Die Wacht am Rhein

Die Wacht am Rhein

Lieb Vaterland magst ruhig sein; fest steht und treu die Wacht am Rhein!

Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein

Die Wacht am Rhein, Soldat, Turner und Student
Die Wacht am Rhein, Soldat, Turner und Student

Die Wacht am Rhein
Text: Max Schneckenburger (1819-1849), 1840
Melodie: Karl Wilhelm (1815-1873), 1854

  1. Es braust ein Ruf wie Donnerhall
    wie Schwertgeklirr und Bogenprall
    zum Rhein, zum Rhein zum deutschen Rhein
    Wer will des Stromes Hüter sein?
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!
  2. Durch hunderttausend zuckt es schnell,
    und aller Augen blitzen hell;
    der deutsche Jüngling, fromm und stark,
    beschirmt die heil’ge Landesmark.
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!
  3. Er blickt hinauf in Himmels Au’n
    da Heldenväter niederschau’n
    und schwört mit stolzer Kampfeslust
    du Rhein bleibst deutsch wie meine Brust!
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!
  4. Solang ein Tropfen Blut noch glüht,
    noch eine Faust den Degen zieht
    und noch ein Arm die Büchse spannt,
    betritt kein Feind hier deinen Strand!
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!
  5. Und ob mein Herz im Tode bricht,
    wirst du noch drum ein Welscher nicht.
    Reich, wie an Wasser deine Flut
    ist Deutschland ja an Heldenblut!
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!
  6. Der Schwur erschallt, die Woge rinnt
    die Fahnen flattern hoch im Wind
    am Rhein, am Rhein, am deutschen Rhein,
    wir alle wollen Hüter sein.
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein!

ab 1870:

  1. So führe uns, du bist bewährt;
    In Gottvertrau’n greif‘ zu dem Schwert,
    Hoch Wilhelm! Nieder mit der Brut!
    Und tilg‘ die Schmach mit Feindesblut!
    Lieb Vaterland magst ruhig sein;
    fest steht und treu die Wacht
    die Wacht am Rhein

Der Liedtext wurde im Laufe der Zeit mehrfach korrigiert und verändert. Teilweise wurde in Liederbüchern sogar die 4. Strophe einfach weggelassen. Die 7. Strophe wurde 1870 zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges hinzugefügt und später auch beibehalten.

Max Schneckenburger

Max Schneckenburger
* 17.02.1819 in Thalheim,
† 03.05.1849 in Burgdorf bei Bern;
Dichter des Liedes: „Die Wacht am Rhein“, das im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 in Karl Wilhelms Komposition zum Nationallied wurde.

Der Plan den Rhein als Ostgrenze Frankreichs festzulegen reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück und wurde sowohl von den französischen Königen wie auch den Republikanern mit derselben Leidenschaft vorangetrieben. In der Renaissance kam es in Frankreich in schwärmerischer Verklärung  zur Identifikation und Gleichsetzung mit Gallien. So forderte Jean le Bon (1319 – 1364) in seinem „Le Rhin au Roy“ (Der Rhein gehört dem König) Frankreich nach Osten bis zum Rhein auszudehnen, um so das alte Gallien wieder erstehen zu lassen: „Wenn Paris den Rhein trinkt, hat Gallien sein Ende wieder„. Bei diesen Forderungen spielte es keine Rolle, dass der Rhein auf beiden Seiten immer nur von Deutschen bewohnt wurde. Das in sich selbst zerstrittene und ohne starke Zentralgewalt weitgehend führungslose alte Deutsche Reich (HRRDN) hatte nicht die Kraft der französischen Expansions- und Annexionspolitik etwas entgegenzusetzen.

Frankreichs Ostexpansion 1300-1789
Frankreichs Ostexpansion 1300-1789

Während das Reich seine ganze Kraft in den Türkenkriegen gegen die von Frankreich unterstützten Osmanen einsetzen musste, drangen die Franzosen in zahllosen Einfällen und Kriegen bis in das Elsass ein und dehnten so die Grenze an den Oberrhein aus. Obwohl diese Gebiete nie zuvor zu Frankreich gehört hatten, nannte die Franzosen ihre Eroberungen ganz selbstverständlich „Reunion“ also Wiedervereinigung. Mit der Französischen Revolution von 1789 brach man zwar mit fast allen alten Traditionen, aber die außenpolitischen Interessen gegenüber dem Reich wiesen eine erstaunliche Kontinuität auf und so forderten 1791 die Abgeordneten der Nationalversammlung Frankreich in den Grenzen „vom Rhein bis zu den Pyrenäen, von den Alpen bis zum Ozean“. 1794 besetzten die Franzosen das gesamte linksrheinische Gebiet und gliederten es später in die französische Staatsverwaltung ein.

Deutschland 1786
Deutschland 1786

Nach der Niederlage bei Austerlitz 1805 versetzte Napoleon I. dem alten Deutschen Reich den Todesstoß und gründete mit dem Rheinbund einen Gürtel von deutschen Vasallenstaaten. Nach den aufopferungsvollen Befreiungskriegen und der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 konnten die Franzosen von den Deutschen in Waffenbrüderschaft mit den Russen zurück über den Rhein gedrängt werden. In dieser Zeit verfasste Ernst Moritz Arndt „Was ist des Deutschen Vaterland?“ So war der Rhein tatsächlich bis 1814 für 9 Jahre die östliche Grenze Frankreichs.

