Emden im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Emden 20.728 Einwohner – 1905 = 210. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Neben der Stadt Emden existiert im Deutschen Reich (Kaiserreich):
- Emden, ein Dorf im Königreich Preußen, Provinz Sachsen, Kreis Neuhaldensleben mit 461 Einwohnern.
Emden im Königreich Preußen
Emden ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Hannover, Regierungsbezirk Aurich (Ostfriesland), liegt 3,8 km von der Ems, die in früheren Zeiten unmittelbar an den Stadtmauern vorüberfloß, jetzt aber durch einen Außenhafen (zugleich Freihafen) von 1400 Meter Länge, 120 Meter Breite und 11,5 Meter Tiefe und einen ebenfalls für größere Seeschiffe zugänglichen Dockhafen (das frühere Binnenfahrwasser) mit der Stadt in Verbindung steht.
Emden besteht aus der am höchsten gelegenen Altstadt, Nord-, Süd- und Mittelfaldern, der tiefer liegenden Boltentors- und Neutorsvorstadt, einem Teil des Kaiser Wilhelm-Polders und dem Königspolder und ist nach Art der holländischen Städte von Kanälen durchschnitten, über die zahlreiche Brücken führen.
Außer den alten Häfen der Stadt (Rathaus- und Falterndelft), die neuerdings durch den Bau der neuen Seeschleuse mit dem bisherigen Binnenfahrwasser Hochwasserhäfen geworden sind, und dem Bahnhofsdock, sind dem Hafenverkehr angeschlossen der Dortmund-Ems-Kanal (Seitenkanal nach Oldersum) bis zur Borssumer Schleuse und der Ems-Jade-Kanal bis zur Kesselschleuse.
Die übrigen Wasserläufe, die mit den Sielen nördlich und südlich vom Ems-Jade-Kanal in Verbindung stehen, teilen deren Binnenwasserstand, setzen die Stadt mit fast allen Ortschaften Ostfrieslands in Verbindung und bilden getrennt von den Seehäfen Häfen für die Binnenschifffahrt.
Vor Überflutungen ist Emden durch die beiden Schleusen und durch Deiche hinreichend geschützt. Aus früheren Zeiten sind noch Wall mit acht Bastionen und Graben z. T. erhalten, ersterer ist jetzt in Anlagen umgewandelt.
Emden hat manche altertümliche Häuser, die mit ihren hohen Giebelfronten an holländische Städte erinnern. Gottesdienstliche Gebäude sind neun vorhanden, darunter drei reformierte, eine lutherische und eine katholische Kirche und eine Synagoge. Bemerkenswert davon sind die alte gotische, seit 1455 erweiterte, 4000 Personen fassende Große Kirche (ursprünglich zu St. Kosmas und Damianus) mit dem Marmordenkmal des ostfriesischen Grafen Enno II. († 1540), die Gasthauskirche, zu dem ehemaligen, 1317 errichteten Franziskanerkloster gehörig, und die Neue Kirche (1643–47 errichte:), deren Turm mit der deutschen Kaiserkrone bedeckt ist.
Das hervorragendste Gebäude der Stadt ist das am Ratsdelft gelegene Rathaus, 1574–76 nach dem Muster des Rathauses von Antwerpen erbaut, mit stattlichem Turm, großem Saal und reichhaltiger Rüstkammer. Bemerkenswert ist auch das Gesellschaftshaus „Kunst“ mit Gemäldegalerie, Altertümer- und Münzsammlung und Bibliothek. An öffentlichen Denkmälern besitzt die Stadt ein Bronzestandbild Kaiser Wilhelms I. (modelliert von Küsthardt), ein Standbild Friedrichs der Große (von Uphues) und ein Standbild des Großen Kurfürsten (von Fritz Schaper) auf dem Rathausplatz, ein Denkmal des Generalpostmeisters Stephan auf dem Stephanplatz und einen Fürbringerbrunnen auf der Bonesche.
Im Jahr 1900 leben in Emden 16.453 Einwohner, die überwiegende Mehrheit sind Evangelische, 902 sind Katholiken und 754 Juden. Emden hat 3 Schiffswerften, 2 Maschinenbauanstalten, betreibt Fabrikation von Strohpappe, Molkereigerätschaften, Tabak, Zigarren, Tauwerk, Drahtseilen, Zement, Sauerkohl, Öl, Leder etc., Ziegelbrennerei und bedeutende Hochsee-, namentlich Heringsfischerei (drei Aktiengesellschaften mit 67 Seeschiffen und einem Ertrag [1902] von 98.250 Tonnen Salzheringen). Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, die abwechselnd hier und in Leer ihren Sitz hat, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 392,4 Millionen Mark) und andere Geldinstitute, ist vorwiegend Seehandel. Der Aktivhandel beschränkt sich auf Getreide, Vieh, Pferde, Butter, Wein, Fische, Holz, Käse etc.
