Bismarckdenkmal in Hamburg. Entstehung und Geschichte in zeitgenössischen Ansichtskarten.
Otto von Bismarck
* 01.04.1815 Schönhausen/Elbe (Reg.-Bez. Magdeburg),
† 30.07.1898 Gut Friedrichsruh in Sachsenwald (bei Hamburg);
Staatsmann, Reichskanzler des Norddeutschen Bundes (1867 – 1870) und des Deutschen Reichs (1871 – 1890)
Daten
- Einweihung 1906
- Höhe des ganzen Denkmals 36 Meter
- Höhe der Figur 15 Meter
- Höhe des Kopfes vom Kinn bis Scheitel 1,83 Meter
- Umfang des Kopfes 5,25 Meter
- Länge des Schwertes 8 Meter
- Gewicht der Figur 625.000 kg
Das 1906 eingeweihte Bismarck-Denkmal ist mit ca. 36 Meter das größte Denkmal Hamburgs. Der Berliner Bildhauer Hugo Lederer schuf die Statue in den Jahren 1903 bis 1906 aus geschliffenen Granitblöcken aus dem Schwarzwald. Der auf ein Schwert gestützte Otto von Bismarck, seewärts blickend, in Rüstung und Mantel stellt einen „Roland“ (Symbol einer freien Stadt) dar. Die zu Füßen des Denkmal angebrachten Figuren versinnbildlichen die Deutschen Stämme und wurden von den Architekten Schaudt und dem Bildhauer Lederer geschaffen.
Das Denkmal trägt Bismarcks Ausspruch: „Wir Deutschen Fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt“. Das vollständige Zitat aus der Reichstagsrede vom 6. Februar 1886 lautet: „Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt; und diese Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen lässt„
Bildhauer Lederer und Architekt Schaudt, die Schöpfer des Bismarckdenkmals in Hamburg.
Der Aufbau des Bismarckdenkmal in Hamburg.
(Nach einem Vortrage von Bauinspektor Sperber, gehalten im Arch.- u. Ing.-Verein zu Hamburg)
Aus der Entstehungsgeschichte des Hamburger Bismarckdenkmals sei nur kurz erwähnt, wie alsbald nach dem Tode Bismarcks der Gedanke dazu in der Bevölkerung rege wurde, und welchen ungeahnten Erfolg die Geldsammlung brachte, die sich in kurzer Zeit auf 453.063 Mark belief. Die Frage, wo das Denkmal zu errichten sei, bewegte darauf lange Zeit die Gemüter und hat auch im Arch.- u. Ing.-Verein am 14. Dezember 1900 eine lebhafte Besprechung gefunden (vergl. Jahrg. 1901, S. 78 Dtsche. Bauztg.) Der Ob.-Ing. Franz Andreas Meyer hat dem Platz auf der Elbhöhe, wo das Denkmal den heimkehrenden Seefahrern als Wahrzeichen der Heimat sichtbar sein soll, zum Siege verholfen, und der bezügliche Beschluss des Komitees fand schließlich die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften.
Über den Verlauf des am 15. Juni 1901 ausgeschriebenen Wettbewerbes unter deutschen Künstlern, welcher bei einer für Preise ausgesetzten Summe von 30.000 Mark den unvergleichlichen Erfolg von 219 Entwürfen erzielte, mag auf die ausführliche Veröffentlichung der Dtschn. Bauztg. (Jahrg. 1902, S. 33 u. folg.) verwiesen werden. Die Aufstellung und Ordnung der Entwürfe war von dem Vortragenden auf Wunsch des Komitees in 14 arbeitsreichen Tagen bewirkt worden. Späterhin wurde demselben auch die Oberleitung der Denkmals-Ausführung anvertraut. Als Material für die Ausführung wünschte man nach erfolgter Preisverteilung Granit anstatt des von den preisgekrönten Künstlern Bildhauer Lederer und Architekten Schaudt angenommenen Sandsteins oder Muschelkalks zu wählen.
