Reichsbank
Deutsche Reichsbank
Die Deutsche Reichsbank ist ein am 1. Januar 1876 errichtetes Bankinstitut mit dem Hauptsitz in Berlin und eine öffentliche Anstalt des Deutschen Reichs mit der Eigenschaft einer juristischen Person. Das Grundkapital betrug 180 Millionen Mark in 100.000 Anteilen, sie unterstand dem Reichskanzler und unter ihm dem Reichsbankdirektorium (Präsident und sechs Mitglieder). Die Aufsicht führte das Bankkuratorium (Reichskanzler und vier Mitglieder).
Reichsbankpräsidenten Deutsches Reich (Kaiserreich)
- 1876 – 1890 Hermann von Dechend (* 02.04.1814 in Marienwerder, Westpreußen – † 30.04.1890 in Berlin)
- 1890 – 1908 Richard Koch (* 15.09.1834 in Cottbus – † 15.10.1910 in Berlin)
- 1908 – 1923 Rudolf E. A. Havenstein (* 10.03.1857 in Meseritz, Schlesien – † 20.11.1923 in Berlin)
Reichsbank
Das deutsche Zettelbankwesen war einheitlich für das Deutsche Reich geordnet durch das Bankgesetz vom 14. März 1875. Dieses hatte die Ausgabe der Noten bedeutend zentralisiert, ihre Einlösung besser gesichert und ihre Menge eingeschränkt. Die wichtigste Notenbank war seit diesem Gesetz die Reichsbank, die 1876 an die Stelle der früheren Preußischen Bank getreten ist. Diese Bank wurde von König Friedrich II. von Preußen als Leih- und Girobank am 17. Juni 1765 begründet, seit 29. Oktober 1766 zur Ausgabe von Banknoten ermächtigt, seit 1846 aus einer reinen Staatsanstalt in eine hauptsächlich mit privatem Kapital betriebene Unternehmung umgewandelt, an deren Gewinn jedoch der Staat Anteil hatte.
Neben dieser wurden seit 1848 Privatnotenbanken zugelassen, dazu kamen 1853-57 eine Reihe Banken in den Kleinstaaten. Ehe das Banknotensperrgesetz vom 27. März 1870, nach dem die Gründung von Notenbanken fortan von der Bundesgesetzgebung abhängen sollte, auf Süddeutschland ausgedehnt wurde (1872), wurden noch vorher die Badische Bank zu Mannheim, die Württembergische zu Stuttgart und die Bank für Süddeutschland zu Darmstadt errichtet. Die Bayrische Notenbank bestand seit 1835. Die Reichsbank hat den Eigentümern der Preußischen Bank das reine Vermögen ausgezahlt, außerdem den Aktionären die Beteiligung an dem neuen Unternehmen eingeräumt und dem preußischen Staat eine Abfindung von 15 Millionen Mark gezahlt, auch die fortdauernden Verbindlichkeit der Preußischen Bank zu einer jährlichen Leistung an Preußen in Höhe von 1.815.730 Mark für die Dauer ihrer Konzession übernommen. Die Reichsbank war eine nur mit privatem Kapital begründete Aktiengesellschaft.
Das Kapital von ursprünglich 120 Millionen Mark wurde durch die Novelle vom 7. Juni 1899 auf 180 Millionen Mark erhöht und ist in 40.000 Stammaktien à 3000 Mark sowie 60.000 Anteilscheine à 1000 Mark zerlegt. Seit Anfang 1901 betrug das Grundkapital 150 Millionen Mark. Dem Reich stand die Beaufsichtigung und Leitung der Reichsbank zu, doch haftete es nicht für die Verbindlichkeiten der Bank. Die Beaufsichtigung wurde durch ein Kuratorium von fünf Mitgliedern, letztere vom Reichskanzler und unter diesem vom Reichsbankdirektorium ausgeübt. Präsident und Mitglieder des Direktoriums wurden auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt. Alle Beamten der Reichsbank waren Reichsbeamte. Die Anteilseigner wirkten bei der Verwaltung namentlich durch einen Zentralausschuss mit, der von ihnen und aus ihrer Mitte gewählt wurde, regelmäßige Kenntnis von dem Gange des Geschäfts erhielt und in Bezug auf eine Reihe wichtiger Entschließungen gutachtlich vom Direktorium anzuhören war.
