S.M.S. Seydlitz (1912), Großer Kreuzer der Kaiserlichen Marine, technische Angaben und Geschichte in alten Postkarten.
S.M.S. Seydlitz (1912) – Angaben
Name: | Seydlitz |
Namensherkunft: | Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz (03.02.1721 – 08.11.1773), preußischer Reitergeneral |
Stapellauf: | 30.03.1912 in Hamburg (Blohm & Voss) |
Schwesterschiffe: | Einzelschiff |
Besatzung: | ca. 1108 Mann |
Maße: | Länge 200 m, Breite 28,5 m, Tiefgang 8,2 m |
Wasserverdrängung: | 25.000 Tonnen |
Maschinenleistung: | 89.738 PS, 2 Satz Parsonsturbinen in 3 Maschinenräumen, 27 Marine-Kessel |
Maximale Geschwindigkeit: | 26,5 kn |
Dampfstrecke: | 4200 Seemeilen |
Kohlenvorrat: | 3600 Tonnen |
Bewaffnung: | 10 x 28 cm Schnellfeuerkanonen, 12 x 15 cm Schnellfeuerkanonen, 12 x 8,8 cm Schnellfeuerkanonen, Torpedos und Flak |
Ende: | Selbstversenkung am 21.06.1919 in Scapa Flow. |
S.M.S. Seydlitz (1912) – Geschichte
Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz
* 03.02.1721 in Calcar bei Cleve,
† 08.11.1773 in Ohlau bei Breslau
preußischer General, ausgezeichneter Reiterführer in den Schlesischen und im Siebenjährigen Kriege.
Die sieben in Dienst gestellten Schlachtkreuzer (S.M.S. von der Tann, S.M.S. Moltke, S.M.S. Goeben, S.M.S. Seydlitz, S.M.S. Derfflinger, S.M.S. Lützow und S.M.S. Hindenburg) der Kaiserlichen Marine, waren die modernsten und schlagkräftigsten deutschen Kriegsschiffe ihrer Zeit. Während der Gefecht auf der Doggerbank (24. Januar 1915) und der Seeschlacht vor dem Skagerrak – The Battle of Jutland (31. Mai – 1. Juni 1916) erlitten sie die höchsten Verluste an Menschen und Material.
Trotz schwerster Treffer blieben sie kampf- und schwimmfähig (nur S.M.S. Lützow musste aufgegeben werden), da sie, anders als britische Schiffe, nach dem Prinzip der größtmöglichen Sinksicherheit konstruiert und gebaut wurden. Insgesamt zeugen diese Schiffe von einer bemerkenswerten Leistung der Ingenieure, Werftarbeiter und Mannschaften. Sie stellten Spitzenleistungen der Schiffbaukunst dar.
In Deutschland konstruierte man, als Antwort auf die britischen Schlachtkreuzer (Invincible) die wuchtig, aber dennoch schnittigen Turbinen-Schlachtkreuzer. Ihre Gürtelpanzerung betrug 25-30 cm. S.M.S. Seydlitz war eine gelungene Weiterentwicklung der Moltke-Klasse. Der Bau des Schiffes wurde durch einen schweren Spionagefall überschatten, da ein Ingenieur der Werft Blohm & Voss den Bauplan an die Briten verkaufte.
Die Taufe des Schiffes vollzog am 30.03.1912 in Hamburg (Blohm & Voss) der General der Kavallerie von Kleist. Das Schiff übte seinen Dienst bis 1917 als Verbandsflaggschiff aus. Im Sommer 1914 geleitete es S.M.S. Hohenzollern nach Norwegen, bis die Reise vorzeitig abgebrochen wurde. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) nahm S.M.S. Seydlitz an verschiedenen Militäraktionen teil.
Teilnahme am Gefecht auf der Doggerbank (25.01.1915 ) in der 1. Aufklärungsgruppe bestehend aus den Großen Kreuzern:
- S.M.S. Seydlitz als Flaggschiff Hippers mit Kommandant Kapitän zur See von Egidy
- S.M.S. Derfflinger mit Kommandant Kapitän zur See von Reuter
- S.M.S. Moltke mit Kommandant Kapitän zur See von Levetzow
- S.M.S. Blücher mit Fregattenkapitän Erdmann
Im Kampf trifft eine 34,4 cm Granate den hintersten Turm D auf S.M.S. Seydlitz, unglücklicherweise an einer Stelle, wo zwei Panzerplatten zusammenstoßen, die Munitionskammern der beiden hinteren Geschütztürme (C und D) geraten in Brand, nach wenigen Sekunden schoss aus dem Hinterschiff in eine blaue Stichflamme empor, die unbeweglich bis zur Höhe der Mastspitzen stand. In wenigen Minuten waren 6000 kg Pulver abgebrannt.
Fast alle Bedienungsmannschaften waren augenblicklich tot, sie starben einen grausamen Tod: „… ein Tod ohne Blut, ohne Leichen. Nachdem die Stichflamme zusammengefallen ist, gehen weiche, schwarze Flocken nieder.„, schrieb später Theodor Plievier über derartige Explosionen. Der erste Artillerieoffizier des Flaggschiffes, Korvettenkapitän Foerster handelte sofort und gab Befehl Abteilung III des Schiffes, das ist die Abteilung des Schiffes, in dem die beiden Türme mit ihren Kammern liegen, zu fluten. Viele glaubten, dass das Ende von S.M.S. Seydlitz gekommen sei. Inzwischen war der erste Offizier, Korvettenkapitän Hagedorn, mit dem Feuerwerker Müller und Pumpenmeister Hering in die Abteilung III vorgedrungen, da, wo die Ventile zum Unterwassersetzen der Abteilung lagen. Mit Todesverachtung stürzten die drei in die Abteilung zu den Flutventilen.