Es fand sich aber, dass dafür die Mittel nicht ausreichten, und man entschloss sich, die große Freitreppe des Entwurfes von der Helgoländer Allee aus fortzulassen, um dennoch die Herstellung in Granit zu ermöglichen. Die Einforderung von Preisen zur Vergebung der Arbeiten ergab die weitere Notwendigkeit, auch auf die 8 Sockelfiguren und das Sockelrelief vorläufig zu verzichten. Endlich konnte nach langen Verhandlungen im September 1902 der Abschluss der Verträge erfolgen, mit den Künstlern, Architekt Schaudt und Bildhauer Lederer, über den künstlerischen Teil der Arbeit, und mit der Firma Ph. Holzmann & Cie. in Frankfurt a.M. über die praktische Ausführung einschließlich der gesamten Materiallieferung; am 1. November 1902 fand der erste Spatenstich statt.
Was den konstruktiven Aufbau des Denkmals betrifft, der aus den beigegebenen Abbildungen klar ersichtlich ist, so zerfällt der Unterbau in 4 Hauptteile: die Trommel als Träger der Hauptfigur, die Umkleidungsmauer der Trommel, die Umwehrungsmauer des Denkmalplatzes und die Treppenanlage. Die Trommel besteht aus einem Hohlzylinder von 6,30 m äußerem und 3,70 m innerem Durchmesser, und ist aus Backsteinen in Zementmörtel 1:3 aufgemauert. Dieselbe ist oben durch Auskragung des Mauerwerkes geschlossen und mit einer Reihe eiserner I-Träger abgedeckt, um für die große, etwa 625.000 kg betragende Last der Hauptfigur eine möglichst gleichmäßige Drückübertragung auf das darunterliegende Mauerwerk zu erreichen.
Das Fundament der Trommel besteht aus Beton (1 T. Zement zu 5 T. Kies), ist 3m dick und nach unten durch Abtreppungen so verbreitert, dass das tragende Erdreich nur einen Druck von 2,3 kg/qcm erhalten hat. Die Fundamente der Umkleidungsmauer sind aufgelöst in einzelne Betonpfeiler, welche oben durch Betongewölbe verbunden und mit dem Fundamente der Trommel durch eisenarmierte Zungen in Verbindung gebracht sind (vergl. Schnitt e-e und C-D-E). Auf die Betonfundamente sind die mit Granit verblendeten Betonmauern zwischen Schalung eingestampft, und durch Gurtbögen, welche die Auflager für die obere Abdeckung des Hohlraumes bilden, mit der Trommel verbunden.
Die Umwehrungsmauer ist als Futtermauer mit Pfeilervorlagen und übergespannten Gewölben aus Beton hergestellt (vergl. Schnitt A-B und e-e) und mit Granit verblendet. Sie hat für die Abgrenzung des Denkmalplatzes und für die Aufnahme des Erddruckes zu dienen, welcher infolge der höheren Lage des Denkmalplateaus gegenüber dem umgebenden Gelände entsteht. Dieser Höhenunterschied wird überwunden durch zwei gewaltige Treppen, welche auf Betongewölben ruhen (vergl. Schnitt A-B und Aufsicht a-a).
Die Schilderung der Bauausführung der Fundamente und des aufgehenden Mauerwerkes im Einzelnen, sowie der Entlüftung der Hohlräume, um das Austrocknen von Beton und Mauerwerk zu bewirken, und der Gerüste mag hier übergangen werden. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Materiallieferung aus den Brüchen von Kappelrodeck im Badischen Schwarzwald, weil der daselbst gewonnene Granit Findlingsmaterial ist und dadurch viele Risse, Verwitterungen und offene Stiche aufweist, sodass ein großer Teil ausgeschossen werden musste. Diese Schwierigkeiten steigerten sich namentlich bei den Figurensteinen, die aus Blöcken von bis zu 6 cbm Inhalt bestanden. Es galt, viel Widerstreben zu überwinden und Verzögerungen zu ertragen, bis es gelang, einwandfreies, vertragsmäßiges Material zu erhalten.
Dabei kann indessen der Firma Holzmann volle Anerkennung ausgesprochen werden für die große Leistungsfähigkeit, mit der sie das Anliefern der außerordentlichen Mengen und das Versetzen der in gewaltigen Abmessungen gehaltenen Granitquader bewirkte. Schwieriger gestaltete sich die Beschaffung der Modelle für die Bildhauer Arbeiten. Nach dem Vertrage mit dem Bildhauer Lederer sollte die Ablieferung des Bossenmodelles, nach welchem das Brechen der Steine‚ und das rohe Bearbeiten geschehen musste, im August 1903 erfolgen. Sie verzögerte sich aber um fast 1 Jahr, sodass die Firma Holzmann & Cie. mit der Beschaffung der Materialien für die Figur in große Schwierigkeiten geriet.
