Bukowina als Kronland des österreichischen Kaiserstaates in detaillierter Übersicht, Geschichte in alten Ansichtskarten.
Czernowitz ist die Hauptstadt von Bukowina
Herzogtum Bukowina als Kronland des österreichischen Kaiserstaates
Das Herzogtum Bukowina (Buchenland) ist ein österreichisches Kronland grenzt nördlich und nordwestlich an Galizien, nordöstlich an Russland (Bessarabien), östlich und südlich an Rumänien (Moldau), westlich an Ungarn–Siebenbürgen (Komitate Maramaros und Bistritz-Naszód) und umfasst ein Areal von 10.442 km² (189,6 Quadratmeilen).
Die Bukowina ist vorwiegend ein Gebirgsland und wird im Südwesten vom Hauptzug der Karpaten (Dzumalen 1859 m) durchstrichen. Über den Borgopaß (1191 m) führt an der Südgrenze die Reichsstraße nach Siebenbürgen. Flachland ist der nördliche und östliche Teil des Landes. Nördlich vom Sereth und östlich von Wiznitz bilden den Boden horizontale Schichten blauen, sandigen Mergels und Diluviums; südlich davon erscheint überall der Karpathensandstein, dessen höchste Rücken Konglomerate bilden, und an dessen Fuß Korallenkalke und Steinsalzlager erscheinen; er ist durch Glimmerschieferinseln an der Bistritz gehoben. Das Klima ist in der Bukowina gesund, aber rau. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Czernowitz 7,6°C, in den höheren Landesteilen 5,4°C, die durchschnittliche Menge des jährlichen Niederschlags 62 cm.
Wappen:
Das Wappen der Bukowina zeigt einen abgerissenen schwarzen Büffelkopf in einem von Blau und Rot gespaltenen Felde. Zwischen den silbernen Hörnern und an beiden Seiten des Kopfes erscheint je ein goldener, sechsstrahliger Stern. Über dem Schilde schwebt eine moderne Herzogskrone, von der ein Purpurmantel herab fällt.
Landesfarben:
Die Landesfarben von Bukowina sind Blau und Rot.
Größe Bukowinas:
10.441 km²
Einwohner:
Die Bevölkerung belief sich 1890 auf 646.591, 1900 auf 730.195 Köpfe und vermehrt sich jährlich um mehr als 1 % (1780 zählte man erst 79.500 Einwohner). Auf 1 km² kommen 70 Bewohner.
- 1780: 79.500
- 1890: 646.591
- 1900: 730.195
- 1910: 800.198
Gewässer:
Die Flüsse der Bukowina, der Dnjestr, der die nördliche Grenze bildet, der Pruth, der, aus Galizien kommend, hier den Czeremosch aufnimmt, ferner der Sereth, die Suczawa, die Moldawa, die Goldene Bistritz u. a., gehören zum Gebiete des Schwarzen Meeres und fließen fast parallel von Nordwesten nach Südosten.
Bewohner:
Der Nationalität nach besteht die Mehrzahl der Einwohner um 1900 im nördlichen und westlichen Teil aus Ukrainern, damals Ruthenen (41 %) genannt, im südlichen und östlichen aus Rumänen (32 %), daneben sind 22 % Deutsche, 3,7 % Polen, 1,3 % Magyaren. Städte mit deutscher Prägung sind Radautz, Gurahumora und Sereth.
Angaben von 1910:
- Ruthenen 38,88 %
- Rumänen 34,38 %
- Deutsche 21,24 %
- Polen 4,55 %
- Ungarn 1,31 %
- Slowaken 0,08 %
- Slowenen 0,02 %
- Italiener 0,02 %
- sowie Serben, Kroaten, Türken, Armenier, Zigeuner
Bevölkerungsdichte:
76,8 Einwohner/km² (Volkszählung von 1910)
Religion:
Der Konfession nach gehören 69 % der griechisch-nichtunierten Kirche an, 15 % sind katholisch, 2,6 % evangelisch und 13 % Israeliten. Von anderen Konfessionen sind zu erwähnen die Lippowaner, eine 1783 eingewanderte russische Sekte (3544 an Zahl), die hauptsächlich die drei Dörfer Ktimoutz, Fontina-Alba und Lippoweni bewohnen.
- 69 % griechisch-nichtunierten
- 15 % römisch Katholisch
- 2,6 % Evangelische A.B./ H.B.
- 13 % Jüdisch
Die kirchlichen Verhältnisse sind in der Bukowina etwas kompliziert. Die Katholiken aller drei Riten (römisch, griechisch und armenisch) unterstehen den bezüglichen Erzbischöfen in Lemberg (Galizien). Dagegen residiert in Czernowitz selbst ein griechisch-orthodoxer Erzbischof, dem auch die dalmatinischen Bistümer Zara und Cattaro unterstehen. Die evangelische Kirche besitzt 4 Pfarrgemeinden, die dem Superintendanten in Lemberg untergeordnet sind. Israelitische Kultusgemeinden bestehen 15. Die Juden bilden durch ihre Intelligenz einen wichtigen Kulturfaktor im Lande, sie gaben ihm eine Reihe hervorragender Männer.
