Königliche Werft Danzig, seit 1871 Kaiserliche Werft Danzig und Schichau-Werft
Kaiserliche Werft Danzig und Schichau-Werft Danzig
Marinewerften sind Schiffbauanstalten mit Werkstätten für Schiffsmaschinen und Schiffskesselbau, sowohl für Neubau als für Ausbesserung und Instandhaltung von Kriegsschiffen, Werft- und Dockanlagen. Die deutsche Marine besitzt Werften in Wilhelmshaven, Kiel und Danzig.
Jede deutsche Marinewerft ist außer dem Hauptamt (Zentralressort) in acht Betriebe (Ressorts) für Schiffsausrüstung, Artillerie, Schiffbau, Maschinenbau, Hafenbau, Navigation, Torpedo und Verwaltung geteilt. Ressortdirektoren sind Seeoffiziere oder Geheime Bauräte, Betriebsdirektoren sind Bauräte, Betriebsdirigenten Baumeister. Außerdem rechnen zum technischen Personal Bauführer, Konstruktionszeichner, Obermeister, Werkmeister und Werkführer. Das Betriebspersonal besteht aus Oberordnungsmeistern, Oberschiffsführern und Schiffsführern, Ober- und Kammerverwaltern, Instrumenten- und Kartenverwaltern, Takelmeistern, Kranmeistern, Dockmeistern, Schleusenmeistern, Maschinisten, Spritzenmeistern, Dock-, Brücken- und Schleusenwärtern; Wachtmeistern und Werftschutzleuten; Vorarbeitern, Arbeitern und Lehrlingen.
Die Werftverwaltung wird vom Marineintendanturpersonal besorgt; außerdem gibt es Magazindirektoren, Werftbuchführer und Werftschreiber. Die k. u. k. Marine hat ihre Hauptwerst (Seearsenal) in Pola (Küstenland).
Die kaiserlich deutschen Werften unterstehen einem Oberwerftdirektor im militärischen Rang. Ihm wiederum unterstehen Direktoren für Schiff- und Maschinenbau, Ausrüstung und Verwaltung mit Hilfe von Ingenieuren, Zeugoffizieren etc. die Spezialressorts verwalten.
Die Geschichte der Marinewerft in Danzig beginnt 1852 als „Königliche Werft Danzig“ im Königreich Preußen. Nach dem Deutschen Krieg von 1866 kommt es zur Errichtung des Norddeutschen Bundes und damit zur Schaffung der Norddeutschen Bundesmarine: Auch die preußischen Kriegsschiffe führen die neue Bundeskriegsflagge. Die Marine soll jetzt nicht nur dem Schutz der Schifffahrt und der Küste dienen, sondern auch im Bedarfsfall das offensive Vergehen gegen feindliche Kräfte, Küsten und Häfen ermöglichen. Kriegsminister Albrecht von Roon arbeitet einen Flottengründungsplan aus, nachdem in den nächsten zehn Jahren: 10 Panzerschiffe, 20 Korvetten, 22 Küstenverteidigungsfahrzeuge, 8 Avisos, 3 Transportschiffe und 7 Schulschiffe gebaut werden sollen. Der Reichstag bewilligt diesen Plan zwar, jedoch ist die deutsche Schiffsbauindustrie noch ungenügend entwickelt. Da man Musterschiffe benötigt, kauft man im Ausland geeignete Fahrzeuge: in Frankreich die Panzerfregatte S.M.S. Friedrich Carl (6800 t und 16 Geschütze), in England S.M.S. Kronprinz (5600 t und 16 Geschütze) und S.M.S. König Wilhelm (9800 t und 23 Geschütze) – in seiner Zeit ein Gigant und das damals stärkste Schiff; ursprünglich wurde es von den Türken bestellt, dann aber von diesen nicht abgenommen. Es hatte seine 24-cm-Kruppsche-Mantelringkanonen in langer Batterie und im Bug aufgestellt und machte mit seiner immer noch üblichen Segeltakelage, dem massiven Rammsporn und Gürtelpanzer einen imposanten Eindruck.
Auf der Danziger Marinewerft, wo schon früher die gedeckte Korvette Arcona (Stapellauf 1858), Gazelle (1859), Vineta (1863), Hertha (1864), Elisabeth (1868), sowie die Glattdeckskorvetten Nymphe (1863), Medusa (1864), ferner der erste Aviso Loreley (1859), die Segelbrigg Undine (1869), die Schraubenkanonenboote erster Klasse Meteor (1865), Cyklop (1860), Delphin (1860), Basilisk (1862), Blitz (1862), Drache (1865) und Meteor (1865) erbaut worden waren, liefen im Jahre 1871 die großen Kanonenboote Albatross und Nautilus, sowie die Glattdeckskorvette Ariadne vom Stapel. 1872 die Glattdeckskorvette Luise, sowie die schon sechs Jahre im Bau befindliche Panzerkorvette Hansa, die als erstes deutsches Panzerschiff gilt. Auch das letzte und schönste hölzerne Schiff, die Glattdeckskorvette Freya, die 1874 vom Stapel lief, wurde in Danzig gebaut.
