S.M.S. Preußen (1873), Panzerfregatte der Kaiserlichen Marine, technische Angaben und Geschichte in alten Postkarten.
S.M.S. Preußen (1873) – Angaben
Name: | Preußen, ab 1903 Saturn |
Namensherkunft: | 1. Preußen, Königreich Preußen |
2. Saturn, römischer Gott | |
Stapellauf: | 22.11.1873 in Stettin (AG Vulcan) |
Schiffsart und -klasse: | Panzerschiff, Typschiff Preußen |
Schwesterschiffe: | S.M.S. Friedrich der Große (1874), S.M.S. Preußen (1873), S.M.S. Großer Kurfürst (1875) |
Besatzung: | ca. 542 Mann |
Maße: | Länge 93,6 m, Breite 16,3 m, Tiefgang 7,2 m |
Wasserverdrängung: | 6820 Tonnen |
Maximale Geschwindigkeit: | 12 kn |
Bewaffnung: | 10 Schnellfeuerkanonen Kaliber 8,8 cm, 2 Revolverkanonen Kaliber 3,7 cm |
Ende: | Ab 12.11.1903 S.M.S. Saturn (Hafenschiff), 1919 in Wilhelmshaven abgewrackt. |
S.M.S. Preußen (1873) – Geschichte
Nach dem Deutschen Krieg von 1866 kommt es zur Errichtung des Norddeutschen Bundes und damit zur Schaffung der Norddeutschen Bundesmarine: Auch die preußischen Kriegsschiffe führen die neue Bundeskriegsflagge. Die Marine soll jetzt nicht nur dem Schutz der Schifffahrt und der Küste dienen, sondern auch im Bedarfsfalle das offensive Vergehen gegen feindliche Kräfte, Küsten und Häfen ermöglichen. Kriegsminister Albrecht von Roon arbeitet einen Flottengründungsplan aus, nachdem in den nächsten zehn Jahren: 10 Panzerschiffe, 20 Korvetten, 22 Küstenverteidigungsfahrzeuge, 8 Avisos, 3 Transportschiffe und 7 Schulschiffe gebaut werden sollen. Der Reichstag bewilligt diesen Plan zwar, jedoch ist die deutsche Schiffsbauindustrie und ungenügend entwickelt. Man benötig Musterschiffe und kauft daher im Ausland geeignete Fahrzeuge: in Frankreich die Panzerfregatte S.M.S. Friedrich Carl (6800 t und 16 Geschütze), in England S.M.S. Kronprinz (5600 t und 16 Geschütze) und S.M.S. König Wilhelm (9800 t und 23 Geschütze) – in seiner Zeit ein Gigant und das damals stärkste Schiff, ursprünglich wurde es von den Türken bestellt, dann aber von diesen nicht abgenommen. Es hatte seine 24-cm-Kruppsche-Mantelringkanonen in langer Batterie und im Bug aufgestellt und machte mit seiner immer noch üblichen Segeltakelage, dem massiven Rammsporn und Gürtelpanzer einen imposanten Eindruck.
Der Bau der Panzerschiffe der Preußen-Klasse (S.M.S. Friedrich der Große, S.M.S. Preußen, S.M.S. Großer Kurfürst) erfolgte nach dem 1. Amtsentwurf von 1868. S.M.S. Preußen unter dem Projektnamen „Borussia“ wurde von der Privatwerft AG Vulcan in Stettin (Pommern) auf Kiel gelegt. Der Schiffstyp war eine Quer- und Längsspant-Eisenbau mit einem Panzer aus Schmiedeeisen auf Teakholz. Angetrieben wurde es von einer liegenden, dreizylindrigen Einfachexpansionsmaschinen von A.G. Vulcan Stettin bzw. F.A. Egells aus Berlin. Zur Erzeugung elektrischer Energie verfügte das Schiff über 3 Dynamos mit 65 Volt 30 kW. Obwohl sich der deutsche Kriegsschiffbau erst in den Anfängen befand, erwiesen sich die neuen Schiffe der Preußen-Klasse als ziemlich gute Seeschiffe mit angenehmen Bewegungen, die gut drehten und sehr gut zu manövrieren waren. Unter Segel waren sie jedoch langsam.
