Deutsch-Russische Grenze Nimmersatt-Polangen Gruß aus Nimmersatt und Immersatt - Wo das Deutsche Reich ein Ende hat!

Provinz Ostpreußen

Die preußische Provinz Ostpreußen mit der Landeshauptstadt Königsberg i. P., Geschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Königsberg i. P. Grüne Brücke.
Königsberg i. P. Grüne Brücke.

Provinz Ostpreußen

Ostpreußen, Lage im Deutschen Reich
Ostpreußen, Lage im Deutschen Reich

Ostpreußen, die östliche Hälfte der ehemaligen Provinz Preußen, bildet seit dem 1. Januar 1878 eine eigene Provinz, grenzt im Norden an die Ostsee und an Russland, im Osten und Süden an das russische Polen, im Westen an Westpreußen und hat eine Fläche von 36.994 km² (671,85 Quadratmeilen).

Schirwindt. Neue Brückenstraße.
Schirwindt. Neue Brückenstraße.

In Ostpreußen liegen Deutschlands östlichste Stadt, Schirwindt und Deutschlands nördlichste Stadt, Memel.

Landkarte Ostpreussen
Ostpreussen

Wappen:

Das Wappen der Provinz Ostpreußen ist ein in Silber königlich gekrönter, goldbewehrter schwarzer Adler mit goldenen Kleestengeln, Zepter und Reichsapfel in den Fängen. Auf der Brust trägt er den goldenen Namenszug F. R.

Provinz Ostpreußen, Großes Wappen
Provinz Ostpreußen, Großes Wappen

Landesfarben:

Die Farben der Provinz Ostpreußen sind Schwarz und Weiß.

Provinz Ostpreußen, Flagge
Provinz Ostpreußen, Flagge

Verwaltungshauptstadt:

Königsberg in Preußen 220.212 Einwohner – 1905 = 18. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs. Königsberg ist die dritte Residenz der preußischen Monarchie.

Königsberg i. P. Hafen.
Königsberg i. P. Hafen.

Reichstag:

Die Provinz Ostpreußen entsendet 17 Abgeordnete in den Reichstag.

Preußisches Abgeordnetenhaus:

Die Provinz Ostpreußen entsendet 32 Mitglieder in das preußische Abgeordnetenhaus.

Größe:

36.986,33 km²

Provinz Ostpreußen, Landkarte 1914
Provinz Ostpreußen, Landkarte 1914

Gerichtsbezirke:

Die Provinz Ostpreußen erstreckt sich auf den Bezirk des Königlichen Oberlandesgerichts in Königsberg. Zu diesem gehören 8 Landgerichte mit 71 Amtsgerichten:

  • Landgericht Allenstein mit den Amtsgerichten: Allenstein, Gilgenburg, Hohenstein, Neidenburg, Ortelsburg, Osterode (Ostpr.), Paffenheim, Soldau, Wartenburg und Willenberg.
  • Landgericht Bartenstein mit den Amtsgerichten: Barten, Bartenstein, Bischofsburg, Bischofstein, Creuzburg (Ostpr.), Domnau, Friedland (Ostpr.), Gerdauen, Guttstadt, Heilsberg, Landsberg (Ostpr.), Nordenburg, Preuß.-Eylau, Rastenburg, Rössel, Schippenbeil und Seeburg.
  • Landgericht Braunsberg mit den Amtsgerichten: Braunsberg, Heiligenbeil, Liebstadt, Mehlsack, Mohrungen, Mühlhausen (Kr. Pr.-Holland), Preuß.-Holland, Saalfeld (Ostpr.), Wormditt und Zinten.
  • Landgericht Insterburg mit den Amtsgerichten: Darkehmen, Goldap, Gumbinnen, Insterburg, Pillkallen und Stallupönen.
  • Landgericht Königsberg mit den Amtsgerichten: Allenburg, Fischhausen, Königsberg (Prß.), Labiau, Mehlauken, Pillau, Tapiau und Wehlau.
  • Landgericht Lyck mit den Amtsgerichten: Angerburg, Arys, Bialla, Johannisburg, Lötzen, Lyck, Marggrabowa, Nikolaiken, Rhein und Sensburg.
  • Landgericht Memel mit den Amtsgerichten: Heydekrug, Memel, Prökuls und Ruß.
  • Landgericht Tilsit mit den Amtsgerichten: Heinrichswalde, Kaukehmen, Ragnit, Skaisgirren, Tilsit und Wischwill.
Allenstein O.-Pr. Evangelische Kirche und Altes Schloss.
Allenstein O.-Pr. Evangelische Kirche und Altes Schloss.

