Görlitz, Untermarkt mit (neuem) Rathaus

Görlitz

Görlitz in Schlesien im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Görlitz 83.632 Einwohner – 1905 = 48. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.

Görlitz, Obermarkt mit Kaiser Wilhelm I.-Denkmal
Görlitz, Obermarkt mit Kaiser Wilhelm I.-Denkmal

Neben der Stadt Görlitz existieren im Deutschen Reich (Kaiserreich):

  1. Görlitz (Ostpr.), eine Oberförsterei (Gemeinde Schwarzstein) im Königreich Preußen, Provinz Ostpreußen, Kreis und Amtsgericht Rastenburg, P.-Schwarzstein mit 47 Einwohnern.
  2. Görlitz, ein Dorf im Königreich Preußen, Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Glogau mit 89 Einwohnern.
  3. Görlitz, ein Dorf und Gutsbezirk im Königreich Preußen, Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Breslau, Kreis Oels mit 188 und 79 Einwohnern.
  4. Görlitz, ein Dorf im Königreich Sachsen, Kreismannschaft Leipzig, Amtshauptmannschaft Oschatz mit 111 Einwohnern.

Görlitz in Schlesien im Königreich Preußen

Görlitz ist eine Stadt und Stadtkreis im Königreich Preußen, Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Liegnitz, an der Lausitzer oder Görlitzer Neiße, 221 m ü. M.

Görlitz Stadtplan 1910 (Wagner & Debes Leipzig)
Görlitz Stadtplan 1910 (Wagner & Debes Leipzig)

Görlitz ist eine der schönsten und durch ihren ausgedehnten Waldbesitz (33,329 Hektar) auch reichsten Städte des Deutschen Reiches. Unter den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden (6 evangelische und 2 katholische Kirchen, mehrere Bethäuser von Sektierern und eine Synagoge) sind die gotische St. Peter- und Paulskirche (1423–97 ausgeführt, mit 2 stattlichen Türmen, 5 Schiffen und einer Krypta),

Landkarte Schlesien
Landkarte Schlesien

die Dreifaltigkeitskirche mit kunstvollen Holzschnitzereien, die Luther-, die Frauen- und die katholische Jakobus-Kirche bemerkenswert. Vor der Stadt Görlitz liegt das heilige Grab mit der dazugehörigen Kapelle zum Heiligen Kreuz, eine Nachbildung des heiligen Grabes zu Jerusalem aus den Jahren 1481–89.

Görlitz, Altstadtbrücke
Görlitz, Altstadtbrücke

Die hervorragendsten weltlichen Gebäude von Görlitz sind das Rathaus (1537) mit reicher Bibliothek (ein neues Rathaus ist 1904 im Bau begriffen), die alte Bastei, Kaisertrutz genannt, das Ständehaus mit schönen Anlagen, das Weinbergshaus mit Aussichtsturm, die Oberlausitzer Ruhmeshalle mit Kaiser Friedrich-Museum etc. An Denkmälern besitzt Görlitz ein Reiterstandbild des Kaisers Wilhelm I. auf dem Obermarkt, Bronzestandbilder des Prinzen Friedrich Karl und des Bürgermeisters Demiani am Demianiplatz, Denkmäler des Kriegsministers von Roon, Goethes, des Theosophen Jak. Böhme und Öttels, des Stifters der Geflügelzuchtvereine, sowie ein schönes Kriegerdenkmal.

Görlitz, Denkmal Prinz Friedrich Carl mit Blockhaus
Görlitz, Denkmal Prinz Friedrich Carl mit Blockhaus

Im Jahr 1900 leben in Görlitz mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 19) 80.931 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 11.462 sind Katholiken und 627 Juden. Die Industrie ist bedeutend. Hervorzuheben ist die Eisenbahnwaggonfabrik, die Görlitzer Maschinenbauanstalt (1100 Arbeiter), ferner Tuch-, Orleans-, Halbwoll-, Baumwoll- und Leinenfabrikation, Fabriken für Nähmaschinenteile, Glas, Porzellan, Schamotte- und Marmorwaren, Parkettfußböden, Holzstoff, Leder, Posamenten, Knöpfe, Stahlwaren, künstliche Blumen etc., ferner die Bierbrauerei, Müllerei und Ziegelbrennerei.

Görlitz, Ruhmeshalle
Görlitz, Ruhmeshalle

Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1903: 589 Millionen Mark), durch die Kommunalständische Bank und andere Geldinstitute, beschäftigt sich außer mit den genannten Fabrikaten mit Getreide, Produkten, Lumpen, Kolonial- und Materialwaren etc. Nennenswert sind auch die Speditionsgeschäfte. Görlitz ist Knotenpunkt der Preußischen, bez. Sächsischen Staatsbahnlinien Berlin-Görlitz, Kohlfurt-Görlitz, Görlitz-Lauban, Görlitz-Seidenberg sowie Dresden-Görlitz. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine elektrische Straßenbahn.

