Fraktur-Schrift

Die Geschichte der Fraktur-Schrift (Schwabacher-Judenlettern und Deutsche Schrift).

Darlehenskassenschein, Fünf Mark 1914

Mit Fraktur (Bruchschrift) bezeichnet man in der Buchdruckerei den Namen der „deutschen Lettern“ mit scharf gebrochenen Ecken, zum Unterschied von der abgerundeten römischen oder Antiquaschrift. Albrecht Dürer, Vinzenz Röckner, Hofsekretär des Kaisers Maximilian I., und Johann Neudörfer, ein Schönschreiber in Nürnberg und Zeitgenosse der Vorgenannten, sind ihre Urheber.

Albrecht Dürer

Albrecht Dürer
* 21.05.1471 in Nürnberg,
† 06.04.1528 in Nürnberg;
Maler, Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt

Die Formen der Fraktur sind auf die in den geschriebenen Büchern vor Erfindung der Buchdruckerkunst üblichen Buchstabenformen gegründet, hatten indes im 17. Jahrhundert alle Schönheit verloren und sind erst durch G. I. Breitkopf im 18. und durch die Schriftschneider und Schriftgießer Gebrüder Walbaum im Anfang des 19. Jahrhunderts einer nachhaltigen Reform unterzogen worden. 

Die Fraktur wurde früher außer zum Druck von deutschen Werken auch angewandt für die dänische und norwegische Sprache, hat hier aber, wie im Schwedischen, fast ganz der Antiqua weichen müssen; gebräuchlich ist sie um 1900 noch für das Finnische, Lettische, Litauische, Estnische, Nordfriesische und Isländische, doch wich sie auch hier im allgemeinen mehr und mehr der Antiqua. In Deutschland fand sie an den Brüdern Grimm und deren Anhängern entschiedene Gegner und ist beim Druck von wissenschaftlichen, nur auf Gelehrtenkreise berechneten Werken ziemlich außer Gebrauch gekommen (etwa 60–70 Prozent wurden um 1900 im Deutschen Reich mit Antiqua gedruckt); in Zeitungen und in der schulwissenschaftlichen und Volksliteratur behauptete sie dagegen noch das Feld. In der Schönschreibekunst heißt auch die sogenannte Kanzleischrift Fraktur.

ABC in Fraktur
ABC in Fraktur

Die Verwendung der Frakturschrift ist an eine Reihe von Regeln gebunden, was etwa die Verwendung von Sonderzeichen, Ligaturen und verschiedenen s-Formen betrifft. Ausführliche Rechtschreibregeln u.a. für die verschiedenen S-Varianten: PDF-File Wissen HS_4S-Dist (mit freundlicher Genehmigung des Bundes für deutsche Schrift und Sprache).

S-Varianten Fraktur
S-Varianten Fraktur

Die Fraktur (Bruchschrift) ist eine im 15. Jahrhundert entstandene Schriftgattung, oft wird sie auch als gotische oder deutsche Schrift bezeichnet. Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst, druckte noch in den Schriftarten der damals verwendeten Handschriften, also vor allem in der gotischen Schrift. Diese Schrift musste aber gegen Ende des 15. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Renaissance einer neuen Schrift weichen, der so genannten „Schwabacher Schrift“, die wohl zuerst von Johannes Bämler in einem Augsburger Wiegendruck vom Jahre 1472 verwendet worden ist. Um das Jahr 1490 erreicht die Schwabacher ihre Vollendung u.a. in der bekannten Schedelschen Weltchronik, gedruckt von Anton Koberger (1493), und in der Dürerschen Apokalypse (1498). Sie wird dann auch von zahlreichen anderen deutschen Druckern übernommen.

Schedelsche Weltchronik 1493 Patavia (Passau)

Auch in unseren Tagen begegnet man der Frakturschrift praktisch überall: Auf Schildern, Hotel- und Restaurantnamen, Urkunden, auf den alten Geldscheinen aber auch immer wieder bei Aktion „Gegen Rechts“. So entschied sich der „Spiegel“ auf dem Titelblatt seiner Ausgabe vom 1.9.2018 mit dem umstrittenen Sachsen-Titel „Sachsen – Wenn Rechte nach der Macht greifen“ zur teilweisen Verwendung der Frakturschrift, wobei hier falsch das Schluss-S als Mittel-S verwendet wurde.

Das Wort Sachsen in Fraktur
Das Wort Sachsen in Fraktur

Während die Frakturschrift also für die einen eine harmlose nostalgische Zierte ist, kommt es bei anderen, auch unpolitischen Menschen, automatisch zur Assoziationen mit dem Nationalsozialismus. Dieser gedankenlose Umgang mit unserem kulturellen Erbe zeugt aber leider viel mehr für mangelhafte Geschichtskenntnisse, denn der Vorwurf die Fraktur seine eine „Nazischrift“ ist falsch! Im Gegenteil, sie wurde von den Nazi sogar als jüdische Schrift bezeichnet und als „undeutsch“ verboten.