Wirtschaft:
Das Kulturland (96,7 % der Gesamtfläche) gliedert sich in 27,6 % Ackerland, 13,4 % Wiesen und Gärten, 12,4 % Weiden und 43,2 % Wald. Die Ernte belief sich 1901 auf 2.147.337 metrische Zentner Getreide (darunter 1.095.901 metrische Zentner Mais, die Hauptfrucht des Landes), ferner auf 146.740 hl Hülsenfrüchte, 19.437 hl Buchweizen, 2.926.805 metrische Zentner Kartoffeln, 544.710 Zuckerrüben, 619.330 Futterrüben, 13.357 Raps, 6350 Flachs, 22.324 Hanf, 1.590.220 Kürbisse, 941.140 Klee- und 2.017.780 Grashen und 118.030 metrische Zentner Obst. Der Viehstand ist ausreichend; 1900 gab es 60.328 Pferde (Gestüt zu Radautz), 241.422 Rinder, 147.739 Schafe, 183.344 Schweine und 17.856 Bienenstöcke. Über die Hälfte aller Waldungen steht als Kameral- und Fondsbesitz (griechischorientalischer Religionsfonds) unter staatlicher Verwaltung. Die Jagd ist wenig ergiebig, nur Raubwild ist zahlreicher; 1898 wurden 9 Bären, 25 Wölfe, 9 Luchse, 680 Füchse, 65 Adler etc. erlegt. Der Bergbau liefert nur Braunstein (bei Jakobeny 1901: 28.402 metrische Zentner) und Salz (zu Kaczyka 48.505 metrische Zentner). An Mineralquellen enthält die Bukowina das kalte Schwefelbad von Jakobeny und mehrere Sauerbrunnen.
Die Industrie ist in der Bukowina noch wenig entwickelt. Es bestehen 43 Branntweinbrennereien (1900: 49.413 hl Erzeugung), 8 Bierbrauereien (126.042 hl), eine Eisengießerei, 2 Maschinenwerkstätten, eine Zementfabrik, 2 Glashütten, eine Ölfabrik, 19 größere Sägewerke, 6 Dampfmühlen und 7 Buch- und Steindruckereien. Der Handel, an dem besonders Juden und Armenier beteiligt sind, erstreckt sich in erster Linie auf die Ausfuhr von Rohprodukten (Schlachtvieh, Häute, Holz, Mais etc.). In den größeren Orten werden stark besuchte Jahrmärkte abgehalten. An Kreditinstituten bestehen 2 Banken, 2 Bankfilialen und 2 Sparkassen. Dem Verkehr dienten 1900: 487 km Eisenbahnen (Staatsbahnlinie Lemberg-Czernowitz-Suczawa und mehrere Lokalbahnen), 4098 km Landstraßen, 352 km Wasserstraßen, 159 Postanstalten und 68 Staatstelegraphenstationen. An Unterrichtsanstalten bestehen die Universität in Czernowitz (mit 42 Lehrern und 392 Hörern), 5 Gymnasien, eine Oberrealschule, eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Staatsgewerbeschule, eine gewerbliche Fachschule, 5 gewerbliche Fortbildungsschulen, eine Handelslehranstalt, eine landwirtschaftliche Mittelschule und eine Hebammenschule, ferner 362 öffentliche Volksschulen; doch genießen von je 100 schulpflichtigen Kindern noch immer 25 gar keinen Unterricht.
Politische Verwaltung und Einteilung Bukowinas:
In das Abgeordnetenhaus des Reichsrats sendet die Bukowina 11 Mitglieder. An der Spitze der Verwaltung steht die k. k. Landesregierung in Czernowitz. Gerichtsbehörden sind das Landesgericht zu Czernowitz, das Kreisgericht zu Suczawa und 18 Bezirksgerichte.
An der Spitze der staatlichen Verwaltung des Herzogtums der Bukowina steht, wie in allen kleineren Kronländern, keine Statthalterei, sondern nur eine Landesregierung, deren Chef den Titel Landespräsident führt. Die Regierung hat, gleich allen Zentralämtern des Landes, ihren Sitz in Czernowitz. Die Landesregierung unterstehen die autonome Hauptstadt und 9 Bezirkshauptmannschaften oder politische Bezirke. Zu den leitenden staatlichen Amtsstellen gehören ferner: der Landesschulrat und der Landessanitätsrat, die der Regierung untergeordnet sind. Andere Zentralämter sind: die Finanzdirektion und die Finanzprokuratur in Czernowitz.
