Krakau, Rathausturm

Krakau

Krakau in Galizien im Kaisertum Österreich, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Krakau 91.323 Einwohner (1900), Städte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie

Krakau, Totalansicht
Krakau, Totalansicht

Krakau in Galizien im Kaisertum Österreich

Krakau (polnisch Kraków) ist eine Stadt und Festung im Kaisertum Österreich, Königreich Galizien und Lodomerien.

Krakau Stadtplan 1900 (Wagner & Debes Leipzig)
Krakau Stadtplan 1900 (Wagner & Debes Leipzig)

Krakau liegt in weiter Ebene, 215 Meter über dem Meer, am linken Ufer der Weichsel, die hier die Rudawa aufnimmt, an den Linien Wien-Krakau und Krakau-Podgórze der Nordbahn, Krakau-Lemberg, Krakau-Wieliczka und Krakau-Kocmyrzów der Staatsbahnen. Krakau besteht aus der inneren Stadt, die von Promenaden (an Stelle der ehemaligen Stadtmauer) umgeben ist, dem südlich angrenzenden Schlossbezirk Wawel und sechs Vorstädten: Neue Welt (Nowy Šwiat) im Krakau, Piasek und Kleparz im Norden, Wesola im Osten, Stradom und Kazimierz im Süden.

Ungarn, Galizien und Bukowina, Nationalitäten- und Sprachen-Karte 1900 (Prof. Hickmann's geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)
Ungarn, Galizien und Bukowina, Nationalitäten- und Sprachen-Karte 1900 (Prof. Hickmann’s geographisch-statistischer Taschenatlas von Österreich-Ungarn)

Mit dem jenseits der Weichsel liegenden Podgórze ist Krakau durch die Franz Josephs-Brücke (von 1850) verbunden. Ein Rest der alten Befestigungswerke ist das Florianstor (im Norden der inneren Stadt). In neuester Zeit ist übrigens Krakau durch Außenforts zu einem befestigten Waffenplatz erhoben worden. Der größte öffentliche Platz ist der Ringplatz in der Mitte der Stadt, mit dem Denkmal von Mickiewicz, die belebteste Straße die vom Ringplatz südlich führende Grodzka Ulica. Öffentliche Anlagen sind außer den erwähnten Promenaden der Jordanpark in der Vorstadt Neue Welt, der botanische Garten in Wesola und der Krakauer Park in Piasek.

Krakau, Hauptring
Krakau, Hauptring

Von den 41 Kirchen Krakaus  ist die bemerkenswerteste die gotische Schloss- oder Domkirche auf dem die Stadt überragenden, steil zur Weichsel abfallenden Felsplateau Wawel, 1320–59 unter Kasimir dem Großen erbaut, die Grabkirche polnischer Könige und Feldherren. Die Krypta enthält unter anderem die Grabmäler Johann Sobieskis, Joseph Poniatowskis und Thaddäus Kosciuszkos. In den 19 Kapellen befinden sich die Grabdenkmäler Kasimirs des Großen und Kasimirs IV. (von Veit Stoß), des Kardinals Friedrich Jagiello (von Peter Vischer), Stephan Báthoris, ein Denkmal Johann Sobieskis, der silberne Sarg des von König Boleslaw 1079 am Altar erschlagenen heiligen Stanislaw, Bischofs von Krakau, Denkmäler des Bischofs Soltyk, des 1812 vor Moskau gebliebenen Grafen Wladimir Potocki (von Thorwaldsen), die Büste des Grafen Artur Potocki und seiner Mutter sowie ein segnender Christus (von demselben), Denkmäler des Königs Ladislaw Jagiello und seiner Gemahlin Hedwig, des Dichters Mickiewicz etc. Bemerkenswert ist auch die reiche Schatzkammer.

Krakau, Marienkirche
Krakau, Marienkirche

Die gotische Marienkirche am Ringplatz (aus dem 13. und 14. Jahrhundert, neuestens polychrom restauriert), mit 2 Türmen (der höhere 73 m hoch), enthält einen riesigen Hochaltar sowie ein Kruzifix von Veit Stoß und mehrere Denkmäler, die Dominikanerkirche die Bronzegrabplatte des Humanisten Buonaccorsi (Callimachus), die Franziskanerkirche (aus dem 13. Jahrhundert) das Grabmal des Königs Wladislaw Jagiello, die Florianskirche in der Vorstadt Kleparz (aus dem 12. Jahrhundert) Bilder von Hans von Kulmbach und den Johannesaltar von Veit Stoß (von 1524), die Annakirche Denkmäler von Kopernikus und Johann Cantius.

Krakau. Bahnhof.
Krakau. Bahnhof.

