Merseburg im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Merseburg 20.023 Einwohner – 1905 = 221. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Merseburg in der Provinz Sachsen im Königreich Preußen
Merseburg ist die Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks im Königreich Preußen, Provinz Sachsen und Kreisstadt, liegt an der Saale und 99 Meter über dem Meer.
Merseburg ist Sitz einer königlichen Regierung, der Provinzialverwaltung, der Generalkommission und der Städte- und Landfeuersozietät für die Provinz Sachsen, hat ein Amtsgericht, ein Domkapitel, ein Gymnasium, Präparandenanstalt, ein Waisenhaus und vorbildliche Armenanstalten. Die Stadt ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Berlin–Weißenfels, Merseburg-Mücheln und Merseburg-Schafstädt, auch führt eine elektrische Straßenbahn nach Halle.
Merseburg besteht aus der eigentlichen Stadt, der Domfreiheit, den Vorstädten Altenburg und Neumarkt und einem neuen Stadtteil. Sie hat im Innern ein altertümliches Aussehen und besitzt 5 evangelische und eine katholische Kirche. Erwähnenswert ist hierbei besonders die viertürmige Domkirche (1884–86 restauriert). Diese gehört drei verschiedenen Bauperioden an: das Chor, die Krypta und die beiden Rundtürme (1042 geweiht) der rein romanischen, das Querschiff (um 1274) der spitzbogig-romanischen Periode, das Schiff mit einem barock-gotisch dekorierten Portal dem 16. Jahrhundert.
Im Innern sind das Grabmal Rudolfs von Schwaben (des Gegenkönigs Heinrichs IV.), das Grabmal des Bischofs Siegmund von Lindenau (von Hans Vischer), die reichgeschnitzte spätgotische Kanzel und die große Orgel (1666 eingeweiht) bemerkenswert. Das Schloss, im gotischen Stil mit drei Türmen, ehemals Residenz der Bischöfe, dient um 1900 als Regierungsgebäude; in dem daran angrenzenden Garten steht ein Denkmal Kaisers Wilhelm I. und das gusseiserne Denkmal des Feldmarschalls Kleist von Nollendorf.
Von den öffentlichen Gebäuden sind besonders zu erwähnen das Kapitelhaus, das Rathaus, die alte Kirche St. Thomä in der Vorstadt Neumarkt, die Dompropstei und das neue, stilvolle Ständehaus mit schönen Wandmalereien. Auf dem Schulplatz steht das Bronzestandbild Kaiser Friedrichs III.
Im Jahr 1900 leben in Merseburg mit der Garnison (ein Füsilierbataillon Nr. 36) 19.118 , 1905 = 20.023 Einwohner. Der Großteil sind Evangelische, 535 sind Katholiken und 29 Juden. Die Industrie erstreckt sich auf Eisengießerei, Armatur-, Maschinen-, Zellulose- und Papierfabrikation, Fabriken für Leim und Zigarren, Gerberei, Färberei und Bierbrauerei.
Die Stadt Merseburg stammt schon aus der Karolingerzeit und wurde von König Heinrich I. erweitert und befestigt. Sie wurde Residenz der Markgrafen von Merseburg, von 968 an Sitz der Bischöfe und war im 10. und 11. Jahrhundert auch königliche Pfalz. Von 973–1302 fanden hier 15 Hoftage statt. Die Stadt hatte im Bauernkrieg 1525 und besonders im Dreißigjährigen Kriege viel zu leiden; 1631 wurde sie von Pappenheim genommen, 1632 nochmals an die Kaiserlichen übergeben, von den Schweden 1636 gebrandschatzt und 1640 geplündert. Von 1657–1738 war Merseburg Residenz der Herzoge von Sachsen-Merseburg und kam dann zu Sachsen.
Bei Merseburg siegten am 29. April 1813 die Preußen unter Lobethal über Teile des französischen Korps Macdonald. Auf dem Wiener Kongress 1815 erhielt Preußen die nördliche Hälfte des Königreichs Sachsen. Aus dieser und anderen Territorien wurde die preußische Provinz Sachsen gebildet. Der Regierungsbezirk Merseburg umfasst 10.211 km² (185,43 Quadratmeilen), zählt (1900) 1.189.825 Einwohner (117/km²), davon sind 1.146.470 Evangelisch, 39.185 Katholiken und 2070 Juden. Merseburg war bis 1944 die Hauptstadt des preußischen Regierungsbezirkes Merseburg in der Provinz Sachsen. Merseburg liegt heute im Bundesland Sachsen-Anhalt und ist Verwaltungssitz des Saalekreises.
Merseburg ist heute eine Stadt im südlichen Sachsen-Anhalt, Saalekreis, mit rund 33.500 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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