Die Schlacht bei Königgrätz
Die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 war die Entscheidungsschlacht im Deutschen Krieg. Das Zentrum bildete die erste Armee unter Prinz Friedrich Carl von Preußen in der Lausitz, den linken Flügel die zweite Armee unter Kronprinz Friedrich in Schlesien, den rechten Flügel, die Elbarmee, unter General Herwarth von Bittenfeld im Königreich Sachsen.
Der Kampf entbrannte gleichzeitig auf drei Schauplätzen, in Böhmen, in Deutschland und in Italien. Der Plan des österreichischen Generals Krismanitsch sah von vornherein die Defensive vor. Die Nordarmee wurde um Olmütz in Mähren zusammengezogen, um Wien zu decken. Die Verbildung mit den süddeutschen Truppen wurde aufgegeben und auch das Königreich Sachsen wurde geopfert. Erst als man erkannte, das Preußen nicht bloß in Schlesien, sondern auch in der Lausitz und in Sachsen seine Streitkräfte konzentrierte, wurde die Armee nach Böhmen in Marsch gesetzt, um zwischen der oberen Elbe und der Iser Stellung zu beziehen.
Diese Gegend, das Plateau von Gitschin, war auch das Ziel der preußischen Armee, die Ende Juni 1866 an drei Stellen die böhmische Grenze überschritt, die Elbarmee bei Schluckenau, die erste Armee bei Reichenberg, die zweite Armee bei Liebau und Nachod. Da Benedek noch in seinem Flankenmarsch von Olmütz auf Josefstadt begriffen war, so wurde keiner dieser Pässe den Preußen streitig gemacht. Der Kronprinz von Sachsen (der spätere König Albert von Sachsen) und Eduard Graf Clam-Gallas, Kommandant des 1. Armeekorps, hatten nur den Befehl, die Iserlinine zu halten. Clam-Gallas erwartete deshalb bei Münchengrätz die Elbarmee, die am 26. Juni 1866 bei Hühnerwasser seine Vorhut zurückwarf. In der Nacht zum 27. bemächtigte sich die erste Armee des Flussübergangs bei Podol, Clam-Gallas wurde am 28. Juni aus seiner Stellung am Muskyberg bei Münchengrätz vertrieben und am 29. Juni wurden die Österreicher und Sachsen nach heftigem, verlustreichem Gefecht bei Gitschin von der ersten preußischen Armee gezwungen, auf Smidar zurückzuweichen.
Inzwischen hatte auch die zweite preußische Armee die Gebirgspässe zwischen Schlesien und Böhmen überschritten. Benedek warf dem 5. preußischen Korps nach Nachod bloß das 6. (Ramming), dem 1. preußischen Korps nach Trautenau das 10. (Gablenz) entgegen, von denen am 27. Juni 1866 das 6. von Steinmetz zurückgeschlagen wurde, das 10. zwar Bonin bei Trautenau besiegte und auf Liebau zurückwarf, aber am 28. von der Garde bei Soor in der Flanke angegriffen und mit großen Verlusten geschlagen wurde. Bei Skalitz warf Steinmetz am 28. Juni auch das 8. Korps unter dem Erzherzog Leopold zurück und erreichte am 29. Juni, nachdem er das 4. Korps aus seiner starken Position bei Schweinschädel verdrängt hatte, bei Gradlitz die obere Elbe, die das Gardekorps am selben Tag bei Königinhof erreichte. Indem die erste preußische Armee am 1. Juli bis Miletin und Horitz vorrückte, hatte das preußische Heer den konzentrischen Vormarsch in Böhmen glücklich vollendet, seine Front von 300 auf 40 km verkürzt und war zu gemeinsamen und gleichzeitigen Operationen bereit.
