Debreczin im Königreich Ungarn, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Debreczin 75.006 Einwohner (1901), Städte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie
Debreczin (Debreczen, Debrecen) im Königreich Ungarn
Debreczin (spr. débrezin, ungar. Debreczen) ist eine königliche Freistadt (mit Munizipalrecht) im Königreich Ungarn, Sitz des Komitats Hajdu.
Die Stadt Debreczin ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Debreczin-Püspök-Ladány-Budapest, Debreczin-Szatmár, Debreczin-Nyiregyháza, Debreczin-Büd-Szt. Mihály, Debreczin-Léta und Debreczin-Füzes-Abony. Debreczin liegt in einer weiten Ebene (Debrecziner Heide). Einst ein großes Dorf von echt magyarischem Typus und seit jeher der Hauptsitz des Calvinismus, ist Debreczin heute eine Stadt mit modernen Straßenzügen und Promenaden.
Debreczin hat fünf Kirchen (darunter die imposante reformierte Hauptkirche und zwei kleinere reformierte Kirchen) sowie ein Franziskaner- und Piaristenkloster. Ansehnliche Gebäude sind das Rathaus, das reformierte Kollegium, das neue Handelsakademie- und das Justizpalais, das prachtvolle Margaretenbad, die Infanteriekaserne etc. Im Jahr 1901 leben in Debreczin 75.006 magyarischen, meist reformierten Einwohner. Sie treiben Ackerbau und Viehzucht sowie Handel und Gewerbe. Die Landwirtschaft fördert das sehr fruchtbare städtische Gebiet, das 957 km² umfasst und einen Wert von 42 Millionen Kronen (netto) repräsentiert.
Debreczin betreibt eine große (die Stephans-) Dampfmühle, eine große Zigarrenfabrik (mit 1200 Arbeitern) und Fabriken für Bürsten, Ziegel, Maschinen, Wagen, Zucker, Salami, ein Dampfsägewerk etc., hat eine Handels- und Gewerbekammer, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, mehrere Geldinstitute, ein Gestüt und berühmte Viehmärkte (jährlicher Auftrieb 500.000–600.000 Stück Vieh); in industrieller Beziehung sind die Debrecziner Seife, Würste (Salami), Speck, Paprika, Schnürstiefel, Pfeifenköpfe etc. weitverbreitete Handelsartikel.
Das reformierte Kollegium in Debreczin, die größte reformierte Lehranstalt in Ungarn, besteht aus einer theologischen und Rechtsakademie, einer Lehrerpräparandie und einem Gymnasium und hat eine Bibliothek von 65.000 Bänden sowie ein Museum. Im Park des Kollegiums steht die Erzstatue des ungarischen Dichters Mich. Csokonai (von Izsó) und ein Honvéddenkmal; ferner ist die Gedenksäule mit den Namen der auf die Galeeren verurteilten Reformierten zu nennen.
Außerdem hat Debreczin eine höhere landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Oberrealschule, ein katholisches Gymnasium (1901 eröffneter Prachtbau) und eine Handelsakademie, ferner ein städtisches Musterspital, Straßenbahnen, ein schönes Theater im maurischen Stil, einen botanischen Garten mit Palmenhaus, Parkanlagen (das große Stadtwäldchen mit Bad, vielen Villen und Vergnügungslokalen) und ist Sitz eines reformierten Bischofs, einer königlichen Gerichtstafel, eines Gerichtshofs, einer Finanzdirektion und eines Tabakeinlösungsamtes.
Der Ursprung der Stadt ist unbekannt. Sie wurde 1241 von den Tataren zerstört, doch wieder aufgebaut und hatte in der Türkenzeit wie später des Glaubens wegen viel zu leiden. 1567 wurde auf der hier gehaltenen Synode das reformierte Glaubensbekenntnis angenommen. Von 1660–92 war die Stadt in Türkenhänden, wurde aber inzwischen von Antonio Caraffa ausgeraubt. Durch den Reichstagsbeschluß von Preßburg 1715 wurde die Stadt, was schon unter Ludwig I. (1360) und Leopold I. (1693) geschehen war, als königliche Freistadt anerkannt.
1849 war Debreczin eine Zeit lang (9. Januar bis 30. Mai) Sitz des ungarischen Reichstags und der revolutionären Regierung; am 14. März d. J. sprach hier Kossuth in der Großen reformierten Kirche die Unabhängigkeit Ungarns von Österreich aus. Am 2. August 1849 wurde bei Debreczin das Honvédkorps unter Nagy von den Russen besiegt.
Debrecen, deutsch Debreczen, ist heute eine Stadt in Ungarn, Sitz des Komitats Hajdú-Bihar, mit rund 208.000 (2021) Einwohnern.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
- „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
- „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
- „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
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