Dortmund in Westfalen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Dortmund 175.292 Einwohner – 1905 = 21. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Dortmund in Westfalen im Königreich Preußen
Dortmund (lat. Tremonia, altfranz. Tremoigne) ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, an der Emscher, liegt in der unter dem Namen Hellweg bekannten fruchtbaren Ebene zwischen der Lippe und dem Haarstrang, sowie 87 Meter über dem Meer.
Die ehemaligen Wallgräben sind seit 1863 in Anlagen verwandelt und jetzt mit drei Kriegerdenkmälern geschmückt.
Unter den kirchlichen Gebäuden (6 evangelische, 6 katholische, eine altkatholische Kirche und eine Synagoge, außerdem 2 katholische Kapellen in Verbindung mit dem Elisabeth-Waisenhaus und dem Josephinenstift) zeichnen sich aus die Reinoldikirche mit restaurierten Glasgemälden im gotischen Chor,
die Marienkirche (Schiff aus dem 11. Jahrhundert), die Petrikirche mit merkwürdigem Altar, die Liebfrauenkirche und die Dominikaner- oder Johanniskirche mit schönem Kreuzgang im ehemaligen Kloster. Von den früheren Klöstern und Konventen sind das Jungfrauenstift zum Kohlgarten (jetzt Rentenstift) und ein Teil der „Klausen“ übriggeblieben, die in Pflegehäuser verwandelt sind.
Unter den Profanbauten ist besonders das alte Rathaus aus der Übergangszeit vom romanischen zum gotischen Stil (1897 bis 1899 restauriert) bemerkenswert, ferner das neue Rathaus, die Oberpostdirektion, die Hafengebäude, das Elektrizitätswerk und das Reichsbankgebäude. Dortmund besitzt Denkmäler der Königin Luise, der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III., von Jahn und Schüchtermann. Ein Denkmal Bismarcks (am Süderwall) geht 1903 seiner Vollendung entgegen.
Im Jahr 1900 leben hier 142.733 Einwohner, davon 74.331 Evangelische, 65.937 Katholiken und 1924 Juden. Die Industrie verdankt ihren Aufschwung der Lage inmitten des westfälischen Kohlenbeckens. Die im Stadtbezirk liegenden Steinkohlenzechen Vereinigte Westfalia, Tremonia und Friedrich Wilhelm förderten 1901 bei einer Belegschaft von 4504 Arbeitern 947.509 Tonnen Kohlen.
Darauf gestützt, entwickelte sich eine großartige Eisenindustrie, vertreten durch Hochöfen, Eisen- u. Stahlwerke und Maschinenfabriken. Das größte Werk dieser Art ist die Union, Aktiengesellschaft für Bergbau, Eisen- u. Stahlindustrie, das im Geschäftsjahre 1901/1902 = 9829 Arbeiter und Beamte beschäftigte und 1.040.934 Tonnen im Werte von 62,1 Millionen Mark produzierte.
Hervorzuheben ist ferner das Eisen- u. Stahlwerk „Hösch“ mit 3744 Arbeitern und Beamten und einer Jahresproduktion von 202.236 Tonnen im Werte von 24,3 Millionen Mark. Spezialitäten sind Artikel für Berg-, Eisenbahn-, Schiff-, Brücken- und Gasanstaltsbau, Maschinen aller Art, Grob- und Feinbleche, Ofen, Bottiche, Dachkonstruktionen etc. Die Zinkhütte der Aktiengesellschaft zu Stolberg und in Westfalen in Dortmund produzierte 9315 Tonnen Rohzink im Werte von 3,2 Millionen Mark.
Dortmund besitzt im Jahr 1901 28 Brauereien, darunter die Germania-, Kronen-, Löwen-, Union- und Dortmunder Aktienbrauerei, von denen die Unionbrauerei allein 190.800 hl Bier produzierte. Die Gesamtproduktion bezifferte sich auf 1.221.512 hl. 22 Ringöfen lieferten 48 Millionen Ziegelsteine. Von Bedeutung sind ferner die Spiritusbrennerei, Drahtseilerei, die Fabrikation von Geldschränken, Nähmaschinen, Stearinlichten, Gummi, Seife, Ammoniak etc., die Mälzerei und die Dampfmahl- und -Sägemüllerei.
