Vorarlberg als Kronland des österreichischen Kaiserstaates in detaillierter Übersicht, Geschichte in alten Ansichtskarten.
Landeshauptstadt Bregenz
Vorarlberg als Kronland des österreichischen Kaiserstaates
Tirol und Vorarlberg bilden nicht ein Land, sondern nur ein Gebiet der gemeinsamen Landesregierung in Innsbruck, d.h. beide Länder unterstehen dem selben Statthalter und haben manche Einrichtungen gemeinsam, indessen ist Vorarlberg auf dem Tiroler Landtag nicht vertreten, sondern hat einen eigenen Landtag. Der Kaiser von Österreich heißt als Tiroler Landesfürst: Gefürsteter Graf von Tirol, Fürst von Trient und Brixen. Als Herr von Vorarlberg: Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz und Sonnenberg.
Vorarlberg ist ein österreichisches Kronland und in administrativer Beziehung mit Tirol vereinigt. Es grenzt im Norden an Bayern, im Osten an Tirol, im Süden an die Schweiz (Graubünden), im Westen an das Fürstentum Liechtenstein und die Schweiz (St. Gallen) und hat einen Flächenraum von 2602 km² (47,26 Quadratmeilen).
Vorarlberg ist vorwiegend ein Gebirgsland und wird von den Algäuer Alpen mit dem Rätikon (2969 m), den Lechtaler Alpen (Wildgrubenspitze 2756 m) und dem Bregenzer Wald (2232 m), im südöstlichen Teile von den Rätischen (Silvretta-) Alpen mit der Fermuntgruppe und der Fervallgruppe erfüllt. Der Arlberg (1802 m) bildet die Verbindung zwischen den zu den Nördlichen Kalkalpen und den zur zentralen Gneiszone der Alpen gehörigen Gebirgsgruppen. Die größten Täler sind das Rheintal, die Täler der Ill (im oberen Teil Montafon, im untern Walgau genannt), der Alfenz (Klostertal) und der Bregenzer Ache. Vom Bodensee gehören zu Vorarlberg 34 km². Das Klima ist gemäßigt; die mittlere Jahrestemperatur beträgt zu Bregenz 8,2°C. Sehr reichlich sind die Niederschläge (Bregenz 155 cm).
Wappen:
Das Wappen Vorarlbergs ist zweimal gespalten und zweimal geteilt mit Mittelschild. Mittelschild: In Silber eine rote Kirchenfahne (Grafschaft Feldkirch). I. Reihe: In Kürsch (d.h. Fehwammen) ein Hermelinpfahl (Bregenz). In Blau über goldenem Dreiberg eine goldene Sonne (Grafschaft Sonnenberg). In Silber eine weiße, rotbedachte Kirche, daneben ein silbernes Schildchen mit schwarzer Kirchenfahne (Stadt Feldkirch). II. Reihe: In Silber ein schwarzes Einhorn (Bludenz). In Blau ein schwarzbewehrter goldener Steinbock (Grafschaft Hohenems). III. Reihe: In Rot eine silberne Querbände mit einem grünen, goldbefruchteten Birnbaum davor (Gericht Dornbirn). In Silber ein entwurzelter, bezapfter grüner Tannenbaum (Bregenzerwald). In Silber zwei gekreuzte schwarze Schlüssel (Stand Montafon)
Landesfarben:
Die Landesfarben Vorarlbergs sind Rot und Weiß.
Größe Vorarlbergs:
2602 km² (47,26 Quadratmeilen)
Einwohner:
Die Bevölkerung belief sich 1890 auf 116.073, 1900 auf 129.237 Einwohner (49/km²) und zeigt sonach eine jährliche Zunahme von 1,13 %; sie verteilt sich auf 102 Gemeinden und 178 Ortschaften.
- 1890: 116.073
- 1900: 129.237
- 1910: 145.000
Gewässer:
Etsch, Inn, Bodensee
Bewohner:
Die Einwohner sind im Jahr 1900 überwiegend Katholiken (1535 Protestanten, 117 Israeliten) und Deutsche (5884 Italiener).
- Deutsche 95,36 %
- Italiener 3,75 %
Bevölkerungsdichte:
49 Einwohner/km² (Volkzählung von 1900)55,8 Einwohner/km² (Volkzählung von 1910)
Religion:
In kirchlicher Beziehung unterstehen die sechs Dekanate des Landes einem Generalvikare des Bischofs von Brixen für Vorarlberg, das ursprünglich zum Bistum Chur in der Schweiz gehörte, der nördliche Teil gehörte zum Bistum Konstanz.
- römisch Katholisch 98,5 %
- Evangelisch A.B./ H.B. 1,4 %
- Juden 0,16 %
Wirtschaft:
Von der Bodenfläche kommen auf Äcker nur 3 %, auf Wiesen 13,4 %, Gärten 0,4 %, Hutweiden 10,4 %, Alpen 34,8 %, Waldungen 25,9 %, auf unproduktives Land 12,1 %. Der Getreidebau reicht für den Bedarf nicht aus; 1906 betrug die Ernte 32,547 metrische Zentner (hauptsächlich Mais). Außerdem baut man Hülsenfrüchte, Kartoffeln (106.980 metrische Zentner), Futterrüben, Kraut, Kürbisse, Klee- und Grasheu und Obst (64.341 metrische Zentner). Ein wichtiger Erwerbszweig ist die Viehzucht. 1900 wurden 3066 Pferde, 62.635 Rinder, 11.002 Ziegen, 7909 Schafe, 12.194 Schweine sowie 11.241 Bienenstöcke gezählt. Bergbau wird in Vorarlberg nicht betrieben. Von Bedeutung ist dagegen die Industrie, die nach der gewerblichen Betriebszählung von 1902 in 686 Motorenbetrieben mit 18.227 Pferdekräften 10.186 Personen beschäftigte. Hiervon kamen auf die Textilindustrie (hauptsächlich Baumwollspinnerei und -Weberei, dann Stickerei) 137 Motorenbetriebe mit 7585 Personen und 11.798 Pferdekräften. Ein Teil der Bevölkerung wandert während des Sommers als Maurer, Tagelöhner etc. außer Landes. Die wichtigsten Verkehrswege sind die Staatsbahnlinien Innsbruck-Bregenz, Feldkirch-Buchs und Lautrach-St. Margarethen, dann die Bodensee-Dampfschifffahrt. An Unterrichtsanstalten besitzt das Land 3 Gymnasien, eine Realschule, 3 Handelslehranstalten, 11 Gewerbeschulen, endlich 186 öffentliche und 15 private Volksschulen.