Einwohner:

Die Bevölkerung der Provinz Ostpreußen betrug nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 = 2.064.175 Einwohner:

  • 1.003.340 männlich
  • 1.060.835 weiblich
Bartenstein Opr. Blick an der Eisenbahnbrücke auf die Stadt.
Bartenstein Opr. Blick an der Eisenbahnbrücke auf die Stadt.

Bevölkerungsentwicklung:

  • 1816:  886.174
  • 1864: 1.761.477
  • 1871: 1.822.934
  • 1875: 1.856.421
  • 1880: 1.933.936
  • 1890: 1.958.663
  • 1900: 1.996.626
  • 1905: 2.030.176
  • 1910: 2.064.175
Braunsberg, Langgasse
Braunsberg, Langgasse

Natürliche Gebiete:

Die Provinz Ostpreußen liegt im Norddeutschen Tiefland, ist aber durchaus keine Ebene, sondern bietet eine große Abwechselung von Hügelland und ebenen Flächen dar. Von Westen nach Osten durchzieht sie in der südlichen Hälfte die Ostpreußische Seenplatte. Im Nordrand derselben liegen der Schloßberg westlich von Preußisch-Eylau (216 m), der Kucklinsberg bei Darkehmen (164 m) und die Plickener Berge südlich von Gumbinnen (121 m). Im Süden dacht sich die Seenplatte zu einer ebenen Landschaft ab, die an Waldungen und Sumpfstrichen reich ist. In dieser Abdachung sind die Goldberge (235 m) und die Dobrziener Berge (218 m), am südlichen Rande der Forst von Napiwoda und der Damerau (201 m) nördlich von Ortelsburg bemerkenswert.

Masuren. Königseiche am Beldahnsee.
Masuren. Königseiche am Beldahnsee.

Auf der Höhe des Landrückens sind wiederum drei Hochflächen zu unterscheiden. Die erste liegt südlich von Osterode und von den Seen des Oberländischen Kanals und hat in der Kernsdorfer Höhe ihren höchsten Gipfel (313 m); die zweite, zwischen den Seen an der oberen Alle und den Masurischen Seen, ist außerordentlich reich an Seen und erhebt sich im Voigtsdorfer Berg, östlich vom Großen Lauternsee, zu 22 im Höhe; die dritte schlussendlich, im Osten der Masurischen Seen, bildet einen flach gewölbten Rücken, auf dessen Seiten im Süden und Norden auf niederen Platten ansehnliche Waldungen liegen; die wichtigsten Höhenpunkte sind hier: der Pillacker Berg (219 m), die Goldaper Berge (272 m), der Seesker Berg (309 m) und der Woitowosberg an der Grenze östlich von Goldap (283 m).

Gumbinnen. Königstraße und Regierung.
Gumbinnen. Königstraße und Regierung.

In der Küstenebene treten noch einzelne beträchtliche Erhebungen hervor, so der Signalberg in der Willkischker Höhe am rechten Memelufer bei Ragnit (80 m), der Galtgarben (110 m) und der Große Hausenberg (90 m) im Samland etc. Unterhalb Tilsit erstreckt sich die fruchtbare Tilsiter Niederung. Kahle Dünenketten ziehen sich an der Küste entlang. Die größte Einbuchtung der Ostsee, die Danziger Bucht, hat für Ostpreußen geringere Bedeutung, da sie nur den nordöstlichsten Teil der Frischen Nehrung und die Westküste des Samlandes berührt. Große Strandseen sind das Kurische und das Frische Haff, von der Ostsee durch die gleichnamigen Nehrungen geschieden; ersteres der Mündungssee der Memel, letzteres der des Pregel und eines Teiles der Weichsel.

