S.M.S. Möwe (1879), Kanonenboot der Kaiserlichen Marine, technische Angaben und Geschichte in alten Postkarten.
S.M.S. Möwe (1879) – Angaben
Name: | Möwe |
Namensherkunft: | Möwe, Vogelfamilie der Langflügler |
Stapellauf: | 08.10.1879 in Danzig (Schichau) |
Schiffstyp/-klasse: | Habicht-Klasse, Kanonenboot |
Schwesterschiffe: | S.M.S. Möwe (1879), S.M.S. Habicht (1879) |
Besatzung: | ca. 133 Mann |
Maße: | Länge 53 m, Breite 9 m, Tiefgang 3,3 m |
Wasserverdrängung: | 845 Tonnen |
Maximale Geschwindigkeit: | 10 kn |
Bewaffnung: | 2 Kanonen Kaliber 12,5 cm, Revolverkanonen Kaliber 3,7 cm |
Ende: | Am 09.12.1905 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, 1910 in Tsingtau verkauft. |
S.M.S. Möwe (1879) – Geschichte
Als die Engländer ihr eigennütziges Eingreifen in den ägyptischen Aufstand mit der Beschießung der fast wehrlosen Stadt Alexandria am 8. Juli 1882 begannen, entstand dort natürlich eine starke Erbitterung gegen alle Europäer, sodass das Deutsche Reich gezwungen war, die Kanonenboote Habicht und Möwe mit der Rettung der deutschen und österreichischen Flüchtlinge zu beauftragen; um die Ordnung in der Stadt wenigstens an den Stellen, wo die Flüchtlinge gesammelt wurden, zu erhalten. Die deutschen Mannschaften wurden sogar versehentlich von britischen Matrosenabteilungen beschossen ohne jedoch jemanden zu treffen, später entschuldigten sich die Briten. Als die Engländer weiter in Ägypten vordrangen, führte S.M.S. Möwe etwa 150 deutsche Flüchtlinge von Ismailia nach Port Said.
1884 erging der Befehl zur Bildung des „Westafrikanischen Kreuzer-Geschwaders“ mit S.M.S. Bismarck, S.M.S. Möwe, S.M.S. Gneisenau, S.M.S. Olga, und S.M.S. Ariadne. Chef des Westafrikanischen Kreuzer-Geschwaders wurde Konteradmiral Knorr, sein Flaggschiff wurde S.M.S. Bismarck.
Am 19. Mai 1884 beauftragt Reichskanzler Otto von Bismarck den deutschen Generalkonsul in Tunis, Dr. Nachtigal, nach Westafrika zu reisen, um „…die dort ansässigen Deutschen unter deutschen Schutz zu stellen„. Die Instruktion bezog sich auf den Küstenstrich zwischen dem Nigerdelta und Gabun, insbesondere das Gebiet gegenüber der spanischen Insel Fernando Po von der Mündung des Kamerunflusses bis zum Kap St. John. In der Weisung heißt es, dass die Errichtung einer Verwaltung sowie einer Garnison deutscher Truppen nicht beabsichtigt ist. In Bimbia wird am 11. Juli 1884 der erste Schutzvertrag im späteren Kamerun unterzeichnet.
Nachdem die Agenten der Firmen Woermann und Jantzen & Thormählen bereits vorgearbeitet haben, gelingt es dem Reichskommissar Dr. Nachtigal und seinem Begleiter Dr. Buchner, auch die Könige Bell und Aqua, deren Stammesführer bisher infolge englischen Einflusses dagegen waren, zum Unterzeichnen eines Schutzvertrages zu bewegen. Am 14. Juli erfolgt die feierliche Flaggenhissung in den Dörfern Bell, Aqua und Didotown in Anwesenheit des Kriegsschiffes S.M.S. Möwe. Großbritannien war um einige Tage zu spät gekommen, obschon bereits 1882 das Land den Briten als Protektorat angeboten worden war; diese aber auf dieses Angebot nicht geantwortet hatten. In den darauf folgenden Wochen und Monaten werden von Dr. Buchner weitere Verträge im Innern abgeschlossen, zuletzt in Südkamerun.
Die Besitzverhältnisse und die Hoheitsrechte unter den Küstenstammesführern waren sehr schwierig, ein Umstand, der zu Konflikten mit den alteingesessenen Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich führte. Vom 18. bis 22. September 1884 kommt es zum Aufstand gegen den deutschfreundlichen König Bell, veranlasst durch britische Kaufleute. Der Aufstand wird durch ein Landungskorps der Kriegsschiffe S.M.S. Bismarck und S.M.S. Olga, die unter dem Kommando des Admirals Knorr stehen, unterdrückt, nachdem die Joßplatte, wo sich die Aufständigen verschanzt haben, erstürmt ist. Bei diesem Kampf fällt der Agent der Firma Woermann, Pantenius. Nach verschiedenen Verträgen mit Frankreich und Großbritannien wird Kamerun noch 1884 eine deutsche Kolonie.
Gustav Nachtigal starb am 20. April 1885 an Bord von S.M.S. Möwe und wurde zunächst auf Kap Palmas, später bei dem Nachtigaldenkmal in Duala/Kamerun beigesetzt.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1880
- „Deutschlands Seemacht“ von Georg Wislicenus – Verlag Friedrich Wilhelm Grunow, Leipzig 1896
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“ 1898
- „Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte“ von Vizeadmiral a.D. Reinhold Werner – München 1899
- „Nauticus – Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen“ 1899-19
- „Überall“ Illustrierte Zeitschrift für Armee und Marine, Jahrgänge
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1902
- „Deutschland zur See“ von Victor Laverrenz, Berlin 1900
- „Marine-Album“ Berlin 1910
- „Deutschland zur See“ Illustrierte Wochenschrift, Zeitschrift des Vereins „Marinedank“, Berlin, Jahrgänge
- „Der Völkerkrieg – Eine Chronik der Ereignisse seit dem 1.Juli 1914“ Verlag von Julius Hoffmann, Stuttgart 1914-1922
- „Taschenbuch der Kriegsflotten“, J.F. Lehmann’s Verlag, München Jahrgänge von 1900 bis 1936
- „Kennung der deutschen Kriegsschiffe und Torpedoboote“ – Admiralstab der Marine 1917
- „Das Reichsarchiv“ Band 1 – 36, Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1924
- „Unsere Marine im Weltkrieg 1914-1918“ Vaterländischer Verlag Berlin 1927
- „Deutsche Seefahrt“ – von Trotha und König, Otto Franke/ Verlagsgesellschaft Berlin – Birkenwerder 1928
- „Marinearchiv“ Band I und II Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1931
- „Unsere Marine – Schiffsbilder“, Bilder der Reichsmarinesammlung im Museum für Meereskunde zu Berlin (1930)
- „So war die alte Kriegsmarine“ von Eberhard von Mantey – Berlin 1935
- „Die deutschen Kriegsschiffe“, Groener 1966
- „Die Deutschen Kriegsschiffe“, Hildebrand/Röhr/Steinmetz
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