Großwardein im Königreich Ungarn, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Großwardein 50.177 Einwohner (1901), Städte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie
Großwardein (Nagyvárad, Oradea) im Königreich Ungarn
Großwardein (ungar. Nagyvárad, spr. nádjwārad oder Várad) ist eine Stadt mit Munizipium im Königreich Ungarn und Sitz des Komitats Bihar.
Die Stadt Großwardein ist Knotenpunkt von 6 Bahnlinien (nach Budapest, Klausenburg-Predeal, Gyoma, Szegedin, Vaskóh und Érmihályfalva). Großwardein ist eine der ältesten Städte des Landes, sie liegt zu beiden Seiten der Schnellen Körös, über die 4 Brücken und 2 Eisenbahnbrücken führen, und hat auf einer von der Körös und dem Flüsschen Pecze gebildeten Halbinsel eine uralte Festung (jetzt Kaserne).
Die Stadt Großwardein hat 17 Kirchen (eine griechisch-oriental. Pfarrkirche) und 6 Klöster, darunter 2 Kathedralen (die römisch-katholische mit Fresken von Schöpf und Storno), 2 bischöfliche Palais (das des römisch-kath. Bischofs mit Bibliothek), ferner Domherrenhäuser mit einer Säulenhalle, eine neue Kavalleriekaserne, viele prächtige öffentliche und Privatgebäude (ein neues Theater und Rathaus), ein 1892 enthülltes St. Ladislaus-Monument und die Statue des Bischofs Szaniszló.
Die Einwohner von Großwardein (1901: 50.177 Seelen), darunter 44.750 Magyaren (Rumänen nur 3335), gehören verschiedenen Religionen an (15.391 sind römisch-katholisch, 14.984 reformiert, 12.294 Israeliten etc.) und betreiben besonders Spiritus- (6 Fabriken, in Verbindung mit Viehmästung) und Mühlenindustrie (3 Dampfmühlen), 4 Essigfabriken, eine Maschinenfabrik, 6 Ziegelbrennereien, Fabrikation von Ofen, Preßhefe, Kunstdünger; ferner Viehzucht, Obst- und Weinbau.
Großwardein hat eine Wasserleitung, 4 Bäder, eine Straßenbahn, ferner zahlreiche Lehr- und Humanitätsanstalten (Rechtsakademie, Prämonstratenser-Obergymnasium, staatliche Oberrealschule, 2 theologische Seminare, 3 Präparandien, eine Landeshebammenschule, mehrere Spitäler, ein neues staatliches Findelhaus etc.), ein archäologisches, ein Kunst- (Ipolyi-) Museum, eine (literarische) Szigligeti-Gesellschaft, einen Biharer Karpathenverein, den Rhédeypark mit Mausoleum, ein großes Zellengefängnis etc. und ist Sitz eines römisch-kath. und griechisch-kath. Bistums, einer königlichen Tafel, eines Gerichtshofs, einer Finanzdirektion, einer Post- und Telegraphendirektion, einer Handels- und Gewerbekammer etc.
Großwardein ist Geburtsort des ungarischen Dramatikers Eduard Szigligeti und enthielt in der Festungs- (St. Ladislaus-) Kirche, an deren Stelle ehemals die Basilika stand, die Gräber des heil. Ladislaus, von 5 Königen und einer Königin. In der Nähe liegen, mit Großwardein durch Zweigbahn verbunden, die Bäder Bischofsbad (auch Sankt Ladislaus-Bad, ungar. Püspökfürdö) und Felixbad, mit Parkanlagen und alkalischen Schwefelquellen (34–40°), in deren Abfluß die seltene Thermen-Seerose wächst.
Das Bistum Großwardein wurde von Ladislaus dem Heiligen um 1080 begründet, 1241 wurde die Stadt von den Tataren zerstört. Am 24. Februar 1538 wurde in Großwardein der Friede zwischen Ferdinand I. von Österreich und Zapolya geschlossen. 1557 kam Großwardein in den Besitz der Fürsten von Siebenbürgen. 1598 wurde die Stadt vergebens von den Türken belagert, 1660 aber eingenommen und ihnen auch im Frieden von Vasvár völlig überlassen. Erst 1692 fiel sie wieder an Ungarn. Als 1848–49 die ungarische Regierung nach Debreczin flüchtete, wurden Archive, Banknotenpresse etc. nach Großwardein gebracht.
Oradea, deutsch Großwardein, ungarisch Nagyvárad ist heute eine Stadt in Rumänien, Kreis Bihor, mit rund 196.000 Einwohnern (2011).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
- „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
- „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
- „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
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