Heilsberg, Ostpr. Kriegerdenkmal.
Heilsberg, Ostpr. Kriegerdenkmal.

Gewässer:

Die Hauptflüsse der Provinz Ostpreußen sind Memel (Niemen) und Pregel. Die Memel, ganz im Nordosten, teilt sich in der Tilsiter Niederung in die Ruß und Gilge und empfängt die Scheschuppe, Jura und im Kurischen Haff den Nemonien, die Minge und Dange. Der Pregel, aus Angerapp, Pissa und Inster gebildet, wird bei Insterburg schiffbar, nimmt die Alle auf und entsendet die Deime zum Kurischen Haff. Zur Weichsel fließt die Drewenz von den Hochflächen von Osterode; auch gehören zu ihrem Gebiete durch den polnischen Fluß Narew mehrere Flüsse, die der Ostpreußischen Seenplatte nach Süden zu entfließen (Lyckfluß, Pischfluß, Omuleff, Neide). In das Frische Haff geht noch die Passarge, zum Drausensee (Elbing) die Sorge. Von den Kanälen sind hervorzuheben: der Große Friedrichsgraben und der Seckenburger Kanal zwischen Deime und Gilge sowie die Masurische Wasserstraße, welche die großen Seen zwischen Johannisburg und Angerburg verbindet; der Elbing-Oberländische Kanal und der König Wilhelms-Kanal bei Memel.

Masuren. Partie bei Bogatzewen.
Masuren. Partie bei Bogatzewen.

Die sehr zahlreichen Landseen der Provinz bilden mehrere Gruppen. Die Masurische Seengruppe in den Regierungsbezirken Gumbinnen und Allenstein enthält zunächst den Rosch- und den Spirdingsee mit zahlreichen Verzweigungen, den Löwentin- und den Mauersee, alle vier durch die Masurische Wasserstraße verbunden; ferner sind daselbst: der Mucker-, Nieder-, Arys-, Lyck-, Große Sellment-, Raygrod-, Laszmiaden- und Szonstagsee, die kleinere Seengruppe bei der Oberförsterei Rothebude und vereinzelt auf der polnischen Grenze der Wysztyter See, aus dem die Pissa entspringt. Eine andere Seengruppe bei Passenheim enthält kleinere Seen; nördlich von derselben sind der Dadey- und Groß-Lauternsee, westlich an der oberen Alle der Lansker See und neben diesem der Große Plauzigsee. Zur Seengruppe von Liebemühl gehören: der Drewenz-, Schillings-, Geserich-, Röthlofsee u.a. auf der Höhe am Elbing-Oberländischen Kanal, der Drausensee am Elbing, bereits in der Niederung, und der Nariensee östlich von Mohrungen; der Geserich- und der Drausensee liegen zum Teil schon in Westpreußen.

Insterburg. Totalansicht.
Insterburg. Totalansicht.

Klima:

Die Provinz Ostpreußen ist der kälteste Landesteil Deutschlands: Kurze heiße Sommer und lange kalte Winter (nahe dem russischen Binnenklima). Das Klima ist gesund, aber (von Gebirgsgegenden abgesehen) rauer als in irgend einem anderen deutschen Lande (Durchschnittstemperatur auf dem Landrücken 6,3°C, nahe der Küste 6,7°C, die mittlere Temperatur des Januars -4,7°C). Die jährliche Regenmenge beträgt etwa 53–69 cm.

Lyck. Stadtbild.
Lyck. Stadtbild.

Bewohner:

Ostpreußen nimmt eine Sonderstellung ein, wo zur Zeit der Ordensherrschaft niederdeutsche und oberdeutsche Elemente mit den zum litauischen Stamm der alten Preußen verschmolzen sind.
75% deutsche Bevölkerung, in der Hauptsache Niederdeutsche (Sachsen) zwischen der Linie ElbingHeilsberg und dem Masurenland ein bedeutendes Gebiet oberdeutscher Zunge (Nachfahren eingewanderter Thüringer, Franken, Schwaben, Bayern). 25 % Nichtdeutsche, vorrangig Polen, Masuren und Litauer.