Mit der Zunahme des Eisenschiffsbau verlor die Werft, die von den Eisenwerken des Deutschen Reiches viel zu weit entfernt lag, ihre Bedeutung, die sie wegen der Nähe der preußischen Wälder für den Holzschiffbau gehabt hatte. Statt dessen wurden Kiel und Wilhelmshaven die wichtigeren Marinewerften, die im Jahre 1874 je eine Panzerfregatte, S.M.S. Friedrich der Große und S.M.S. Großer Kurfürst als ihre Meisterstücke lieferten.
In Danzig begann der eigene deutsche Schiffsneubau, 1868 die Panzerkorvette S.M.S. Hansa (3696 t und 8 Kanonen), die Glattdeckskorvette S.M.S. Ariadne und die gedeckte Korvette S.M.S. Elisabeth. Die Fregatte S.M.S. Vineta, die noch als preußisches Schiff hinaussegelte, kehrte als norddeutsches Bundesschiff in heimische Gewässer zurück. S.M.S. Hertha fand Gelegenheit mit dem Kanonenboot S.M.S. Blitz einer aufgelaufenen französischen Korvette tatkräftig zu helfen. Andere Schiffe besuchten ostasiatische und westindische Stationen und zeigten die neue deutsche Flagge rund um die Welt. Der Oberbefehl der Norddeutschen Bundesmarine unterstand Prinz Adalbert von Preußen.
Die Kaiserliche Werft Danzig, war neben der Kaiserlichen Werft Kiel und der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven eine von drei staatlichen Werften, die für die Kaiserliche Marine Kriegsschiffe bauten und instand hielten. Neben der Kaiserliche Werft Danzig gab es in Danzig auch die um 1890 entstandene Schichau-Werft, auf der auch Kriegsschiffe für die Kaiserliche Marine entstanden.
Der am 30. Januar 1814 in Elbing geborene Ingenieur Ferdinand Schichau erlernte den Maschinenbau, studierte am Gewerbeinstitut in Berlin, arbeitete ein Jahr in England und gründete 1837 in Elbing eine Fabrik, aus der eine Maschinenfabrik, Kesselschmiede, Lokomotivfabrik und Schiffswerft hervorgingen. 1892 legte er eine große Werft in Danzig und ein Dock nebst Reparaturwerkstätte in Pillau an. Schichau baute in Deutschland 1841 den ersten Dampfbagger und 1855 den ersten preußischen Schraubenseedampfer Borussia. Ebenso baute Schichau 1878 die erste Compoundschiffsmaschine der deutschen Marine, 1880 die erste deutsche Compoundlokomotive und 1882 die erste Dreifach-Expansionsschiffsmaschine auf dem Kontinent. 1877 lieferte er das erste seefähige Torpedoboot.
Mit diesem löste er ein Problem, um das Engländer und Franzosen sich bisher vergeblich bemüht hatten. Die meisten Seestaaten der Erde bezogen Torpedoboote und Torpedokreuzer von Schichau (im ganzen etwa 300, 144 allein für die deutsche Marine), er baute auch Linienschiffe, Kreuzer und Kanonenboote für die deutsche Marine, große Seedampfer für den Norddeutschen Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie, drei Eisenbahnfährschiffe für die Linie Warnemünde-Gjedser etc. 1897 baute Schichau für China 4 Torpedojäger von 36,7 Knoten Geschwindigkeit, im ganzen 800 See- und Flussdampfer und über 2300 Dampfmaschinen. Die Lokomotivfabrik lieferte über 1500 Lokomotiven. 1900 wurde ihm in Elbing ein Bronzestandbild (von Haverkamp) errichtet.
Quellenhinweise:
- „Meyers Konversations-Lexikon“ 5. Auflage in 17 Bänden 1893 – 1897
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1906 – 1908
- „Meyers Kleines Konversations-Lexikon“, 7. Auflage in 6 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1908
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1880
- „Deutschlands Seemacht“ von Georg Wislicenus – Verlag Friedrich Wilhelm Grunow, Leipzig 1896
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“ 1898
- „Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte“ von Vizeadmiral a.D. Reinhold Werner – München 1899
- „Nauticus – Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen“ 1899-19
- „Überall“ Illustrierte Zeitschrift für Armee und Marine, Jahrgänge
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1902
- „Deutschland zur See“ von Victor Laverrenz, Berlin 1900
- „Marine-Album“ Berlin 1910
- „Deutschland zur See“ Illustrierte Wochenschrift, Zeitschrift des Vereins „Marinedank“, Berlin, Jahrgänge
- „Deutsche Seefahrt“ – von Trotha und König, Otto Franke/ Verlagsgesellschaft Berlin – Birkenwerder 1928
- „Marinearchiv“ Band I und II Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1931
- „Unsere Marine – Schiffsbilder“, Bilder der Reichsmarinesammlung im Museum für Meereskunde zu Berlin (1930)
- „So war die alte Kriegsmarine“ von Eberhard von Mantey – Berlin 1935
Ähnliche Beiträge