Mainz im Großherzogtum Hessen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Mainz 91.124 Einwohner – 1905 = 47. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Mainz im Großherzogtum Hessen
Mainz ist eine Stadt im Großherzogtum Hessen und Hauptstadt der Provinz Rheinhessen und deutsche Reichsfestung.
Sie liegt links am Rhein und an der Mainmündung schräg gegenüber in einer der schönsten und fruchtbarsten Gegenden Deutschlands, an einer durch die natürliche Lage und die geschichtliche Entwickelung hervorragend begünstigten Stelle und 88 Meter über dem Meer.
Mainz ist Knotenpunkt der Linien Mainz-Worms, Mainz-Darmstadt–Aschaffenburg, Mainz-Koblenz, Mainz-Kurve (Wiesbaden), Mainz-Goldstein (-Frankfurt a. M.), Mainz-Mannheim und Mainz-Alzey der Preußisch-Hessischen Staatsbahn, der Dampfbahnen Mainz-Finthen und Mainz-Hechtsheim.
Über den Rhein führen drei Brücken, oberhalb der Stadt eine 1028 m lange Eisenbahngitterbrücke mit zwei Gleisen (1862 vollendet), unterhalb die 1904 eingeweihte, im Bogenfachwerksystem ausgeführte, 915 m lange neue Eisenbahnbrücke (Kaiserbrücke), mit reichem architektonischem und bildnerischem Schmuck, zwischen beiden, nach dem gegenüberliegenden Kastel, die 1885 vollendete schöne Straßenbrücke. Letztere Stadt ist in das Befestigungssystem mit eingeschlossen.
Das Stadtbild von Mainz ist eins der schönsten am Rhein. Mainz ist eine gut gebaute Stadt mit sehr günstigen Gesundheitsverhältnissen; sie hat sich in den letzten Jahrzehnten, seit der Hinausschiebung der Festungswerke, außerordentlich erweitert und verschönert; ganz neue, elegante Stadtteile sind auf der Nordseite der Stadt (Gartenfront) und am Rhein (Ufer- und Taunusstraße) entstanden. Zwischen Alt- und Neustadt ist durch Bebauung des Schlossplatzes und des angrenzenden, durch den Abriss der Schlosskaserne frei gewordenen Terrains ein neues, vornehmes Stadtviertel im Entstehen begriffen.
Auch für die innere, vielfach eng gebaute Altstadt mit ihren malerischen Straßenbildern geschieht neuerdings viel durch Verbreiterung und Durchbruch von Straßen. Das Gebiet der Ingelheimer Aue ist zu einem günstig gelegenen Industrieplatz umgewandelt. Unter den Plätzen sind bemerkenswert der Marktplatz mit interessanten Häusern und einem Renaissancebrunnen, der Liebfrauenplatz, das Höschen, der Schillerplatz mit einer Bildsäule Schillers (von dem Mainzer Künstler Scholl, 1862), der Tritonplatz mit einer Fontäne,
der Gutenbergplatz mit der bronzenen Statue des Erfinders der Buchdruckerkunst (von Thorwaldsen, 1837), der Halleplatz (vor der Stadthalle), der Fischtorplatz, die Mathildenterrasse mit prächtiger Aussicht, der Bahnhofsplatz, der Frauenlobplatz und der Feldbergplatz. Von Straßen sind hervorzuheben die Rheinstraße, in geringer Entfernung vom Rhein hinlaufend, und die Rheinallee, die Ludwigsstraße, die Schillerstraße, die Große Bleiche, die Bahnhofsstraße, namentlich aber die in der Neustadt befindliche 60 m breite und mit gärtnerischen Anlagen geschmückte Kaiserstraße, die Schulstraße, die Bonifatiusstraße.