Hervorragende weltliche Gebäude sind das Schloss auf dem Berge Wawel, im 14. Jahrhundert unter Kasimir dem Großen gegründet und später mehrfach erweitert, bis 1610 Residenz der Könige von Polen, seit 1846 Kaserne und Spital, neuestens geräumt und restauriert, ferner die große, im 13. Jahrhundert gegründete, im 16. Jahrhundert umgebaute Tuchhalle (Sukiennice) am Ringplatz, 1879 restauriert, mit dem Nationalmuseum (Bilder von Matejko, Siemiradzki u. a.) und einer permanenten Gemäldeausstellung, der daneben stehende Rathausturm (Rest des 1820 abgebrochenen alten Rathauses), das neue Universitätsgebäude, ein gotischer Bau, 1881–87 nach Ksieżarskis Plänen ausgeführt, mit stattlichem Vestibül und schöner Aula, und der fürstbischöfliche Palast (von 1850).

Krakau, Florianergasse
Krakau, Florianergasse

Im Jahr 1900 leben hier 91.323 Einwohner (6049 Mann Militär), meist Polen (6576 Deutsche) und Katholiken, sowie 25.670 Juden. An industriellen Unternehmungen enthält die Stadt mehrere Fabriken für Maschinen und Ackerbaugeräte, Chinasilberwaren, Tischlerwaren, chemische Produkte, Tabak, Würste, Bier, Seife und Öl sowie Dampfmühlen und Buchdruckereien. Der Handel hat insbesondere Getreide, Holz, Spiritus, Schweine, geräucherte Fleischwaren und Eier zum Gegenstand; auch werden in Krakau stark besuchte Pferde- und Viehmärkte abgehalten. Die Stadt besitzt ein Lagerhaus, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, die Galizische Bank für Handel und Industrie, 2 Sparkassen und andere Kreditinstitute. An Bildungsanstalten besitzt Krakau vor allem die 1364 von Kasimir dem Großen gestiftete Jagellonische Universität mit polnischer Unterrichtssprache. Dieselbe zählte 1902: 177 Lehrer und 1711 Studierende.

Krakau. Tuchhalle und Marienkirche.
Krakau. Tuchhalle und Marienkirche.

Zur Universität gehören eine Bibliothek (350.000 Bände, 4400 Handschriften, 7000 Kupferstiche und 9500 Münzen), ein archäologisches Museum, eine kunsthistorische Sammlung, ein Naturalienkabinett, eine Sternwarte und ein botanischer Garten. Außerdem befinden sich in der Stadt eine kaiserliche Akademie der Wissenschaften (seit 1872), 4 Obergymnasien, 2 Oberrealschulen, eine Kunstakademie, eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Mädchengymnasium, eine Staatsgewerbeschule, eine höhere Handelsschule, eine Schule des Musikvereins, ferner das Nationalmuseum (siehe oben), ein technisch-gewerbliches Museum, das Museum Czartoryski (Gemälde und andere Kunstgegenstände), das Hutten-Czapskische Museum sowie ein Nationaltheater. An Wohltätigkeitsanstalten besitzt Krakau insbesondere die Hospitäler in St. Lazarus und St. Ludwig.

Krakau, Bastei und Florianer Tor
Krakau, Bastei und Florianer Tor

Krakau ist Stadt mit eigenem Statut und Sitz einer Bezirkshauptmannschaft (Krakau-Umgebung), einer Polizeidirektion, des Oberlandesgerichts für Westgalizien, eines Landesgerichts, einer Finanzbezirksdirektion, einer Berghauptmannschaft, einer Staatsbahndirektion, eines römisch-katholischen Fürstbischofs, des 1. Korpskommandos und einer Handels- und Gewerbekammer. Die Stadt hat elektrische Beleuchtung und eine Straßenbahn. Beliebte Punkte der Umgebung sind der 2 km nordwestlich von der Stadt entfernte Kosciuszkohügel (333 m), der 1820–23 zu Ehren Kosciuszkos auf dem seit 1855 in ein Fort umgewandelten Bronislawaberg errichtet wurde, mit schöner Aussicht, dann der südlich gelegene, zum Andenken an den sagenhaften Gründer von Krakau (siehe unten) künstlich ausgerichtete Krakusberg (276 m).

Krakau Wawel - Königsschloss
Krakau Wawel – Königsschloss

Die heimische Sage bringt die Geschichte Krakaus mit der mythischen Gestalt des Fürsten Krok in Zusammenhang und verlegt die Gründung der dortigen Burg um 700. Über diese Periode herrscht jedoch Dunkel, auch die Beziehungen Krakaus zum großmährischen Reich sind unklar. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts gehörte Krakau zum böhmischen Fürstentum, doch eroberte es Boleslaw Chrobry zurück und gründete hier ein Bistum. Unter den polnischen Teilfürstentümern, wie sie seit dem 12. Jahrhundert bestanden, hatte das von Krakau eine übergeordnete Stellung. Schwer litt Krakau zur Zeit des ersten Tatareneinfalls (1241), doch folgte unmittelbar der Aufschwung durch die deutsche Kolonisation. 1257 erhielt Krakau Magdeburger Recht, hatte aber in der Folge durch neue Tatarenstürme schwer zu leiden. Von 1290 bis 1305 war Krakau im Besitz des Böhmenkönigs Wenzel II., dessen Sohne Wenzel III. entriss es aber der König von Polen, Wladislaw Lokietek, wieder, erhob Krakau zur Residenz und ließ sich 1320 hier krönen.

