Düsseldorf im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Düsseldorf 252.630 Einwohner – 1905 = 10. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Düsseldorf in der Provinz Rheinland im Königreich Preußen
Düsseldorf ist eine Stadt im Königreich Preußen, Provinz Rheinland und Hauptstadt (Stadtkreis) des gleichnamigen Regierungsbezirks, ehemals des Herzogtums Berg und liegt in einer fruchtbaren Ebene am rechten Ufer des Rheins, an der Mündung der Düssel und 50 Meter über dem Meer.
Düsseldorf besteht aus der Altstadt, dem ursprünglichen Düsseldorf mit engen, unregelmäßigen Straßen, der Karlstadt, der Neustadt, der Friedrichsstadt, der Königstadt, Pempelfort, Unterbilk, Oberbilk, Flingern, Derendorf und acht Außenortschaften.
Unter den öffentlichen Plätzen sind bemerkenswert der Alte Markt, seit 1711 mit der kolossalen bronzenen Reiterstatue des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (modelliert von Grupello) geschmückt, der Schwanenmarkt mit Springbrunnen, der Maxplatz mit der 1873 errichteten Mariensäule, der Kirchplatz mit Fontäne, der Corneliusplatz mit dem Corneliusdenkmal und Springbrunnen, der Schadowplatz mit dem Schadowdenkmal, der Wilhelmsplatz am Bahnhof, der Graf Adolf-, Königs-, Schiller- und Frankenplatz; mit Ausnahme des letzteren sind alle mit Anlagen versehen.
An neuen Denkmälern hat die Stadt Düsseldorf ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. (modelliert von Janssen), ein Denkmal Bismarcks (von Rötger), ein Denkmal Moltkes (von Tüshaus u. Hammerschmidt), ein Kriegerdenkmal (von Hilgers) und Standbilder Immermanns und Mendelssohns. Unter den 37 gottesdienstlichen Gebäuden (26 katholische, 9 evangelische und eine Garnisonkirche, außerdem eine Synagoge) sind die St. Lambertspfarrkirche mit 58 m hohem Turm und Mausoleum des Herzogs Wilhelm IV. (auf dem Piedestal, von acht Löwen umgeben, ruht die Marmorstatue des Herzogs), die schön gebaute, aber mit Zierrat überladene Andreaskirche (ehemals Jesuiten- und Hofkirche, von 1620) mit der Fürstengruft, die Maximilianskirche mit schönen, neuen Fresken,
die angeblich im 8. Jahrhundert gegründete, jetzt restaurierte romanische Martinskirche, die neue gotische Marienkirche, die romanische Rochuskirche, die mit schönen Fresken ausgemalte Friedenskirche und die romanische Johanniskirche hervorzuheben. Die bemerkenswertesten weltlichen Gebäude sind das Regierungsgebäude (ehemals Jesuitenkollegium), das Postgebäude im italienischen Palaststil, das Rathaus (auf dem Alten Markt, 1567 erbaut), das Landgerichtsgebäude, die städtische Tonhalle mit drei großen Festsälen, das Künstlerhaus Malkasten, das Stadttheater, das Provinzialständehaus in reichem italienischen Renaissancestil, die Kunstakademie im strengen Renaissancestil, die Kunsthalle, die Kunstgewerbeschule, das Kunstgewerbemuseum, das historische Museum etc.
Im Jahr 1900 leben in Düsseldorf mit der Garnison (ein Füsilierregiment Nr. 39, ein Husarenregiment Nr. 11, ein Ulanenregiment Nr. 5 und eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 7) 213.711 Einwohner (1780 = 8000, 1816 = 26.655), der Großteil sind Katholiken, 59.964 sind Evangelische und 2131 Juden. Die Industrie ist bedeutend. Düsseldorf betreibt großartige Maschinenfabrikation, Metall- und Eisengießerei, Puddel-, Eisen- und Röhrenwalzwerke, Lokomotiven-, Dampfkessel- und Eisenbahnwagenbau, Metallwarenfabrikation, Kammgarn- und Baumwollspinnerei und -Weberei, Druckerei, Türkischrotfärberei etc.,
ferner Fabrikation von Farben, Möbeln, Pianofortes, Papier, Zündhütchen und Patronen, Heizungs- und Ventilationsanlagen, Leder, chemischen Artikeln etc., Glasschleiferei, Bierbrauerei, photographische und lithographische Anstalten, Dampfsägemühlen, Dampfmühlen für Getreide und Farbholz, bedeutenden Obst- und Gemüsebau etc. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Börse, eine Börsenvereinigung für den Kolonialgroßwarenhandel, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 2029 Millionen Mark), durch die Landesbank der Rheinprovinz und andere Bankinstitute, mehrere Konsulate etc., ist bedeutend als Speditionshandel in Getreide, Hülsenfrüchten, Kolonialwaren etc.