Die Gotische bzw. Frakturschrift wurde nach einem Erlass vom 3. Januar 1941 von den Nationalsozialisten als „Schwabacher Judenlettern“ verboten (siehe Bundesarchiv Koblenz „NS 6/334“ Rundschreiben vom 3.1.1941 M. Bormann):

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Der Stellvertreter des Führers

(Sinnigerweise ist der originale Briefkopf in Frakturschrift!)
Stabsleiter München 33,
z.Z. Obersalzberg den 3.1.1941
Rundschreiben (nicht zur Veröffentlichung)
Zu allgemeiner Beachtung teile ich im Auftrag des Führers mit:
Die so genannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen und zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die so genannte gotische Schrift aus Schwabacher-Judenlettern. Genauso wie sie sich später in den Besitz der Zeitungen setzten, setzten sich die in Deutschland ansässigen Juden bei der Einführung des Buchdrucks in den Besitz der Buchdruckereien, und dadurch kam es in Deutschland zu der starken Einführung der Schwabacher-Judenlettern.
Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, daß die Antiqua-Schrift künftig als Normalschrift zu bezeichnen sei. Nach und nach sollen sämtliche Druckerzeugnisse auf diese Normalschrift umgestellt werden. Sobald dies schulbuchmäßig möglich ist wird in den Dorfschulen und Volksschulen nur mehr die Normalschrift gelehrt werden.
Die Verwendung der Schwabacher-Judenlettern durch die Behörden wird künftig unterbleiben; Ernennungsurkunden für Beamte, Straßenschilder u. dergl. werden künftig nur mehr in Normalschrift gefertigt werden.
Im Auftrage des Führers wird Herr Reichsleiter Amann zunächst jene Zeitungen und Zeitschriften, die bereits eine Auslandsverbreitung haben, oder deren Auslandsverbreitung erwünscht ist, auf Normalschrift umstellen.
gez. Bormann

Das die Schrift von Schwabacher Juden geschaffen wurde ist allerdings eher unwahrscheinlich, denn erstens gab es in Schwabach damals weder eine Buchdruckerei noch eine Schriftgießerei und zweitens war den Juden der Erwerb von Druckereien und das Arbeiten in einer Druckerei nach den strengen Zunftgesetzen der damaligen Zeit verboten. Nur Christen, die das Bürgerrecht besaßen, durften in einer Druckerei tätig sein. Auch die weitere Behauptung des Erlasses, dass „die in Deutschland ansässigen Juden bei der Einführung des Buchdrucks sich in den Besitz der Druckereien setzten und dass es dadurch zu der starken Einführung der Schwabacher Judenlettern gekommen sei„, ist falsch. Tatsächlich gab es aber im 15. Jahrhundert und noch lange Zeit danach in Deutschland nicht eine einzige in jüdischem Besitz befindliche Druckerei. 

Die starke Verbreitung der Schwabacher ist vielmehr auf den durch die Reformation veranlassten Druck zahlreicher religiöser Bücher und Streitschriften zurückzuführen. Gebraucht wurde der Name zum ersten Mal von dem Nürnberger Schreibmeister Wolfgang Fugger im Jahre 1553, also fast ein Jahrhundert nach ihrer Entstehung. Es ist anzunehmen, dass ein aus Schwabach stammender, aber in einer auswärtigen Druckerei (Nürnberg, Augsburg, Ulm) arbeitender Schrift- und Formenschneider die Type geschaffen hat und dass dann die Bezeichnung „Schwabacher“ auf diese neue Schrift übertragen wurde. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts verlor sie aber allmählich an Bedeutung, bis sie mehr und mehr von der Fraktur verdrängt wurde. 

Nur als Auszeichnungsschrift wurde sie wegen ihrer kräftigen Wirkung weiter in Frakturdrucken verwendet. Erst im 19. Jahrhundert wurde sie wieder zu neuem Leben erweckt, besonders durch die Schriftgießerei Genzsch & Heyse, die im Jahre 1835 die „Alte Schwabacher“ in den Originalmatern herausbrachte und 1876 die „Neue Schwabacher“ entwarf. Die Schriftgießerei Gebrüder Klingspor folgte 1900 mit der „Offenbacher Schwabacher“, welche sich großer Beliebtheit erfreute. Auch die Schriftkünstler Ehmcke (1916) und Schneidler (1918) haben neue Formen geschaffen. So hat sich die Schwabacher Schrift durch ihre gute Lesbarkeit und ausdrucksvolle Schönheit als lebenskräftig erwiesen und bis zum heutigen Tage erhalten.

Johannes Gutenberg
Johannes Gutenberg

Die häufig geäußerte Vermutung, dass das Verbot der Frakturschrift während der Naziherrschaft mit deren Unlesbarkeit in den besetzten Gebieten zusammenhing, klingt ebenfalls wenig glaubhaft. Auch den Nazis war es seinerzeit klar, dass Flugblätter, Plakate und Aufrufe, um verstanden zu werden, in der jeweiligen Landessprache mit entsprechenden einheimischen Schriftzeichen verfasst werden mussten.

Will man antiquarische Bücher lesen muss man die Frakturschrift lernen. Das geht meistens sehr schnell, jedoch machen einige Buchstaben Probleme da sie sich sehr ähnlich sehen. So ist es zunächst schwierig ein B von einem V, ein K, N und R und ein kleines f von einem Mittel-S zu unterscheiden.

Trotzdem ist die Fraktur eine sehr schöne Schrift, die gleich den alten Volksmärchen, Sagen, Gedichten und Liedern zu unserer deutschen Geschichte und Kultur gehört.

Quellenhinweise:

  • „Meyers Konversations-Lexikon“ 5. Auflage in 17 Bänden 1893 – 1897
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1906 – 1908
  • „Meyers Kleines Konversations-Lexikon“, 7. Auflage in 6 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1908
  • PDF-File Wissen HS_4S-Dist (mit freundlicher Genehmigung des Bundes für deutsche Schrift und Sprache).
Tinte

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3 Kommentare

  1. Fehlt nur noch der Hinweis, dass zum korrekten Gebrauch der Frakturschriften zahlreiche Ligaturen gehören, z.B: st, si, ch, ck, ft, sch. Sie waren im Bleisatz ebenso wie das sz als ein Buchstabe gegossen. Daher resultiert auch die ehemalige „Rechtschreibregel“: Trenne nie st, denn es tut ihm weh. In der Tat: Man hätte ihm wehgetan, denn man hätte es zwecks Silbentrennung zersägen müssen….

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