Elberfeld im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Elberfeld 162.483 Einwohner – 1905 = 27. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Elberfeld in der Provinz Rheinland im Königreich Preußen
Elberfeld ist eine Stadt und Stadtkreis im Königreich Preußen, Provinz Rheinland, Regierungsbezirk Düsseldorf.
Elberfeld liegt von meist bewaldeten Höhen umgeben, zu beiden Seiten der Wupper unmittelbar unterhalb Barmen, mit dem es sich ca. 11 km weit im Wuppertal und in den Seitentälern hinzieht und 143 Meter über dem Meer.
Die Stadt Elberfeld hat in dem älteren Teil viele unregelmäßige und enge Straßen, doch sind namentlich seit 1874 zahlreiche, insbesondere nach Norden, Westen und Süden liegende neue Häuserreihen mit einer Menge schöner Prachtbauten entstanden, und auch im Innern sind durch Niederlegen ganzer Komplexe und zahlreiche Neubauten schöne und gesunde Quartiere geschaffen worden.
Von öffentlichen Plätzen und Denkmälern sind zu nennen, der Brausenwerther Platz mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I., der Neumarkt mit dem Standbild Kaiser Friedrichs III., beide von Professor Eberlein, der Viktoriaplatz mit dem Moltkedenkmal, der Königsplatz mit dem Kriegerdenkmal und die Parkanlage an der Baustraße, ferner das Denkmal Bismarcks an der Schloßbleicherstraße und der Märchenbrunnen im Villenviertel Zoologischer Garten. Von gottesdienstlichen Gebäuden besitzt die Stadt 11 evangelische und 5 katholische Kirchen (darunter die schöne Marienkirche) und eine Synagoge.
Von anderen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen das alte Rathaus im modernen Rundbogenstil und das neue Rathaus, die Stadthalle, das Landgerichtsgebäude mit großem Schwurgerichtssaal, in dem sich ein sehenswertes Wandgemälde, das Jüngste Gericht von Professor Baur in Düsseldorf, befindet, das Verwaltungsgebäude der königlichen Eisenbahndirektion etc. Im Jahr 1900 leben hier 156.966 Einwohner (1816 = 21.710), darunter 113.201 Evangelische, 40.032 Katholiken und 1664 Juden. Die Industrie ist wie in dem benachbarten Barmen sehr bedeutend.
Elberfeld ist Hauptsitz der Fabrikation von Baumwollen-, Wollen- und Seidenstoffen, von Samt, halbseidenen und halbwollenen Kleider- und Konfektionsstoffen und Zanella, von Möbelstoffen, Pikee und wollenen Westenstoffen und aller zum Besatz von Herren- und Damenkleidern bestimmten Knöpfe, Bänder, Litzen, Kordeln etc. Sehr bedeutend sind die Kattundruckerei mit ihren den Weltmarkt beherrschenden prachtvollen Erzeugnissen, die Wirkerei und Spinnerei, letztere für alle Arten von Garnen, die Türkischrotgarnfärberei, die Appreturanstalten, Alizarin- und Anilinfarbenfabrikation. Daneben findet man Eisengießereien, Maschinen-, Waffen-, Eisen- und Stahlwaren-, Faß-, Pianoforte-, Papier- und Tapetenfabrikation, ein Elektrizitätswerk für die teilweise Straßenbeleuchtung der Stadt sowie großartige Bierbrauereien.
Der Handel in Elberfeld ist sehr lebhaft und geht mit den Fabrikprodukten zum Teil über See. Er wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 2161,5 Millionen Mark.) und andere öffentliche Bankinstitute, darunter die Bergisch-Märkische Bank und bedeutende Bankhäuser, sowie durch mehrere Konsulate. Elberfeld ist zudem Sitz der Rheinisch-Westfälischen Baugewerksberufsgenossenschaft und ihrer 3. Sektion, der 6. Sektion der Papierverarbeitungs- und der 3. Sektion der Rheinisch-Westfälischen Textilberufsgenossenschaft sowie der Vaterländischen Lebens-, Feuer-, Hagel- und Transport-Versicherungsgesellschaft und der Elberfeld-Barmer Seidentrocknungsanstalt.
Elberfeld hat 7 Bahnhöfe und ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Düsseldorf-Schwelm-Soest, Düsseldorf-Schwelm-Löttringhausen und Elberfeld-Kronenberg. Dem Verkehr in der Stadt und mit der nähern Umgebung, namentlich mit Barmen, dient eine elektrische Straßenbahn und eine von Barmen aus über dem Wupperbett hinführende elektrische Schwebebahn. An Bildungs- und ähnlichen Anstalten hat Elberfeld ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Realschule, eine Handwerker- und Kunstgewerbeschule, eine Maschinenbauschule, eine gewerbliche Zeichenschule, eine kaufmännische Unterrichtsanstalt und eine Taubstummenanstalt; ferner ein Theater, Musikinstitut, einen zoologischen Garten, zahlreiche wissenschaftliche Vereine und viele musterhaft eingerichtete Wohltätigkeitsanstalten, darunter mehrere Krankenhäuser, Waisenhaus, Anstalt für verlassene Kinder, Rettungshaus etc.; auch ist die Stadt Sitz der Bergischen Bibelgesellschaft.
In Elberfeld erscheinen acht politische Zeitungen. Von Behörden haben ihren Sitz, ein Landgericht, Gewerbegericht, eine königliche Eisenbahndirektion und ein Hauptzollamt. Die städtischen Behörden zählen 7 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete. Zum Landgerichtsbezirk Elberfeld gehören die elf Amtsgerichte zu Barmen, Elberfeld, Langenberg, Lennep, Mettmann, Ohligs, Remscheid, Ronsdorf, Solingen, Velbert und Wermelskirchen. Die Umgebung bietet mit ihren schön bewaldeten Höhen herrliche Partien. In nächster Nähe ist die Königshöhe ein vielbesuchter Aussichtspunkt; weiter sind die Hardt mit Denkmälern des heiligen Suitbertus, des Schulinspektors Wilberg, des Dr. Diemel (Begründers der Hardtanlage) und des Dr. Crecelius sowie einem Kriegerdenkmal, der Kiesberg mit dem Van der Heydtturm, der Nützenberg mit Aussichtsturm, die Elisenhöhe etc. beliebte Ausflugsorte.
Die Burg Elberfeld gehörte ursprünglich zum Erzstift Köln, kam aber 1176 an die Grafen von Berg zunächst als Pfand. Die erste Ansiedelung im Wuppertal veranlasste das klare, zur Bleiche besonders geeignete Bergwasser der Wupper, und bereits 1532 erhielten die Ansiedler der sogenannten Freiheit ein Privilegium auf die Garnbleiche, mit der indes schon um 1450 der Anfang gemacht worden war. Doch erst 1610 erhielt Elberfeld Stadtrechte. 1640 wurden die Wälle und Mauern niedergelegt. Die Seidenfabrikation begann 1760, die Türkischrotfärberei 1780. Besonders wuchsen die Elberfelder Fabriken zu Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, wo die Kontinentalsperre die Konkurrenz mit England möglich machte. 1815 kam Elberfeld mit Berg an Preußen und nahm vornehmlich seit der Begründung des Zollvereins einen bedeutenden Aufschwung.
1929 wurden die Städte Barmen, Cronenberg, Elberfeld, Ronsdorf und Vohwinkel zu Barmen-Elberfeld vereinigt. Noch im selben Jahr beschloss die Stadt sich Wuppertal zu nennen.
Wuppertal ist heute eine Großstadt in Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Düsseldorf, mit rund 355.000 Einwohnern (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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