Görlitz, Marienplatz und Elisabethstraße
Görlitz, Marienplatz und Elisabethstraße

Görlitz hat ein Gymnasium, Realgymnasium mit Oberrealschule, Realschule, Baugewerk- und Maschinenbauschule, 2 Theater, Altertumsmuseum, mehrere wissenschaftliche Vereine (darunter die Naturforschende und die Oberlausitzer Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften, beide mit Bibliothek und reichen Sammlungen; vgl. Jecht, Wegweiser durch die Geschichte der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Görlitz 1904) und einen Kunstverein, ferner ein Rettungshaus, Asyl für gefallene Mädchen etc.

Görlitz, Obermarkt mit Kaiser Wilhelm-Denkmal
Görlitz, Obermarkt mit Kaiser Wilhelm-Denkmal

Görlitz ist Sitz eines Landgerichts, des Landratsamtes für den Landkreis Görlitz, eines Hauptsteueramtes, eines österreichischen Hauptzollamtes, der kommunalständischen Verwaltung des preußischen Markgrafentums Oberlausitz, einer Spezialkommission und eines Bergreviers; die städtischen Behörden zählen 19 Magistratsmitglieder und 60 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk Görlitz gehören die 10 Amtsgerichte zu Görlitz, Hoyerswerda, Lauban, Marklissa, Muskau, Niesky, Reichenbach i. O.-L., Rothenburg i. O.-L., Ruhland und Seidenberg.

Görlitz, Kanonendenkmal
Görlitz, Kanonendenkmal

In der nächsten Umgebung von Görlitz liegt der herrliche Stadtpark mit einem Denkmal Alexander von Humboldts, das Blockhaus, ebenfalls in Parkanlagen, mit schöner Aussicht, dicht dabei eine Schillerbüste auf Marmorpostament; ferner die 830 m lange, 36 m hohe und auf 34 Pfeilern ruhende Eisenbahnbrücke über das Neißetal und weiter der Basaltkegel der Landeskrone.

Görlitz, Stadtansicht
Görlitz, Stadtansicht

Görlitz Geschichte

Görlitz Wappen Flagge
Görlitz Wappen Flagge

Görlitz, dessen Name entweder als Zgorzelice („Brandstadt“) erklärt oder von gora („Berg“) abgeleitet wird, ist slawischen Ursprungs und erscheint zuerst um 1071 als Dorf (Gorelitz) im Gau Milsen. Im 12. Jahrhundert erhielt es Stadtrecht und Mauern, trat 1346 zum Sechsstädtebund und war von 1377–96 unter Johann von Görlitz Hauptstadt des Herzogtums Görlitz, eines Teiles der Oberlausitz. 1429 wurde die Stadt gegen die Hussiten erfolgreich verteidigt und von Kaiser Siegmund dafür durch die Verleihung eines Wappens belohnt, das unter Karl V. seine jetzige Gestalt erhielt.

Görlitz, Landeskrone
Görlitz, Landeskrone

Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie 1623 von den Schweden und Kaiserlichen abwechselnd, namentlich 1633 von Wallenstein im Sturm genommen und musste, von den Schweden seit 1639 besetzt, 1641 eine harte Belagerung durch die kaiserlich-kurfürstliche Armee aushalten. 1635 wurde Görlitz mit der Lausitz von dem Kaiser an Kursachsen abgetreten. Im Gefecht bei Moys in der Nähe, am 7. September 1757, fiel General von Winterfeldt, dem am Holzberg ein Gedenkstein errichtet ist. 1815 kam Görlitz mit einem Teil der Oberlausitz an Preußen. Görlitz ist Geburts- und Sterbeort des theosophischen Schusters Jakob Böhme (1575 – 1624).

Görlitz, Kaisertrutz
Görlitz, Kaisertrutz

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (19139 – 1945) wurde Görlitz von der Roten Armee besetzt. Die Stadt wurde entlang des Flusses Neiße geteilt und die östlichen Teile Polen zugeschlagen. Diese begannen im Juni 1945 mit der Vertreibung der Bevölkerung.

Görlitz ist heute die östlichste Stadt Deutschlands, liegt im Freistaat Sachsen, ist Kreisstadt des Landkreises Görlitz und hat rund 56.000 Einwohner (2020).

Zgorzelec, deutsch Görlitz, ist heute eine Stadt in Polen, am östlichen Ufer der Lausitzer Neiße, mit rund 30.000 Einwohnern (2020).

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
  • „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
Reichsadler 1889-1918

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