Der Handel, der sich außer auf die dort hergestellten Fabrikate auf Getreide und Holz erstreckt, ist sehr bedeutend und z. T. überseeisch. Dortmund hat eine Handelskammer, eine Börse, eine Hauptstelle der Reichsbank (Umsatz 1902: 2293 Millionen Mark), einen Bankverein sowie zahlreiche Unterstützungskassen und ist mit vier Bahnhöfen Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Duisburg–Hamm, Ruhrort-Dortmund, Duisburg-Welver, Langendreer-Dortmund, Dortmund-Gronau-Enschede und anderer Linien.
Wichtig für den Verkehr ist auch der Dortmund-Ems-Kanal, für den hier große Hafenanlagen erbaut sind. Den Verkehr in der Stadt und mit der nähern Umgebung vermittelt eine elektrische Straßenbahn. An Bildungsanstalten hat Dortmund ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, die vereinigten königlichen Maschinenbauschulen, eine höhere Handelsschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine reiche historische Sammlung und mehrere wissenschaftliche Vereine.
Die Stadt ist Sitz eines Oberbergamts, dreier Bergreviere (Ost-, West- und Süd-Dortmund), eines Landgerichts, eines Hauptsteueramts, des Landratsamts für den Landkreis Dortmund etc. Die städtischen Behörden zählen 19 Magistratsmitglieder und 48 Stadtverordnete. Die städtischen Einnahmen und Ausgaben umfassten 1902 je 10,2 Millionen Mark (darunter 3 Millionen Mark außerordentliche), die Schuld (1901) 32,7 Millionen Mark, denen ein Vermögen von 49,8 Millionen Mark gegenüberstand.
Als ein Denkmal der Vergangenheit zeigt man auf dem Bahnhof der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in der Nähe des Stationsgebäudes eine uralte, morsche Linde und vor derselben einen Tisch und eine Bank von Stein. Auf dem Tisch ist der Reichsadler ausgehauen. An dieser Stelle sollen weiland die Femgerichte, für welche Dortmund ein Oberstuhl war, gehalten worden sein, und König Friedrich Wilhelm IV. befahl deshalb, bei dem Eisenbahnbau die Stelle zu schonen. Zum Landgerichtsbezirk Dortmund gehören die acht Amtsgerichte zu Dortmund, Hamm, Hörde, Kamen, Kastrop, Soest, Unna und Werl.
Dortmund, dessen Name zuerst 899 als Throtmannia erwähnt wird, führt seinen Ursprung auf Heinrich I. zurück, der hier eine Pfalz besaß. Die Ottonen hielten hier häufig Hof und hatten hier eine Münzstätte. Die Münzen aus jener Zeit (im Berliner Museum) weisen als ältesten Namen der Stadt Therotmanni nach, der dann die verschiedenartigsten Formen angenommen hat: Theromanni, Trutmanni, Dorpmunde etc. Kaiser Heinrich II. hielt in Dortmund 1005 eine Kirchenversammlung und 1016 einen Reichstag.
Zwischen 1253 und 1258 wurde das Dortmunder Recht zuerst ausgezeichnet, aber erst 1343 erwarb die Stadt die Hälfte der Gerichtsbarkeit und besaß fortan in Gemeinschaft mit dem Grafen den dortigen Freistuhl; so gewann sie die Rechte einer freien Reichsstadt. Zur Blüte aber gelangte sie vornehmlich durch ihren Beitritt zur Hanse. Wichtig wurde Dortmund durch seine hervorragende Teilnahme an der Ausbildung des altsächsischen Städterechts, das in die Ordensländer, unter anderem bis Dorpat, verpflanzt wurde.
Die Verpfändung der Stadt durch König Wilhelm an das Erzstift Köln (1248) und durch Albrecht I. an den Grafen von der Mark (1301) gab im 14. Jahrhundert Anlass zu heftigen Fehden zwischen den Pfandinhabern, in denen die Stadt nur mit Mühe ihre Reichsfreiheit behauptete. Um 1400 erreichten die Zünfte durch einen Aufstand das Zugeständnis der Vertretung im Rate.
Die Stadt wurde 1504 mit der Grafschaft, deren Inhaber bisher auf der dortigen Burg gewohnt hatte, von Maximilian I. belehnt und erlangte dadurch die Herrschaft über ein Landgebiet von über 80 km² (1,5 Quadratmeilen) mit 13 Dörfern. Durch den Reichsdeputationshauptschluss kam Dortmund 1803 an Nassau-Oranien; 1808 wurde es mit dem Großherzogtum Berg vereinigt und 1815 mit dem Königreich Preußen.
Dortmund ist heute eine kreisfreie Großstadt in Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, mit rund 587.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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