Überdies hatte der Bildhauer die Figur abweichend von den kontraktlich festgesetzten Maßen um rund 2 m größer – d. h. 14,80 m anstatt 12,75 m hoch – ohne vorheriges Benehmen mit dem Denkmals-Komitee modelliert und an dieser Vergrößerung aus ästhetischen Gründen festgehalten. Da hierdurch das Gewicht der Hauptfigur sich um 90.000kg erhöhte, wurde eine nachträgliche, höchst mühsame und kostspielige Verstärkung der Fundamente des Mittelbaues erforderlich, welche dadurch bewirkt ist, dass zwischen die vorher erwähnten Fundamentzungen Erdbögen aus Beton eingestampft wurden und die Trommel durch Strebepfeiler auf die Zungen abgesteift worden ist, sodass eine Druckvermehrung auf das Erdreich infolge der vergrößerten Figur vermieden wurde.
Im Dezember 1904 konnte, nachdem das Bossenmodell am 26. Juli 1904 abgeliefert war, mit der Anfuhr der Figurensteine auf dem Bauplatze begonnen werden. Es waren 100 Steine in 10 Schichten zu versetzen. Der letzte Stein wurde Ende Juli 1905 angeliefert und schon Ende August 1905 war die Figur im Rohbau fertiggestellt. Das Gewicht der Figurensteine hat geschwankt zwischen 2500 – 17.250 kg für das Stück, und ist das Versetzen dieser gewaltigen Steinblöcke ohne jeden Unfall erfolgt. Anfang September 1905 haben die Bildhauer-Arbeiten begonnen und es waren seitdem an denselben in 4 Geschossen übereinander 30 Steinmetzen und Bildhauer ununterbrochen tätig, wobei täglich 600 Eisen geschärft oder neugeschmiedet werden mussten.
Um einen Begriff von den gewaltigen Massen des Denkmals zu geben, mögen folgende Zahlen dienen: es wurden im ganzen verbraucht 3800 cbm Beton, 1265 cbm Granit, 700 laufende m Treppenstufen, 650 cbm Ziegelmauerwerk. Auch die Abmessungen der Figur selbst sind ungewöhnlich; so beträgt die Kopfhöhe vom Kinn bis Scheitel 1,83 m, die Kopfbreite von Ohr zu Ohr 1,47 m, die Hände sind 84 cm breit, die Mittelfinger 1 m lang und die beiderseits der Figur ruhenden Adler 4,40 m hoch; das aus vier Stücken bestehende steinerne Schwert weist eine Länge von 10 m auf. Zum Schlusse sei hier noch den schönen Worten des Preisgerichtes über den Gedanken des gekrönten Entwurfe eine Stelle gegönnt:
„Die Darstellung Bismarck’s als reckenhafter Rolandriese auf wuchtigem, wirkungsvoll abgestuftem Unterbau gewann diesem Entwurfe die einstimmige Zuerkennung des ersten Preises. Jene Auffassung verkörpert in treffender Weise nicht nur die sich im Volksbewußtsein allmählich vollziehende Steigerung der Gestalt Bismarck’s ins Heldenhafte, sondern entspricht auch am besten dem Aufstellungsorte, der ein weither, womöglich auch vom Hafen aus sichtbares Standbild erwünscht erscheinen lässt. Die Schwierigkeiten, welche die Tracht unserer Zeit in einem Kolossalbilde bereiten, sind hier durch die mittelalterliche Rüstung vermieden. Auch bilden der geschlossene Umriss des Ganzen und die groß gedachte Umgestaltung des Denkmal-Platzes weitere Vorzüge dieses hervorragenden Entwurfes.“ Möge, wenn die Frühlingssonne die Winternebel zerteilt und die Hülle von dem Denkmal fallen wird, der Eindruck des vollendeten Werkes auf den Beschauer diesen Worten entsprechen.
(Artikel aus Deutsche Bauzeitung XL. Jahrgang. No 29. Berlin, den 11. April 1906.)
Das Monument ist mit einer Gesamthöhe von 36 Metern das größte Bismarck-Denkmal Deutschlands und eines der Wahrzeichen der Freien und Hansestadt Hamburgs.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Deutsche Bauzeitung“ XL. Jahrgang. No 29. Berlin, den 11. April 1906.
- „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
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