Außer der Reichsbank wurde seit 1875 keine neue Zettelbank errichtet worden. Den in den deutschen Einzelstaaten konzessionierten Zettelbanken konnte das Gesetz von 1875 ihre Befugnisse nicht ohne weiteres entziehen oder beschränken. Es hatte zu diesem Zweck aber zwei indirekte Mittel, von denen es Gebrauch gemacht hat, ohne erworbene Rechte zu verletzen. Vor allem wurde der Betrag der ungedeckten Noten, die im ganzen in Deutschland ausgegeben werden dürfen, ohne einer Besteuerung zu unterliegen, auf die Summe von 385 Millionen Mark beschränkt, „kontingentiert“. Dieser Betrag wurde auf die neu errichtete Reichsbank und auf die damals bestandenen 32 Banken, die im Gegensatze zur Reichsbank als Privatnotenbanken zu bezeichnen waren, mit der Maßgabe verteilt, dass der Betrag ungedeckter Noten, der durch die Aufgabe des Emissionsgeschäfts seitens einer Bank in Wegfall komme, dem Notenrecht der Reichsbank zuwachsen solle.
So erlangte die letztere nach und nach das Recht, statt der ihr ursprünglich überwiesenen 250 Millionen Mark 293,4 Millionen Mark ungedeckter Noten steuerfrei auszugeben, und dieser Betrag wurde durch das Gesetz vom 7. Juni 1899 vom 1. Januar 1901 ab auf 450 Millionen Mark erhöht, während den damals noch bestandenen 7 Privatbanken ihr altes Kontingent von 91,6 Millionen Mark verblieb. Das Bankgesetz ordnete an, dass alle Banken, die das ihr zugewiesene Kontingent ungedeckter Noten überschreiten, von dem Überschuss eine Steuer von jährlich 5 Prozent an die Reichskasse im Verhältnis der Zeit, während deren dieser größere Umlauf stattfindet, zu entrichten haben. Den bestehenden Notenbanken wurde ferner die Verbreitung ihrer Noten außerhalb ihres eigentlichen Konzessionsgebietes durch ganz Deutschland nur unter der Bedingung gestattet, dass sie sich in ihrem Geschäftsbetrieb gewissen Regeln unterwerfen, wie sie ähnlich auch der Reichsbank vorgeschrieben sind.
Namentlich hatten alle Banken mit Notenumlauf im ganzen Deutschen Reich mindestens ein Drittel ihrer Noten mit kursfähigem deutschen Geld, Reichskassenscheinen oder Gold zu decken und den Rest mit diskontierten Wechseln von höchstens drei Monaten Verfallzeit mit drei, mindestens aber zwei guten Unterschriften. Ferner waren sie verpflichtet, ihre Noten spätestens am Tage nach der Präsentation und gegen bar umwechseln zu müssen; ebenso mussten sie die Noten aller Banken, für die das Emissionsrecht auf das ganze Reichsgebiet sich erstreckte, an ihrem Sitz und bei ihren Zweiganstalten in Städte mit mehr als 80.000 Einwohner an Zahlung Statt annehmen.
Dann mussten sie sich verpflichten, im Fall eine Aufhebung ihres Notenrechtes zum 1. Januar 1891 oder später je von 10 zu 10 Jahren vom Reich für angemessen erachtet werde, dieselben ohne Beanspruchung einer Entschädigung hinzunehmen. Schlussendlich hatten sie sich in ihrem Geschäftsbetrieb auf bestimmte Operationen zu beschränken. Namentlich durften sie ihre Mittel nur verwenden zum Ankauf von Gold und Silber, von Wechseln, zur Gewährung von Lombarddarlehen gegen bestimmte Unterpfänder und in beschränkter Höhe, zum Ankauf von gewissen deutschen Papieren (Staats- und Kommunalobligationen, Eisenbahnpapieren, Pfandbriefen) bis zu einem bestimmten Bruchteil ihrer Bestände.
