Budapest, Parlament

Königreich Ungarn

Das Königreich Ungarn in detaillierter Übersicht, Geschichte in alten Ansichtskarten.

Haupt- und Residenzstadt Budapest (Ofen und Pest)

Ungarische Fahne - Szózat (Aufruf)
Ungarische Fahne – Szózat (Aufruf)

Deiner Heimat sei unerschütterlich treu, oh Ungar!
Dies ist deine Wiege und dereinst auch dein Grab,
die/das dich hegt und bedeckt.
Auf der großen Welt gibt es sonst keinen Platz für dich.
Mag die Hand des Schicksals dich segnen oder schlagen –
hier musst du leben und sterben
.“

Szózat, 1835/36 von Mihály Vörösmarty

Das eigentliche Königreich Ungarn mit Siebenbürgen

Königreich Ungarn, Lage in der Donaumonarchie
Königreich Ungarn, Lage in der Donaumonarchie

Wappen:

Das vollständige ungarische Gesamtstaatswappen, geviertet mit eingepfropfter Spitze und Mittelschild, zeigt untenstehender Holzschnitt, Mittelschild gespalten; heraldisch rechts: altungarisches, links: neuungarisches Wappen; um den Mittelschild gruppiert: oben rechts, da ein Teil Dalmatiens früher zu Ungarn gehörte – Dalmatien, links Kroatien, unten rechts Slawonien, links Siebenbürgen, dazwischen Fiume. Der Schild, von zwei weißgekleideten, die heilige Stephanskrone tragenden, in neuer Zeit aber den Schild haltenden Engeln beseitet.

Königreich Ungarn Wappen
Königreich Ungarn Wappen

Landesfarben Ungarns:

Die Nationalfarben des Königreich Ungarns sind Rot, Weiß und Grün

Königreich Ungarn, Flagge
Königreich Ungarn, Flagge

Hauptstadt:

Budapest

Budapest, Elisabeth-Brücke
Budapest, Elisabeth-Brücke

Größe:

325 411 km²

Einwohner:

  • 1869: 13 561 245
  • 1876: 13 724 442
  • 1910: 21 135 000
Königreich Ungarn, Peter J. Oestergaard G. m. b. H., Kartogr. Inst. Berlin, Zeit im Bild-Handatlas 1907
Königreich Ungarn, Peter J. Oestergaard G. m. b. H., Kartogr. Inst. Berlin, Zeit im Bild-Handatlas 1907

Gewässer:

Donau, Drau, Theiß, Maros, Plattensee, Neusiedlersee

Bewohner:

  • Magyaren (Ungarn) 9 789 370 = 47,5 %
  • Rumänen 2 980 216 = 14,3 %
  • Slowaken 2 292 473 = 10,0 %
  • Deutsche 2 084 067 = 10,0 %
  • Kroaten 1 815 139 = 8,7 %
  • Serben 1 125 397 = 5,4 %
  • Ruthenen 479 355 = 2,3 %
  • sowie Zigeuner, Italiener, Armenier 354 291 = 1,7 %
Nationalitäten- und Sprachen-Karte von Österreich-Ungarn 1895 (Prof. Hickmann's geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)
Nationalitäten- und Sprachen-Karte von Österreich-Ungarn 1895 (Prof. Hickmann’s geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)

Die Magyaren leben in geschlossenen Gebieten zwischen Donau und Theiß (im Alföld) am rechten Donauufer und in der übrigen großen ungarischen Tiefebene, sowie in Siebenbürgen (als Szekler) in den hochgelegenen Landesteilen. Die Deutschen, in Siebenbürgen Sachsen genannt, haben im Wieselburger Komitat, in den 16 Zipserstädten und in den ehemaligen siebenbürgischen Stühlen Mediasch, Schässburg, Gross-Schenk und in Bistritz die Majorität; zahlreich vertreten sind sie auch in den Komitaten Ödenburg, Eisenburg, Temes, Baranya, Tolna, Zips, Bäcs, Pressburg. Sonst sind sie über das ganze Land zerstreut, namentlich aber in den Städten ansässig.

Ethnographische Karte der Länder der Ungarischen Krone aufgrund der Volkszählung von 1880
Ethnographische Karte der Länder der Ungarischen Krone aufgrund der Volkszählung von 1880

Bevölkerungsdichte:

/km²

Königreich Ungarn
Königreich Ungarn

Religion:

  • römisch und griechisch Katholisch 12 900 181 = 61,9 %
  • Griechisch Orientalisch 2 980 271 = 14,3 %
  • Evangelisch A.B./ H.B. 3 936 687 = 18,9 %
  • Juden 937 830 = 4,5 %
  • Andere 83 363 = 0,4 %

Griechisch-katholisch sind Ruthenen und Rumänen, griechisch-orientalische Serben und zum Teil Rumänen, evang. Augsb. Konfession sind die Sachsen in Siebenbürgen und Deutsche und Slowaken, evang. helvet. Konfession ein Teil der Magyaren.