Am 31. Mai 1878 dampfte ein deutsches Panzergeschwader unter dem Befehl des Konteradmirals Carl Ferdinand Batsch (1831 – 1898), bestehend aus dem Flaggschiff S.M.S. König Wilhelm, der Panzerfregatte S.M.S. Großer Kurfürst, S.M.S. Preußen und dem Aviso S.M.S. Falke, durch den Englischen Kanal, um im Mittelmeer ein Manöver durchzuführen, als es während der Fahrt zum einem folgenschweren Zusammenstoß kam. Auf der Höhe von Folkestone wurde der Kurs des Geschwaders von 2 Segelschiffe gekreuzt. S.M.S. König Wilhelm und S.M.S. Großer Kurfürst mussten ausweichen und wollten grade auf ihren alten Kurs zurückgehen. Da der Steuermann auf S.M.S. König Wilhelm ein Ruderkommando seines Wachoffiziers missverstand, drehte das Schiff und rammte mit seinem Rammsporn S.M.S. Großer Kurfürst so stark, dass es nach Backbord drehte. In dieser prekären Situation versäumte die Schiffsführung auf S.M.S. Großer Kurfürst zudem „Schotten dicht“ zu befehlen. Nachdem sich beide Schiffe wieder gelöst hatten, drang Wasser in S.M.S. Großer Kurfürst so schnell ein, dass es kurz darauf mit 269 Mann an Bord versankt. 218 Mann wurden von deutschen und englischen Schiffen gerettet.
Von vielen Seiten wurde Konteradmiral Batsch als Hauptschuldiger für die Katastrophe verantwortlich gemacht, weil man die Ursache des Zusammenstoßes der beiden Panzerschiffe lediglich in der von ihm befohlenen zu geringen Distanz derselben finden zu müssen glaubte, der Chef der Admiralität von Stosch verteidigte jedoch im Reichstag das Verhalten Batschs auf das lebhafteste und schob die Schuld des Unglücks ausschließlich auf die mangelhafte Ausführung der gegebenen Befehle. Trotzdem wurde Batsch wegen Nichtbeachtung der Vorschriften über die einzuhaltende Distanz für schuldig erklärt und im Juli 1879 zu sechs Monaten Festung verurteilt. Kaiser Wilhelm I. bestätigte das Urteil, begnadigte Batsch aber, nachdem er erst zwei Wochen seiner Haft auf der Festung Magdeburg verbüßt hatte, und ernannte ihn sogar unmittelbar darauf zum Departementsdirektor in der Admiralität, 1880 zum Vizeadmiral und 1881 zum Chef der Marinestation der Ostsee.
S.M.S. Preußen diente bis 1891 aktiv in der Kaiserlichen Marine. Besonders zu erwähnen sie hierbei die Mittelmeerreisen von 1890 und 1891. Danach wurde es als Wachtschiff und Hafenschiff in Wilhelmshaven eingesetzt.
S.M.S. Saturn
Da am 30. Oktober 1903 in Stettin (A.G. Vulcan) ein neues Linienschiff auf den Namen S.M.S. Preußen getauft wurde, bekam die alte Panzerkorvette am 12. November 1903 den neuen Namen S.M.S. Saturn. Ab 1906 diente das Schiff als Kohlenhulk für Torpedoboote, wurde am 27. Juni 1919 verkauft und in Wilhelmshaven abgewrackt.
Quellenhinweise:
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1880
- „Deutschlands Seemacht“ von Georg Wislicenus – Verlag Friedrich Wilhelm Grunow, Leipzig 1896
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“ 1898
- „Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte“ von Vizeadmiral a.D. Reinhold Werner – München 1899
- „Nauticus – Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen“ 1899-19
- „Überall“ Illustrierte Zeitschrift für Armee und Marine, Jahrgänge
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1902
- „Deutschland zur See“ von Victor Laverrenz, Berlin 1900
- „Marine-Album“ Berlin 1910
- „Deutschland zur See“ Illustrierte Wochenschrift, Zeitschrift des Vereins „Marinedank“, Berlin, Jahrgänge
- „Der Völkerkrieg – Eine Chronik der Ereignisse seit dem 1.Juli 1914“ Verlag von Julius Hoffmann, Stuttgart 1914-1922
- „Taschenbuch der Kriegsflotten“, J.F. Lehmann’s Verlag, München Jahrgänge von 1900 bis 1936
- „Kennung der deutschen Kriegsschiffe und Torpedoboote“ – Admiralstab der Marine 1917
- „Das Reichsarchiv“ Band 1 – 36, Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1924
- „Unsere Marine im Weltkrieg 1914-1918“ Vaterländischer Verlag Berlin 1927
- „Deutsche Seefahrt“ – von Trotha und König, Otto Franke/ Verlagsgesellschaft Berlin – Birkenwerder 1928
- „Marinearchiv“ Band I und II Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1931
- „Unsere Marine – Schiffsbilder“, Bilder der Reichsmarinesammlung im Museum für Meereskunde zu Berlin (1930)
- „So war die alte Kriegsmarine“ von Eberhard von Mantey – Berlin 1935
- „Die deutschen Kriegsschiffe“, Groener 1966
- „Die Deutschen Kriegsschiffe“, Hildebrand/Röhr/Steinmetz
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