Reutlingen im Königreich Württemberg, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Reutlingen 23.850 Einwohner – 1905 = 177. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Reutlingen im Königreich Württemberg
Reutlingen ist eine Stadt im Königreich Württemberg und Hauptstadt des Schwarzwaldkreises und gleichnamigen Oberamts.
Die Stadt Reutlingen liegt am Fuße der Achalm und an der Echatz, ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Plochingen-Villingen, Reutlingen-Schelklingen u. a. und liegt 375 Meter über dem Meer.
Reutlingen hat 4 evangelische Kirchen, darunter die 1272–1343 im gotischen Stil erbaute, restaurierte Haupt- oder Marienkirche mit einer Nachbildung des heiligen Grabes und 73 m hohem Turm, eine katholische Kirche, ein Rathaus, altertümliche Tore, Klosterhöfe, eine Schwefelquelle von 12,5°C mit Bad, ein Denkmal Kaiser Wilhelms I., Denkmäler des Nationalökonomen Friedrich List und des Dichters Hermann Kurz (beide hier geboren) .
Im Jahr 1905 leben hier 23.850 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 2499 sind Katholiken und 56 Juden. Die Industrie erstreckt sich auf Baumwollspinnerei und -Weberei (darunter ein Niederlassung mit 2700 Arbeitern), Färberei, Bleicherei, Fabrikation von Kartonnagen, Guano, Kleidern, Leder, Leim. Maschinen,
Metalltuch, Möbeln, Nähfaden, Papierhülsen und Spulen, Riemen, Schuhen, Tuch, Wollwaren, Strickmaschinen, Korsetts, Trikotwaren, Wagen, Messern etc., Eisen- und Metallgießerei, Seidenweberei, Ziegelbrennerei, große Mühlwerke, Bierbrauerei etc. Auch der Hopfen-, Wein- und Obstbau sind ansehnlich.
Den Handel unterstützt eine Handels- und Gewerbekammer und eine Nebenstelle der Reichsbank. Reutlingen hat ein Gymnasium, eine Oberrealschule, ein Technikum für Textilindustrie, ein pomologisches Institut, ein Predigerseminar, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Handelslehranstalt. die Gustav-Wernerstiftung („Zum Bruderhaus“, mit Maschinen-, Papier- und Möbelfabrik und Landwirtschaft).
Reutlingen ist Sitz der Regierung des Schwarzwaldkreises und eines Oberamts, eines Generalsuperintendenten, eines Amtsgerichts, eines Forstamts etc. In der Nähe befinden sich das Schloss Lichtenstein (1841 von Heideloff auf der Stelle der alten, durch W. Hauffs Erzählung bekannten Feste Lichtenstein erbaut), die Nebelhöhle und die Olgahöhle.
Reutlingen, zuerst 1213 erwähnt, gehörte stets dem Reich, erhielt von Otto IV. mehrere Freiheiten und wurde von Friedrich II. befestigt. Als Reichsstadt hielt es treu zu den Hohenstaufen, trat 1331 dem Schwäbischen Städtebund bei und verteidigte sich tapfer gegen den Grafen Ulrich von Württemberg in der Schlacht an der Achalm am 14. Mai 1377.
Namentlich von Kaiser Maximilian I., dessen Bild den Marktbrunnen ziert, wurde Reutlingen mit großen Vorrechten ausgestattet, gehörte dem Schwäbischen Bund an, begab sich aber 1505 unter württembergischen Schutz, wurde 1519 vom Herzog Ulrich von Württemberg eingenommen, doch durch den Städtebund wieder befreit. 1802 kam es an Württemberg. Am 27. Dezember 1852 zerstörte eine Explosion der dortigen Pulvermühle viele Häuser.
Reutlingen ist heute eine Großstadt in Baden-Württemberg, Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises und hat rund 116.000 Einwohner (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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