Die Geschichte der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (D.-O.-A. G.).
Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (D.-O.-A. G.) ging hervor aus der am 28. März 1884 in Berlin von Dr. Peters und Graf Behr- Bandelin gegründeten „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“, welche geeignete Gebiete für die Schaffung von deutschen Ackerbau- und Handelskolonien erwerben und die deutsche Auswanderung dorthin lenken sollte. Ihre ursprüngliche Absicht, sich in Südafrika festzusetzen, wurde nach der Besitzergreifung Angra Pequenas durch Adolf Lüderitz im späteren Deutsch-Südwestafrika aufgegeben. Dr. Peters und seine Freunde wandten sich vielmehr im Oktober 1884 nach Ostafrika, wo sie mit dortigen Herrschern Schutzverträge abschlossen. Diese sowie die bald darauf gemachten weiteren Erwerbungen wurden durch kaiserlichen Schutzbrief bestätigt. Um der Gesellschaft eine juristische Form zu geben, schuf man eine Kommanditgesellschaft unter der Firma „Karl Peters u. Gen.“ Persönlich haftende Gesellschafter wurden Dr. Peters, Dr. Fr. Lange, Konsul Roghé und Hofgartendirektor Jühlke. Die Leitung hatte ein Direktorium von 5 Mitgliedern; die eigentliche Geschäftsführung wurde Dr. Peters übertragen.
Während in der Folgezeit das Deutsche Reich, von der Gesellschaft zum Schutze ihrer Rechte in Ostafrika aufgefordert, Verträge mit dem Sultan von Sansibar, mit England und Portugal schloss, fand in der Gesellschaft selbst ein Übergang zu einer den Verhältnissen besser entsprechenden Organisation statt. Bei ihren mannigfachen Aufgaben und großen materiellen Bedürfnissen genügte die Form der Kommanditgesellschaft nicht mehr. Am 7. September 1885 beschloss daher das Direktorium die Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft „Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft“ (D.-O.-A. G.) umzuwandeln. Die Generalversammlung vom 14. Dezember 1885 genehmigte diesen Beschluss des Direktoriums. An die Spitze der neuen Gesellschaft trat ein Vorsitzender der Direktion Dr. Peters mit 2 Direktoren sowie ein Direktionsrat von 21 bis 27 Mitgliedern.
Die Anteile wurden, um das kleine Kapital ganz auszuschließen, auf 10.000 Mark erhöht und insgesamt 3.727.600 Mark zusammengebracht. Zweck der Gesellschaft war, in den Gebieten von Ostafrika die Landeshoheit auszuüben und die dazu erforderlichen Einrichtungen zu treffen, die Zivilisierung des Schutzgebietes durch Ansiedelung und Handel anzubahnen, sowie Ländereien zu erwerben, zu bewirtschaften und zu verwerten. Die Oberaufsicht über die Gesellschaft übte der Reichskanzler Otto von Bismarck aus. Am 27. März 1887 wurden der Gesellschaft vom König Wilhelm I. von Preußen Korporationsrechte nach dem allgemeinen Landrecht und am 4. Juli 1889 vom Bundesrat die Rechte einer Reichskorporation verliehen.
Im April 1888 kam zwischen der D.-O.-A. G. und dem Sultan von Sansibar der sogenannte Zoll- und Küstenvertrag zustande, welcher im August, bei seinem Inkrafttreten, zu dem Araberaufstand führte. Nach der Niederwerfung dieses Aufstandes durch das Deutsche Reich übernahm letzteres durch Vertrag vom 20. November 1890 die Verwaltung und Zollerhebung im Schutzgebiet mit der Verpflichtung, eine von der Gesellschaft aufzunehmende Anleihe von 10.556.000 Mark mit 600.000 Mark jährlich zu verzinsen und zu amortisieren. Dagegen hatte die Gesellschaft an den Sultan von Sansibar für die Überlassung des Küstengebiets an das Deutsche Reich einen Betrag von 4.000.000 Mark zu zahlen. Weiter erhielt die Gesellschaft das ausschließliche Okkupationsrecht an herrenlosen Grundstücken in bestimmten Gegenden des Schutzgebietes, ein Vorrecht zum Bau von Eisenbahnen, das Recht auf Errichtung einer Bank mit Notenausgabe, sowie Privilegien auf bergbaulichem Gebiete. Das Recht der Gesellschaft, Silber- und Kupfermünzen, zu prägen und auszugeben, blieb bestehen. Die auf Grund dieses Vertrages von der D.-O.-A. G. als Hauptanteilseignerin der Eisenbahngesellschaft für Deutsch-Ostafrika (Usambarabahn) in den 1890er Jahren gebaute Eisenbahnstrecke Tanga-Muhesa sowie der größte Teil des in Usambara okkupierten Landes ging durch Kauf im Jahre 1899 in fiskalischen Besitz über.
