Passau im Königreich Bayern, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Passau 18.003 Einwohner – 1900 Städte des Deutschen Reichs.
Passau im Königreich Bayern
Passau ist eine unmittelbare Stadt im Königreich Bayern, Regbez. Niederbayern.
Die Stadt liegt in hochromantischer Lage auf einer schmalen, felsigen Landzunge an der Mündung des Inn und der Ilz in die Donau und 302 Meter über dem Meeresspiegel. Die Zahl der Einwohner beträgt im Jahr 1900 mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 16) 18.003, der Großteil sind Katholiken, 987 Evangelische und 34 Juden.
Passau ist von einer vierfachen Reihe von 120 m über die Donau emporragenden Bergen umgeben und teilt sich in die eigentliche Stadt, am rechten Donauufer, und die Vorstädte Innstadt, am rechten Ufer des Inn, Ilzstadt, jenseits der Donau am linken Ufer der Ilz, St. Nikola, nächst dem Bahnhof, und Angervorstadt, auf dem linken Donauufer.
Über die Donau führt eine eiserne Brücke (zwischen Stadt und Anger), ein Drahtsteg (zwischen Stadt und Ilzstadt) und eine Seilfähre; über den Inn zwei eiserne Brücken und zwei Seilfähren, auch die Ilz ist überbrückt. Unter den öffentlichen Plätzen sind der Dom- oder Paradeplatz (mit der ehernen Statue des Königs Maximilian Joseph I.) und der Inn-Promenadenplatz mit hübschen Anlagen die schönsten.
Von den 11 Kirchen Passaus sind besonders zu nennen: der Dom (ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert herrührend, Ende des 17. Jahrhunderts aber fast gänzlich niedergebrannt, seit 1680 in seiner jetzigen Gestalt wieder aufgebaut), mit schönem altdeutschen Portal, vortrefflicher Orgel, einer 90,5 Doppelzentner schweren Glocke und zahlreichen Reliquien sowie sehr alten Grabsteinen im Domhof und zwei Türmen;
ferner die gotische Heilige-Geistkirche, die ca. 1000 Jahre alte Severins- oder Friedhofskirche, die Stadtpfarrkirche St. Paul, die Pfarrkirche St. Gertrud, die kleine, im gotischen Stil 1859 vollendete evangelische Kirche und die restaurierte, aus zwei übereinander befindlichen Abteilungen bestehende St. Salvatorkirche (1479 erbaut).
Andere hervorragende Gebäude sind: die ehemalige bischöfliche Residenz, die in ihrem älteren Teile die Amtslokale von Behörden, in ihrem neuern die Wohnung des Bischofs und die Geschäftsräume des Domkapitels enthält; das ehemalige Jesuitenkollegium (jetzt Lyzeum und Staatsgymnasium) mit Bibliothek von über 30,000 Bänden, das 1804 aufgehobene Nonnenkloster Niedernburg (jetzt Institut der Englischen Fräulein),
das Postgebäude, merkwürdig durch den 1552 hier abgeschlossenen Passauer Vertrag, und das seit 500 Jahren im Besitz der Stadt befindliche, neu restaurierte Rathaus mit neuerbautem Turm, den beiden mit Fresken und Glasmalereien geschmückten Rathaussälen und dem Ratskeller. Passau war ehedem eine starke Festung; es hatte zwei Zitadellen, das jetzt als Militärstrafanstalt benutzte Oberhaus und das uralte, schon 737 urkundlich erwähnte Unter- oder Niederhaus, jetzt Privatbesitz, ferner zwei Forts.
Auf dem Oberhaus befindet ein Aussichtsturm mit herrlichem Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung. Bedeutend ist die Leder-, Porzellan- und Holzwarenfabrikation. Ferner werden dort Schiffbau, Eisen- und Kupferhämmer, Drahtzieherei, Maschinenbau, Tabak-, Papier- und Teigwarenfabrikation, Bierbrauerei etc. betrieben.
