S.M.S. König Wilhelm (1868), Panzerfregatte der Kaiserlichen Marine, technische Angaben und Geschichte in alten Postkarten.
S.M.S. König Wilhelm (1868) – Angaben
Name: | König Wilhelm |
Namensherkunft: | König Wilhelm von Preußen, ab 1871 Kaiser Wilhelm I. (der Große) |
Stapellauf: | 25.04.1868 London (Thames Iron Works & Shipbuilding Co. Blackwall) |
Schwesterschiffe: | Einzelschiff |
Besatzung: | ca. 732 Mann |
Maße: | Länge 108 m, Breite 18 m, Tiefgang 8,4 m |
Wasserverdrängung: | 9750 Tonnen |
Maximale Geschwindigkeit: | 14,5 kn |
Bewaffnung: | 1905: 22 Kanonen Kaliber 24 cm, 1 Kanone Kaliber 15 cm, 18 Schnellfeuerkanonen Kaliber 8,8cm |
Ende: | 1921 verkauft und abgewrackt |
S.M.S. König Wilhelm (1868) – Geschichte
Kaiser Wilhelm I.
* 22.03.1797 in Berlin,
† 09.03.1888 in Berlin;
1861 – 1888 König von Preußen und 1871 – 1888 Deutscher Kaiser
Nach dem Deutschen Krieg von 1866 kommt es zur Errichtung des Norddeutschen Bundes und damit zur Schaffung der Norddeutschen Bundesmarine: Auch die preußischen Kriegsschiffe führen die neue Bundeskriegsflagge.
Die Marine soll jetzt nicht nur dem Schutz der Schifffahrt und der Küste dienen, sondern auch im Bedarfsfalle das offensive Vergehen gegen feindliche Kräfte, Küsten und Häfen ermöglichen. Kriegsminister von Albrecht Graf von Roon arbeitet einen Flottengründungsplan aus, nachdem in den nächsten zehn Jahren: 10 Panzerschiffe, 20 Korvetten, 22 Küstenverteidigungsfahrzeuge, 8 Avisos, 3 Transportschiffe und 7 Schulschiffe gebaut werden sollen.
Der Reichstag bewilligt diesen Plan zwar, jedoch ist die deutsche Schiffbauindustrie und ungenügend entwickelt. Man benötig Musterschiffe und kauft daher im Ausland geeignete Fahrzeuge: in Frankreich die Panzerfregatte S.M.S. Friedrich Carl (6800 t und 16 Geschütze), in England S.M.S. Kronprinz (5600 t und 16 Geschütze) und S.M.S. König Wilhelm (9800 t und 23 Geschütze) – in seiner Zeit ein Gigant und das damals stärkste Schiff, ursprünglich wurde es von den Türken bestellt, dann aber von diesen nicht abgenommen.
Es hatte seine 24-cm-Kruppsche-Mantelringkanonen in langer Batterie und im Bug aufgestellt und machte mit seiner immer noch üblichen Segeltakelage, dem massiven Rammsporn und Gürtelpanzer einen imposanten Eindruck. Die Panzerfregatte als „Fatih“ für die türkische Marine geplant, wurde am 6. Februar 1867 vom Königreich Preußen gekauft und zunächst auf den Namen „Wilhelm I.“ getauft und wenig später in „König Wilhelm“ umbenannt.
Angetrieben wurde es von einer liegenden, zweizylindrigen Einfachexpansionsmaschinen von Maudalay Son & Field aus London. Zur Erzeugung elektrischer Energie verfügte das Schiff über 4 Dynamos mit 65 Volt 60 – 68 kW. S.M.S. König Wilhelm galt als vorzügliches Schiff, es manövrierte sehr gut, schlingerte aber heftig. Die Segel hatten nur einen geringen Einfluss.
Am 31. Mai 1878 dampfte ein deutsches Panzergeschwader unter dem Befehl des Konteradmirals Carl Ferdinand Batsch (1831 – 1898), bestehend aus dem Flaggschiff S.M.S. König Wilhelm, der Panzerfregatte S.M.S. Großer Kurfürst, S.M.S. Preußen und dem Aviso S.M.S. Falke, durch den Englischen Kanal, um im Mittelmeer ein Manöver durchzuführen, als es während der Fahrt zum einem folgenschweren Zusammenstoß kam. Auf der Höhe von Folkestone wurde der Kurs des Geschwaders von 2 Segelschiffe gekreuzt. S.M.S. König Wilhelm und S.M.S. Großer Kurfürst mussten ausweichen und wollten grade auf ihren alten Kurs zurückgehen.