Krakau, Postamt
Krakau, Postamt

Von dieser Zeit an blieb es die Krönungs- und Begräbnisstadt der Könige von Polen (bis 1764). Dagegen verlegte Siegmund III. (1587–1632) die Residenz von Krakau nach Warschau, wo sie seitdem verblieb. 1525 belehnte König Siegmund I. in Krakau Albrecht von Brandenburg mit dem Herzogtum Preußen. Nach der Zeit der Reformation entstanden bürgerliche Unruhen zwischen Katholiken und Protestanten (seit 1591), und 1606 stürmten die ersteren die protestantische Kirche. 1655 wurde die Stadt von den Schweden erobert. Bei einer zweiten Eroberung durch die Schweden (1702) ging das königliche Schloss in Flammen auf. Nachdem hier 1768 die bekannte Krakauer Konföderation abgeschlossen worden war, wurden die Konföderierten hier von den Russen belagert und die Stadt im Sturm genommen. Die Krakauer Akte vom 27. März 1794 wurde für Polen das Signal zur allgemeinen Erhebung. Von Krakau aus rückte Kosciuszko zu seinen ersten glücklichen Schlachten aus; mit ihm unterlag auch die Stadt und wurde bei der dritten Teilung des Reiches von 1795 an Österreich gegeben, dem schon früher die Vorstadt Kasimierz zugefallen war.

Krakau, Tuchhalle
Krakau, Tuchhalle

Von 1809 bis zum Sturz Napoleons I. bildete Krakau einen Teil des Herzogtums Warschau. Auf dem Wiener Kongress (1815) wurde Krakau unter dem Schutz von Österreich, Russland und Preußen als Freistaat erklärt, der letzte Rest des selbständigen Polen; doch war der Umfang der Republik (1100 km² oder 22 Quadratmeilen) zu beschränkt, als dass die ihm zugestandene Souveränität mehr als eine bloß nominelle hätte sein können. Nach dem polnischen Aufstand von 1830–31, dem sich ein Teil der Bevölkerung von Krakau anschloss, erhielt im März 1833 Krakau eine neue Verfassung, durch die es seine Selbständigkeit zum größten Teil einbüßte. Gleichwohl fand noch immer eine Menge polnischer Flüchtlinge in Krakau eine Freistätte. Als nun der Aufforderung der Schutzmächte an den Senat, dieselben auszuweisen, nicht Folge geleistet wurde, rückten im Februar 1836 österreichische, russische und preußische Truppen in Krakau ein. Darauf wurde die Verfassung einer abermaligen Durchsicht unterworfen und die Gewalt der Schutzmächte und ihrer Bevollmächtigten noch bedeutend vergrößert.

Krakau, Jagiello-Monument
Krakau, Jagiello-Monument

1846 machte die Insurrektion Krakau zu ihrem Hauptwaffenplatz und setzte hier eine revolutionäre Nationalregierung ein. Aber der polnische Aufstand in Galizien wurde niedergeschlagen, und als russische und österreichische Truppen gegen Krakau heranrückten, riss hier die größte Mutlosigkeit ein. In der Nacht vom 2. zum 3. März räumten die bewaffneten Insurgenten die Stadt, und diese wurde am folgenden Tage von österreichischen und russischen Truppen besetzt. Auf Grund der Berliner Konferenzen der drei Schutzmächte wurde am 6. November 1846 trotz der Proteste von Seiten Englands und Frankreichs der Freistaat Krakau aufgehoben und die Stadt nebst ihrem Gebiet, wie sie es 1809 besessen, am 16. November 1846 als Teil der österreichischen Monarchie dem Königreich Galizien einverleibt. Im Frühjahr 1848 kam es auch in Krakau zu Unruhen, die durch Waffengewalt unterdrückt wurden. Auch unter österreichischer Herrschaft blieb Krakau, wo die Nationalhelden Sobieski, Poniatowski und Kosciuszko begraben liegen, Mittelpunkt des Polentums. 1889 wurde das Bistum Krakau zum Fürstbistum erhoben.

Krakau, Mickiewicz-Monument
Krakau, Mickiewicz-Monument

Kraków, deutsch Krakau, ist heute eine Stadt in Polen, Hauptstadt der Woiwodschaft Kleinpolen, mit rund 780.000 Einwohnern (2020).

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Allgemeines Ortschaften-Verzeichnis der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“, Wien 1902
  • „Andrees neuer allgemeiner und österreichisch-ungarischer Handatlas“, 1904
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Österreichs Hort – Geschichts- und Kulturbilder aus den Habsburgischen Erbländern“, 1908
  • „Österreichische Bürgerkunde – Handbuch der Staats und Rechtskunde“ um 1910
  • „Mein Österreich – Mein Heimatland“ 1915
Wappen Kaisertum Österreich

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