Dirschau in Westpreußen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Dirschau 16.896 Einwohner – 1910 (Städte im Kaiserreich)
Dirschau in Westpreußen im Königreich Preußen
Dirschau ist eine Kreisstadt im Königreich Preußen, Provinz Westpreußen, Regierungsbezirk Danzig. Sie liegt links an der Weichsel und 3 Meter über dem Meer.
Die Stadt Dirschau ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Schneidemühl–Elbing-Güldenboden, Dirschau-Neufahrwasser und Bromberg-Dirschau. Dirschau hat eine evangelische und eine katholische Kirche, Synagoge, Denkmal Kaiser Wilhelms I., Realschule, Progymnasium, Amtsgericht, eine Nebenstelle der Reichsbank und Winterhafen. Dirschau betreibt zwei Zuckerfabriken, Eisengießerei, Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen und Blechwaren, Biskuit- und Waffelbäckerei, eine Dampfmahl- und 3 Dampfschneidemühlen.
Im Jahr 1900 leben in Dirschau 12.808 Einwohner, die Hälfte davon sind Evangelische, 6525 sind Katholiken und 314 Juden. Über die Weichsel führen zwei großartige eiserne Brücken. Die eine, eine Gitterbrücke mit 14 Türmen, wurde 1850–57 erbaut und hat eine Länge von 837 m; der Oberbau ist 12 m hoch und 7 m breit. Die 7 Pfeiler begrenzen 6 Öffnungen von einer Weite von 125 m im Lichten. Die zweite, 1888–91 erbaute Brücke liegt 50 m unterhalb der alten Brücke, hat nur 4 Türme, von denen zwei am Eingang und zwei am Ausgang stehen. Sie dient nur dem Eisenbahnverkehr, während die erstere jetzt für den Fahr- und Fußgängerverkehr bestimmt ist.
Dirschau Geschichte
Dirschau (Trsow, Dersowe, „Weberstadt“) wird zuerst 1198 erwähnt; Sambor I., Herzog von Pomerellen, legte hier um 1200 eine Burg an, sein Neffe Sambor II. erhob 1260 den Ort zur Stadt. 1308 eroberte der Deutsche Orden Stadt und Burg Dirschau und zwang sämtliche Einwohner zur Auswanderung. Winrich von Kniprode verlieh der Stadt das Kulmische Recht. 1434 wurde Dirschau von den Hussiten niedergebrannt; 1466 kam es im Frieden von Thorn unter polnische Herrschaft.
1626 wurde es vom Schwedenkönig Gustav Adolf besetzt, der hier eine Schiffbrücke über die Weichsel schlug und neben derselben an der südlichen Seite Dirschaus sein Lager errichtete. Im Gefecht bei Dirschau, am 2. September 1657, wurden die Polen von den verbündeten Brandenburgern und Schweden unter dem Grafen Josias von Waldeck geschlagen. Bei der ersten Teilung Polens 1772 kam die Stadt an Preußen. Dirschau ist Geburtsort des Weltumseglers Johann Reinhold Forster (* 22. Oktober 1729 – † 9. Dezember 1798 in Halle/Saale).
Nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) bestimmte der Versailler Vertrag 1919 die Abtretung der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen. Nur kleine Teile der Provinzen verblieben bei Deutschland. Diese wurde als Grenzmark Posen-Westpreußen zusammengefasst und Schneidemühl die neue Provinzhauptstadt. Die Stadt Dirschau wurde von den Polen nun Tczew genannt. Die Polen unterdrückten im ganzen Land massiv ihre nationalen Minderheiten.
Nach dem Krieg gegen Polen im Jahre 1939 bekam die Stadt ihrem alten Namen wieder und gehörte bis 1945 zum Deutschen Reich. Ende des Zweiten Weltkriegs (1939 – 1945) wurde Dirschau am 12. März 1945 von der Roten Armee erobert. Dabei wurde sie zum Großteil zerstört und später der polnischen Verwaltung übergeben. Die deutschen Einwohner, soweit nicht vorher geflohen, werden ermordet, verschleppt bzw. vertrieben.
Tczew, deutsch Dirschau, ist heute eine Stadt in Polen, Woiwodschaft Pommern, mit rund 60.000 Einwohnern (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
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