Der Handel, unterstützt durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Reichsbanknebenstelle und andere Bankinstitute sowie durch die Donauschifffahrt, ist vorwiegend Speditionshandel, sonst aber auch lebhaft in Passauer Schmelztiegeln (Fabrikat von Obernzell), Holz, Getreide, Salz etc. Den Hafen passierten 1903 zu Berg: 834 beladene Schiffe mit 261.000 Ton. Ladung, zu Tal: 497 Schiffe mit 59.000 Ton. Ladung.
Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Passau-Nürnberg–Würzburg, Passau-Donaulände, Pocking-Passau u.a. Passau hat ein Lyzeum, ein Gymnasium, eine Kreisrealschule, ein Klerikal- und ein Knabenseminar, eine Präparandenschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Fachschule für Maschinenbauer und Elektrotechniker, eine Töpferschule, eine Kreiswebeschule, ein Institut der Englischen Fräulein, 3 Klöster, 2 Waisenhäuser, 2 Rettungsanstalten und ein Landgestüt.
Passau ist Sitz eines Bezirksamts, eines Landgerichts, eines Hauptzollamts, eines Bischofs und eines bischöflichen Ordinariats sowie der Direktion der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft. Die städtischen Behörden zählen 18 Magistratsmitglieder und 36 Mitglieder des Gemeindekollegiums.
Zum Landgerichtsbezirk Passau gehören die 9 Amtsgerichte zu Freyung, Griesbach, Passau, Pfarrkirchen, Rotthalmünster, Simbach a. J., Vilshofen, Waldkirchen und Wegscheid. In der Nähe liegen die berühmte Wallfahrtskirche Mariahilf mit einem Kapuzinerkloster, das Schloss Freudenberg, jetzt Institut der Englischen Fräulein, und der Luftkurort Hals mit Kneippscher Wasserheilanstalt.
Die Feste Oberhaus, 135 m über der Donau auf dem St. Georgsberg, ward von Ulrich II., Grafen von Dissen, 1215–19 gegen die Bürger erbaut. Bischof Johann Philipp Lamberg (1689–1712) vergrößerte die Festungswerke und baute das sogen. Philippswerk. 1741–42 hielten die Bayern die Feste besetzt, bis 25. Jan. die Österreicher das Schloß nahmen und es drei Jahre besetzt hielten. Am 24. Okt. 1805 mußte sich wiederum die Besatzung an die Österreicher ergeben. 1806 wurden die Befestigungen erweitert und zu strategischer Bedeutung erhoben, indem man in der Feste den Schlüssel zur Beherrschung der Donau erkannte.
Passau Geschichte
An Stelle Passaus, speziell der Innstadt, lag im Altertum der keltische Ort Bojodurum, dem gegenüber aus dem Lager einer batavischen Legion der Römer die Grenzfestung Castra Batava, das eigentliche Passau, erwuchs. Zu Anfang des 8. Jahrhunderts wurde es Residenz des Bayernherzogs Theobald und 738 Sitz des neu eingerichteten Bistums.
999 erwarb Bischof Christian die Gerichtsbarkeit und die Regalien in der Stadt. Diese blühte durch Handel und Schifffahrt empor und versuchte im 13. Jahrhundert sich der bischöflichen Gewalt zu entziehen, was den Bischof Ulrich zur Anlage der St. Georgsburg, des jetzigen Oberhaus, auf dem nördlichen Donauufer veranlasste. Sein Nachfolger Gebhard verlieh 1225 Passau das erste Stadtrecht.
Bei einem Aufstande der Städter 1250 gewann Herzog Otto von Bayern durch Verrat das Schloss Ort in Passau, und die Bischöfe hatten stets ihre Rechte gegenüber den benachbarten Bayern wie gegenüber der Bürgerschaft bis ins 15. Jahrhundert zu verteidigen. 1803 kam Passau an Bayern. (Vgl. Erhard, Geschichte der Stadt Passau 1864, 2 Bände.)
Passau ist heute eine kreisfreie Stadt im Freistaat Bayern, Regierungsbezirk Niederbayern, mit rund 52.500 Einwohnern (2020).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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