  • 1.638.653 Personen mit deutscher Muttersprache
  •   155.481 Personen mit polnischer Muttersprache (meist evangelisch)
  •   130.876 Personen mit masurischer Muttersprache (Masuren waren Protestanten und fühlten sich preußisch.)
  •   109.583 Personen mit litauischer Muttersprache (evangelisch)
Memel. Winterhafen.
Memel. Winterhafen.

Bevölkerungsdichte:

54,1/km², Ostpreußen ist mit Pommern die geringste im preußischen Staate.

Religion:

Die Katholiken bilden die Mehrzahl der Bewohner in den vier Kreisen des Ermlandes, außerdem sind sie zahlreich in einigen Kreisen des neuen Regierungsbezirkes Allenstein. Mennoniten leben in der Tilsiter Niederung. Angaben im Jahr 1905:

  1. 1.698.465 Evangelisch
  2.   229.196 Römisch-katholisch
  3.     13.877 Juden

Militär:

Militärisch gehört die Provinz mit Ausnahme der Kreise Osterode und Neidenburg (17. Armeekorps) zum Bezirk des 1. Armeekorps. Festungen befinden sich in Königsberg mit Pillau und Memel.

Pillau. Hinterhafen.
Pillau. Hinterhafen.

Wirtschaft:

  • Landwirtschaft – Am fruchtbarsten sind die Gebiete südlich der Pregel, unfruchtbar die Nehrungen und der nördliche Zipfel der Provinz um Tilsit, zahlreiche Moore, Wälder. In keinem Teil des Deutschen Reiches erfreut sich die Pferdezucht einer solchen Sorgfalt wie in Ostpreußen; sie blüht namentlich in den Kreisen zwischen dem Pregel und der Seenplatte und wird unterstützt durch das Hauptgestüt zu Trakehnen sowie die Landgestüte zu Rastenburg, Braunsberg, Insterburg und Gudwallen bei Darkehmen. Nicht weniger als 8 Remontedepots sorgen für Erneuerung des Pferdebedarfs der Armee.
  • Bergbau: Aus dem Mineralreich sind der Bernstein, ein echt ostpreußisches Produkt, und der Torf in erster Linie zu nennen; ferner gibt es vorzügliche Tone, Kalk, etwas Raseneisenerz und einige nicht gerade bedeutende Braunkohlenlager. Salz und eigentliche Mineralquellen fehlen.
  • Industrie: Die Industrie ist nur in einigen Orten (Königsberg, Memel, Tilsit, Insterburg) von Bedeutung, wo neben Schifffahrt und Schiffbau auch nicht unbedeutende Eisenwerke bestehen. Ferner gibt es in der Provinz zahlreiche Sägemühlen (bei Memel), mehrere große Papierfabriken, Glashütten, Bierbrauereien (Produktion 1904/05: 1,150,338 hl Bier), Branntweinbrennereien (Produktion 1904/05: 172,737 hl Alkohol) etc. Auf dem Lande wird die Leinweberei stark betrieben. Die Reederei der Provinz zählte 1904: 41 Seeschiffe (darunter 38 Dampfer) mit 11.678 Registertonnen (netto) Raumgehalt; hauptsächlichste Seeplätze sind Memel und Königsberg (Hafen Pillau)
  • Handel – Großhandel in Königsberg, Memel, Tilsit und Insterburg.
  • Hauptzollämter (1881): Eydtkuhnen, Johannisburg, Memel, Neidenburg, Pillau, Prostken, Tilsit, Braunsberg, Friedland, Gumbinnen, Königsberg und Osterode.
  • Nebenzollämter (1881): Schirwindt, Dlottowen, Bajohren, Laugallen, Nimmersatt, Kolletzischken, Napierken, Opaleniec, Mierunsken, Schmaleningken und Laugszargen.
Tilsit. Hohe-Straße.
Tilsit. Hohe-Straße.