Religions-Karte von Österreich-Ungarn 1895 (Prof. Hickmann's geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)
Religions-Karte von Österreich-Ungarn 1895 (Prof. Hickmann’s geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)

Wirtschaft:

Bei der großen Ausdehnung und der verschiedenen Struktur des Landes kann von einem einheitlichen Charakter desselben nicht die Rede sein. Eigentümlich sind nur die oberungarische Tiefebene (Pressburger Becken) und die niederungarische Tiefebene (Alföld) durch ihre Einförmigkeit und ihren Wechsel zwischen Überschwemmungen und Trockenheit und klimatischen Extremen. Die unproduktive Fläche beträgt 7,5 % des Bodens und besteht in Sümpfen und Sandstellen. Die 25 863 664 Hektar produktiver Bodenfläche verteilen sich auf 9 667 107 Hektar Äcker, 342 420 Weingärten, 3 707 733 Wiesen und Gärten, 4 116 023 Weiden, 7 875 813 Waldungen, 154 568 Rohrschlag.

Ungarn, Münzen um 1900
Ungarn, Münzen um 1900

Der Hauptreichtum Ungarns besteht in der Produktion der Brotfrüchte, welche eine große Ausfuhr nach Österreich, Deutschland und Frankreich gestatten. Außer den genannten Nutzpflanzen nehmen Tabak und Wein eine hervorragende Stellung ein. An Tabak werden jährlich 1120 000 Zentner, an Wein in mittleren Jahren 18, in guten 31 Millionen Eimer gebaut. Die berühmtesten Weinsorten sind Tokayer, Meneser, Ödenburger, Ruster, Badocsonyer, Schomlauer, Erlauer, Nisontaer. Trotz der Abnahme der Weinkultur in Siebenbürgen und der ehemaligen Militärgrenze hat die Ausdehnung der Weingärten in den Ländern der ungarischen Krone im letzten Vierteljahrhundert doch um 40.000 Ha. zugenommen. Der durchschnittliche Gesamtwert einer Weinernte beträgt infolge der außerordentlichen Wohlfeilheit vieler Weinsorten nur 43 Millionen Gulden, worunter 1 Millionen Gulden für Ausbruchweine. – Bedeutender Hopfen- und Obstbau.

Kecskeméter Volkstracht
Kecskeméter Volkstracht

Die Wälder werden in neuerer Zeit sorgfältig kultiviert. Die jährliche Holzproduktion wird auf 38 Millionen Kubikmeter, der Gesamtwert der Walderträgnisse auf 50 Millionen Gulden geschätzt.

Königreich Ungarn, Briefmarken
Königreich Ungarn, Briefmarken

Die Ausdehnung der Landwirtschaft hat die stets zunehmende Einengung der Pusstenweide zur Folge gehabt. Dies und das ununterbrochene Wüten der Rinderpest hat den Rinderstand so reduziert und die einst durch ihren Viehreichtum berühmten Ebenen der Komitate Pest, Csongräd, Biikes, Csanäd und Bäcs vieharm gemacht oder wenigstens das Schaf an die Stelle des Rindes gestellt. Noch immer nimmt dagegen Ungarn hinsichtlich der Zahl und der sich stetig hebenden Güte der Pferde einen hervorragenden Platz unter den europäischen Staaten ein. Einen der wichtigsten Zweige der ungarischen Landwirtschaft bildet die Schweinezucht. (Gradisca, Brod, Peterwardein). An Schafen ist Ungarn das reichste Land in Europa. Die Wollproduktion wird auf 300.000 Zentner geschätzt, die Cocons Erzeugung (Banat) auf 9000 Zentner veranschlagt. Im Süden hat die Bienenzucht große Verbreitung gefunden. Die Milchwirtschaft ist noch wenig entwickelt.

Trachten aus der ungarische Tiefebene
Trachten aus der ungarische Tiefebene

Die Gesamtzahl der einzelnen Grundbesitze beträgt 2.486.265. Ein Drittel derselben besteht aus zerstückelten Bauerngütern (mit höchstens 17 Ha.), mehr als ein Drittel aus Großgrundbesitz (mit mindestens 560 Ha., worunter 231 Latifundien mit mehr als je 5600 Ha. hervorragen und in ihrer Summe ein Zwölftel des gesamten Grundes und Bodens umfassen), so dass bloß 28,60 % den mittleren Besitzständen angehören. Nur in der Militärgrenze bringt es die Besitzgemeinsamkeit der Hauskommunionen mit sich, dass 28-30 Ha. durchschnittlich auf einen Grundbesitz entfallen. In Ungarn und Siebenbürgen befinden sich mehr als 6 Millionen Ha. in den Händen des Staates, der Krone, öffentlicher Stiftungen, geistlicher und weltlicher Korporationen. Dementsprechend hat das Pachtsystem und die Verwaltung durch Ökonomiebeamte einen bedeutenden Umfang angenommen. Der Mangel an ländlichen Arbeitern hat zu starker Benutzung des Maschinenbetriebes geführt.