In rasender Eile reißen sie ein Ventil nach dem anderen auf, die Handräder sind glühend, sie erleiden schwere Verbrennungen an den Händen, aber der Brand in den Kammern wird dadurch gelöscht. Vom Nachbarturm E dringt nun eine Abteilung unter Leutnant zur See Walter gegen das brennende Holzdeck vor… Hippers Geschwader entkam den weit überlegenen britischen Kampfschiffen, schweren Herzens überließ er S.M.S. Blücher seinem Schicksal und nahm Kurs auf die Deutsche Bucht.
S.M.S. Seydlitz erreichte nach dem schweren Treffer einen Salventakt, der wohl unerreicht sein dürfte. Der 1.AO Förster gab nach dem Treffer an die beiden noch feuernden Türme den Befehl „Schnell, gut“. Daraufhin feuerte „Seydlitz“ im 10 Sekunden-Takt. Hintergrund dieses Befehls war die auf der Brücke der „Seydlitz“ als sicher angenommene baldige Explosion des ganzen Schiffes. Ein Rettungsversuch für die Besatzung wurde unter diesen Umständen als nicht mehr durchführbar gehalten.
Deshalb sollte „Seydlitz“ mit maximaler Feuergeschwindigkeit den Rest des deutschen Geschwader solange wie möglich unterstützen. Die Schlacht auf der Doggerbank kostete 165 Besatzungsmitgliedern der „Seydlitz“ das Leben.
Bei einem Unternehmen vor der englischen Küste läuft das Schiff am 24.04.1916 auf eine Mine.
Während der Seeschlacht vor dem Skagerrak (31. Mai 1916 bis zum 1. Juni 1916 ) erlitt der Große Kreuzer schwerste Beschädigungen, 98 Tote und 55 Verwundete waren zu beklagen. S.M.S. Seydlitz konnte aber Dank seiner hervorragend ausgebildeten und motivierten Besatzung aus eigener Kraft, mit 5300 t Wasser im Schiff, Wilhelmshaven erreichen.
Am 19.11.1918 bricht die Kaiserliche Kriegsflotte, unter ihnen S.M.S. Seydlitz, in einer fünfzig Kilometer langen Kolonne von Wilhelmshaven zu ihrer letzten Fahrt auf. Über 70 Linienschiffe, Kreuzer und Torpedoboote erfüllen eine Bedingung des Waffenstillstandsvertrags zwischen den Siegermächten und dem Deutschen Reich. Darin wird die Auslieferung aller deutschen U-Boote und die Internierung der modernsten Überwassereinheiten verlangt. Die Schiffe sind vollständig abgerüstet worden.
Am 21.Juni 1919 versenkt sich die Kaiserliche Marine in Scapa Flow, 10 Linienschiffe, 5 Große Kreuzer, 5 Kleine Kreuzer sowie 45 Torpedoboote, selbst.
Nach über 40 Versuchen wird am 2. November 1928 die Seydlitz von den Briten gehoben und bis 1930 abgewrackt.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1880
- „Deutschlands Seemacht“ von Georg Wislicenus – Verlag Friedrich Wilhelm Grunow, Leipzig 1896
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“ 1898
- „Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte“ von Vizeadmiral a.D. Reinhold Werner – München 1899
- „Nauticus – Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen“ 1899-19
- „Überall“ Illustrierte Zeitschrift für Armee und Marine, Jahrgänge
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1902
- „Deutschland zur See“ von Victor Laverrenz, Berlin 1900
- „Marine-Album“ Berlin 1910
- „Deutschland zur See“ Illustrierte Wochenschrift, Zeitschrift des Vereins „Marinedank“, Berlin, Jahrgänge
- „Der Völkerkrieg – Eine Chronik der Ereignisse seit dem 1.Juli 1914“ Verlag von Julius Hoffmann, Stuttgart 1914-1922
- „Taschenbuch der Kriegsflotten“, J.F. Lehmann’s Verlag, München Jahrgänge von 1900 bis 1936
- „Kennung der deutschen Kriegsschiffe und Torpedoboote“ – Admiralstab der Marine 1917
- „Das Reichsarchiv“ Band 1 – 36, Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1924
- „Unsere Marine im Weltkrieg 1914-1918“ Vaterländischer Verlag Berlin 1927
- „Deutsche Seefahrt“ – von Trotha und König, Otto Franke/ Verlagsgesellschaft Berlin – Birkenwerder 1928
- „Marinearchiv“ Band I und II Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1931
- „Unsere Marine – Schiffsbilder“, Bilder der Reichsmarinesammlung im Museum für Meereskunde zu Berlin (1930)
- „So war die alte Kriegsmarine“ von Eberhard von Mantey – Berlin 1935
- „Die deutschen Kriegsschiffe“, Groener 1966
- „Die Deutschen Kriegsschiffe“, Hildebrand/Röhr/Steinmetz
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