Die Hymnen des Herzogtums Braunschweig: „Heil dir im Siegerkranz“ und „Die lust’gen Braunschweiger.
Das Herzogtum Braunschweig ist ein deutscher Bundesstaat und 3672 km² groß. Im Jahr 1901 leben hier 464.333 meist lutherische Einwohner (24.120 Katholiken, 1824 Israeliten). Das Herzogtum gliedert sich in 3 Teile (Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt; Gandersheim, Holzminden, Blankenburg) und 6 kleinere Exklaven.
Die Staatsform des Herzogtums Braunschweig ist konstitutionell-monarchisch. Am 18. August 1866 trat es dem Norddeutschen Bund, 1870 dem Deutschen Reich bei. Als mit Herzog Wilhelm am 18. Oktober 1884 die Linie Braunschweig-Wolfenbüttel erlosch und der Herzog von Cumberland, das Oberhaupt der entthronten Linie Hannover, wegen seiner Nichtanerkennung der deutschen Reichsverfassung durch den Bundesrat von der Thronfolge ausgeschlossen worden war, wurde vom Landtag am 21. Oktober 1885 Prinz Albrecht von Preußen zum Regenten gewählt. Nach dem Tod Albrechts im Jahr 1906 übernahm der Präsident des Regentschaftsrates, Albert von Otto, die Regierungsgeschäfte. Am 5. Juni 1907 wurde Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg die braunschweigische Regentschaft übertragen. Erst mit der Hochzeit, am 24. Mai 1913, zwischen Prinzessin Viktoria Luise (Tochter Kaiser Wilhelm II.) mit Prinz Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (Sohn des Herzog Ernst August von Cumberland) kam es zur Aussöhnung zwischen Welfen und Hohenzollern und am 1. November 1913, dem Tag des Einzugs des Paares in Braunschweig, wurde ein Welfe wieder Herrscher über das Herzogtum Braunschweig.
Hymnen
Heil dir im Siegerkranz
Eine eigene Volkshymne hat es in dem Herzogtum Braunschweig nicht gegeben. Doch sang man bei patriotischen Festen die preußische Hymne „Heil dir im Siegerkranz“ mit der Anrede „Herrscher“ statt „König“. Jedenfalls gilt die Melodie der preußischen Hymne als Begrüßungsmelodie des Regenten.
Heil dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands,
Heil, Herrscher dir!
Fühl‘ in des Thrones Glanz
die hohe Wonne ganz,
Liebling des Volks zu sein!
Heil, Herrscher, dir!
Die lust’gen Braunschweiger
Dagegen hat sich aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts ein Volks- und Soldatenlied erhalten, das unter der Bezeichnung „Die lust’gen Braunschweiger“ in weiten Kreisen bekannt ist, nach einer Melodie gesungen wird und in den Nachbarländern so viele Nachahmungen gefunden hat, dass man heute kaum noch herausfinden kann, welches von diesen Liedern (mit größtenteils unsinnigen Texten) das Original ist.
Hier die Version nach „Prof. Dr. O. Boehm. Wismar. Hinstorff’sche Hofbuchhandling Verlagsconto. 1901.“
- Wir lust’gen Braunschweiger,
Sein wir alle beisammen?
Ei, so lasset uns fahren
Mit Roß und mit Wagen
Auf unser Quartier:
Lust’ge Braunschweiger sein wir! - Es hat sich das Trömmelein
Schon zweimal gerühret!
Schon zweimal gerühret,
So heißt es: marschieret
Hinaus vor die Stadt,
Wo’s der Feind gegen uns hat! - Und als wir kamen vor das Thor,
Ringsumher stand schon das schwarze Corps!
Da sahen wir von weiten
Unsern Herzog schon reiten;
Er ritt auf seinem Grenadier:
Lust’ge Braunschweiger sein wir! - Ei, so seht mal, wie so liebreich
Unser Fähnrich thut schwenken!
Er schwenkt seine Fahne
Wohl über die Husaren,
Wohl über das ganze Heer:
Lust’ge Braunschweiger sein wir! - Und wenn wir kommen ins Quartier,
Gibt der Wirt uns Wein und Bier!
Ei, so lasset uns fahren
Mit Roß und mit Wagen
Auf unser Quartier:
Lust’ge Braunschweiger sein wir!
Das Lied erinnert an den berühmten Ritt des als Held verehrten Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig, der im Juli und August 1809 von Sachsen bis an die Nordsee zog während der Napoleonischen Fremdherrschaft über Deutschland (siehe Rheinbund und Befreiungskriege). Dieses Freicorps war durchweg beritten, nannte sich selbst „Corps der Rache“, wurde aber wegen seiner schwarzen Husarenkleidung allgemein „das schwarze Corps“ genannt und es war dafür bekannt, dass es kein Pardon gab und nahm.
Auf seinem verwegenen Zug kam es auch nach Braunschweig, wo der von Napoleon abgesandte westfälische General Reubel mit 6000 Mann versuchte den Weg zu versperren. Aber obwohl das Freicorps des Herzogs kaum noch 1500 Mann betrug, griff es die Gegner ei dem Dorf Ölper vor der Stadt Braunschweig an, schlug sich durch und entkam glücklich. Diese Schlacht fand am 1. August 1809 statt. Der Herzog ritt dabei sein Pferd „Grenadier“, das so auch im Liedtext Erwähnung fand. Obgleich das Lied keine wirklich Hymne Braunschweigs ist, findet es wegen seiner geschichtlichen Beziehung hier seinen Platz.
Quellenhinweise:
- „Die Volkshymnen aller Staaten des deutschen Reiches“, Hinstorff’schen Hofbuchhandlung Verlagsconto 1901, Wismar.
- „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
- „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
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