Administrative Gliederung:

Die oberste Verwaltung der Provinz Ostpreußen wird von dem Königlichen Oberpräsidium in Königsberg ausgeübt, welches dem preußischen Staatsministerium unmittelbar unterstellt ist. Die Provinz Ostpreußen ist seit dem 01.11. 1905 in drei Regierungsbezirke (vorher gab es nur die zwei Regierungsbezirke Königsberg und Gumbinnen) eingeteilt:

  1. Regierungsbezirk Allenstein (der Süden Ostpreußens) ist in 9 Kreise untergegliedert: Allenstein, Johannisburg, Lötzen, Lyck, Neidenburg, Ortelsburg, Osterode, Rößel und Sensburg
  2. Regierungsbezirk Königsberg (der Nordwesten Ostpreußens) ist in 15 Kreise untergegliedert: Stadtkreis Königsberg, Braunsberg, Fischhausen, Friedland, Gerdauen, Heiligenbeil, Heilsberg, Landkreis Königsberg, Labiau, Memel, Mohrungen, Preußisch Eylau, Preußisch Holland, Rastenburg und Wehlau
  3. Regierungsbezirk Gumbinnen (der Nordosten Ostpreußens) ist in 14 Kreise untergegliedert:
    Stadtkreis Insterburg, Stadtkreis Tilsit, Angerburg, Darkehmen, Goldap, Gumbinnen, Heydekrug, Landkreis Insterburg, Niederung, Oletzko, Pillkallen, Ragnit, Stallupönen und dem Landkreis Tilsit
Karte Ostpreußen, 1914
Karte Ostpreußen, 1914

Geschichte Ostpreußens:

Ostpreußen, Wappen
Ostpreußen, Wappen

Während der Völkerwanderung wurde das Land zwischen Pommern und Kurland nach der Auswanderung der Germanen durch Litauer besetzt, zu denen die Pruzzen (Preußen) gehörten, die nach Kämpfen mit Polen und Schwertrittern 1283 durch den Deutschen Ritterorden unterworfen wurden.

Deutschland vor der zweiten (der ostgermanischen) Wanderung
Deutschland vor der zweiten (der ostgermanischen) Wanderung

Dieser musste 1466 im Frieden zu Thorn das Land westlich der Weichsel an Polen abtreten. Der Hochmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg verwandelte 1525 das Land in ein Herzogtum unter polnischer Lehnshoheit. Mitbelehnt für den Fall des Aussterbens dieser Linie wurden 1569 Kurfürst Joachim II. und dessen Deszendenz; nach dem Tode Albrecht Friedrichs 1618 wurde das Herzogtum Preußen mit Brandenburg in Personalunion vereinigt. Als einziger souveräner Besitz der brandenburgischen Hohenzollern wurde Preußen zum Königreich erhoben, indem Kurfürst Friedrich III. sich am 18. Januar 1701 in Königsberg selbst zum König in Preußen krönte. 1709–11 raffte eine von Polen her eingeschleppte Pest 236.000 Menschen, ein Drittel der Bevölkerung, hinweg; in Litauen lagen weite Strecken wüst. Diesen Schaden machte Friedrich Wilhelms I. Fürsorge wieder gut, der durch Befreiung der Bauern, Beförderung der Einwanderung (20.000 Familien bis 1728, 1732: 17.000 Salzburger) und Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Höfe, wofür er viele Millionen verwendete, die Provinz wieder zur Blüte brachte; 12 Städte und 332 Dörfer wurden neu angelegt oder wieder aufgebaut.