Mit fünf Bahnhöfen ist Düsseldorf Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Düsseldorf-Hagen-Soest, Köln–Duisburg, Düsseldorf-Neuß, Düsseldorf-Löttringhausen, Speldorf-Mülheim a. Rh. und anderer Linien. Für den Betrieb der Dampfschifffahrt auf dem Rhein, für die ein großartiger Rheinhafen mit Speichern etc. seit 1896 besteht und seit 1902 eine dem Schnellverkehr dienende Werft mit Kasematten eröffnet worden ist, ist Düsseldorf Sitz der Dampfschifffahrtgesellschaft für den Nieder- und Mittelrhein und der Niederrheinischen Dampfschleppschifffahrtsgesellschaft. Es besteht direkte Verbindung (außer mit den Rheinhäfen) mit London, Hull, Bremen, Hamburg, Lübeck, Kiel, Kopenhagen, Riga, Reval, St. Petersburg und italienischen Häfen. Der Schiffsverkehr belief sich 1900 auf 7465 beladen ein- und abgegangene Schiffe mit 620.301 Tonnen Gütern. Mit der Eisenbahn wurden 1901 = 2.935.000 Tonnen Güter befördert.
Elektrische Bahnen vermitteln den Verkehr in der Stadt und mit der Umgebung. Unter den Bildungsanstalten nimmt die 1767 vom Kurfürsten Karl Theodor gestiftete und 1822 vom König Friedrich Wilhelm III. erneuerte Kunstakademie den ersten Rang ein. Die früher hier befindliche Gemäldegalerie, 1690 von dem Kurfürsten Johann Wilhelm gestiftet, wurde 1805 nach München gebracht, nach dem Deutschen Krieg von 1866 von Preußen zurückgefordert, aber 1871 freiwillig an Bayern überlassen. Nur ein Meisterwerk, Rubens‘ Himmelfahrt Mariä, ist in Düsseldorf geblieben. Eine städtische Gemäldegalerie (seit 1846) enthält meist Gemälde neuerer Düsseldorfer Künstler.
Die Stadt Düsseldorf hat außerdem eine Sammlung von 248 Aquarellnachbildungen der wichtigsten Werke der italienischen Malerei von J. A. Ramboux, der Akademie gehört eine Sammlung von etwa 15.000 Handzeichnungen und 80.000 Kupferstichen sowie von Gipsabgüssen antiker Skulpturen. Sonstige wissenschaftliche und gemeinnützige Anstalten sind die Sternwarte Bilk, ein Botanischer Garten, eine Landesbibliothek von 50.000 Bänden (1770 vom Kurfürsten Karl Theodor gestiftet), ein Staatsarchiv, ein Kunstverein, ein historisches Museum (vorzugsweise lokalen Charakters), ein Gewerbemuseum, ferner ein königliches und ein städtisches Gymnasium, letzteres mit Realgymnasium, ein Reformrealgymnasium, Oberrealschule, Realschule, Kunstgewerbeschule, Konservatorium für Musik, 2 Theater, Bezirksirrenanstalt, Korrektionshaus, 16 Krankenanstalten etc.