Das Organ der Landesautonomie ist der Bukowiner Landtag, der sich folgendermaßen zusammensetzt:
- Virilisten (Erzbischof von Czernowitz, Rektor der Universität) 2 Mitglieder
- Großgrundbesitzer (darunter 2 Vertreter der geistlichen Wähler) 10 Mitglieder
- Städtekurie 5 Mitglieder
- Handels- und Gewerbekammer 2 Mitglieder
- Landesgemeinden 12 Mitglieder
Hauptstadt Czernowitz
Verwaltungsgebiet | Gerichtsbezirke | Einwohner |
---|---|---|
Czernowitz (ohne Vororte) | Czernowitz | 84457 |
Bezirkshauptmannschaften Bukowinas
Verwaltungsgebiet | Gerichtsbezirke | Einwohner |
---|---|---|
Czernowitz (Land) | Bojan, Czernowitz, Sadagora | 103563 |
Gurahumora | Gurahumora, Solka | 61395 |
Kimpolung | Dorna Watra, Kimpolung, Stulpikany | 60592 |
Kotzmann | Kotzmann | 45134 |
Radautz | Radautz, Seletin | 90400 |
Sereth | Sereth | 65603 |
Storozinetz | Storozinetz | 69287 |
Suczawa | Suczawa | 66826 |
Waschkoutz a. Cz. | Stanestie, Waschkoutz a. Cz. | 42289 |
Wiznitz | Putilla, Wiznitz | 55540 |
Zastawna | Zastawna | 51262 |
Bukowina-Lied
Joseph Viktor von Scheffel, Text 1875
Rudolf Weinwurm, Melodie 1875
- Verwundert hebt der Pruth im Schilf
Sein Haupt, das Flutumschwemmte,
Denn hoch zu Ross mit viel Gefolg
Naht eine hohe Fremde.
Einst ehrten Hellas sie und Rom,
Die Himmlische, die Muse,
Jetzt steht sie vor des Ostens Strom
|: Und hebt die Hand zum Gruße. :⌉ - Glück auf, mein bergschön Buchenland,
O Cecina, wie glühst du!
Ich komme mit dem Morgenrot,
Hauptstadt am Pruth, wie blühst du;
Ich bring dir wie Aurora Licht,
Denn Finsternis tut Schaden:
Ich bringe Licht und fürchte nicht
|: Die Wölfe der Karpaten. :⌉ - Ihr sollt mit Gott und Welweisheit
Des Schöpfers Lob bekunden,
Als Richter üben Gerechtigkeit,
Als Ärzte heilen die Wunden;
Und jugendfrisch mit Hall und Schall
Den freien Künsten dienen,
Sangfröhlich wie die Nachtigall,
|: Treufleißig wie die Bienen. :⌉ - Schau auf, schon zieht und braust einher,
Bei dir zu lernen und zu wohnen,
In vollem Wichs mein flottes Heer
Mit Koller und Kanonen:
Ruthenisch, deutsch, rumänisch Blut
Vielzungig mit einander,
Und staunend hört der Vater Pruth
|: Den ersten Salamander: :⌉ - „Heil dir, gewaltig Österreich,
Heil, Wissen, dir im Osten,
In Sprachen bunt, im Geiste gleich,
Zieh’n wir am Pruth auf Posten.
Nun blühe, jüngster Musensitz
Francisco Josephina,
Frau Muse weilt in Czernowitz
|: Und schirmt die Bukowina.“ :⌉
Geschichte Bukowinas:
Die Bukowina bildete in römischer Zeit einen Teil Daciens. Nach dem Hunnensturm (375), der die Westgoten wegtrieb, blieb das Hinterkarpathenland jahrhundertelang die Stätte nomadischer Horden. Bedeutung gewann erst die Besiedelung der Bukowina durch slawische Ruthenen, besonders aber durch die Rumänen seit dem 12. und 13. Jahrhundert. Von diesen ging dann um die Mitte des 14. Jahrhunderts die Gründung des moldauischen Fürstentums aus, dessen Schwerpunkt in der Bukowina lag. Der Name Große Bukowina tritt zuerst 1412 auf in einem Vertrag König Siegmunds von Ungarn mit König Wladislaw von Polen als Schutzherren der Moldau und bezeichnet ein größeres Waldgebiet zwischen der ungarischen Grenze und dem Sereth, während ein anderes Waldgebiet am Pruth die Kleine Bukowina heißt. Suczawa war bis ins 17. Jahrhundert die Residenz der Moldauer Hospodare, was dann Jassy wurde, Czernowitz Sitz eines Starosten mit dem Rang eines Bojaren der Moldau, beide unter türkischer Oberhoheit. 1769 wurde die Bukowina von den Russen erobert, 1774 von Österreich militärisch besetzt und an dieses durch die Konvention vom 7. Mai 1775 förmlich abgetreten. Infolgedessen erhielt das Land eine eigne Militäradministration; diese wurde jedoch 1. November 1786 aufgehoben und die Bukowina als ein eigener Kreis mit Galizien vereinigt. Seit 1849 bildet sie ein besonderes Kronland der österreichischen Monarchie.
Während des Ersten Weltkrieges wurde die Bukowina 1915 von Russland okkupiert, später von den verbündeten Mittelmächten befreit und wenig später wieder von den Russen besetzt. 1918 besetzten rumänische Truppen das Land. 1919 fiel die Bukowina an Rumänien. 1940 okkupierte die Sowjetunion den nördlichen Teil des Landes. 1941 eroberten rumänische Truppen des besetze Gebiet zurück. 1944 wurde die Bukowina durch den Moskauer Vertrag wieder geteilt. Der nördliche Teil gehört seitdem zur Ukraine, der südliche Teil zu Rumänien.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
- „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
- „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
- „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
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