Die Deutschen Kolonien 1884 – 1919 in einer Übersicht in alten Ansichtskarten, Farbfotos, Landkarten, Briefmarken und Texten.
Deutsche Kolonien – Deutsche Schutzgebiete
Die Bezeichnung der deutschen Kolonien im kaiserlichen Amtsdeutsch lautet „Deutsche Schutzgebiete„. Die deutschen Schutzgebiete sind weder für sich Staaten noch Bestandteile des Reichsgebiets (Art. 1 Reichsverfassung). Sie unterstehen zwar der Souveränität des Deutschen Reichs, sind ihm aber nicht staatsrechtlich einverleibt. Der deutsche Staatsrechtler Paul Laband bezeichnet sie deshalb als Pertinenzen, was soviel wie „Zubehör des Reichs“ bedeutet. Weil sie keine Staaten sind, gibt es in ihnen keine Staatsangehörigkeit; weil sie nicht Reichsland sind, ist mit der Schutzgebietsangehörigkeit nicht ohne weiteres die Reichsangehörigkeit verbunden.
Auf dem Höhepunkt der kolonialen Erwerbungen nach dem Jahr 1900 umfasste der deutsche Kolonialbesitz 2.597.180 km² mit rund 12 Millionen Einwohnern.
Deutsche Kolonien:
- Deutsch-Südwestafrika
- Deutsch-Ostafrika
- Kamerun
- Togo
- Deutsche Südsee-Schutzgebiete
- Deutsch-Neuguinea (Bismarck-Archipel, Neupommern, Neumecklenburg, Salomon-Inseln)
- Marianen
- Marshall-Inseln
- Nauru
- Karolinen
- Palau
- Samoa
- Kiautschou (China)
Wappen der Deutschen Kolonien
Die Wappen waren nur ein Entwurf und sind durch den Ersten Weltkrieg nicht über diesen Status hinausgekommen.
Kiautschou mit der Stadt Tsingtau war offiziell keine Kolonie, sondern ein Pachtgebiet für 99 Jahre, ähnlich wie das britische Hong-Kong (bis 1997) sowie das portugiesische Macao (bis 1999) und hätte vertragsgemäß 1997 an China zurückgegeben werden müssen.
Vorgeschichte der Deutschen Kolonien
Bis 1884 besaß Deutschland gar keine Kolonien; allerdings hatten die Kaufmannsfamilien Ehinger und Welser 1528–55 einen Teil Venezuelas (Neuvenedig) von der spanischen Krone als Familienlehen erhalten. Auch der Große Kurfürst von Brandenburg hatte einen Kolonisationsversuch gemacht und von den Dänen eine Faktorei auf der westindischen Insel St. Thomas gepachtet.
Am 1. Januar 1683 hisste der Major von der Gröben in Afrika bei dem Kap der drei Spitzen die brandenburgische Flagge mit dem roten Adler auf weißem Felde und legte den Grundstein zu der Feste Großfriedrichsburg. Jedoch gerieten die Unternehmungen unter Friedrich Wilhelms Nachfolger in Verfall und wurden 1718 ganz aufgegeben.
Auch Friedrich II. war grundsätzlich ein Gegner von Kolonien. Die alte Festung Großfriedrichsburg steht noch heute, ein massiver Bau mit Zinnen und Kanonen, einem Herrenhaus und Kasematten, nur wenige Autostunden von Accra, der Hauptstadt der Republik Ghana, entfernt. Trotzdem Deutschland im 19. Jahrhunderte viele Tausende von Auswanderern jährlich übers Meer ziehen ließ (an der Besiedelung der Vereinigten Staaten von Amerika sind mindestens 5 Millionen Deutsche beteiligt), gestatteten ihm die politischen Verhältnisse keinerlei koloniale Betätigung. Zwar gab es unter den Auswanderungsvereinen auch Kolonialgesellschaften, die neben der Fürsorge für die Auswanderer die Kolonisation ins Auge fassten und den Auswandererstrom nach bestimmten Gegenden hinzulenken suchten.
Sie trugen meist einen philanthropischen Charakter, indem sie Armen und Arbeitslosen ein Unterkommen verschaffen wollten, während doch eine Kolonie außer Intelligenz auch Kapital verlangt. Teils aus diesem Grunde, teils wegen des Fehlens einer politischen Macht war die Wirksamkeit jener Vereine meist erfolglos. Erst nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 begann die deutsche Kolonialbewegung einen wesentlichen Aufschwung zu nehmen.
Otto von Bismarck
01.04.1815 Schönhausen/Elbe (Reg.-Bez. Magdeburg),
† 30.07.1898 Gut Friedrichsruh in Sachsenwald (bei Hamburg).
