Lissa in Posen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Lissa i. P. 14.263 Einwohner – 1900 (Städte im Kaiserreich)
Neben der Stadt Lissa in Posen existieren im Deutschen Reich (Kaiserreich) und in Österreich:
- Deutsch-Lissa ist ein Flecken im Königreich Preußen, Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Breslau, Kreis Neumarkt, an der Weistritz und an der Staatsbahnlinie Sommerfeld-Breslau, hat eine evangelische und eine katholische Kirche, ein fürstlich Putbussches Schloss, Magdalenenstift, Nervenheilanstalt, Mosaikplatten-, Holzzement-, Dachpappen- und Gipsdielenfabrikation, Lederlackieranstalt und Dampfmühle. Im Jahr 1900 leben hier 3280 Einwohner. Bekannt ist Deutsch-Lissa durch das Zusammentreffen Friedrichs II. von Preußen mit der österreichischen Generalität am Abend der Schlacht bei Leuthen.
- Lissa, (Tschechisch Lysá) Stadt in Österreich, Königreich Böhmen, Bezirkshauptmannschaft Jungbunzlau, an den Linien Wien–Tetschen und Prag-Lissa der Österreichischen Nordwestbahn, hat ein Schloss, eine Bierbrauerei, Spirituosen- und Essigerzeugung, ein Elektrizitätswerk und im Jahr 1900 = 4415 tschechische Einwohner.
- Lissa (Vis), eine Insel in Österreich, Königreich Dalmatien, an der Küste, gegenüber von Ancona – siehe auch Seeschlacht von Lissa.
Lissa in Posen im Königreich Preußen
Lissa (polnisch Lezno) ist eine Kreisstadt im Königreich Preußen, Provinz Posen, Regierungsbezirk Posen. Sie ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Breslau-Posen, Lissa-Landsberg a. W., Lissa – Sagan u.a. und liegt 94 Meter über dem Meer.
Lissa hat 3 evangelische und eine katholische Kirche, Synagoge, Schloss mit Park, ein altertümliches Rathaus, ein hübsches Krieger- und ein Comeniusdenkmal und schöne Promenaden an Stelle der alten Festungswerke, Gymnasium, katholisches Lehrerinnenseminar, Präparandenanstalt, Landgericht,
Hauptsteueramt, Spezialkommission, Reichsbanknebenstelle, Schuhwaren-, Maschinen-, Schnupftabak-, Sprit-, Likör-, Malz- und Zigarrenfabrikation, Spiritusraffinerie, große Dampfmühle, Sägemühlen, viele Windmühlen, Vieh- und Getreidehandel. Im Jahr 1900 leben in Lissa mit der Garnison (ein Bataillon Infanterie Nr. 50 und ein Feldartillerieregiment Nr. 56) 14.263 Einwohner, die überwiegende Mehrheit sind Evangelische, 5535 sind Katholiken und 1163 Juden.
Zum Landgerichtsbezirk Lissa gehören die 8 Amtsgerichte zu Bojanowo, Fraustadt, Gostyn, Jutroschin, Kosten, Lissa, Rawitsch und Schmiegel. Die Stadt entstand aus dem der Familie Leszczynski gehörigen, schon 1393 erwähnten Dorfe Leszczynko, in dem viele der von Kaiser Ferdinand I. vertriebenen Böhmischen Brüder Schutz gefunden hatten und das 1561 unter dem Namen Lissa zur grundherrlichen Stadt erhoben wurde.
Lissa wurde seit dem 17. Jahrhundert Hauptsitz der Böhmischen Brüdergemeinden in Polen. Letztere hatten hier ihre berühmteste Schule, an der Johann Amos Comenius (*28. März 1592 – †15. November 1670) eine Zeit lang Rektor war, ihr Seminar, ihre Druckerei und ihr Archiv. Während des polnisch-schwedischen Krieges wurde die Stadt von den Polen, 1707 von den Russen eingeäschert. 1737 ging Lissa mit den anderen Besitzungen der Leszczynski an die Sulkowski über.
1793 kam Lissa mit der Zweiten Teilungen Polens an das Königreich Preußen. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) bestimmte der Versailler Vertrag 1919 die Abtretung der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen. Nur kleine Teile der Provinzen verblieben bei Deutschland. Diese wurde als Grenzmark Posen-Westpreußen zusammengefasst und Schneidemühl die neue Provinzhauptstadt.
Nach der Niederlange Polens 1939 wurde Lissa wieder dem Deutschen Reich eingegliedert. Ende Februar 1945 eroberte die Rote Armee Lissa, dabei wurde die Stadt fast vollständig zerstört. Lissa wurde unter polnische Verwaltung gestellt und die Bevölkerung vertrieben. Die Polen nennen die Stadt nun Leszno.
Leszno, deutsch Lissa, ist heute eine Stadt in Polen, Woiwodschaft Großpolen, mit rund 63.000 Einwohnern (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
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Guter hist. Abriß, nur die Zeit der Böhmischen Brüder und anderer ev. Glaubensflüchtlinge (aus Salzburg, Deutschland, Polen) in der deutschen Stadt (nach Magdeburger Recht) und die 1. Vertreibung
der Deutschen 1919/20 kommen zu kurz, sowie die wirtschaftl. Blütezeit im Königreich Preußen (1800-1919).
Sehr geehrter Herr Klaus: Leszno (Lissa) war eine litauische Stadt, weil König Sigismund II. Augustus aus dem litauischen Jagiellonengeschlecht Stadtrechte gewährte ;o)
Grüße aus Leszno. Dominik
Hallo, Leszno wurde im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Erst 1945 gab es in dieser Region schwere Kämpfe, allerdings in der Nähe von Góra Śląska (Guhrau (Niederschlesien), das vor 1939 auf deutscher Seite der Grenze lag. Grüße aus Leszno. Dominik