Nordhausen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Nordhausen 29.882 Einwohner – 1905 = 136. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Nordhausen im Königreich Preußen
Nordhausen ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Erfurt, liegt an der Zorge und 182 Meter über dem Meer.
Sie ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Nordhausen-Erfurt, Blankenheim-Nordhausen und Ottbergen-Nordhausen sowie der Eisenbahn Nordhausen-Wernigerode.
Die Stadt Nordhausen liegt teils in der Ebene (Unterstadt), teils am Abhang eines Berges (Oberstadt), hat 7 evangelische Kirchen (darunter die Blasiuskirche mit Gemälden von Lukas Cranach), einen katholischen Dom, eine Synagoge, ein altertümliches Rathaus mit einem hölzernen Rolandstandbild, ein Reiterstandbild des Kaisers Friedrich III., ein Denkmal Bismarcks, einen Lutherbrunnen mit dem Erzstandbilde Luthers auf dem Markt und einen schönen Brunnen (von Rietschel) auf dem Kornmarkt.
Im Jahr 1905 leben in Nordhausen 29.882 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 1454 sind Katholiken und 453 Juden. Die Stadt hat berühmte Branntweinbrennerei (70 Etablissements mit einer jährlichen Produktion von ca. 500.000 hl), 10 Bierbrauereien, große Tabak- und Zigarrenfabriken (16 Fabriken), eine große Tapetenfabrik, mechanische Weberei, eine chemische Fabrik, Fabrikation von Zichorien, Fleischwaren, Maschinen, Metallwaren, Malz, Parkettfußböden, Spiritus, Schwefelsäure, Leder, Marmorwaren, Mostrich etc., Ziegelbrennerei und ein Elektrizitätswerk.
Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Nebenstelle der Reichsbank (Umsatz 1905: 415,5 Millionen Mark), ist besonders bedeutend in Getreide, Kolonialwaren und Landesprodukten, baumwollenen Waren, leinenem Garn etc. Nordhausen hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Erziehungsanstalt für schwachbefähigte Kinder, eine Handelsschule für Mädchen, ein Waisenhaus, ein städtisches Museum und ist Sitz eines Landgerichts, eines Landratsamts (für den Kreis Grafschaft Hohnstein), einer Spezialkommission, eines Bergreviers und eines Hauptsteueramts.
Die städtischen Behörden von Nordhausen zählen 10 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete. In der Nähe liegt das hübsche Lustwäldchen „Gehege“. Zum Landgerichtsbezirk Nordhausen gehören die 14 Amtsgerichte in Artern, Bleicherode, Dingelstedt, Ellrich, Großbodungen, Heiligenstadt, Heringen, Ilfeld, Kelbra, Nordhausen, Roßla, Sangerhausen, Stolberg a. H. und Worbis.
Nordhausen wird erstmalig 874 als Kaiserpfalz genannt; Mathilde, die Gemahlin Kaiser Heinrichs I., stiftete hier 962 ein Nonnenkloster, das Kaiser Friedrich II. 1220 in ein weltliches Mönchsstift verwandelte. Die Stadt, 1180 von Heinrich dem Löwen zerstört, aber bald wiederhergestellt, erhielt 1253 die Freiheiten einer Reichsstadt. Die Reichsvogtei gehörte anfangs den Grafen von Hohenstein und kam nach deren Aussterben an Kursachsen.
Brandenburg erwarb sie 1702 nebst dem Schultheißenamt durch Kauf, überließ beide jedoch 1715 an die Stadt. 1522 nahm Nordhausen die Reformation an und trat dem Schmalkaldischen Bund bei. 1803 verlor sie ihre Selbständigkeit und fiel an Preußen, 1807 an das Königreich Westfalen, 1815 wieder an Preußen. Eine Kirchenversammlung erklärte sich 1105 in Gegenwart Heinrichs V. gegen die Priesterehe; Reichstage wurden 1207 und 1223 hier abgehalten.
Am 3. und 4. April 1945 wurden durch einen militärisch sinnlosen, britisch-amerikanischen Luftangriff drei Viertel der historischen Altstadt von Nordhausen zerstört und 8800 Menschen getötet. Die Stadt Nordhausen kam 1944 zum Gau Thüringen und ist seit 1945 Teil Thüringens.
Nordhausen ist heute eine Stadt im Norden des Freistaates Thüringen, Landkreis Nordhausen, mit rund 40.500 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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