Da der Steuermann auf S.M.S. König Wilhelm ein Ruderkommando seines Wachoffiziers missverstand, drehte das Schiff und rammte mit seinem Rammsporn S.M.S. Großer Kurfürst so stark, dass es nach Backbord drehte. In dieser prekären Situation versäumte die Schiffsführung auf S.M.S. Großer Kurfürst zudem „Schotten dicht“ zu befehlen. Nachdem sich beide Schiffe wieder gelöst hatten, drang Wasser in S.M.S. Großer Kurfürst so schnell ein, dass es kurz darauf mit 269 Mann an Bord versankt. 218 Mann wurden von deutschen und englischen Schiffen gerettet.
Von vielen Seiten wurde Konteradmiral Batsch als Hauptschuldiger für die Katastrophe verantwortlich gemacht, weil man die Ursache des Zusammenstoßes der beiden Panzerschiffe lediglich in der von ihm befohlenen zu geringen Distanz derselben finden zu müssen glaubte, der Chef der Admiralität von Stosch verteidigte jedoch im Reichstag das Verhalten Batschs auf das lebhafteste und schob die Schuld des Unglücks ausschließlich auf die mangelhafte Ausführung der gegebenen Befehle.
Trotzdem wurde Batsch wegen Nichtbeachtung der Vorschriften über die einzuhaltende Distanz für schuldig erklärt und im Juli 1879 zu sechs Monaten Festung verurteilt. Kaiser Wilhelm I. bestätigte das Urteil, begnadigte Batsch aber, nachdem er erst zwei Wochen seiner Haft auf der Festung Magdeburg verbüßt hatte, und ernannte ihn sogar unmittelbar darauf zum Departementsdirektor in der Admiralität, 1880 zum Vizeadmiral und 1881 zum Chef der Marinestation der Ostsee.
Nach dem schweren Unglück wurde S.M.S. König Wilhelm von 1878 bis 1882 auf der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven grundlegend umgebaut, so entfernte man das Bugspriet und die Takelung bis auf die Untermasten. Das Schiff bekam die dicken Dampfrohre an den Schornsteinen und wurde nun zum Panzerkreuzer I. Klasse eingestuft.
1895 bis 1896 baute man das Schiff für 603 000 Mark auf der Werft Blohm & Voss in Hamburg zum Großen Kreuzer um.
1907 wurde S.M.S. König Wilhelm noch einmal auf der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven grundlegend zum Schulschiff umgebaut und diente als stationäres Wohn- und Exerzierschiff für Schiffsjungen zunächst in Kiel, ab 1909 in Mürwik (Flensburg). Am 4. Januar 1921 wurde das Schiff verkauft und später abgewrackt.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1880
- „Deutschlands Seemacht“ von Georg Wislicenus – Verlag Friedrich Wilhelm Grunow, Leipzig 1896
- „Die Heere und Flotten der Gegenwart – Deutschland“ 1898
- „Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte“ von Vizeadmiral a.D. Reinhold Werner – München 1899
- „Nauticus – Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen“ 1899-19
- „Überall“ Illustrierte Zeitschrift für Armee und Marine, Jahrgänge
- „Das Buch von der Deutschen Flotte“, von R. Werner, Verlag von Velhagen und Klasing – Bielefeld und Leipzig 1902
- „Deutschland zur See“ von Victor Laverrenz, Berlin 1900
- „Marine-Album“ Berlin 1910
- „Deutschland zur See“ Illustrierte Wochenschrift, Zeitschrift des Vereins „Marinedank“, Berlin, Jahrgänge
- „Der Völkerkrieg – Eine Chronik der Ereignisse seit dem 1.Juli 1914“ Verlag von Julius Hoffmann, Stuttgart 1914-1922
- „Taschenbuch der Kriegsflotten“, J.F. Lehmann’s Verlag, München Jahrgänge von 1900 bis 1936
- „Kennung der deutschen Kriegsschiffe und Torpedoboote“ – Admiralstab der Marine 1917
- „Das Reichsarchiv“ Band 1 – 36, Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1924
- „Unsere Marine im Weltkrieg 1914-1918“ Vaterländischer Verlag Berlin 1927
- „Deutsche Seefahrt“ – von Trotha und König, Otto Franke/ Verlagsgesellschaft Berlin – Birkenwerder 1928
- „Marinearchiv“ Band I und II Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i.O. 1931
- „Unsere Marine – Schiffsbilder“, Bilder der Reichsmarinesammlung im Museum für Meereskunde zu Berlin (1930)
- „So war die alte Kriegsmarine“ von Eberhard von Mantey – Berlin 1935
- „Die deutschen Kriegsschiffe“, Groener 1966
- „Die Deutschen Kriegsschiffe“, Hildebrand/Röhr/Steinmetz
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