Politische Verwaltung und Einteilung Vorarlbergs:
Die höchste staatliche Verwaltungsbehörde ist die k. k. Statthalterei in Innsbruck, an deren Spitze ein vom Kaiser eingesetzter Statthalter steht. Früher war Tirol mit Vorarlberg in 7 Kreise eingeteilt:
- Vorarlberg
- Oberinntal und Bintschgau
- Unterinntal und Wipptal
- Pustertal und Eisacktal
- Kreis an der Etsch
- Trient
- Rovereto.
Für die Rechtspflege bestehen ein Kreisgericht in Feldkirch und 6 Bezirksgerichte. In kirchlicher Beziehung gehört das Land zur Diözese des Fürstbischofs von Brixen, als dessen Stellvertreter der Generalvikar zu Feldkirch fungiert.
In den Reichsrat entsendet das Land vier Abgeordnete. Der Vorarlberger Landtag besteht aus dem Generalvikar in Feldkirch und 23 gewählten Abgeordneten (5 von den Städten und Industrieorten, 1 von der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch, 14 von den Landgemeinden, 3 von der allgemeinen Wählerklasse); er tritt in Bregenz zusammen.
Vorarlberg steht in eigenartiger politischer Verbindung mit Tirol. Die staatliche Verwaltung ist beiden Ländern gemeinsam und die Statthalterei in Innsbruck führt daher die Bezeichnung: „für Tirol und Vorarlberg“. Alle politischen Zentralbehörden, soweit sie staatlich sind, haben daher in Innsbruck ihren Sitz und dehnen ihre Zuständigkeit auf Vorarlberg aus. Anders stehen die Dinge dagegen bezüglich der autonomen Landesbehörden. Vorarlberg besitzt seinen eigenen, aus 24 Mitgliedern bestehenden Landtag in Bregenz, der aus der Mitte den viergliedrigen Landesausschuss wählt und dem der vom Kaiser ernannte Landeshauptmann vorsitzt. Der Landtag setzt sich zusammen aus einem Virilisten, dem Generalvikar in Feldkirch und aus 23 gewählten Abgeordneten. Von diesen entfallen 5 auf Städte und Industrieorte, 1 auf die Handels- und Gewerbekammer, 14 auf die Landesgemeinden, 3 auf die allgemeine Wählerklasse.
Das ganze Ländchen zählt 102 Ortsgemeinden, 167 Ortschaften, davon 95 mit weniger als 500 Einwohner. Die politische und gerichtliche Einteilung des Landes ergibt sich aus folgender Aufstellung:
Das ganze Ländchen zählt 102 Ortsgemeinden, 167 Ortschaften, davon 95 mit weniger als 500 Einwohner. Die politische und gerichtliche Einteilung des Landes ergibt sich aus folgender Aufstellung:
Politischer Bezirk (Bezirkshauptmannschaft) | Gerichtsbezirke | Einwohner der politischen Bezirke | Dichte |
---|---|---|---|
Bludenz | Bludenz, Montafon | 25461 | 20 |
Bregenz | Bregenz, Bregenzerwald | 50289 | 61 |
Feldkirch | Dornbirn, Feldkirch | 69658 | 143 |
Geschichte Vorarlbergs:
Die römische Kultur des Landes ging in der Zeit der Völkerwanderung völlig zugrunde, bis auf Reste romanischer Bevölkerung und die vielen lokalen Bezeichnungen in romanischer Sprache. Die Neubesiedelung erfolgte durch Alemannen und Franken.
Unter den Karolingern zerfiel Vorarlberg in drei Teile, den Argengau, den Rheingau und Rätien. Seit 1043 nannten sich die Grafen des Rätischen Gaues nach ihrem Hauptsitz Grafen von Bregenz. Sie starben 1157 mit dem Grafen Rudolf aus; seine Erbtochter heiratete den Pfalzgrafen Hugo von Tübingen, dessen Sohn Hugo II. den Namen Graf Montfort annahm. Dieses Haus der Grafen von Montfort herrschte in Vorarlberg bis 1400. Aber schon im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts gelang es den Habsburgern, den größten Teil des Landes käuflich an sich zu bringen. Fortan hatte es seine Regierung zu Freiburg i. Br. und stand mit Tirol in keiner weitern Verbindung, bis Kaiser Joseph II. das Gebiet, aber unbeschadet seiner ständischen Verfassung, 1782 mit Tirol vereinigte. Durch den Preßburger Frieden 1805 kam es mit Nordtirol an Bayern, 1814 aber wieder an Österreich.
Vorarlberg ist heute ein österreichisches Bundesland mit rund 400.000 Einwohnern (2022).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
- „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
- „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
- „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
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