Die Reederei zählte 1901: 86 Seeschiffe zu 11.767 Registertonnen Raumgehalt. 1902 kamen an: 1069 Seeschiffe zu 305.483 Registertonnen, es gingen ab 1042 Seeschiffe zu 321.312 Registertonnen. Der Binnenverkehr stellte sich auf 4823 angekommene und 4808 abgegangene Schiffe. Lebhaft ist auch der Verkehr mit den Inseln Borkum und Norderney, mit denen regelmäßige Dampfschiffsverbindung besteht. Wichtig ist Emden als Ausgangspunkt zahlreicher unterseeischer Telegraphenleitungen (Kabel nach England, Nordamerika und Spanien). Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Emden-Wittmund und Münster i. W.-Emden sowie einer Kleinbahn nach Powsum.
An Bildungsanstalten hat Emden ein Gymnasium, eine Real-, eine Handels-, eine Gewerbe-, eine Navigations- und eine Telegraphistenschule, eine Taubstummenanstalt, ein Museum der Naturforschenden Gesellschaft und der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer etc.; ferner befinden sich dort: ein großes Armen- und Waisenhaus („Gasthaus“ genannt, im ehemaligen Franziskanerkloster) und mehrere Rettungsstationen des Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger. An Behörden hat Emden das Landratsamt für den Landkreis Emden, Amtsgericht, Hauptsteueramt und mehrere Konsulate. Die städtischen Behörden zählen 8 Magistratsmitglieder und 18 Stadtverordnete.
Emden (Emuden, Emetha) wird erstmalig um 1156 erwähnt und gehörte zur Grafschaft im Emsgau; es erscheint zu Anfang des 14. Jahrhundert als Stadt, in der schon 1312 Wiard Abdena zum Drost oder Kommandanten der Burg und zum Propst der Sandkirche eingesetzt wurde. Der Propst Hisco erlaubte den Vitalienbrüdern (Piraten), hier ihren Raub zu verkaufen, wodurch in Emden ein nicht unbedeutender Handel emporwuchs. Um diesen Seeräubereien ein Ende zu setzen, ließ Hamburg 1402 die Stadt besetzen und stürzte 1431 in Gemeinschaft mit Edzard, Herrn von Gretsyl, aus dem Haus Cirksena, die Abdenas, worauf die Stadt den Hamburgern und den Cirksenas gemeinschaftlich gehörte.
1453 trat Hamburg die Stadt den Cirksenas auf 16 Jahre ab. Später erkaufte Graf Ulrich von den Hamburgern das Erbrecht auf Emden. Seit 1544 wurde die Reformation eingeführt und infolge der niederländischen Revolution fanden zahlreiche Einwanderungen in Emden statt. 1553 wurde die erste Heringskompanie errichtet und 1595 wurde Emden freie Reichsstadt unter dem Schutz Hollands, das hier vertragsmäßig bis 1744 eine Garnison unterhielt.
1681 verlegte der Große Kurfürst als Schutzherr von Ostfriesland sein Admiralitätskollegium nach Emden, machte es zum Kriegshafen und zum Sitz der brandenburgisch-afrikanischen Handelskompanie (Großfriedrichsburg). 1741 kam die Stadt mit Ostfriesland an Preußen. Friedrich der Große suchte die Schifffahrt durch Errichtung eines Freihafens 1751 zu heben; allein erst der Siebenjährige und der englisch-amerikanische Krieg, besonders aber der französische Revolutionskrieg führten einen Aufschwung des Handels und der Schifffahrt herbei.
Desto tiefer war ihr Fall 1806, als infolge der Streitigkeiten zwischen Preußen und England Emden durch englische Kaper für 3 Millionen Gulden Eigentum und fast alle größeren Seeschiffe verlor. 1810 wurde Emden der Hauptort des französischen Departements Ost-Ems, 1814 kam es an Preußen, 1815 an Hannover.
1845–49 erbaute sich die Stadt ein neues Fahrwasser nach der Ems, die im Lauf der Jahrhunderte ihr altes Bett verlassen hatte. Nachdem der Schifffahrtsverkehr durch die Eröffnung des Ems-Jade- und des Dortmund-Ems-Kanals einen erheblichen Aufschwung erhalten hatte, wurde 1899–1901 ein neuer Außenhafen (Freibezirk) angelegt.
Emden ist heute eine Stadt im Nordwesten von Niedersachsen mit rund 50.000 Einwohnern (2021).
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Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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