Ihren Status hatten die Banken viermal monatlich und die Jahresbilanz je im ersten Quartal des neuen Jahres bekannt zu geben. Vom 1. Januar 1901 ab waren auch die 1903 noch bestehenden 6 Privatnotenbanken, deren Noten außerhalb des Staates, von dem sie ihr Privilegium erhielten, umlaufen dürfen, der Diskontopolitik der Reichsbank unterworfen. Sie waren verpflichtet, nicht unter dem öffentlich bekannt gemachten Diskontosatz der Reichsbank zu diskontieren, falls dieser 4 Prozent erreichten oder überstiegen. War er niedriger, so dürfen sie um 1/4 Prozent unter ihm oder, falls die Reichsbank selbst zu einem niedrigeren Satze diskontiert, 1/8 Prozenten hinter letzterem zurückbleiben.
Auch der Reichsbank war es verboten, unter ihrem öffentlich bekannt gegebenen Satze zu diskontieren, falls dieser 4 Prozent erreichten oder überstiegen. Diskontierte sie niedriger, so hatte sie es im „Reichsanzeiger“ bekannt zu machen. Dadurch verringerte sich 1901 der Wechselbesitz der Privatnotenbanken wesentlich. Der Reichsbank waren noch eine Reihe besonderer Verpflichtungen auferlegt. So hatte sie ohne Entgelt für Rechnung des Reiches Zahlungen anzunehmen und bis zur Höhe des Reichsguthabens solche zu leisten; vom Publikum musste sie Barrengold jederzeit zu 1392 Mark für das reine Pfund (500g) annehmen. Zur Einlösung ihrer Noten war sie in Berlin unbedingt, an den Zweiganstalten so weit verpflichtet, als ihre Mittel reichen.
Die Reichsbank pflegte neben dem Zettel- besonders das Depositengeschäft oder, wie es bei ihr genannt wurde, den Giroverkehr. Der Gesamtumsatz in diesem Geschäftszweig (einschließlich der bei den zehn Abrechnungsstellen abgerechneten Beträge) betrug in Einnahme 1896 bei 12.292 Konten 75.732 Millionen, in Ausgabe 75.680 Millionen Mark, und 1901 bei 17.134 Konten in Einnahme 112.815 Millionen, in Ausgabe 112.757 Millionen Mark.
Der Wechselverkehr betrug 1896: 7286 Millionen, 1901: 10,018 Millionen Mark, der Diskont in ersterem Jahre durchschnittlich 3,656 Prozent, in letzterem 4,099 Prozent. Der Gesamtumsatz ist von 131.499 Millionen Mark im Jahre 1896 auf 193.148 Millionen Mark im Jahre 1901 gestiegen. Außer der Reichshauptbank in Berlin sind 18 Reichsbankhauptstellen, 61 Reichsbankstellen, 265 Reichsbanknebenstellen, 14 Reichsbankwarendepots vorhanden (1901).
Vor dem Bankgesetz von 1875 gab es in Deutschland 33 Notenbanken, die Ende 1874 einen Umlauf von 1325 Millionen Mark hatten. Ihre Zahl hat sich inzwischen auf 6 vermindert. Mit Ausnahme der Braunschweigischen Bank, deren Konzession bis 1952 läuft, haben sie sich alle den Beschränkungen des Bankgesetzes unterworfen und dafür den Umlauf ihrer Noten im ganzen Reichsgebiet erlangt. Die Gesamtnotenausgabe ist bei allen Banken, mit Ausnahme der Sächsischen und der Reichsbank, beschränkt. Bei der Badischen und bei der Württembergischen Bank bezieht der Staat einen Gewinnanteil. Bei der Bayrischen Notenbank befindet sich ein Viertel der Aktien in Staatshänden, ein weiteres Viertel befindet sich im Besitze der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank (laut Vertrag mit dem Staate vom 20. März 1875). Alle Banknoten in Deutschland konnten nur über 100, 200, 500, 1000 Mark oder ein Vielfaches von 1000 Mark lauten. Tatsächlich gaben die meisten Banken nur 100-Marknoten aus; 500-Marknoten außer der Reichsbank nur noch die Sächsische Bank zu Dresden, 1000-Marknoten nur die Reichsbank. Außer den Noten der Markwährung liefen Ende 1901 aber noch Noten der Taler- und Guldenwährung um, nicht ganz 2 Millionen Mark.
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Quellenhinweise:
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
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