Staatsmann, Reichskanzler des Norddeutschen Bundes (1867 – 1870) und des Deutschen Reichs (1871 – 1890)
Doch beschränkte sich der Reichskanzler Otto von Bismarck zunächst darauf, mit unabhängigen Herrschern (Tonga, Samoa etc.) Handels- und Freundschaftsverträge abzuschließen und die Häfen Saluafata (Samoa), Jaluit (Marshallinseln) und Mioko (Neubritannia-Archipel) als Kohlenstationen zu erwerben.
Nachdem aber der Reichstag 1880 die Samoavorlage abgelehnt hatte (die Gründung der Deutschen Kolonialgesellschaft war die nächste Folge), entschloss sich die Reichsregierung erst 1884 dazu, neue Kolonialunternehmungen unter ihren Schutz zu nehmen und sie gegen fremde, besonders britische Anfechtungen zu verteidigen.
Adolf Lüderitz
* 16.07.1834 in Bremen,
† Ende Oktober 1886 im Oranjefluss ertrunken.
Kaufmann und Kolonialpionier
Das Telegramm des Reichskanzlers vom 24. April 1884, das amtlich die Schutzerklärung der von dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz bereits 1883 in Südwestafrika vollzogenen Erwerbungen verkündete, bezeichnet den Geburtstag der neuen deutschen Kolonialpolitik. In demselben Jahre wurden auch die Handelsniederlassungen Hamburger Kaufleute in Kamerun (14. Juni 1884) und Togo (5. Juli 1884) unter deutschen Schutz gestellt.
Gleichzeitig erwarb Carl Peters im Auftrag der Gesellschaft für deutsche Kolonisation, der späteren Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, das Hinterland von Sansibar, während Otto Finsch für die Neuguinea-Kampanie die Nordostküste von Neuguinea nebst der Insel Neupommern (Neubritannien), fortan Bismarck-Archipel sicherte.
Carl Peters
* 27.09.1856 Neuhaus an der Elbe,
† 10.09.1918 Bad Harzburg.
Carl Peter gilt als der Begründer der Kolonie Deutsch-Ostafrika.
1885 wurden auch noch die Salomonen (6. April) und die Marshallinseln (15. Oktober) unter deutschen Schutz gestellt und die Erwerbungen jener beiden Gesellschaften durch einen kaiserlichen Schutzbrief vom 27. Februar und 17. Mai 1885 anerkannt. Dem Geschick des Reichskanzlers Bismarck gelang die friedliche Verständigung mit Großbritannien und Frankreich über die Abgrenzung der deutschen Gebiete, während die Hinterlandsfrage durch folgende Verträge gelöst wurde, die den deutschen Schutzgebieten ihre endgültige Gestalt und Größe gaben.
Briefmarken der Deutschen Kolonien
Bisher erschienen folgende Beiträge zum Thema Kolonialbriefmarken:
- Malakote-Briefmarken (Witu)
- Briefmarken aus Deutsch-Neuguinea
- Briefmarken aus Togo
- Briefmarken aus Samoa
Verträge über die Deutschen Kolonien
Es wurden begrenzt:
- Togo durch die Verträge vom 24. Dezember 1885, 1. Juli 1890, 9. Juli 1897 und 14. November 1899;
- Kamerun vom 24. Dezember 1885, 15. November 1893 und 15. März 1894;
- Deutsch-Südwestafrika vom 30. Dezember 1886 und 1. Juli 1890;
- Deutsch-Ostafrika vom 30. Dezember 1886, 1. Juli 1890, 30. Juli 1890, 25. Juli 1893;
- Deutsch-Neuguinea vom 10., 25. und 29. April 1886 und 14. November 1899; Marshallinseln vom 10. April 1886.
- Kiautschou 1898, Pachtvertrag auf 99 Jahre
- Samoa 1899
Am 1. April 1899 ging der Besitz der Neuguinea-Kompanie gegen eine Entschädigung von 4 Millionen Mark und eine Landabfindung von 50.000 Hektar an das Deutsche Reich über. Zu diesen älteren Besitzungen sind noch folgende Erwerbungen hinzugekommen:
- durch Vertrag vom 6. März 1898 das bereits im November 1897 besetzte und durch kaiserliche Verordnung vom 27. April 1898 zum deutschen Schutzgebiet erklärte Pachtgebiet Kiautschou (China),
- durch Kaufvertrag mit Spanien vom 30. Juni 1899 die in der Folge dem Gouverneur von Neuguinea unterstellten Karolinen-, Palau- und Marianeninseln (ohne Guam), auf denen der deutsche Handel schon längst maßgebend war, und durch das deutsch-englisch-amerikanische Samoa-Abkommen vom 8. November 1899 die westlichen Samoa-Inseln Upolu, Manono, Apolima und Sawaii.