Unter den kirchlichen Gebäuden (10 katholische Pfarrkirchen nebst einer Anzahl Kapellen, 3 evangelische Kirchen, eine davon für die Garnison, und 2 Synagogen) steht der Dom obenan. Dieser, 978 vom Erzbischof Willigis begonnen, dann wiederholt durch Feuersbrunst zerstört, in seiner jetzigen Form im 13. und 14. Jahrhundert ausgeführt, ist ein imposantes, kunsthistorisch sehr interessantes Gebäude mit sechs Türmen, deren höchster 82 m hoch ist. Das Innere wird von 56 hohen Pfeilern gestützt und enthält zahlreiche Denkmäler und Kunstschätze, zwei schöne eherne Torflügel aus dem 10. Jahrhundert,
ein metallenes Taufbecken von 1328 u. a., namentlich die zum Teil prachtvollen Monumente zahlreicher Erzbischöfe vom 13. Jahrhundert an bis zur Neuzeit. In dem anstoßenden gotischen Kreuzgang befindet sich unter anderen Monumenten das des Minnesingers Frauenlob († 1318), dem 1842 noch ein anderes, ein Werk Schwanthalers, dort errichtet wurde. Bei der Belagerung von 1793 und durch die nachherige Verwandlung in ein Magazin hatte der Dom sehr gelitten; die Wiederherstellung begann 1822 unter Mollers Leitung.
Der östliche Vierungsturm erhielt 1828 eine gotische Kuppel, 1845 wurde der westliche Hauptturm erneuert, 1859 begann die Ausmalung des Innern. Von 1868 an wurde, besonders unter Leitung des Dombaumeisters Cuypers, eine umfassende Restauration der baufälligen östlichen Teile durchgeführt. Der gotische Kuppelbau wurde 1875 durch einen romanischen Turm ersetzt, die Krypta unter dem Ostchor ausgebaut und 1879 die beiden östlichen Stiegentürme erneuert. Das Mittelschiff und die Kuppel des Westchors sind mit Wandgemälden nach Ph. Veits Entwürfen geschmückt; der Ostchor harrt noch seines vollständigen inneren Ausbaues und Schmuckes.
Bemerkenswert sind noch die Ignatiuskirche, eine schöne Barockanlage, dabei eine Kreuzigungsgruppe von 1519; die Stephanskirche, eine schöne frühgotische Hallenkirche, 1321 vollendet, mit reizendem spätgotischem Kreuzgang, auf dem höchsten Punkte der Stadt; die Augustiner- oder Liebfrauenkirche; die 1756 vollendete Peterskirche mit Kuppelgemälden von Appiani. Die prächtige, in italienischer Hochrenaissance aufgeführte evangelische Christuskirche, 1903 vollendet, trägt mit ihrem 80 m hohen Kuppelbau zur Belebung des Stadtbildes wesentlich bei.
Andere hervorragende Gebäude sind das großherzogliche Schloss, früher dem Deutschen Orden gehörig, 1731–39 erbaut, daneben das Zeughaus (von 1738) mit großem Waffensaal; das aus rotem Sandstein in kraftvoller Renaissance-Architektur ausgeführte ehemalige kurfürstliche Schloss, bis 1887 zum Teil als Lagerhaus des Freihafens dienend und jetzt in umfassender Restauration begriffen, enthält die reichen Sammlungen der Stadt: die Stadtbibliothek (220.000 Bände) mit Archiv, Münzkabinett und dem Gutenberg-Museum, die Gemäldegalerie, das Altertumsmuseum,
das römisch-germanische Zentralmuseum, eine Sammlung von Gipsabgüssen plastischer Werke sowie ein reiches naturhistorisches Museum; der Regierungs-, Justiz- und Gouvernementspalast (ehemalige Adelshöfe), das bischöfliche Palais, das alte Gymnasium mit malerischem Renaissance-Erker; die Barockbauten zum Römischen Kaiser und zum König von England, das romanische ehemalige Hospital zum Heiligen Geist, die durch die Erfindung der Buchdruckerkunst merkwürdigen Gebäude, das Stadttheater etc. Aus neuester Zeit stammen die Stadthalle, ein prächtiger Renaissancebau für Festlichkeiten;
das Verwaltungsgebäude der Eisenbahndirektion, der mit reichem ornamentalem Schmuck gezierte Zentralbahnhof, die beiden Lagerhäuser am neuen Hafen, das Reichsbankgebäude, das Kasino „Hof zum Gutenberg“, das Konzerthaus, das Volksbankgebäude, das neue Gymnasium, die Oberrealschule und mehrere neue Volksschulhäuser, die Kreissparkasse, das Institut für physikalische Heilmethoden, das Verwaltungsgebäude der Fleischereiberufsgenossenschaft, das Militärlazarett, die Reichs-Konservenfabrik für die Verpflegung des deutschen Heeres, mehrere große Kasernen, der Schlacht- und Viehhof etc.