Demgegenüber befand sich die österreichisch-sächsische Armee bereits in höchst ungünstiger Lage, die Gefechte der letzten Junitage hatten über 30.000 Mann und 16 Geschütze gekostet, den moralischen Halt der Truppen, besonders aber das Vertrauen Benedeks in sich und sein Heer erschüttert. Benedek rief sogar in einem Telegramm vom 2. Juni 1866 zum Frieden um jeden Preis. Auf ausdrücklichen Befehl aus Wien jedoch erwartete er in seinen Stellungen zwischen der Bistritz und Elbe auf einem hügligen Terrain nördlich des Gegners. Da das preußische Hauptquartier am 2. Juli 1866 abends von der Stellung der Österreicher und Sachsen unterrichtet wurde und sofort die Befehle zum Angriff an alle drei Armeen erließ, so fand auf den Höhen von Chulm die Entscheidungsschlacht von Königgrätz statt:
3. Juli 1866, 15.00 Uhr: Nordwestlich der kleinen böhmischen Festung Königgrätz (tschechisch: Hradec Krälove) tobte seit fast acht Stunden eine mörderische Schlacht. Sie war bei strömendem Regen durch den Angriff zweier preußischer Armeen mit 124.000 Mann eingeleitet worden. Die österreichische Armee (184.000 Mann) und die an ihrer Seite kämpfenden Sachsen (22.000 Mann) leisteten erfolgreich Widerstand. Sie waren auf einer Hügelkette günstig aufgestellt und ihre Artillerie fügte den Angreifern schwere Verluste zu. Einzelne preußische Abteilungen wichen bereits zurück. König Wilhelm, der sich nahe beim Dorf Sadowa hinter den preußischen Linien aufgebaut hatte, strapazierte die Nerven seines Gefolges, indem er die Schreckensbilder der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt vom Jahre 1806 heraufbeschwor.
Der österreichische Oberbefehlshaber Benedek hatte eine riesige Reserve von 58.000 Mann zurückbehalten, mit der er im geeigneten Moment die Front der abgekämpften Preußen durchstoßen wollte. Er wusste, dass eine weitere preußische Armee im Anmarsch war, hofft aber, dass sie zur Entscheidung zu spät kommen würde. Der Sieg schien greifbar nahe.
Feldzeugmeister Benedek hatte sich auf der Höhe von Lipa postiert und verfolgte das Kampfgeschehen. Rings um ihn hielten sich die Offiziere seines Stabes in ihren schneeweißen Waffenröcken, auf dem Kopf goldbetresste Zweispitze mit flatternden hellgrünen Federbüschen, auf. Da kam einer von ihnen, Oberst Neuber, auf den Gedanken, sein ermattetes Ross gegen ein frisches Pferd auszutauschen. Er ritt deshalb auf das nahe gelegene Chlum zu, das durch eine Bodenwelle verdeckt war. Chlum, ein hübsches Dorf auf dem gleichnamigen Hügel, war die Schlüsselposition der gesamten österreichischen Stellung. Als der Oberst sich dem Ort näherte, pfiffen ihm plötzlich Kugeln um die Ohren. Starr vor Überraschung saht er, dass fliehende österreichische Kavallerie aus dem Dorf heraussprengte.
Helmuth von Moltke
* 26.10.1800 in Parchim
† 24.07.1891 in Berlin
preußischer Generalfeldmarschall
Neuber galoppierte in rasender Eile zum Gefechtsstand zurück. Seine Erregung mühsam unterdrückend, bat er Benedek, ihm eine Meldung unter vier Augen machen zu dürfen. Der Feldzeugmeister sah ihn befremdet an und erwiderte: „Wir haben keine Geheimnisse.“ „Dann habe ich zu melden, dass die Preußen Chlum besetzt haben.“ Die Stabsoffiziere waren wie vom Donner gerührt. Benedek fuhr den Unglücksboten an: „Plauschen Sie nicht so dumm!“ Plötzlich aber riss er sein Pferd herum und jagte auf Chlum zu, sein Stab hinter ihm her. Als der Reiteraufzug das erste Bauerngehöft erblickte, schlug ihr ein Bleischauer entgegen, und mehrere der Reiter stürzten getroffen zu Boden. Was ist geschehen
Generalstabschef Moltke hatte die Truppen Benedeks zunächst von Nordwesten her durch die preußische 1. preußische Armee und die so genannte preußische Elbarmee frontal angegriffen. Gleichzeitig hatte er die 2. preußische Armee (97.000 Mann) in Marsch gesetzt, die sich nördlich der österreichischen Aufstellung befand. Diese Armee hatte die Aufgabe, den rechten Flügel des österreichischen Heeres anzugreifen, während die Elbarmee dessen linken Flügel umgehen sollte. Moltke hoffte, auf diese Weise die gesamte österreichische Streitmacht einkesseln und vernichten zu können.