Dieser Vertrag regelte zugleich die Aufteilung des sogenannten neutralen Salagagebietes (zwischen Togo und der Goldküstenkolonie) an Deutschland und Großbritannien und sprach letzterem die bis dahin deutschen Salomonen mit Ausnahme von Buka und Bougainville zu. In dieser Ausdehnung umfasst der deutsche Kolonialbesitz 2.597.180 km² mit rund 12 Millionen Einwohnern.
Anmerkung zur Grafik:
- Das Deutsche Südsee-Schutzgebiet umfasst Deutsch-Neuguinea, Karolinen, Palau, Marianen und Marshall-Inseln; Samoa wird separat dargestellt.
- Gerundete Angaben im km²
Das Ende der Deutschen Kolonien
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) verlor Deutschland alle seine Kolonien. Am 7. Mai 1919 werden der deutschen Regierung die Bedingungen des Versailler Vertrages bekannt gegeben. Der Artikel 119 derselben lautet: „Deutschland verzichtet zugunsten der hauptsächlichsten Alliierten und Assoziierten Mächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.“ Die dort eingewanderten Deutschen wurden meist interniert, enteignet und ausgewiesen; lediglich in Südwestafrika durften sie bleiben und so leben im heutigen Namibia noch ca. 20.000 Deutsche.
Anlässlich des Kolonialgedenkjahrs „50 Jahre deutsche Kolonien“ gab das Deutsche Reich 1934 eine Serie verdienter Kolonialpioniere heraus.
Zum Titelbild der alten Schutzgebiete-Seite (bis 2017) schrieb mir Herr Dr. Uwe Schott:
„Am 1.2.1906 schreibt der 17-jährige Westafrikaner Adolf Kodjovi Johnson von seinem Ausbildungsort (Schneiderlehre) Halle/Saale an seinen deutschen Pflegevater (meinen Großvater) Gustav Küster in Oschersleben folgendes Erlebnis:
… Am Kaiser Geburtstag abend hat er mich abgeholen, und wir sind alle beide nach Winter Garten gegangen, wo viele Millitären waren, die feierten in den Saale Kaiser Geburstag wo ein Büste von der Kaiser war und Chinese und Matrose von Chiff und ich sollte mit dabei stellen zum Bild machen, als diese vorbei waren, da haben die 36er gesungen gemischte Chor …„
Quelle: „Adolf Kodjovi Johnson, Meine Zeit sowie mein Leben sind mir wie ein Rätsel.“ Hg.v. Uwe Schott, LIT Verlag Münster 2000, S.3. Vielen Dank an Herrn Dr. Uwe Schott!
Gut möglich, dass es ein entsprechendes authentisches Foto gab und wir auf dem Bild einmal real existierende Personen sehen.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Deutschlands Kolonien“ von Rochus Schmidt Verlag des Vereins der Bücherfreunde Schall & Grund 1898
- „Großes Lehrbuch der Geographie“ E. von Seydlitz, Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“ 7. Auflage Braunschweig und Leipzig Hellmuth Wollermann 1906
- „Konversationslexikon“, Leipzig und Wien 1909
- „Die deutschen Kolonien“ Geographie, E. von Seydlitz – Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1910
- „Deutschlands Kolonien“ von W. Scheel Verlagsanstalt für Farbfotographie Weller & Hüttich 1912
- „Die deutschen Kolonien“ Herausgegeben von Kurd Schwabe Nationalausgabe – Band I/II 1914
- „Deutsches Kolonial-Lexikon“ Leipzig 1920
- „Der Kampf um unsere Schutzgebiete – Unsere Kolonien einst und jetzt“ von P. Jos. M. Abs Düsseldorf 1926
- zeitgenössische Postkarten mit ihren originalen Bildunterschriften.
Ähnliche Beiträge
Hallo Herr Anton, wir aktivieren schon seit Jahren in unserer Homepage einen Link auf Ihre Internetseiten. Bitte setzen Sie doch einen Gegenlink, um auf unsere „Gemeinschaft der Briefmarkenfreunde Neuguineas“ hinzuweisen. Herzlichen Dank !
Hallo Herr Schmitt, schön von Ihnen wieder mal zu hören! Auf der Seite Neuguinea-Briefmarken besteht der Gegenlink auch seit Jahren. Die Seite ist jetzt auch zu WordPress konvertiert:
Briefmarken aus Deutsch-Neuguinea
Hallo. Darf ich Bilder für eine wissenschaftliche Arbeit in meiner Hochschule verwenden?