Im Jahr 1900 leben hier mit der Garnison (3 Regimenter Infanterie: Nr. 87,88 und 117,1 Regiment Dragoner Nr. 6,1 Regiment Fußartillerie Nr. 3, je eine Abteilung Feldartillerie Nr. 27 und 63 und ein Pionierbataillon Nr. 21) 84.251 Einwohner, der Großteil sind Katholiken, ca. 31.000 sind Evangelische und 3100 Juden. Industrie, Handel und Verkehr sind von großer Bedeutung. Haupterzeugnisse der ersteren sind Leder, Schaumwein, Konserven, Möbel, Parkettböden, Waggons, Bijouteriewaren, Billards, Schuhwaren, Werkzeuge, Kellereiartikel, Korkpfropfen, Heizungs- und Lüftungsanlagen,
Beleuchtungsartikel, musikalische Instrumente, Furniere, Korbwaren, Maschinen, Silber- und Goldwaren, künstliche Perlen, Konditoreiwaren, Müllereiprodukte, chemische Produkte (besonders Lack und Firnisse), Seife, Bürsten, Apfelwein etc. Bedeutend sind auch die Bierbrauerei, die Buchdruckerei, namentlich aber der in den umliegenden Ortschaften sehr umfangreich betriebene Gemüsebau. Der Handel ist besonders lebhaft in Wein, dann in Kolonialwaren, Getreide, Holz, Steinkohlen, Eisen, Petroleum, Öl, Industrieerzeugnissen, Manufakturwaren, Teppichen etc.; bedeutend ist auch die Holzflößerei; hervorragend ist der Musikalienverlag.
Der Handel, gefördert durch die vortreffliche Eisenbahnverbindung und den Verkehr zu Wasser, wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Börse, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1904: 1206 Millionen Mark.), mehrere große Bankgeschäfte, eine Filiale der Darmstädter Bank für Handel und Industrie und zahlreiche Dampfschleppschifffahrts-Gesellschaften. Die großartigen Hafenbauten und Niederlassungsräume im Nodern der Stadt, mit einem Kostenaufwand von 6 Millionen Mark hergestellt, wurden 1887 dem Verkehr übergeben.
Ein zweiter Hafen, der Eisenbahnverwaltung gehörig, ist Mainz gegenüber, an der Mainmündung bei Gustavsburg, erbaut worden. Ein besonderer Hafen dient zur Flößerei. Der Güterverkehr in den Mainzer Häfen hat sich 1903 folgendermaßen gestaltet: Mainzer Inlands-, Zoll- und Floßhafen 11.970.192 dz, Kasteler Hafen 6.472.500 dz, Gustavsburger Hafen 10.461.840 dz. Den Verkehr in der Stadt und mit den benachbarten Orten Kastel, Weisenau und Mombach vermittelt eine elektrische Straßenbahn, außerdem Dampfbahnen nach mehreren Vororten.
An Bildungsinstituten etc. hat Mainz ein Priesterseminar, zwei Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Handelsrealschule, eine städtische höhere Mädchenschule, eine Kunstgewerbeschule, eine Frauenarbeitsschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, ein städtisches Theater, ein Konservatorium der Musik, eine öffentliche Lesehalle, einen Verein für plastische Kunst, die Gutenberg-Gesellschaft, die Rheinische Naturforschende Gesellschaft, einen Gartenbauverein, zahlreiche Gesang- und Musikvereine, unter denen die Mainzer Liedertafel als Gründerin der mittelrheinischen Musikfeste und durch ihre Händelaufführungen den ersten Rang einnimmt.