Vámospércser Volkstracht
Vámospércser Volkstracht

Ungarn besitzt großartige Eisen-, Kohlen- und Salzlager, sowie reiche Kupfer-, Silber-, Gold- und andere Erzlager, welche schon in früher Zeit einen bedeutenden Bergbau entwickelten und zum Entstehen von reichen Bergstädten Veranlassung gaben.

Im Jahre 1878 wurden in den 5 Berghauptmannschaften Beszterczebänya (Neusohl), Budapest, Nagybänga, Oravicza (Zipser-Iglau), Zalatna folgende Mengen gewonnen:

  • Gold 1807 kg
  • Silber 19.571 kg
  • Kupfer 20.330 Zentner
  • Blei 37.920 Zentner
  • Quecksilber 486 Zentner
  • Antimonerz 4316 Zentner
  • Nickel und Kobalt 3264 Zentner
  • Frischroheisen 2.551.106 Zentner
  • Gussroheisen 207.318 Zentner
  • Schwarzkohle 13.688.158 Zentner
  • Braunkohle 17.795.088 Zentner
  • Brikette 586.136 Zentner
  • Erdpech 17.732 Zentner
  • Steinöl 35.860 Zentner
  • Schwefel 480 Zentner
  • Alaun 3576 Zentner
  • Braunstein 16.460 Zentner
  • Eisenkies 953.452 Zentner
  • Bleiglätte 4446 Zentner

Der Gesamtwert der Bergwerksprodukte betrug 1878: 18.457.064 Gulden, das Maximum im Jahre 1873 betrug 23.148.827 Gulden.

Mächtige Salzlager befinden sich in Siebenbürgen und im Marmaros-Szigeter Bezirk in Ungarn. Die Salzproduktion 1878 betrug 2.915.924 Zentner. Das Salz ist Monopol. Im Jahre 1878 wurden 2.962.136 Zentner für 11.858.398 Gulden verkauft.

Temesvár, Józsefvárosi pályaudvar (Bahnhof)
Temesvár, Józsefvárosi pályaudvar (Bahnhof)

Die Industrie Ungarns steht trotz des Reichtums an Rohmaterial auf einem tiefen Stand und deckt den Landesbedarf nicht, wenn auch in den verschiedensten Industriezweigen einzelne hervorragende Etablissements vorhanden sind. Dahin gehören Hüttenwerke und Maschinenfabriken in Siebenbürgen, zwischen Temes und Karas (Aina, Reschitza usw.), im Bihaver und Arader Komitat, in Oberungarn zwischen Hernäd, Sajo und Grau und in Budapest. Bedeutend ist die Holz- sowie die Mühlenindustrie. Es gibt 25.000 Mühlen, darunter 500 mit Dampfbetrieb (namentlich in Budapest). In Oberungarn ist die Glasindustrie stark verbreitet. Von Wichtigkeit sind die Seifensiedereien in Niederungarn.

Szegedin (Szeged), Rákóczi szobor
Szegedin (Szeged), Rákóczi szobor

Der Handel ist bedeutend und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Ausfuhr der zahlreichen Rohprodukte und Halbfabrikate des Landes und der Einfuhr fremder Industrieerzeugnisse. Die ersten Handelsplätze sind Budapest, Debreczin, Kaschau, Raab, Temesvär, Klausenburg, Kronstadt, Hermannstadt, Sissek, Essek. Die Landstraßen sind in schlechtem Stande, der Eisenbahnbau macht rasche Fortschritte; die Donau, Dran, Save, Temes, Theiss sind schiffbar, doch mit vielen Schifffahrtshindernissen versehen. Eine umfängliche Regulierung der Donau, namentlich bei Budapest hat zwar schon stattgefunden, doch bleibt noch viel zu tun, zumal am eisernen Thor (serbisch-rumänische Grenze) und zwischen Pressburg und Budapest.

Staatsverfassung und -Verwaltung Ungarns

Im Jahr 1867 wurden sämtliche zur St. Stephanskrone gehörigen Länder mit dem eigentlichen Ungarn vereinigt, und nur Kroatien-Slawonien behielt für die innere Verwaltung seine Selbständigkeit mit eigener Gesetzgebung und Landesregierung, an deren Spitze der Bau steht; in Bezug auf Finanzen, Handel, Verkehr und Militärangelegenheiten aber wurde es gleichfalls mit Ungarn vereinigt. 1876 wurde Siebenbürgen in 15, Kroatien-Slawonien in 8 neugebildete Komitate eingeteilt und die Militärgrenze aufgelöst. Seitdem besteht in ganz Ungarn bloß die alte Einteilung nach Komitaten. In kirchlicher Beziehung gliedert sich ganz Ungarn in 4 römisch-katholische Erzbistümer und 15 Bistümer. Dem Erzbischof von Gran (Fürst-Primas von Ungarn) sind die Bistümer Stuhlweißenburg, Fünfkirchen, Veszprim, Steinamanger, Raab, Neutra, Neusohl und Waitzen, die Erzabtei Martinsberg sowie die griechisch-katholischen Bistümer Munkács und Eperies, dem Erzbischof zu Erlau die Bistümer Rosenau, Zips, Kaschau und Szatmár, dem in Kalocsa das Großwardeiner, Csanáder und Siebenbürger Bistum, dem von Agram die in Bosnien-Syrmien (Diakovár) und Zeugg-Modrus sowie das griechisch-katholische Bistum Kreutz untergeordnet.

