Des Deutschen Vaterland „Was ist des Deutschen Vaterland?“ von Ernst Moritz Arndt aus dem Jahr 1813.
„Was ist des Deutschen Vaterland?“ Entstehung und geschichtlicher Hintergrund einer der ersten Hymnen Deutschlands.
Des Deutschen Vaterland
Text: Ernst Moritz Arndt (1769-1860), gedichtet 1813
Musik: Gustav Reichardt (1797-1884), komponiert 1825
- Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Preußenland? Ist’s Schwabenland?
Ist’s wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist’s wo am Belt die Möwe zieht?
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Bayerland? ist’s Steierland?
Ist’s, wo des Marsen Rind sich streckt?
Ist’s, wo der Märker Eisen reckt?
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Pommerland? Westfalenland?
Ist’s, wo der Sand der Dünen weht?
Ist’s, wo die Donau brausend geht?
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Ist’s Land der Schweizer? ist’s Tirol?
Das Land und Volk gefiel mir wohl.
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Gewiß, es ist das Österreich,
An Ehren und an Siegen reich?
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land!
So weit die deutsche Zunge klingt
Und Gott im Himmel Lieder singt:
|: Das soll es sein! Das soll es sein!
Das wackrer Deutscher, nenne dein! :I
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Das ist des Deutschen Vaterland,
Wo Eide schwört der Druck der Hand,
Wo Treu hell vom Auge blitzt
Und Liebe warm im Herzen sitzt.
|: Das soll es sein! das soll es sein!
Das, wackrer Deutscher, nenne dein! :I
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Das ist des Deutschen Vaterland,
Wo Zorn vertilgt den welschen Tand,
Wo jeder Franzman heißet Feind,
Wo jeder Deutsche heißet Freund.
|: Das soll es sein! das soll es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein! :I
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I - Das ganze Deutschland soll es sein!
O Gott vom Himmel, sieh darein
Und gib uns rechten deutschen Mut,
Daß wir es lieben treu und gut!
|: Das soll es sein! das soll es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein! :I
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein! :I
Ernst Moritz Arndt
* 26.12.1769 in Schoritz auf der Insel Rügen,
† 29.01.1860 in Bonn,
deutscher Patriot, Professor der Geschichte, Schriftsteller,
Mitglied der deutschen Nationalversammlung 1848
28 Jahre bevor Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland das Deutschlandlied erschuf, dichtete der deutsche Patriot Ernst Moritz Arndt (1769 – 1860) Anfang 1813 in Königsberg „Was ist des Deutschen Vaterland?„. In dieser Zeit war Deutschland durch Kaiser Napoleon I. in drei Teile (Rheinbund, Preußen und Österreich) zersplittert worden und litt unter der französischen Fremdherrschaft große Not.
Ernst Moritz Arndt wurde am 26. Dezember 1769 als Sohn eines später freigelassenen Leibeigenen auf der damals zu Schweden gehörigen Insel Rügen geboren. Nach der Niederlage bei Austerlitz 1805 war Österreich und damit auch der deutsche Kaiser Franz II. geschlagen. Durch den Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805) versetzte Napoleon I. dem alten Deutschen Reich (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation) den Todesstoß und nach der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, wo das preußische Herr vernichtend geschlagen wurde, war er der mächtigste Herrscher Europas.
Arndt, inzwischen Professor für Geschichte an der Universität in Greifswald, rief das deutsche Volk zum Widerstand gegen Napoleon auf und musste wegen seines Werkes „Geist der Zeit“ nach Schweden fliehen. 1810 zurückgekehrt, kämpfte er in Berlin, Breslau und Prag gegen die französische Fremdherrschaft und ging 1812 mit dem Freiherren vom Stein nach St. Petersburg in Russland.
Nach Napoleons Niederlage in Russland kehrte Arndt nach Deutschland zurück und rief durch Flugschriften und Gedichte das deutsche Volk zu den Waffen auf. In dieser Zeit schrieb er
- „Katechismus für den deutschen Kriegs- und Wehrmann„;
- „Der Rhein Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze„;
- „Lieder für Deutsche„;
- „Kriegs- und Wehrlieder“ u.a.