Von Behörden haben ihren Sitz in Düsseldorf, die Regierung, die Provinzialverwaltung der Provinz Rheinland, die Provinzialfeuersozietät, die Landesversicherungsanstalt, eine Generalkommission, ein Landgericht, eine Oberpostdirektion, ein Hauptsteueramt, ein Landratsamt; ferner der Stab der 14. Division, der 28. Infanterie- und der 14. Kavalleriebrigade. Die städtischen Behörden bestehen aus dem Magistrat (11 Mitglieder) und 36 Stadtverordneten. Die städtischen Einnahmen betrugen 1901 = 60,9 Millionen, die Ausgaben 60 Millionen Mark; einer Schuld von 51,3 Millionen steht ein Vermögen von 76,5 Millionen Mark gegenüber. Der schönste und betuchteste unter den zahlreichen Spaziergängen in und um Düsseldorf ist der Hofgarten mit dem Botanischen Garten, dessen westliche Fortsetzung nach dem Rhein der Kaiser Wilhelm-Park (Platz der Gewerbeausstellung von 1902) bildet.
Am Ende des Hofgartens, im Stadtteil Pempelfort, steht der Jägerhof, ein königliches, von schöner Gartenanlage umgebenes Schloss. Des Schriftstellers Jacobi Haus und Garten in Pempelfort ist Eigentum des Künstlervereins „Malkasten“. Im Osten der Stadt liegt der Zoologische Garten mit prächtigen Anlagen, im Süden der Floragarten, im Südwesten der Volksgarten. Im früheren Dorf, jetzt Stadtteil Derendorf im Norden wohnten eine Zeitlang Immermann und die Gräfin Ahlefeld. Im Nordosten liegen Düsselthal, mit einer vom Grafen von der Recke 1819 angelegten Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder im ehemaligen Trappistenkloster, und Grafenberg, mit schöner Aussicht am Stadtwalde. Hier ist auch der Ostpark und eine Villenkolonie. In Düsseldorf wurden die Dichter und Schriftsteller Joh. Georg und Fr. Heinrich Jakobi, Varnhagen von Ense und Heinrich Heine, die Maler Peter von Cornelius und Peter von Heß geboren.
Düsseldorf wird urkundlich zuerst 1159 erwähnt, wurde am 14. August 1288 vom Grafen Adolf von Berg nach der Worringer Schlacht zur Stadt erhoben und 1348 die Residenz der späteren Herzöge von Berg. 1377 wurde der Rheinzoll von Duisburg nach Düsseldorf verlegt, und 1465 erhielt die Stadt einen Freihafen, der erst 1827 aufgehoben wurde. Nach dem Aussterben des jülich-bergischen Regentenstammes (1609) wurde Düsseldorf zunächst von spanischen Truppen besetzt, fiel nach Beilegung des Erbfolgestreits mit Jülich-Berg an Pfalz-Neuburg und ward Residenz der Pfalzgrafen, die 1685 Kurfürsten von der Pfalz wurden. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz gründete die Neustadt, Kurfürst Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach die Karlstadt und errichtete die Malerakademie, die Landesbibliothek, eine Rechtsschule und eine anatomische Lehranstalt.
Seit 1732 befestigt, wurde die Stadt im Siebenjährigen Kriege 1757 von den Franzosen besetzt und 1758 vom Herzog Ferdinand von Braunschweig eingenommen, jedoch bald wieder verlassen. 1795 wurde sie nach einem heftigen Bombardement den Franzosen übergeben und blieb in deren Besitz, bis sie im Frieden von Lüneville 1801 an Bayern zurückgegeben wurde, worauf die Schleifung der Festungswerke erfolgte. 1806 wurde sie Hauptstadt des Großherzogtums Berg und kam mit diesem 1815 an das Königreich Preußen. 1880 und 1902 fanden rheinische Industrie- und deutsche Kunstausstellungen in Düsseldorf statt.
Der Regierungsbezirk Düsseldorf der nördlichste Teil der Rheinprovinz, hat 5473 km² (99,40 Quadratmeilen), zählt im Jahr 1900 = 2.599.806 Einwohner (475/km²), darunter 1.075.107 Evangelische, 1.489.715 Katholiken und 17.664 Juden, und besteht aus den Stadtkreisen Barmen, Duisburg, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Krefeld, München-Gladbach, Mülheim a.d. Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und den Landkreisen Düsseldorf, Essen, Geldern, Gladbach, Grevenbroich, Kempen im Rheinland, Kleve, Krefeld, Lennep, Mettmann, Moers, Mülheim a.d. Ruhr, Neuß, Rees, Ruhrort, Solingen.
Düsseldorf ist seit 1946 die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen mit rund 620.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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