Von dem Recht auf Errichtung einer Bank mit dem Privilegium der Notenausgabe hat die Gesellschaft durch Gründung der Deutsch-Ostafrikanischen Bank Gebrauch gemacht. Das Münzregal wurde durch Vertrag vom 15. November 1902 gegen anderweitige Entschädigungen aufgehoben und ging auf das Deutsche Reich respektive Schutzgebiet über. Die Gesellschaft hatte ihren Sitz in Berlin. Ihre Generalvertretung für Ostafrika befand sich bis zum 1. November 1905 in Sansibar, danach in Daressalam, der Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas. Sie hatte Handelsniederlassungen in fast allen bedeutenderen Plätzen des Schutzgebiets, ferner in Sansibar, Entebbe (Uganda), Ibo (Portugiesisch – Ostafrika) sowie in Nossibe, Majunga und Annanalava (Madagaskar). Das Gesellschaftskapital betrug 8 Millionen Mark eingeteilt in auf den Inhaber lautende Anteile zu 1000 Mark. Das Kapital war voll eingezahlt. Auf Beschluss des Verwaltungsrates konnten weitere Anteile von je 1000 Mark bis zum Höchstbetrag von 20 Millionen Mark ausgegeben werden. Die Gesellschaft gliederte sich in den Vorstand, den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung.
Der Vorstand bestand aus einem oder mehreren Mitgliedern, die von dem Verwaltungsrat gewählt wurden. Er vertrat die Gesellschaft nach außen und führte die Verwaltung. Der Verwaltungsrat bestand aus mindestens 11 Mitgliedern, welche von der Hauptversammlung aus den Mitgliedern der Gesellschaft auf 5 Jahre gewählt wurden. Mindestens 2/3 seiner Mitglieder mußten die Reichsangehörigkeit besitzen. Die Hauptversammlung beschloss über die Genehmigung des Hauptabschlusses, Errichtung von Zweigniederlassungen, Aufnahme von Anleihen, Abänderung der Satzungen, Ausgabe von Vorzugsanteilen u. a. Die Aufsicht über die Gesellschaft wurde durch einen vom Reichskanzler zu ernennenden Kommissar ausgeübt. Derselbe hatte ein Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Verwaltungsrats und der Hauptversammlung und auf Einsicht der Bücher der Gesellschaft. Die Aufsicht war darauf gerichtet, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft dem Zwecke derselben und den Bestimmungen der Satzungen entsprach und im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften erfolgte. Insbesondere unterlag der Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Wahl der Mitglieder des Vorstands und die Ernennung der oberen Vertreter in Ostafrika, die Ausgabe von Vorzugsanteilscheinen, die Aufnahme von Anleihen und die Änderung der Satzungen.
Außer den bereits oben erwähnten Handelsniederlassungen betrieb die D.-O.-A. G. eine Reihe von Pflanzungen. Finanziell beteiligt war die Gesellschaft an der Deutsch-Ostafrikanischen Bank, der Handelsbank für Ostafrika, der Deutschen Tanganjika-Gesellschaft, der Rheinischen Handei-Plantagengesellschaft, der Zentralafrikanischen Bergwerksgesellschaft, der Ngomeni-Pflanzungsgesellschaft m. b. H., der Ostafrika-Kompagnie, der Lindi-Handels- und Pflanzungsgesellschaft, der Deutschen Holzgesellschaft für Ostafrika, dem Usambara-Magazin u. a.
Die D.-O.-A. G. hatte in 5 Jahren (1908/12) einen Gewinn von 526.510,97 Mark, 723.321,11 Mark, 978.217,31 Mark, 1.004.650 Mark und 1.106.083 Mark erzielt und eine Dividende von 5, 6, 8, 8 und 9 % verteilt. 1913 wurden ebenfalls 9 % gezahlt.
Quellenhinweise:
- „Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwestafrika – Auf Grund amtlichen Material bearbeitet von der Kriegsgeschichtlichen Abteilung I des Großen Generalstabes“ Ernst Siegfried Mittler und Sohn Berlin 1906 Band I und II.
- „Deutschlands Kolonien“ von Rochus Schmidt Verlag des Vereins der Bücherfreunde Schall & Grund 1898
- „Kleiner Deutscher Kolonialatlas“ Berlin 1899 Verlag von Dietrich Reimer
- „Großes Lehrbuch der Geographie“ E. von Seydlitz, Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“ 7. Auflage Braunschweig und Leipzig Hellmuth Wollermann 1906
- „Konversationslexikon“, Leipzig und Wien 1909
- „Die deutschen Kolonien“ Geographie, E. von Seydlitz – Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1910
- „Deutschlands Kolonien“ von W. Scheel Verlagsanstalt für Farbfotographie Weller & Hüttich 1912
- „Die deutschen Kolonien“ Herausgegeben von Kurd Schwabe Nationalausgabe – Band I/II 1914
- „Deutsches Kolonial-Lexikon“ Leipzig 1920
- zeitgenössische Postkarten mit ihren originalen Bildunterschriften.
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