Die Germania als nationale Personifikation Deutschlands
Germania
Germania ist die römische Bezeichnung für Deutschland. In der Dichtkunst und den bildenden Künsten ist sie die Personifikation des Begriffs der zu einer politischen Gesamtheit vereinigten deutschen Länder.
Dieser Begriff bildete sich etwa seit Mitte der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts, als die französischen Rheingelüste wieder in den Vordergrund traten (Rheinkrise).
Er wurde zunächst durch die Poesie plastisch gestaltet, dann durch den Kampf um Schleswig-Holstein (Deutsch-Dänischer Krieg) weiter ausgebildet und gewann schließlich auch durch die in den Schützen-, Sänger- und Turnerfesten gipfelnden Einigungsbestrebungen der 50er und 60er Jahre des 19. Jahrhunderts eine malerische und plastische Erscheinungsform.
Die erste populäre Gestalt einer Germania hat der Düsseldorfer Maler Lorenz Clasen in seiner Germania auf der Wacht am Rhein geschaffen. Eine eigenartige charaktervolle Physiognomie trägt die Germania des Siegesdenkmals in Leipzig von Siemering.
Auch die marmorne Germania auf dem Altmarkt in Dresden von R. Henze und die von R. Begas modellierte, von Seitz in München in Kupfer getriebene reitende Germania, deren Ross von den Genien des Krieges und des Ruhmes geführt wird, über dem Giebel des Reichstagsgebäudes in Berlin zeichnen sich durch eigenartige Auffassung aus. Diese Verkörperung des Begriffs gewann durch die Jahre 1870 und 1871 (Deutsch-Französischer Krieg) noch mehr an Verbreitung.
Die zahlreichen Sieges- und Kriegerdenkmäler haben dann neue Typen geschaffen, von denen Schillings Niederwalddenkmal am volkstümlichsten geworden ist.
Diese Germania ist eine Verbindung der alten Schlachtenjungfrau (Walküre) mit der das allumfassende Vaterland versinnlichenden deutschen Mutter.
Die Germania als Personifikation Germaniens gab es bereits in der römischen Antike – allerdings als trauernde Gefangene.
Thusnelda, Tochter des Segestes, Gattin des Arminius (Hermanns, siehe Hermannsdenkmal), der sie ihrem Vater entführt hatte, geriet später wieder in die Gewalt ihres Vaters und wurde von diesem 15 n. Chr. an den römischen Feldherren Germanicus ausgeliefert, der sie nebst ihrem in der Gefangenschaft geborenen Sohn Thumelicus im Jahr 17 zu Rom im Triumph ausführte.
Ihr Bildnis hat man in der berühmten florentinischen Statue einer Barbarenfrau sehen wollen. Im Mittelalter wurde sie als gekrönte Frau dargestellt, später immer wieder als jungfräuliche oder mütterliche Walküre.
Vor allem seit 1840 gewann sie volkstümlichen Symbolcharakter, mit dem über die zersplitterte deutsche Staatenvielfalt (Deutscher Bund) hinweg der Einheitsgedanke verknüpft war. Das Niederwalddenkmal mit seiner 10,5 Meter hohen Germania-Statue war eine der zahlreichen Germaniadarstellungen nach der Reichsgründung von 1871.
Die entstellenden Illustrationen der Germania als bewehrte, kriegerische Walküre, dem Sinnbild des kaiserlichen Deutschen Reichs, waren natürlich eine Steilvorlage für alle Gegner Deutschlands! Die Franzosen setzten nur allzu gerne ihre leicht bekleidete, erotische Marianne, das Symbol der Französischen Revolution, entgegen. Den deutschen Karikaturisten diente diese wiederum als Symbol für den „ruchlosen und unzüchtigen Lebenswandel“ der Franzosen.
Auch andere Länder kannten ihre Symbolfrauen, so z. B. in Großbritannien die Britannia, in Österreich die Austria und in der Schweiz die Helvetia. Während des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) nutzen beiden Seiten die allegorischen Figuren für ihre hemmungslose Kriegspropaganda aus.
Die Darstellungen der Germania durch die Ententemächte und hier besonders durch Frankreich zeigen eine Kinder mordende, bluttriefende, dicke und hässliche Frau, die alle Verbrechen deren man Deutschland bezichtigt bildlich auf Karikaturen, Postkarten und Plakaten eindrücklich begeht.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es in Deutschland um die Germania ruhig.
Nur einmal noch schaffte sie es als Motiv der Mutter die die heimkehrende Saar umarmt auf eine Sonderausgabe von 1935 in den Werten von 3, 6, 12 und 25 Pfennig.
Die junge Germania der „Reichsdruckerei“ ist lediglich ein privater Probedruck mit einer Gandenberg’schen Rotationsmaschine zwischen 1910 und 1914 hergestellt und somit keine amtliche Ausgabe.
„Saarkind“, in der Volksabstimmung von 1935 stimmen 90,8 Prozent der Saarländer für die Rückkehr zum Deutschen Reich. Symbolhaft kehrt das Saarkind zur Mutter Deutschland zurück.
In Frankreich erfreut sich Marianne noch immer großer Beliebtheit und so ziert ihr Abbild Münzen, Postkarten und Briefmarken.
Die Germania als Bildnis ist in den heutigen Generationen nahezu unbekannt und wird von Philatelisten meist mit der Germania-Briefmarkenserie von 1900 – 1922 gleichgesetzt. Auf dem Niederwalddenkmal bei Rüdesheim kann man die Figur noch heute bewundern, während die Denkmale in Leipzig und Dresden zerstört wurden. Das Antlitz der Germania auf dem Niederwalddenkmal bildete der Bildhauer Johannes Schilling seiner Tochter Clara aus Dresden nach. Der Name Germania lebt jedoch auch heute noch in vielen Hotel-, Vereins- und Firmennamen weiter.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
- „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
- „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
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