Die von ihr 1905 begründete Kaiserin Friedrich-Stiftung bezweckt Musteraufführungen von Werken Händels sowie von anderen hervorragenden Kompositionen als ständige Einrichtung in Mainz. Besonders zu nennen ist der Altertumsverein als Verwalter des städtischen Altertumsmuseums. In Verbindung mit dem Römisch-germanischen Zentralmuseum besitzt Mainz eine Sammlung, wie sie für die ältere deutsche Kulturperiode sonst nicht existiert. Von sonstigen Anstalten sind zu erwähnen die Industriehalle, ein Waisen- und ein Invalidenhaus, zwei Hospitäler, ein therapeutisches Institut, eine Entbindungsanstalt, viele gemeinnützige Vereine etc.
Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 6 Magistratsmitgliedern und 42 Stadtverordneten. Das städtische Budget betrug 1904 in Einnahme und Ausgabe je 8.133.772 Mark. Mainz ist Sitz eines katholischen Bischofs und eines Domkapitels, der Provinzial- und Kreisbehörden, der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion, eines Landgerichts, eines Hauptsteueramts, eines Hoch- und zweier Wasserbauämter, einer Oberförsterei, der Weinbaudomänenverwaltung etc. Von militärischen Behörden befinden sich dort der Gouverneur und der Kommandant der Festung Mainz, der Stab der 2. Pionier-Inspektion und der 41. und 50. Infanterie-Brigade.
Die Umgebung von Mainz zieren schöne Promenaden, an die sich beim Neutor die „Anlage“ (Stadtpark) anschließt. Einen prächtigen Spaziergang bildet namentlich der stattliche, etwa 7 km lange Rheinkai. Außerhalb des Gautors, bei Zahlbach, sind die Pfeilerreste der römischen Wasserleitung sehenswert. Von den Türmen der mittelalterlichen Stadtmauer haben sich der Holzturm (15. Jahrhundert) und der Eiserne Turm (13. Jahrhundert) erhalten. Auf dem Marktplatze steht der 1526 errichtete Marktbrunnen, eins der ältesten Renaissance-Denkmäler am Rhein. Der Neue Brunnen auf der Großen Bleiche stammt aus dem Jahre 1726.
Die umfangreichen und starken Festungswerke, die seit den Befreiungskriegen sehr in Verfall geraten waren, wurden seit 1826 auf Bundeskosten wiederhergestellt. Sie bestanden bis zum Umbau der Festung seit 1871 aus 13 Bastionen, einem Kronenwerk an der Südseite und einer in die Umwallung eingefügten Zitadelle, die ein bastioniertes Viereck bildet, und in welcher der sogenannte Eigelstein steht, wahrscheinlich das Grabmal des Drusus, ein jetzt noch etwa 15 m hoher Turm mit einem Durchmesser von 8 m.
Nachdem schon früher einige Festungstore im Verkehrsinteresse beseitigt worden waren, ist durch kaiserliche Kabinettsorder vom 18. März 1904 die Auslassung der Nordwestfront der Festung verfügt und das dadurch gewonnene Gebiet für die Bebauung freigegeben worden; die innere Umwallung von Mainz wird demnächst ganz beseitigt und die Rayonbeschränkungen sollen aufgehoben werden, wodurch dann auch die geplante Eingemeindung einiger Nachbarorte verwirklicht werden wird.
Auch die Stadtumwallung von Kastel ist gleichzeitig gefallen. Von jetzigen Außenforts ist das Fort Biehler bei Erbenheim zu nennen. Der Abschluss der Festung gegen den Strom wird durch eiserne Palisadengitter mit Sandsteinsockel gebildet. Die Tore nach dem Rhein sind in geschmackvoller Form hergestellt und mit Skulpturen, Figuren und Emblemen geschmückt. Zum Landgerichtsbezirk Mainz gehören die elf Amtsgerichte zu Alzey, Bingen, Mainz, Niederolm, Oberingelheim, Oppenheim, Osthofen, Pfeddersheim, Wöllstein, Worms und Wörrstadt.