Szatmár-Németi, Irgalmas rendek-anyaház
Szatmár-Németi, Irgalmas rendek-anyaház

Die katholische Kirche des griechischen Ritus hat ein Erzbistum zu Karlsburg mit dem Sitz in Blasendorf und die Bistümer Großwardein, Lugos und Szamos-Ujvár. In Ungarn gibt es 587 Klöster der römisch-katholischen Kirche mit (1905) 2060 Mönchen und 4745 Nonnen, sowie 7 Klöster der griechisch-katholischen Kirche. Die griechisch-orientalische Kirche serbischer Nationalität hat ein Erzbistum in Karlowitz, mit Bistümern in Budapest, Neusatz, Temesvár, Werschetz, Pakratz und Karlstadt, die griechisch-orientalische Kirche rumänischer Nationalität ein Erzbistum in Hermannstadt mit Bistümern in Arad und Karansebes. Die evangelische und reformierte Kirche zählt je fünf Superintendenturen. Die Unitarier haben einen Bischof. 1905 wurde auch die Konfession der Baptisten gesetzlich anerkannt; bis jetzt organisierte sie sich bloß in Budapest. Die 2454 israelitischen Kultusgemeinden gehören zum größeren Teil der orthodoxen Richtung an.

Österreich-Ungarn (1912)
Österreich-Ungarn (1912)

Ungarn bildet seit 1867 mit Österreich die Österreichisch-Ungarischen Monarchie, die aus zwei unabhängigen und gleichberechtigten Staaten besteht. Jeder derselben besitzt seine besondere Verfassung, Legislative und Verwaltung, beide sind jedoch nicht nur durch die Person des Monarchen verbunden, sondern haben auch gemeinsame Angelegenheiten. Die gesetzgebende Gewalt hinsichtlich der gemeinsamen Angelegenheiten wird von zwei, vom österreichischen Reichsrat und ungarischen Reichstag auf ein Jahr gewählten Delegationen ausgeübt, die aus je 60 Mitgliedern bestehen (40 Abgeordneten- und 20 Oberhausmitglieder). Der ungarische Reichstag in Budapest besteht aus dem Magnatenhaus (Oberhaus) und dem Abgeordnetenhaus. Mitglieder des Oberhauses sind: die großjährigen Erzherzöge, 8 Fürsten, 185 Grafen und 51 Barone (auf Grund eines Steuerminimums von 6000 Kronen), die 10 Bannerherren (Reichswürdenträger) und 2 Kronhüter, der Gouverneur von Fiume, die Präsidenten der königlichen Kurie, der Budapester königlichen Tafel und des Verwaltungsgerichtshofes, die Erzbischöfe, Bischöfe, einige Äbte, die Superintendenten und Oberkuratoren der Evangelischen, Reformierten und Unitarier, drei kroatisch-slawonische Deputierte und 50 vom König auf Lebenszeit ernannte Mitglieder.

Fiume, Veduta generale
Fiume, Veduta generale

Das Abgeordnetenhaus zählt 453 Abgeordnete (Ungarn mit Fiume 413, Kroatien-Slawonien 40; letztere nehmen aber nur an jenen Verhandlungen teil, die sich auch auf Kroatien-Slawonien beziehen). Die Munizipien (Komitate und Städte mit Munizipalrecht) sind in Wahlkreise eingeteilt, deren jeder einen Abgeordneten auf fünf Jahre wählt. Das aktive Wahlrecht beginnt mit dem 20., das passive mit dem 24. Lebensjahr. Präsident und Vizepräsident des Magnatenhauses werden vom König ernannt, den Präsidenten und beide Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses dagegen wählt dieses selbst. Für Kroatien-Slawonien besteht ein besonderer Landtag. An der Spitze der Komitate und 26 Munizipalstädte stehen vom König ernannte Obergespäne und von den Munizipalausschüssen gewählte Vizegespäne, bez. Bürgermeister. Die Munizipalausschüsse bestehen zur Hälfte aus Höchstbesteuerten (Virilisten), zur Hälfte ausgewählten Mitgliedern, üben das Selbstverwaltungsrecht aus und wählen ihre Beamten. Seit 1876 besteht in jedem Munizipium zur Überwachung der Verwaltung ein Verwaltungsausschuss von 20 Mitgliedern. Die übrigen Städte und Gemeinden stehen unter der Aussicht der Komitate, die in 421 Stuhlrichteramtsbezirke geteilt sind.