200 Jahre Königreiche Preußen 1701-1901
200 Jahre Königreiche Preußen 1701-1901

Unter Friedrich den Großen wurde Preußen nach der Schlacht von Großjägersdorf (30. August 1757) von den Russen besetzt und blieb 1758–62 in deren Besitz. 1772 wurde durch die erste polnische Teilung Westpreußen wiedergewonnen und mit dem Königreich Preußen, seitdem meist Ostpreußen genannt, wenigstens unter einem Zepter vereinigt. Administrativ blieben beide Preußen getrennt. Ostpreußen gliederte sich in das deutsche Kammerdepartement mit acht und das litauische mit drei Kreisen. Bei der Neuorganisation des Staates in Provinzen 1808 wurde aus Ost- und Westpreußen je eine Provinz gebildet. Die Erhebung des preußischen Volkes 1813 (Befreiungskriege) gegen die Napoleonische Fremdherrschaft (Rheinbund) ging von Ostpreußen aus; die ostpreußischen Stände gingen mit der Organisation der Landwehr voran, die sich auf dem Schlachtfeld den größten Ruhm erwarb. Vom 3. Dezember 1829 bis 1. April 1878 waren Ost- und Westpreußen als eine Provinz vereinigt.  Die Provinz Ostpreußen wurde am 1. April 1878 per Gesetz vom 19. März 1877 von Westpreußen getrennt.

Ostpreußen nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918)

Der Weltkrieg. Sieg bei Stallupönen
Der Weltkrieg. Sieg bei Stallupönen

Kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) drang die russische Narew-Armee und Njemen-Armee tief in Ostpreußen ein. 152.000 deutsche Soldaten standen einer Übermacht von 191.000 Russen gegenüber. Der deutsche Oberbefehlshaber, General von Prittwitz verlor nach der verlustreichen Schlacht bei Gumbinnen (20.08.1914) die Nerven und ordnete den Rückzug hinter die Weichsel an. Da dadurch ganz Ostpreußen verloren gewesen wäre, enthob Generalstabschef Helmuth von Moltke von Prittwitz seines Postens.

Gefangene Russen, Kriegsjahr 1914-15
Gefangene Russen, Kriegsjahr 1914-15

Für von Moltke war nur Generalmajor Ludendorff in der Lage den Feind aufzuhalten. Ludendorff war jedoch ein großer Choleriker, außerdem hatte er einen niedrigeren Dienstgrad als andere Frontgeneräle und so stellte man ihm den ruhigen und besonnenen Hindenburg als nominellen Oberbefehlshaber zur Seite. Nach den bereits ausgearbeiteten Plänen des 1. Generalstabsoffizier, General Max Hoffmann, wurden die Russen in der Schlacht bei Tannenberg geschlagen, der russische Oberbefehlshaber, General Samsonow, schoss sich eine Kugel in den Kopf. Nach dem deutschen Sieg bei Tannenberg (Schlacht bei Tannenberg vom 26. bis 30. August 1914) wurde der offizielle Befehlshaber der 8. Armee General Paul von Hindenburg zum Volkshelden.

Westpreußen und Ostpreußen 1919
Westpreußen und Ostpreußen 1919 nach dem Versailler Vertrag

Der Versailler Vertrag bestimmte 1919 die Abtretung der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen. Durch diesen „Polnischen Korridor“ wurde Ostpreußen von Deutschland abgeschnitten. Die Verbindung mit dem Reich erfolgte mit der Eisenbahn, wobei Polen nach Artikel 89 des Versailler Vertrages zur Gewährung von Transitfreiheit verpflichtet war. Die bei Deutschland verbliebenen Gebiete Westpreußens (Kreis Marienburg, u.a. mit Elbing, Marienburg und Marienwerder) wurden im Osten an Ostpreußen angegliedert, während der verbliebene westliche Teil mit den Resten der Provinz Posen zur preußische Provinz „Grenzmark Posen-Westpreußen“ vereinigt wurde. Am 10. Januar 1920 musste der südwestliche Teil des Kreises Neidenburg ohne Volksabstimmung an Polen abgetreten werden, da Polen die vollständige Kontrolle über eine wichtige Eisenbahnlinie erhalten wollte.

