Parchim i. M., Blick auf die Marienkirche

Parchim

Parchim im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Parchim 10.397 Einwohner – 1905 (Städte im Kaiserreich)

Parchim, Rathaus
Parchim, Rathaus

Parchim (Parchem) im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin

Parchim (Parchem) ist mecklenburg-schwerinsche Vorderstadt (d.h. diejenige, die auf den Landtagen das Direktorium des zweiten Standes oder der Landschaft des Kreises führt).

Landkarte Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Bremen, Hamburg, Lübeck
Landkarte Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Bremen, Hamburg, Lübeck

Die Stadt Parchim liegt an der Elde, ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Schwerin-Parchim und LudwigslustNeubrandenburg, 46 Meter über dem Meer. Parchim ist von Ringmauern und schönen Promenaden umgeben, besteht aus der Alt- und Neustadt und hat 2 evangelische Kirchen (die gotische St. Georgenkirche aus dem 14. Jahrhundert, mit 70 m hohem Turm, und die Marienkirche aus dem 13. Jahrhundert, mit 76 m hohem Turm), Synagoge, ein altes gotisches Rathaus und seit 1876 ein Denkmal des Feldmarschalls von Moltke, der hier geboren wurde (in seinem Geburtshaus die Moltkestiftung).

Parchim i. M., Langestraße mit Geburtshaus Molkes
Parchim i. M., Langestraße mit Geburtshaus Molkes

Im Jahr 1905 leben in Parchim mit der Garnison (ein Dragonerregiment Nr. 18) 10.397 meist evangelische Einwohner. An Erwerbszweigen sind vertreten: Zichorien-, Tuch-, Papier-, Zellulose-, Tabak- und Zigarrenfabrikation, Gerberei, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Molkerei, Fischerei und Handel. Parchim hat ein Amtsgericht und ein Gymnasium mit Realprogymnasium. 2 km südlich der zum Stadtgebiet gehörige Brunnen, ein Vergnügungsort mit Eisenquelle.

Parchim i. M., Graf Moltke-Denkmal
Parchim i. M., Graf Moltke-Denkmal

Die Stadt Parchim, um 1210 gegründet, erhielt durch Heinrich Borwin I. von Mecklenburg 1218 lübisches Recht, fiel bei der Teilung der Lande nach Heinrich Borwins II. Tod an dessen Sohn Pribislaw II. und war nach dem Erlöschen dieser Linie (1261) noch einmal (1283–1354) Residenz eines Zweiges der fürstlichen Familie. Die Reformation fand 1528 in Parchim Eingang; damals war es eine durch Hopfenbau, Tuch- und Leinweberei bedeutende Stadt, deren Wohlstand aber durch den Dreißigjährigen Krieg vernichtet wurde. 1667 wurde das fürstliche Land- und Hofgericht hierher verlegt. Erst in neuerer Zeit hat die Stadt sich wieder gehoben.

Parchim i. M., St. Georgenkirche
Parchim i. M., St. Georgenkirche

Die 1229 genannte Burg war schon in slawischer Zeit Mittelpunkt eines Landbezirks, bei ihr bildete sich wohl noch vor 1200 an einem Straßenübergang über die Elde eine Kaufmannssiedlung mit Nikolaikirche und aus der Burgsiedlung mit der Georgenkirche 1225 die Altstadt, bei der seit etwa 1240 die 1249 erstmals erwähnte Neustadt mit der Marienkirche angelegt wurde.

Parchim, Schleusenpanorama
Parchim, Schleusenpanorama

Die Landesherrschaft stand den mecklenburgischen Fürsten und Herzögen zu, 1265/1436 zeitgleich den Herzögen von Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg, den Herren von Werle und den Grafen von Schwerin. Die 1273 als Sitz eines herzoglichen Vogtes bezeugte Burg verfiel seit dem 14. Jahrhundert. 1282 wurden Alt- und Neustadt vereinigt und bis 1377 gemeinsam ummauert. Das Franziskanerkloster wurde 1249 erwähnt, die Stadt Parchim war Sitz eines Archidiakons im Bistum Schwerin.

Parchim, Kaserne des Dragoner-Regiments 18
Parchim, Kaserne des Dragoner-Regiments 18

Der seit 1240 bezeugte Rat von Parchim war an der Handhabung der Niedergerichte beteiligt. An der Straße von Magdeburg nach Rostock entwickelte sich Parchim im Mittelalter, durch weitreichende Zollfreiheiten seit 1225 begünstigt, zu einer bedeutenden Handelsstadt, unter deren 1370 genannten 10 Handwerkerinnungen die Tuchmacher dominierten. Im 14. Jahrhundert konnte die Stadt viele Ländereien erwerben.

Parchim i. M., Friedrich-Franz Gymnasium
Parchim i. M., Friedrich-Franz Gymnasium

Zwischen 1526 und 1542 setzte sich die Reformation durch, aus der alten Kirchenschule von St. Marien wurde 1563 die städtische Lateinschule. Seit Ende des 16. Jahrhunderts erlitt Parchim einen wirtschaftlichen Niedergang, von dem es sich erst durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert erholte. 1830 hatte es 5477 Einwohner. In der mecklenburgischen Landesverfassung besaß Parchim eine Vorrangstellung, im 17./19. Jahrhundert war es Sitz zentraler Landesbehörden (Landesgericht, Oberappellationsgericht).

Parchim i. M., An der Elde
Parchim i. M., An der Elde

Die um 1850 beginnende Industrialisierung machte Parchim nächst Rostock zum wichtigsten mecklenburgischen Industriestandort. Es entstanden Fabriken für Holzverarbeitung, Papier (1841), Backöfen (1900), Konserven und Zellulose, 1831 nahm der Hinstorff-Verlag seine Tätigkeit auf. Die Elde wurde 1836 kanalisiert, Bahnlinien entstanden 1880 nach Ludwigslust, 1885 nach Neubrandenburg, 1899 nach Schwerin, 1912 nach Putlitz.

Parchim ist heute eine Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, Kreisstadt des Landkreises Ludwigslust-Parchim, mit rund 18.000 Einwohnern.

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
Reichsadler 1889-1918

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