Stuhlweißenburg (Székesfejérvár), Szt. Ferencz rendi templom
Stuhlweißenburg (Székesfejérvár), Szt. Ferencz rendi templom

Die verantwortliche Regierung des Landes besteht aus zehn Ministern (Ministerpräsident, Minister des Innern, Finanz-, Justiz-, Ackerbau-, Handels-, Landwehr-[Honvéd-] Minister, Minister für Kultus und Unterricht, für Kroatien und Slawonien und am königlichen Hoflager).
Die Rechtspflege ist seit 1867 von der Verwaltung getrennt. In Ungarn mit Fiume und Kroatien-Slawonien bestehen 458 Bezirks- (Einzel-) Gerichte und 76 Gerichtshöfe als Gerichte I. Instanz, 12 Gerichte II. Instanz (königliche Tafeln) und 2 Gerichte III. Instanz (königliche Kurie und oberster Kassations- und Gerichtshof in Budapest und Agram); ferner wirken ein Kronanwalt, 12 Oberstaatsanwalt- und 74 Staatsanwaltschaften sowie 20 Notariats- und 30 Advokatenkammern.
Die finanzielle Lage, auf Grund des Ausgleichs von 1867 fast völlig selbständig, gestaltet sich seit 1889 stets günstiger, und die Jahresschlussrechnungen ergeben einen bedeutenden Überschuss. Der Voranschlag für das Jahr 1908 beträgt in Ausgaben (samt Investitionen): 1.396.988.349 Kronen, in Einnahmen: 1.397.010.414 Kronen.

Schässburg (Segesvár - Sighișoara)
Schässburg (Segesvár – Sighișoara)

Nationalität, Trachten, Beschäftigung, Religion

Unter den Nationalitäten nehmen die Magyaren als herrschende Nation seit Begründung Ungarns die erste Stelle ein, und zwar nicht nur wegen ihrer größeren Anzahl (im eigentlichen Ungarn 8.651.520 Einwohner = 51,4 %, in ganz Ungarn 8.742.301 = 45,4 %), sondern auch deshalb, weil sie die Mitte des fruchtbarsten Gebiets in ungeteilter Masse bewohnen. Der magyarische Volksstamm überwiegt im Alföld, namentlich zwischen Donau und Theiß, am rechten Donauufer und in den übrigen ebenen Landstrichen; im siebenbürgischen Gebiete dagegen bewohnen die Magyaren hauptsächlich die Täler der Maros und Szamos und als Székler die hochgelegenen Teile der östlichen Komitate und erreichen hier nur 32 %. In Kroatien-Slawonien betragen sie nur 3,8 %. Nach ihnen sind in ganz Ungarn die Slawen am zahlreichsten, und zwar vor allem die Serben (1.052.180) und Kroaten (1.678.569), zusammen 13,12 (in Kroatien-Slawonien allein 61,6 und 25,4) %, von denen die Serben im Südosten von Ungarn und in Kroatien-Slawonien, die Kroaten aber meist im kroatischen Gebiet wohnen; die Slowaken (2.019.641 = 10,5 % in ganz Ungarn) bilden eine meist kompakte Masse im Nordwesten und Norden und sporadisch im Süden (Békés und Csanád); in den nordöstlichen Karpathen (Máramaros, Bereg, Ung) haben sich die Ruthenen (Ukrainer) (429.447 = 2,2 %) niedergelassen. Die sich stark vermehrenden Rumänen (2.799.479 = 14,5 %) wohnen als kompakter Stamm im Osten und Südosten in den siebenbürgischen Komitaten, die Wenden dagegen nur im Westen, in Eisenburg und Zala (ca. 70.000) sowie in Kroatien-Slawonien (94.000).

Sächsische Bauern aus Hermannstadt/Siebenbürgen
Sächsische Bauern aus Hermannstadt/Siebenbürgen

Die Deutschen (2,135,181 = 11,1 %, und zwar 1.999.060 = 11,9 [1890 = 13,1] % im eigentlichen Ungarn) wohnen zerstreut und sind meist in den westlichen Komitaten (Preßburg, Ödenburg, Wieselburg, Eisenburg), ferner im Komitat Baranya, in den drei Banatkomitaten, in einigen nördlichen Bergstädten, in der Zips, schließlich als Siebenbürger Sachsen besonders um Hermannstadt, Kronstadt, in den Tälern der beiden Kokel und im Komitat Bistritz Naszód ansässig. In Budapest leben 104.520 Deutsche. Nach dem Westen sind sie schon seit den Zeiten Karls d. Gr., in die übrigen Gegenden zuerst unter Stephan I. und Geisa II., zumeist aus der Mosel- und Rheingegend und aus Flandern, später aber in kleineren Scharen aus Schwaben und Franken etc. (meist im 17. und 18. Jahrhundert) eingewandert. Der Rest der Bevölkerung von Ungarn (397.761 = 2,1 %) sind Armenier (in Udvarhely, Torda-Aranyos), Bulgaren, Griechen, Italiener (Fiume und Littorale) und Mazedowalachen oder Zinzaren; die Armenier und Griechen leben meist in Handelsstädten.
Die Zigeuner (ca. 91.000) sprechen Magyarisch, Serbisch oder Rumänisch und halten sich am zahlreichsten jenseits der Donau und im siebenbürgischen Gebiet auf. Unter den Volkstrachten ist die magyarische die schönste.