Ostpreußens Abschnürung von der Weichsel, 1920
Ostpreußens Abschnürung von der Weichsel, 1920

Da Polen auch Anspruch auf Masuren erhob, bestimme der Versailler Vertrag eine Volksabstimmung. Diese musste in den Regierungsbezirken Allenstein sowie Gumbinnen (südlicher Teil) unter der Aufsicht einer interalliierten Kommission abgehalten werden. Am 11. Juli 1920 entschieden sich bei 80 % Wahlbeteiligung die Mehrheit der Bevölkerung (363.159 Stimmen (97,86 %)) für den Verbleib bei Deutschland. Nur 7924 Stimmberechtigte (2,14 %) votierten für Polen.

Allenstein, Plebiscite 1920
Allenstein, Plebiscite 1920

In einem kleinen östlichen Randgebiet Westpreußens kam es am 11. Juli 1920 zu einer Volksabstimmung. Bei dieser Befragung votierte die große Mehrheit für den Verbleib bei Deutschland und gegen den Anschluss an Polen. Daraufhin kam der Osten der Provinz Westpreußen als Regierungsbezirk Westpreußen mit Sitz in Marienwerder zur Provinz Ostpreußen. Somit gehörten ursprünglich westpreußischen Städte wie Elbing, Marienwerder, Marienburg u.a. von 1920 bis 1945 zu Ostpreußen.

Marienwerder, Commisson Interalliée 1920
Marienwerder, Commisson Interalliée 1920

Das Memelgebiet, welches durch den Versailler Vertrag ein Freistaat werden sollte, und seit 1920 von französischen Truppen besetzt war, wurde 1923 von litauischen Verbänden besetzt. Am 16 Februar 1923 erfolgte mit Duldung der französischen Regierung ohne Plebiszit die Annexion des Memelgebietes durch Litauen. Ostpreußen gingen so 2708 km² verloren, von den 140.746 Einwohnern sind 71.156 Deutsche.

Memelgebiet, 1920
Memelgebiet, 1920

Am 18. September 1927 weihte Reichspräsident Paul von Hindenburg in Hohenstein (Ostpreußen) das Tanneberg-Denkmal ein. Das Denkmal erinnert an die Schlacht bei Tannenberg, in der die 8. deutsche Armee die nach Ostpreußen eingefallenen russischen Truppen vernichtend geschlagen hatte.

Tannenberg-Denkmal Paul von Hindenburg
Tannenberg-Denkmal Paul von Hindenburg.

Ostpreußen nach dem Zweiten Weltkrieg

Am Ende des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) erreicht die Front Ostpreußen. Der britische Historiker Antony Beevor beschreibt den Einmarsch der „Roten Armee“ in Ostpreußen (1944/45) als einen der grausamsten Feldzüge der Geschichte. Russische Soldaten, die auf Rache aus waren – zu den Opfern gehörten hunderttausende deutscher Zivilisten. Nemmersdorf in Ostpreußen wurde zum Symbol des russischen Vergeltungswillens, im Herbst 1944 waren 62 Frauen und Mädchen von russischen Soldaten vergewaltigt und getötet worden. „Das Schockierendste war, sicher auch aus russischer Sicht, dass die Rote Armee so außer Kontrolle geraten war, dass sogar russische und ukrainische Frauen, die als Zwangsarbeiterinnen in Deutschland waren, von den Soldaten der Roten Armee vergewaltigt wurden„, schreibt Beevor in seinem Buch „Berlin 1945 – Das Ende“.

KdF-Schiff "Wilhelm Gustloff".
KdF-Schiff „Wilhelm Gustloff“.

In der Nacht des 30. Januar 1945 wurde das mit zehntausend Flüchtlingen beladene ehemalige KdF-Kreuzfahrtschiff „Wilhelm Gustloff“ vor der pommerschen Küste von einem sowjetischen U-Boot versenkt. Bei Außentemperaturen von minus 18°C und einer Wassertemperatur von 2°C starben innerhalb weniger Minuten über 9350 Menschen, darunter ca. 4000 Kinder und Säuglinge. Beim Untergang der „Titanic“ kamen 1912 etwa 1500 Menschen ums Leben.

