Ratibor in Schlesien im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Ratibor 32.749 Einwohner – 1905 = 119. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.

Ratibor in Schlesien im Königreich Preußen
Ratibor ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Oppeln, liegt an der hier schiffbar werdenden Oder und 185 Meter über dem Meer.
Die Stadt Ratibor ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Brieg-Oderberg, Ratibor-Leobschütz und Ratibor-Troppau. Ratibor besitzt eine evangelische und 4 katholische Kirchen und Synagoge. Im Jahr 1905 leben in Ratibor mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 62 und 3 Eskadrons Husaren Nr. 3) 32.690 Einwohner, der Großteil sind Katholiken, 4138 sind Evangelische und 823 Juden.

Die Industrie ist sehr ansehnlich. Ratibor hat bedeutende Eisengießerei und Maschinenfabrikation, eine Stahl- und Schamottefabrik, eine Eisenbahnwerkstätte, eine große Eisenwarenfabrik, bedeutende Zigarrenfabrikation, Fabrikation von Korken, chemischen Präparaten, Watte, Insektenpulver, Seife, Papier und Pappe, Düten, Möbeln, Preßhefe, Zucker, Schokolade, Honigkuchen, Malz, künstlichem Dünger, Leim, Schwefelsäure etc.,

ein Elektrizitätswerk, lithographische Anstalten, Bierbrauerei, Dampfsäge-, Öl- und Mahlmühlen, Kunst- und Handelsgärtnerei etc. Der Handel, unterstützt durch eine Nebenstelle der Reichsbank, durch die Oberschlesische Fürstentumslandschaft und andere Geldinstitute, ist besonders bedeutend in Steinkohlen, Fellen, Holz, Schnupftabak, Wein und Landesprodukten.

Ratibor hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein katholisches Schullehrerseminar, Taubstummenanstalt, Waisenhaus, Theater, Strafanstalt. Die Stadt ist Sitz eines Landgerichts, eines Hauptsteueramts, eines Bergreviers und des Landratsamts des Landkreises Ratibor. Zum Landgerichtsbezirk Ratibor gehören die 10 Amtsgerichte zu Bauerwitz, Gnadenfeld, Hultschin, Katscher, Kosel, Leobschütz, Loslau, Ratibor, Rybnik und Sohrau.

Ratibor Geschichte

Ratibor erhielt 1217 deutsches Stadtrecht. Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress 1815 gehörte Ratibor zum Kreis Ratibor in der preußischen Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Breslau, und seit dem 1. Mai 1816 zum neugebildeten Regierungsbezirk Oppeln. 1844 wurde eine Linie der Fürsten zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst zu Herzögen von Ratibor erhoben. Seit 1. April 1903 bildet die Stadtgemeinde Ratibor einen eigenen Stadtkreis.

Nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) bestimmte der Versailler Vertrag 1919 die Abtretung der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen. In Oberschlesien wird ein Plebiszit durchgeführt. Bei dieser Volksabstimmung votierten am 20. März 1921 im Stimmkreis Ratibor Stadt 25.336 Personen (87,98 % der Stimmberechtigten) für einen Verbleib im Deutschen Reich, 2.227 für Polen (8,79 %).

Am Ende des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) flüchtetet ein Großteil der Bevölkerung vor der herannahenden Roten Armee aus der Stadt. Am Karfreitag, dem 30. März 1945, setzt diese zum Sturm auf Ratibor an, stößt aber kaum auf Widerstand der sich zurückziehenden Wehrmacht. Am nächsten Tag ist die Stadt vollständig besetzt.

Es kommt zu Verbrechen an der Zivilbevölkerung und Plünderungen, bei denen viele Kunstschätze, wie die gotische Ratiborer Custodia geraubt werden. Schließlich setzten die Soldaten der Rote Armee die Altstadt in Brand. Schlesien wird unter polnische Verwaltung gestellt, die Polen nennen Ratibor nun Racibórz. Alle Einwohner werden vertrieben.

Racibórz, deutsch Ratibor, ist heute eine Stadt in Polen, Woiwodschaft Schlesien, mit 54.000 Einwohnern.
Fürstentum Ratibor
Das Fürstentum Ratibor ist ein seit 1840 mediatisiertes Herzogtum in Oberschlesien. Von 1288 bis 1532 unter eigenen Herzögen, wurde es österreichisch, seit 1742 preußisch. 1822 wurde es dem Landgrafen von Viktor Amadeus von Hessen-Rotenburg als Entschädigung für abgetretene Gebiete gegeben. Nach Erlöschen dieses Hauses fiel Ratibor mit Corvey 1834 durch Testament dem Prinzen Viktor von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingfürst (†1893) zu. Dessen zweiter Nachfolger wurde Herzog Viktor (02.02.1879-11.11.1945).

Bildergalerie


























Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007

Ähnliche Beiträge
.Ich bin 1936 in Ratibor geboren. Anfang Januar 1945 haben wir die Stadt verlassen. Ich habe so eine Sehnsucht Ratibor nocheinmal zu besuchen, aber das wird wohl nicht geschehen. Ich freue mich ueber die Bilder, und ich kann mich noch an manches erinnern, schade nur dass einige nur polnischen Text haben.
Liebe Johanna, habe gerade Deine Nachricht gelesen. Kannst du dich vielleicht an ein großes Hotel mit dem Namen „Deutscher Hof“ erinnern?
Liebe Grüße Monika
Nein, leider. Ich war neun Jahre alt als wir Ratibor im Januar 1944 verliessen. Hier ist woran ich mich erinnere: die Badeanstalt, den Gondelteich, den Bahnhof und das Postamt, auch die evangelische Kirche. Ich weiss den Namen von dem Platz mit dem grossen Stein, aber den nenne ich hier nicht. Oh, und die Obora! Ich habe eine Karte von Ratibor, aber ich kann nicht finden wo die war. Wir sind auch immer zum Grenzlandturm zum Rodeln gegangen.