Königreich Ungarn, Bevölkerung 1914
Königreich Ungarn, Bevölkerung 1914

Der Magyar ist meist mittelgroß, muskulös, ebenmäßig gebaut, hat eine scharf geschnittene Gesichtsbildung, dunkle, feurige Augen und schwarzes Haar. Er ist intelligent, gutmütig und gastfreundlich, besitzt feuriges, leicht erregbares Temperament, rednerische Begabung und große Vaterlandsliebe, liebt Musik und Tanz, ist als Soldat äußerst tapfer und ein geschickter Reiter. Originell und charakteristisch ist der ungarische Nationaltanz (Tschardasch) und Volksgesang, ersterer bald langsam (Lassú), bald ungemein lebhaft (Friss), die Volksweisen dagegen sind vorwiegend schwermütig. Die Magyaren beschäftigen sich meist mit Ackerbau, Viehzucht und Fischfang oder sind selbständige Handwerker; die Slowaken bringen sich als Holzarbeiter und Flößer, zum Teil umherwandernd als Bauarbeiter, Hausierer, Drahtbinder und Rastelbinder fort; viele Tausende verdienen in den Naphthagruben und Kohlenbergwerken Nordamerikas ihr Brot. Die Ruthenen sind meistens Waldarbeiter und Hirten; die Kroaten betreiben Ackerbau und Handel, die Deutschen Gewerbe, Handel, Landwirtschaft, Bergbau etc.; die Armenier, Juden und Griechen beschäftigen sich meist mit Handel; unter den Zigeunern gibt es viele Musikanten und Schmiede.

Ödenburg (Sopron), Várkerület (Grabenrunde)
Ödenburg (Sopron), Várkerület (Grabenrunde)

Lied der Deutschen in Ungarn

1. Stimmt an das neue Lied
von Volkes Kraft und Treu,
die sich dem Vaterland
nun weihet hier aufs Neu!
Der Mann, der uns erweckt zum Leben,
dem wollen ewig nach wir streben:
So lang ein Tropfen Blut noch rinnt
und Trost aus seinem Wort gewinnt.

2. O, Schwabenvolk, harr aus!
Die Zeit ist nicht erfüllt,
wo fertig steht dein Haus,
das alles Sehnen stillt.
Man wird auch dich bald ganz verstehen
und deiner Sehnsucht Feuer sehen:
Im ungarischen Vaterland
als treuer deutscher Mann erkannt

3. Uns trieb nicht Ländergier
ins neue Heimatland;
dem Rufe folgten wir,
den man zu uns gesandt.
Es huben sich die deutschen Scharen,
die vieler Gaue Kinder waren:
Der Ungarn ritterlich Geschlecht
war uns Gewähr für Lebensrecht.

4. Mit Fleiß bestellten wir
des Ackers Scholle treu
und niemals sehnten wir
verratvoll Hilf herbei.
Voll Liebe haben wir getragen
in ernsten und in schweren Tagen
des Ungarnvolkes Schmach und Schand,
vereint gekämpft fürs Vaterland.

5. Wie in dem Herzen sprüht
auch Volkes eigne Sitt‘,
und Mutterlaut erglüht
als Ahnenmahnwort mit,
so kennen wir doch keine Farben,
als rot-weiß-grün, wofür schon starben
so viele Helden unserer Art:
Für Ungarns Freiheitskampf geschart.

6. So wuchsen wir heran
in Ungarns gastlich Haus,
als treuer Bruderbann
zu stehn für dieses Haus.
Wir stehen hier durch Schicksals Wollen,
das keine Feinde stören sollen!
Was Gott bestimmt kann nicht vergehn:
Das Deutschvolk Ungarns bleibt bestehn!

Pressburg (Pozsony, Bratislava), Schloss
Pressburg (Pozsony, Bratislava), Schloss

Religion:

Der Religion nach sind in Ungarn die Römisch-Katholischen überwiegend (9.919.913 = 51,52 %, hiervon 8.198.497 = 48,69 % im eigentlichen Ungarn), am dichtesten im Südwesten, rechts der Donau sowie im Nordwesten; die Kroaten sind meist römisch-katholisch, ebenso die Székler. Griechisch-katholisch sind Ruthenen und Rumänen (1.854.143 = 9,63 %, hiervon 1.841.272 = 10,93 % im eigentlichen Ungarn), griechisch-orientalisch die Serben und ein großer Teil der Rumänen (2.815.713 = 14,62 %, hiervon 2.199.195 = 13,06 % im eigentlichen Ungarn). Der evangelischen Kirche Augsburger Konfession (1.288.942 = 6,69 %, hiervon 1.258.860 = 7,48 % im eigentlichen Ungarn) gehören meist Slowaken und Deutsche im Norden und Westen sowie die siebenbürgischen Sachsen an; die Reformierten (2.441.142 = 12,68 %, hiervon 2.427.232 = 14,41 % im eigentlichen Ungarn) haben ihre Hauptsitze in magyarischen Gegenden; die Unitarier (68.568 = 0,36 %) leben fast nur in siebenbürgischen Komitaten. Die Israeliten schlussendlich (851.378 = 4,42 %, hiervon 831.162 = 4,94 % im eigentlichen Ungarn) sind im Nordosten (Komitate Zemplin, Bereg, Ung, Máramaros), dann in den Städten Budapest, Großwardein, Szatmár-Németi besonders zahlreich vertreten.