Zehn Jahre Vertreibung, Deutsche Bundespost 1955
Zehn Jahre Vertreibung, Deutsche Bundespost 1955

Die Deutschen fliehen vor der heranrückenden Roten Armee, werden ermordet, verschleppt, bzw. komplett vertrieben. Insgesamt werden rund 18,5 Millionen Deutsche aus ihrer alten Heimat vertrieben, dazukommen rund 1,5 Millionen Russlanddeutsche. Der Kirchliche Suchdienst in München hat 18.367.957 Personen namentlich erfasst (Stand 21.12.1980). In Ostpreußen gelten rund 299.000 Deutsche (14 % der Einwohner) als „Nachkriegsverluste“, also als nach dem Krieg ermordet, in Lagern verhungert, in der Verschleppung umgekommen oder vermisst. Der nördliche Teil Ostpreußens fällt an die Sowjetunion, der südliche Teil an Polen.

Zwanzig Jahre Vertreibung, Deutsche Bundespost 1965
Zwanzig Jahre Vertreibung, Deutsche Bundespost 1965

War die Rückgabe des nördlichen Ostpreußens 1990 möglich?

Im Sommer 1990 signalisierte der sowjetische Generalmajor Geli Batenin Interesse an Verhandlungen über den sowjetischen Teil Ostpreußen, da es eine „Frage des nördlichen Ostpreußens“ gebe und fügte hinzu: „Dieses Problem werde sich für die Sowjetunion und Deutschland über kurz oder lang stellen.“ Die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hatte jedoch kein Interesse an einer Rückgabe Ostpreußens und so antwortete der deutsche Diplomat Joachim von Arnim: „Bei der Vereinigung gehe es um die Bundesrepublik Deutschland, die DDR und das ganze Berlin.“ und wenn die Sowjetunion „Probleme mit der Entwicklung des nördlichen Ostpreußens habe, so sei das ihre Sache„. Und so wurde die historische Chance zur Rückgabe, wohl auch auf Rücksicht auf Polen, vertan. (Siehe auch Spiegel-Online vom 21.05.2010: Moskau bot Verhandlungen über Ostpreußen an)

Städte Ostpreußens – deutsche und heutige Namen:

Litauischer Teil: Memelland:

  • Memel = Klaipeda
  • Heydekrug = Šilutė

Polnischer Teil: Ermland und Masuren = Warmia i Mazury:

  • Allenstein = Olsztyn
  • Elbing = Elblag
  • Mohrungen = Morag
  • Neidenburg = Nidzica
  • Ortelsburg = Szczytno
  • Tannenberg = Stebark
  • Landbezirk Masuren = Mazury

Russischer Teil: Kaliningrader Oblast = Kaliningradskaja Oblast:

  • Brandenburg (Ostpreußen) = Ушаково (Uschakowo)
  • Eydtkuhnen = Чернышевское (Tschernischewskoje)
  • Heiligenbeil = Мамо́ново (Mamonowo)
  • Insterburg = Черняховск (Tschernjachowsk)
  • Königsberg = Калинингра́д (Kaliningrad)
  • Palmnicken = Янтарный (Jantarnij)
  • Rominten = Краснолесье (Krasnolessje)
  • Darkehmen = Озёрск (Osjorsk)
  • Tilsit = Советск (Sowetsk)
  • Trakehnen = Ясная Поляна (Jasnaja Poljana)

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
  • „Oberstufen-Altas für höhere Lehranstalten“ Gotha Justus Perthes 1914
  • „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
Reichsadler 1889-1918

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WitzenhausenKönigsberg i. P.

6 Kommentare

  1. Pillkallen, Tilsiter Straße nach dem ersten Russeneinfall
    Das müsste das Geburtshaus von meinem Großvater gewesen sein. Das gleiche Bild habe ich auch in einem Album mit Kriegserinnerungen gefunden.

    (Kommentar verschoben von Bild auf Seite)

    1. Endlich, also 45 Jahre nach der Frage meiner Mutter, weiss ich jetzt, was und wo der polnische Korridor ist – Danke

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