Mainz Geschichte:
Auf der Stelle, wo jetzt Mainz liegt, bestand in vorgeschichtlicher Zeit eine keltische Niederlassung. 38 v. Chr. legte Agrippa hier ein befestigtes Winterlager an, Drusus (14–9 v. Chr.) errichtete das Castrum Mogontiacum (nach dem keltischen Lichtgott Mogo benannt), neben dem die Lagervororte sich zu einer Stadt mit munizipaler Verwaltung entwickelten. Das auf der rechten Rheinseite als Schlüssel für die Mainlinie errichtete Castellum Mattiacorum (Kastel) wurde durch eine feste Brücke im 1. Jahrhundert n. Chr. mit Mainz verbunden.
Mainz war Hauptstadt der römischen Provinz Obergermanien. Mit dem Verfall des römischen Reiches erlebte Mainz wiederholte Plünderungen und Verwüstungen, 368 durch die Alemannen, dann durch die Wandalen und Hunnen. Begründer der neuen Stadt im 6. Jahrhundert ist der Bischof Sidonius. Durch Bonifatius wurde Mainz Metropole der deutschen Kirche; Karl der Große hatte in der Nähe königliche Pfalzen und errichtete eine Münzstätte in Mainz; schon im 10. Jahrhundert wird Mainz eine vornehme und reiche Stadt genannt.
Mit Erzbischof Willigis begann für Mainz eine neue Epoche kirchlichen Glanzes; der von ihm erbaute Dom brannte am Tage der Einweihung (1009) ab, der neue wurde 1036 vollendet. Mit Willigis beginnt die weltliche Herrschaft der Erzbischöfe über die bis dahin königliche Stadt. 1118 erhielt Mainz das erste Privileg der Stadtfreiheit. Bemerkenswert ist die Empörung der Stadt 1160 gegen den Erzbischof Arnold, der dabei auf grässliche Weise ermordet wurde.
Friedrich Barbarossa hielt 1163 ein strenges Strafgericht über Mainz und zerstörte seine Mauern, mit deren Wiederherstellung man 1200 beschäftigt war. Bei Mainz fand 1184 ein großes Reichsfest statt. Unter den fränkischen und staufischen Königen wurden in Mainz wiederholt Reichstage und Kirchenversammlungen gehalten. 1244 erlangte Mainz vom Erzbischof die Anerkennung der Stadtfreiheit mit den Rechten der Selbstregierung; nunmehr tritt neben Kämmerer, Schultheiß und Schöffen auch ein Ratskollegium in Mainz hervor.
1254 war die Stadt Vorort des von seinem Mitbürger Arnold Walpod gestifteten großen rheinischen Bundes (Städtebund). Um das Jahr 1450 vollendete in Mainz Johann Gutenberg die Erfindung der Buchdruckerkunst. Während noch im 14. Jahrhundert im „goldenen“ Mainz großer Wohlstand herrschte, macht sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein bedeutender Rückgang bemerklich. Zwischen Geschlechtern und Zünften entbrannten heftige Zwistigkeiten, und in dem Streit zwischen dem abgesetzten Kurfürsten Dietrich II. von Isenburg und seinem Nebenbuhler Adolf II. von Nassau verlor Mainz 1462, von letzterem erobert, seine Privilegien und wurde eine erzbischöfliche Stadt;
zahlreiche Bürger wurden verbannt oder verließen die Stadt. Die 1477 gegründete Universität wurde 1798 aufgehoben. 1552 wurde Mainz von dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, während des Dreißigjährigen Krieges 1631 vom Schwedenkönig Gustav Adolf besetzt. Dieser ließ die Gustavsburg auf dem rechten Rheinufer an der Mainspitze anlegen und die durch die Zitadelle bereits verstärkten Festungswerke erweitern. 1635 von den Schweden geräumt, wurde Mainz 1644 von den Franzosen eingenommen.