Arad, Városháza (Rathaus)
Arad, Városháza (Rathaus)

Geschichte:

Die Länder der ungarischen heiligen Krone bilden Ungarn mit Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien und Fiume mit Gebiet. Das Großfürstentum Siebenbürgen mit der Landeshauptstadt Kolozsvár/Klausenburg, welches früher einen besonderen Staat gebildet hatte, blieb 1849-1867 selbstständiges Kronland, wurde aber am 17. Februar 1867 mit Ungarn vereinigt. Die Militärgrenze, welche früher eine besondere (militärische) Verwaltung hatte, wurde teils zu Ungarn, teils zu Kroatien-Slawonien geschlagen.

Arpad, Ergebung der Slawen
Arpad, Ergebung der Slawen

Die Geschichte Ungarns beginnt um 895 mit der Festsetzung der Magyaren unter Arpád in Pannonien; sie unternahmen von da Raubzüge nach den benachbarten Ländern, besonders nach Deutschland, bis sie sich nach den großen Niederlagen bei Riade (933) und auf dem Lechfelde (955) auf bestimmte Grenzen beschränkten. Unter Herzog Geisa (972-995) und seinem Sohn, Stephan dem Heiligen (995-1038), wurde das Christentum eingeführt; letzterer erhielt vom Papst die Königskrone (Stephanskrone). Unter Ladislaus I. (1077-95) und Koloman (1095-1114) wurde Kroatien, Slawonien und Dalmatien erobert; Geisa II. (1141-61) zog deutsche Kolonisten ins Land, die in noch größerer Menge zugleich mit italienischen unter Béla IV. (1235-70) nach dem Mongolensturm (1241) in das entvölkerte Land einwanderten. Mit Andreas III. (1290-1301) starben die männlichen Nachkommen Arpáds aus, und Ungarn wurde Wahlreich. Auf Karl Robert von Anjou (1307-42) folgte Ludwig I. (1342-82), der 1370 auch König von Polen wurde und Ungarn zu hoher Macht erhob. Durch seine Tochter Maria kam Ungarn 1387 an den späteren deutschen Kaiser Sigismund; unter ihm begannen 1391 die Einfälle der Türken, die unter Herzog Albrechts V. von Österreich (1437-39; als deutscher König Albrecht II.) Sohn Ladislaus Posthumus (1440-57) der Gubernator des Reichs, Joh. Hunyadý, und sein zum König erwählter Sohn, Matthias Corvinus (1458-90), kräftig abwehrten.

Arpad, Landnahme der Ungarn
Arpad, Landnahme der Ungarn

Aber infolge der schwachen Regierung des böhmischen Königs Wladislaw II. (1490-1516) und seines Sohnes Ludwig II. (1516-26) kam nach der Schlacht bei Mohács (1526) ein Teil Ungarns unter türkische Herrschaft; um den Rest stritten sich die Gegenkönige Ferdinand von Österreich (Ferdinand I; 1526-64) und Joh. Zápolya, bis sich letzterer 1538 mit Siebenbürgen und einigen ungarischen Komitaten begnügen musste. Seitdem zerrütteten ununterbrochene Kämpfe mit den von den Türken unterstützten Fürsten von Siebenbürgen (Bethlen Gábor; Franz Rákóczy) und durch Protestantenverfolgungen veranlasste Unruhen das Land; schlussendlich erlangte das Haus Habsburg nach den Sieg über die Türken 1688 auf dem Preßburger Reichstage die Erblichkeit der ungarischen Krone und im Frieden von Karlowitz 1699 die Zurückgabe des von der Pforte bisher besetzten ungarischen Gebietes und Siebenbürgens. 1739 erfolgte die Abgrenzung Ungarns im Süden durch den Frieden zu Belgrad. Maria Theresia regelte 1765 die Untertanenverhältnisse durch das sogenannte Urbarium; Josephs II. Reformmaßregeln riefen große Unzufriedenheit hervor und mussten 1790 größtenteils wieder aufgehoben werden. Das rücksichtslose, verfassungswidrige Vorgehen der österreichischen Regierung in Ungarn rief seit 1825 eine nationale und liberale Opposition (Széchényi, Batthyányi, Kossuth) hervor, die eine neue Konstitution und ein selbständiges ungarisches Ministerium erstrebte. Ihre Forderungen wurden nach dem Wiener Märzaufstand von 1848 seitens der Regierung bewilligt, erregten aber den Widerstand der dabei unberücksichtigten nichtungarischen Völker; die Kroaten erklärten ihre Lostrennung von Ungarn und schritten am 11. September unter Jellachich zum Kampfe.