Europa 1812
Europa 1812

Viele Deutsche, wie der legendäre General Blücher und der Freiherr von Stein, forderten nun vergeblich die Rückgabe des Elsasses. Bereits 1813 erschien Ernst Moritz Arndts Flugschrift „Der Rhein, Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze“. Er forderte darin, dass nicht die Gegebenheiten eines Flusses die Grenzen bestimmen dürften, sondern vielmehr der Sprachraum, die deutsche Sprache, das bestimmende Element sein müsse. Nur ein deutscher Rhein könne Europa vor der französischen Vorherrschaft bewahren: „Wenn Frankreich den Rheinstrom mit seinen Landen behält, so behält es nicht nur sein alles Gleichgewicht aufhebendes Übergewicht über Deutschland, sondern auch über das übrige Europa.

Deutscher Bund (Deutschland 1815-1866)
Deutscher Bund (Deutschland 1815-1866)

Um des lieben Friedenswillen boten die Alliierten dem geschlagenen Napoleon I. die Vorkriegsgrenzen Frankreichs an und verzichteten auf jegliche Gebietsabtretungen. Auf Initiative der Verbündeten wurde der älteste von Ludwigs XVI. Brüdern, Ludwig XVIII., auf den französischen Thron erhoben und aus Rücksicht auf ihn Frankreich im ersten und zweiten Pariser Frieden sehr milde behandelt und so behielt es die Grenzen von 1790.

Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein

Rheinkrise 1840

1840 erlitt der französische Ministerpräsident Adolph Thiers (1797-1877) im Orient eine schwere diplomatische Niederlage. Um die nun entstandene Empörung des französischen Volkes und der Presse zu kanalisieren forderte er die Revision der Ergebnisse des Wiener Kongresses von 1814/15, erhob Ansprüche auf die linkrheinischen Gebiete Deutschlands und löste damit die Rheinkrise aus. Die Erinnerungen an das Leid der französischen Fremdherrschaft waren auch nach 26 Jahren immer noch sehr wach. Die französische Kriegsrhetorik löste im deutschen Volk einen Sturm der Entrüstung aus, ließ überall die patriotische Stimmung steigen und gilt als Geburtsstunde des deutschen Nationalgefühls. Publizisten veröffentlichten unzählige Verse und Lieder über den deutschen Rhein. Eines der bekanntesten schrieb der in Bonn geborene Nikolaus Becker mit seinem „Rheinlied“ von 1840. „Sie sollen ihn nicht haben den freien deutschen Rhein ob sie wie gierige Raben sich heiser danach schrein.“ Die Zeilen wurden so populär, dass sie später über 70-mal vertont wurden.

Carl Wilhelm

Carl Wilhelm
* 05.09.1815 in Schmalkalden,
† 26.08.1873 in Schmalkalden;
Dirigent der Krefelder Liedertafel und Komponist des Liedes „Die Wacht am Rhein“.

Im August 1841 schuf Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) auf Helgoland auf die Melodie des Kaiserliedes unsere heute noch gesungene Nationalhymne, das Deutschlandlied. Absichtlich nennt von Fallersleben in den Zeilen „Von der Maas bis an die Memel…“ den Grenzfluss Maas im Westen und eben nicht den Rhein. Jedoch blieb es dem im Thalheim geborenen Max Schneckenburger mit der „Die Wacht am Rhein“ (November 1840) vorbehalten das populärsten Rheinlied, das während des Deutsch-Französischen Krieges mit ganzer Leidenschaft gesungen wurde und später im Deutschen Reich von 1871 – 1918 zur wahren Volkshymne werden sollte, geschrieben zu haben. Es verdrängte sogar Ernst Moritz Arndts „Was ist des Deutschen Vaterland?“ und war im deutschen Volk beliebter als „Heil Dir im Siegerkranz“ und das Deutschlandlied. 1854 komponierte der in Schmalkalden geborene Carl Wilhelm (1815-1873) die Melodie dazu.

Schmalkalden, Denkmal Carl Wilhelm (Wacht am Rhein)
Schmalkalden, Denkmal Carl Wilhelm (Wacht am Rhein)

Am 11. Juni 1854 wurde das Lied „Die Wacht am Rhein“ in Krefeld zur Feier der silbernen Hochzeit des späteren Kaisers Wilhelm I. und seiner Frau Augusta erstmals aufgeführt. „Die Wacht am Rhein“ ist kein „Angriffslied“, denn der Rhein sollte ja nur verteidigt werden und es ist auch weit weniger martialisch als die z.B. heute noch leidenschaftlich gesungene französische Nationalhymne „Marseillaise„.

Max Schneckenburger, Geburtshaus, Denkmal in Thalheim, Grabstätte
Max Schneckenburger, Geburtshaus, Denkmal in Thalheim, Grabstätte

Nach Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 wurde die „Wacht am Rhein“ zur beliebtesten deutschen Volkshymne und blieb es bis nach dem Ersten Weltkrieg (1914 -1918). Am 11. August 1922 erklärte der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert das „Deutschlandlied“ zur Nationalhymne der ersten deutschen Republik, das mit seiner 3. Strophe auch heute noch Deutschlands Nationalhymne ist.

Carl Wilhelm
Carl Wilhelm

Das Gemälde „Die Wacht am Rhein“

Der Maler Lorenz Clasen (1812 – 1899) schuf im Jahr 1860 das Gemälde „Die Wacht am Rhein“, es zeigt die Germania als Personifizierung Deutschlands auf der Wacht am Rhein. Das Bild ist im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld ausgestellt.

Die Wacht am Rhein
Die Wacht am Rhein von Lorenz Clasen

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
  • „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
  • „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
Tinte

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