1661 wurde eine ständige Schiffbrücke über den Rhein zwischen Mainz und Kastel errichtet. Noch einmal von den Franzosen 1688 besetzt, wurde die Stadt im folgenden Jahre durch das Reichsheer wieder befreit. Im 18. Jahrhundert erholte sich die Stadt wieder so weit, dass ihre Bevölkerung um 1780 auf 32.000 Einwohner stieg. Am 17. Oktober 1792 erschien der französische General Custine vor der mangelhaft befestigten und ausgerüsteten Stadt, aus der der Kurfürst mit seinem Hof schon geflohen war, und zwang sie schon am 22. Oktober zur Kapitulation. Die vom Kurfürsten selbst früher nach Mainz berufenen liberalen Kosmopoliten, wie Forster, stifteten nun einen republikanischen Klub („Mainzer Klubisten“),
der im März 1793 die „Rheinische Republik“ gründete und Forster und Lux nach Paris schickte, um beim Konvent deren Einverleibung durch Frankreich zu beantragen. Doch schon 31. März 1793 schloss ein Koalitionsheer unter General Kalckreuth Mainz ein, und am 22. Juli erfolgte die Übergabe. Im folgenden Jahre wieder von den Franzosen eingeschlossen, wurde Mainz durch Clerfait 1795 befreit und blieb von den Österreichern bis 1797 besetzt, wurde jedoch am 29. Dezember wieder von den Franzosen eingenommen und im Frieden zu Lüneville 1801 an Frankreich abgetreten.
Am 2. Januar 1814 begann die Einschließung der Stadt durch die Verbündeten. Nach einer durch Typhus und Hunger furchtbaren Belagerung wurde die Stadt am 4. Mai übergeben. Durch den Pariser Frieden 1814 wurde Mainz Deutschland wieder einverleibt und nach einer provisorischen Verwaltung am 30. Juni 1816 dem Großherzog von Hessen-Darmstadt zur Entschädigung abgetreten, jedoch mit der Beschränkung,
dass Mainz in militärischer Hinsicht als Festung des Deutschen Bundes betrachtet und von österreichischen und preußischen Truppen besetzt werden solle. 1819–28 war Mainz Sitz der Zentraluntersuchungskommission zur Ermittlung demagogischer Umtriebe. Der 1826 begonnene Neubau der Festungswerke erhob Mainz (mit Kastel) zu einem Waffenplatz ersten Ranges; die innere Umwallung wurde seit 1904 beseitigt.
Nach mehreren seit März 1848 vorausgegangenen Aufläufen veranlasste am 21. Mai 1848 ein blutiger Straßenkampf zwischen den Bürgern und dem preußischen Militär die Erklärung des Belagerungszustandes, der jedoch schon am 24. Mai wieder aufgehoben wurde. Durch die Explosion eines Pulverturms auf dem Kästrich am 18. November 1857 wurde dieser Stadtteil fast völlig zerstört. Vor Ausbruch des Deutschen Krieges von 1866 verließen die österreichischen und preußischen Bundestruppen zufolge eines Bundestagsbeschlusses die Stadt, und es wurde dieselbe von Teilen des 8. Bundesarmeekorps besetzt.
Am 26. August zogen aber die Preußen wieder ein, und durch den Frieden erhielt Preußen das alleinige Besatzungsrecht; nach Abschluss der Militärkonvention zwischen dem Königreich Preußen und dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt 1871 beteiligten sich auch hessische Truppen an der Besatzung. Nach Errichtung des Deutschen Reiches wurde Mainz Reichsfestung mit preußischem Gouvernement.
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg (1914- 1918) wurde Mainz von den Franzosen besetzt. Die Besatzung dauerte bis 1930 an.
Nach dem Zweiten Krieg (1939-1945) wurde Mainz erneut von den Franzosen besetzt. Die Grenze zwischen französischer und amerikanischer Besatzungszone bildete auf der Höhe von Mainz der Rhein und so wurden die rechtsrheinischen Stadtteile Amöneburg, Kastel und Kostheim kurzerhand abgetrennt und nach Wiesbaden eingemeindet.
Mainz wurde 1946 durch die Verordnung Nr. 57 der französischen Besatzungsverwaltung zur Hauptstadt (1950) des neu gebildeten Landes Rheinland-Pfalz bestimmt. Mainz ist heute die Landeshauptstadt des Landes Rheinland-Pfalz mit 217.000 Einwohnern (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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