Königreich Ungarn bis 1918
Königreich Ungarn bis 1918

Unter Kossuths Vorsitz bildete sich ein Landesverteidigungsausschuss; die Ermordung des königlichen Kommissars Grafen Lamberg auf der Pest-Ofener Brücke am 28. September war das Signal zum offenen Auflodern der Revolution. Die kaiserliche Armee unter Fürst Windisch-Grätz besetzte am 5. Januar 1849 Budapest und siegte am 27. Februar über Dembinski bei Kápolna; der neue ungarische Oberbefehlshaber Görgey schlug darauf die Österreicher mehrmals und eroberte am 21. Mai Ofen. Als nun Kossuth den Reichstag zu dem Beschluss hinriss, das Haus Habsburg-Lothringen des Throns für verlustig zu erklären und selbst als Präsident die Regierung übernahm, rief Österreich die Intervention Russlands an. Das russische Heer unter dem Oberbefehl von Paskewitsch drängte die Ungarn unter Bem aus Siebenbürgen, der kaiserliche General Haynau schlug sie am 9. August entscheidend bei Temesvár, worauf sich der zum Diktator ernannte Görgey den Russen bei Világos ergab. Ungarn wurde 1850 unter Abtrennung der Nebenländer Kroatien, Slawonien, Siebenbürgen ein Kronland der Österreichischen Monarchie. Die Notlage nach dem Italienischen Kriege von 1859 zwang die Regierung in Wien zur Nachgiebigkeit; am 20. Oktober 1860 wurde die alte ungarische Verfassung im wesentlichen wiederhergestellt. Die Ungarn, unter Führung Deáks, erstrebten aber völlige Wiederherstellung der Gesetze von 1848. Nachdem schon am 20. September 1865 die Februarverfassung (von 1860) des Reichs sistiert worden, führte der Deutsche Krieg von 1866 die vollständige Erfüllung der ungarischen Wünsche herbei. Unter dem Ministerium Beust erfolgte der Ausgleich mit Ungarn (17. Februar 1867); es erhielt die Nebenländer wieder, sein eigenes Ministerium (Andrássy erster ungarischer Ministerpräsident), eine eigene Honvedarmee und Gleichstellung mit Österreich in allen gemeinsamen Angelegenheiten. 1868 kam es zum Ausgleich mit Kroatien. 1878 wurde eine neue wirtschaftliche Vereinbarung mit Zisleithanien zustande gebracht und der Ausgleich auf 10 Jahre, 1888 abermals auf 10 Jahre erneuert.

Ungarn 896 - 1918
Ungarn 896 – 1918

Seit der staatlichen Selbständigkeit Ungarns waren die Magyaren als herrschendes Volk bestrebt, das Land völlig zu magyarisieren. 1875-90 war Koloman Tisza Ministerpräsident, unter dem 1878 die Besetzung Bosniens stattfand. Ihm folgte 1890-92 Szapáry, 1892-94 Wekerle, der die Einführung der obligatorischen Zivilehe und ein Gesetz über die Religion der Kinder aus Mischehen durchsetzte. Am 14. Januar 1895 bildete Bánffy ein neues Ministerium, das die kirchenpolitische Vorlage ganz durchsetzte. Als 1898 der neue Ausgleich mit Österreich verfassungsmäßig nicht zustande kam, verlängerte Bánffy den bisherigen Zustand durch Verordnung, was zu energischer Opposition der Minderheit im Reichstag führte. Da diese Opposition nicht zu beseitigen war, übernahm Koloman von Szell das Ministerium. Eine Einigung über den Ausgleich, die 1902 zwischen beiden Regierungen zustande kam, fand nicht die Zustimmung der Parlamente, vielmehr führte das Verlangen der Ungarn nach weiterer Magyarisierung der Armee zu neuen Zerwürfnissen und zur Obstruktion, so dass am 14. Juni 1903 das Ministerium Szell zurücktrat, dem ein solches unter Graf Khuen-Héderváry und 31. Oktober ein neues unter Stephan Tisza folgte, der am 10. März 1904 die Obstruktion brach.

Ungarn 1920
Ungarn 1920

Doch führte sein gewaltsames Vorgehen bald zu neuem erfolgreichen Auftreten der Opposition und am 1. Februar 1905 zum Rücktritt des Kabinetts, dem erst am 13. Juni ein neues unter Fejervary folgen konnte, das die Steuer- und Rekrutenverweigerung der Magyaren mit Auflösung des Reichstags (19. Februar 1906) beantwortete. Da die Neuwahlen eine große Mehrheit für die Opposition ergaben, so berief der König aus deren Führern ein neues Ministerium unter Wekerle, dem er gestattete, den gemeinsamen Zolltarif als autonomen ungarischen zu verkünden, wodurch die Lösung des Zoll- und Handelsbündnisses mit Österreich vorbereitet wird.

Ungarn vor und nach dem Ersten Weltkrieg
Ungarn vor und nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) musste die ungarische Regierung 1920 den Friedensvertrag von Trianon anerkennen. Nach dessen Bedingungen verlor Ungarn zwei Drittel seines Staatsgebiets an die Tschechoslowakei, Rumänien, den südslawischen Staat (Jugoslawien) und Österreich.

Ungarn, ungarisch Magyarország, ist heute ein europäischer Binnenstaat mit rund 10 Millionen Einwohnern.

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
  • „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
  • „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
  • „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
Königreich Ungarn Wappen

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