Hierbei entstand auch „Was ist des Deutschen Vaterland?„, worauf der Jenaer Student Johannes Cotta 1814 eine Melodie komponierte. 1817 zogen die Jenaer Studenten mit diesem Lied auf den Lippen zum Wartburgfest bei Eisenach und 1832 mit der schwarz-rot-goldenen Flagge zum Hambacher Fest. Erst 1826 entstand die später gebräuchliche Melodie von Gustav Reichardts.
Anders als Hoffmann von Fallersleben in seinem Deutschlandlied mit „von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“ nur die Umrisse der deutschen Sprachgebiete skizzierte, benennt Arndt in den ersten fünf Strophen seines „Was ist des Deutschen Vaterland?“ konkrete Länder und Gebiete. In der sechsten Strophe antwortet er dann direkt auf die gestellte Frage mit: „So weit die deutsche Zunge klingt„, was also ebenfalls die deutschen Sprachgebiete umfasst.
Die nachfolgenden Strophen sind nur im geschichtlichen Zusammenhang mit den aufopferungsvollen Kämpfen während der Befreiungskriege 1813/14 gegen die französische Fremdherrschaft zu verstehen. Durch die Kriege gegen und mit Napoleon hatte allein das Deutsche Volk über 2 Millionen Tote zu beklagen. Das Lied erfreute sich als deutsche Volkshymne, insbesondere im Revolutionsjahr 1848, großer Beliebtheit und wurde erst durch die 1854 vertonte „Die Wacht am Rhein“ langsam verdrängt.
Ernst Moritz Arndt wurde 1818 in Bonn Professor, aber bereits 1820 durch Denunziation seines Amtes enthoben und erst nach der Thronbesteigung durch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1840 wieder eingesetzt. 1848 war er Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung (siehe Deutscher Bund). Arndts Hauptbedeutung über seine Zeit hinaus liegt in seinem kämpferischen Einsatz für das Bauerntum.
Sein wichtigstes Werk „Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen„, 1803, veranlasste den schwedischen König zur Aufhebung der Leibeigenschaft in Vorpommern 1806. Er kämpfte gegen den Großgrundbesitz, stellte die Sendung des Bauerntums heraus, forderte dessen Rettung und Neubildung und verkündete in seinen agrarischen Schriften ein Bauernrecht.
Ernst Moritz Arndt war ein Gegner des Katholizismus und der Freimaurerei. Er wurde im Dritten Reich, danach in der DDR und anfangs auch in der Bundesrepublik hoch geschätzt und verehrt. Die Universität in Greifswald, in der er einst Professor war, nannte sich vom 16. Mai 1933 bis zum 31. Mai 2018 „Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald“.
Der Senat der Universität Greifswald beschloss Mitte Januar 2018 mit Zweidrittelmehrheit sich von dem Namen des Dichters Ernst Moritz Arndt zu trennen. Zur Begründung hieß es: „…der umstrittene Namens-Patron erschwere die Darstellung der Universität als Ort fortschrittlicher Forschung und tauge nicht für ein positives Traditionsbild„. In einer in Greifswald durchgeführten Meinungsumfrage zum Universitätsnamen hatten sich 48,66 Prozent der Teilnehmer für den Namen „Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald“ und nur 34,38 Prozent für den jetzigen Namen „Universität Greifswald“ ausgesprochen.
Quellenhinweise:
- „Meyers Konversations-Lexikon“ 5. Auflage in 17 Bänden 1893 – 1897
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1906 – 1908
- „Meyers Kleines Konversations-Lexikon“, 7. Auflage in 6 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1908
- „Kleine Deutsche Staatskunde“, E. Stutzer – Dresden und Berlin, 1910
- Ostsee-Zeitung
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Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel! Sehr gerne mehr davon. Sehr schönes Projekt diese Seite. Bitte weitermachen 🙂
Ist es ein Zufall, dass auf Arndts Rassismus und Antisemitismus hier nicht hingewiesen wird?
„„Die Deutschen sind nicht durch fremde Völker verbastardet, sie sind keine Mischlinge geworden, sie sind mehr als viele andere Völker in ihrer angeborenen Reinheit geblieben […]; die glücklichen Deutschen sind ein ursprüngliches Volk““
Nun ja, Unsinn ist’s obendrein. Sind doch schon viele Völker der Geschichte durch Mitteleuropa gezogen…