsit geboren – in lindenthal – sie musste mit ihren schwestern (damals 3) und ihrer mutter fliehen – als die rote armee näher kam – leider hat sie nie viel über ihr leben vor dem krieg erzählt – naja – ist ja eine harte zeit gewesen!