Eisenach im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Eisenach 35.120 Einwohner – 1905 = 111. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Neben der Stadt Eisenach existiert im Deutschen Reich (Kaiserreich)
- Eisenach (Kr. Trier), ein Dorf im Königreich Preußen, Provinz Rheinland, Landkreis Trier mit 478 Einwohnern.
Eisenach im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
Eisenach ist eine Stadt im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (Thüringen), Eisenacher Kreis und Hauptstadt des Verwaltungsbezirks III.
Eisenach liegt am Nordwestende des Thüringer Waldes, am Zusammenfluss der Neffe und Hörsel und 221 Meter über dem Meer. Die Stadt ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bebra-Weißenfels und Eisenach-Lichtenfels. Eisenach besitzt noch Reste der ehemaligen Befestigung und fünf Vorstädte, darunter die Georgenvorstadt im Westen und die Nikolaivorstadt im Osten.
Die Stadt hat 4 evangelische, eine katholische Kirche und eine Synagoge. Hier sind besonders zu nennen die spätromanische, um 1150 erbaute Nikolaikirche, 1887 restauriert und durch einen stilgerechten Zwischenbau mit dem Nikolaiturm verbunden, und die spätgotische St. Georgenkirche. Die katholische Elisabethkirche wurde 1887 vollendet.
Außerdem besitzt die Stadt Eisenach ein um 1742 erbautes großherzogliches Schloss am Markt (viele Jahre der Wohnsitz der Herzogin Helene von Orléans), ein Rathaus, dort ein großes Ölgemälde von Prof. Martersteig, den Einzug der heil. Elisabeth in die Wartburg darstellend, die Klemda, ein 1260 von der Herzogin Sophie von Brabant gegen den Markgrafen Heinrich den Erlauchten erbautes Kastell, jetzt Gesellschaftshaus, das Lutherhaus, in dem Luther 1498 bei der Frau Cotta Aufnahme gefunden haben soll und die Geburtshäuser Johann Sebastian Bachs und des Malers Friedrich Preller.
An öffentlichen Denkmälern sind in Eisenach aufgestellt die Statue Johann Sebastian Bachs vor dem Westportal der St. Georgenkirche, ein Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz, beide von Donndorf modelliert, ein Bismarckdenkmal im Park Pflugensberg, eine Germania als Kriegerdenkmal für den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, die vergoldete Statue des heiligen Georg auf dem Brunnen in der Mitte des Marktplatzes und ein Grabdenkmal Fritz Reuters auf dem Friedhof. Im Jahr 1900 leben in Eisenach mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 94) 31.580 Einwohner, der Großteil sind sind Evangelische, 1083 sind Katholiken und 349 Juden.
Die Industrie in Eisenach ist bedeutend in Kammgarnspinnerei, Fahrzeug-, Farben- und Tonwarenfabrikation; außerdem hat Eisenach Fabrikation von Herden, Zigarren, Zementröhren, Malz, Eisenkonstruktionen, Alabasterwaren, Maschinen, Schuhwaren, Leder etc., Kunsttischlerei, Bierbrauerei, Granitwerke, Ziegelbrennerei, Sägewerke und Mahlmühlen. Dem Handel dient eine Nebenstelle der Reichsbank. An Bildungs- und andern Anstalten befinden sich in Eisenach eine Forstlehranstalt, ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Zeichen- und Gewerbeschule, eine Sprachheilanstalt, ein Theater, ein Diakonissenhaus, ein Richard Wagner-Museum, ferner eine Kaltwasserheilanstalt, ein Elektrizitätswerk etc.
Von Behörden haben ihren Sitz in Eisenach eine Bezirksdirektion, ein Landgericht und eine Forstinspektion. Die städtischen Behörden zählen 2 Bürgermeister und 30 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk Eisenach gehören die acht Amtsgerichte zu: Eisenach, Geisa, Gerstungen, Ilmenau, Kaltennordheim, Lengsfeld, Ostheim und Vacha.
Eisenach ist im Sommer von Touristen und Luftkurgästen oft überfüllt. Außer der Wartburg, die sich 2 km südlich von der Stadt erhebt, befinden sich in der Umgebung noch eine Menge durch Naturschönheit ausgezeichneter Punkte, wie der Pflügensberg und der Goldberg, der Karthaus- und der Eichelsche Garten, das Rösesche Hölzchen mit dem Mädel-(Metil-)stein und der Felsgruppe „Mönch und Nonne“, die Göpelskuppe mit dem Burschenschaftsdenkmal, das Johannistal, das villenbesetzte Mariental, die Landgrafenschlucht, das Annatal mit der Drachenschlucht, die Hohe Sonne, Schloss Wilhelmsthal etc.
Eisenach (Isenacum), eine der ältesten Städte Thüringens, wurde 1070 von Ludwig dem Springer etwas südlich von einem älteren, durch Feuer zerstörten Ort angelegt. Im Mittelalter ist seine Geschichte mit der der Wartburg eng verflochten. Von 1596–1741 war die Stadt Residenz einer Ernestinischen Herzogslinie. Am 1. September 1810 wurde sie durch Explosion mehrerer französischer Pulverwagen arg beschädigt, woran noch der „Explosionsplatz“ erinnert. In Eisenach tagt seit 1852 die sogen. Eisenacher Konferenz (Deutsche evangelische Kirchenkonferenz). Am 6. und 7. Oktober 1872 fand in Eisenach eine Zusammenkunft deutscher Nationalökonomen statt, welche die Begründung einer neuen sozialistischen Partei beschloss und aus der 1873 der Verein für Sozialpolitik hervorging.
Das ehemalige Fürstentum Eisenach kam 1440 an das Haus Wettin und bei der Teilung von 1485 an die Ernestinische Linie, bei der es verblieb. 1583 fielen die hennebergischen Ämter Lichtenberg und Kaltennordheim an Eisenach. Der jüngere Sohn Johann Friedrichs des Mittlern, Johann Ernst, stiftete 1596 die ältere Linie Eisenach, die aber mit ihrem Stifter 1638 ausstarb; der siebente Sohn des Herzogs Johann von Weimar, Albert, 1640 die mittlere Linie Eisenach, die ebenfalls mit dem Tod ihres Stifters 1644 erlosch. Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar überließ Eisenach 1662 seinem ältesten Sohn, Adolf Wilhelm; diesem folgte 1668 sein Bruder Johann Georg, welcher der Stifter der jüngeren Linie Eisenach wurde.
Dieselbe erlosch 1741 mit Wilhelm Heinrich und das Land fiel wieder an Sachsen-Weimar. Mit den 1815 hinzugekommenen fuldaischen und hessischen Ämtern Geisa, Dermbach, Vacha und Frauensee bildet das Fürstentum Eisenach die beiden Verwaltungsbezirke Eisenach (569 km² mit 65.767 Einwohnern) und Dermbach (650 km² mit 38.909 Einwohnern).
Eisenach ist heute eine Stadt im Westen des Freistaates Thüringen mit rund 42.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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