Da der Regen alle Wege aufgeweicht hatte, war die 2. Armee aber nur langsam vorangekommen. Gegen 14.00 Uhr erschien ihre Angriffsspitze, die 1. Gardedivision, überraschend vor Chlum. Dieser wichtige Ort war aber nur unzureichend gedeckt. Einige österreichische Generale, deren Truppen ursprünglich hier aufgestellt waren, hatten nämlich am Vormittag eigenmächtig die preußische 7. Infanteriedivision angegriffen, die den Swiepwald besetzt hielt. Als die österreichischen Verbände dann schließlich durch Benedek auf den rechten Flügel zurückbeordert wurden, waren sie durch das blutige Waldgefecht bereits stark dezimiert. Die preußischen Gardeinfanteristen könnten deshalb Chlum nach ganz kurzem Kampf einnehmen. Da zu gleicher Zeit die Elbarmee die ihr gegenüberstehenden österreichischen und sächsischen Truppen weit zurückgeschlagen hatte (was Benedek zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht wusste), begann die preußische Zange sich bereits zu schließen.
In den folgenden Stunden trieben die österreichischen Generale, statt sofort einen geordneten Rückzug einzuleiten, immer neue Verbände in sinnlose Bajonettangriffe gegen Chlum. Die Österreicher und Sachsen rücken jeweils in tief gestaffelten Kolonnen, mit Trommelschlag und flatternden Fahnen vor. Die preußischen Infanteristen ließen sie auf 300 Schritte und näher herankommen und überschütteten sie dann mit rasendem Schnellfeuer. Tausende österreichische und sächsische Soldaten wurden so dank dem Stumpfsinn ihrer Vorgesetzten getötet oder zu Krüppeln geschossen. Inzwischen hatten sich die Spitzen der preußischen Elbarmee und 2. Armee etwa bis auf sich zwei Kilometer einander genähert. Der heldenmütige Abwehrkampf der österreichischen Kanoniere und Kavalleristen ermöglichte es ihrer geschlagenen Armee aber, sich auf das jenseitige Ufer der Elbe zurückzuziehen. Etwa die Hälfte dieser Truppen bewegte sich auf die Festung Königgrätz zu, die durch ein Überschwemmungsgebiet geschützt war und deren Tore der Kommandant hatte schließen lassen. Als die Nacht begann, brach unter den Österreichern und Sachsen, die das Sumpfgelände auf einigen Dämmen zu durchqueren suchen, eine Panik aus. Es kam zu fürchterlichen Szenen. Hunderte von Soldaten verloren die Orientierung und ertranken elendiglich. Andere wurden im Gedränge der Menschen, Pferde, Kanonen und Fuhrwerke zu Tode getrampelt. „Es war wie beim Übergang über die Beresina„, schriebt ein Augenzeuge später dazu. („Übergang über die Beresina“ – am 26.11. – 28.11.1812 wurde Napoleons Armee im Russlandfeldzug vernichtend geschlagen und versprengt.)
Die Bilanz des blutigen Tages, an der insgesamt 436.000 Mann teilnahmen, mehr als 44.000 (20,6 %) österreichische und sächsische Soldaten waren gefallen, verwundet worden, in Gefangenschaft geraten oder galten als vermisst. Die Verluste der Preußen betrugen etwas mehr als 9.000 (4 %) Mann.
Am Abend des 4. Juli erfuhr in Rom der Kardinalstaatssekretär Antonelli, sozusagen der Ministerpräsident des Kirchenstaates, vom Sieg der Preußen. Entsetzen malte sich auf seinem Gesicht. Schließlich rief er: „Casca il mondo!“ („Die Welt stürzt ein!“).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Historischer Schulatlas“ Verlag von Velhagen & Klasing 1902
- „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
- „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
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