Fulda, Stadtansicht

Fulda

Fulda im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Fulda 20.395 Einwohner – 1905 = 216. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.

Fulda, Dom und Michaelskirche
Fulda, Dom und Michaelskirche

Fulda im Königreich Preußen

Fulda ist eine Kreisstadt im Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, an den Staatsbahnlinien Frankfurt a. M.– Bebra, Gießen-Fulda u. a., im alten Buchgau (Buchonia) und 256 Meter über dem Meer.

Landkarte Westfalen, Hessen-Nassau, Großherzogtum Hessen, Schaumburg-Lippe, Lippe, Waldeck
Landkarte Westfalen, Hessen-Nassau, Großherzogtum Hessen, Schaumburg-Lippe, Lippe, Waldeck

Die Stadt Fulda ist freundlich gelegen, aber unregelmäßig gebaut. Unter den öffentlichen Plätzen sind der Domplatz und der Schlossplatz die wichtigsten; auf letzterem steht seit 1842 das kolossale Erzstandbild des heiligen Bonifatius. Der Dom wurde von 1704-12 nach dem Muster der Peterskirche in Rom erbaut und ist 99 Meter lang.

Fulda, Partie an der Kanalstraße mit Dom
Fulda, Partie an der Kanalstraße mit Dom

Die Vorderseite schmücken zwei Doppeltürme von 57 Meter Höhe und die Kuppel erhebt sich 39 Meter hoch. Ein Überrest des alten Baus ist die Krypta (Bonifatiusgruft) unter dem Hochaltar, wo in einem reichverzierten Sarkophag die Gebeine des „Apostels der Deutschen“ ruhen.

Fulda, St. Bonifacius-Denkmal
Fulda, St. Bonifacius-Denkmal

Fulda ist der Sitz eines Bischofs, eines Domkapitels, eines Generalvikariats, hat 2 Forstämter, Amtsgericht, Spezialkommission etc. An Unterrichtsanstalten bestehen: ein Gymnasium, eine Oberrealschule, kath. Schullehrerseminar, Militärmusikerschule; an Wohltätigkeitsanstalten: ein Hospital (im 13. Jahrhundert gestiftet) nebst Waisenhaus, ein Landkrankenhaus, ein Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern zum heil. Vinzenz von Paula etc.

Fulda, Bonifacius-Denkmal, Hauptwache und Dom
Fulda, Bonifacius-Denkmal, Hauptwache und Dom

Dem Dom in Fulda gegenüber steht die ehemalige Propstei St. Michael, seit 1831 die Wohnung des Bischofs, mit der kleinen und interessanten, von Lange restaurierten St. Michaelskirche, die 822 vollendet wurde und im wesentlichen die ursprüngliche Anlage (eine Nachahmung des heiligen Grabes) noch jetzt zeigt. Ansonsten sind zu nennen: die Bibliothek (ca. 80.000 Bände und kostbare Handschriften),

Fulda, Schlossgarten
Fulda, Schlossgarten

das stattliche, im Palaststil errichtete Schloss mit Garten und Orangerie, das 1625 gestiftete Benediktinerinnenkloster, das 1238 gestiftete Minoritenkloster (jetzt Möbellager), das neue Reichsbankgebäude und die neue Artilleriekaserne. Im ganzen besitzt Fulda 6 Kirchen, darunter eine neue evangelische, und eine Synagoge. Im Jahr 1900 leben in Fulda mit der Garnison (Feldartillerieregiment Nr. 47) 16.900 Einwohner, davon 3826 Evangelische und 675 Juden. 1905 sind es schon 20.395 Einwohner. Die Industrie erstreckt sich auf Baumwollweberei, Damast- und Sackleinwandfabrikation (Fuldaer Leinwand),

Fulda, Schloss
Fulda, Schloss

Plüsch-, Filz-, Filztuch-, Wachslichtfabrikation, Wollfärberei, Gerberei, Seifensiederei, Bierbrauerei, Wachsbleicherei, Salpetersiederei, Verfertigung vorzüglicher Blasinstrumente, von emaillierten Blechgeschirren, Schuhstoff etc. Außerdem befindet sich dort eine Eisenbahnhauptwerkstätte. Der Handel, unterstützt durch eine Nebenstelle der Reichsbank (Umsatz 1902: 214,9 Millionen Mark), ist besonders lebhaft in Vieh und Getreide; jährlich finden neun Rindviehmärkte, ein Bullenmarkt und zwei Pferdemärkte und wöchentlich ein Schweinemarkt statt.

Fulda, Orangerie
Fulda, Orangerie

In der Umgebung Fuldas sind besonders der Frauenberg, der Kalvarienberg (an dessen Fuß der Bonifatiusbrunnen), Petersberg und Johannesberg zu erwähnen; 6 km südlich liegt das landgräfliche Schloss Adolfseck mit großem Park und 10 km östlich Bieberstein, das ehemalige Jagdschloss der fuldaischen Bischöfe.

Fulda, Friedrichstraße
Fulda, Friedrichstraße

Fulda entstand infolge der Gründung der gleichnamigen Abtei, um die sich bald ein Dorf (mit einer 779 eingeweihten Kirche) ansiedelte, das 1162 befestigt und 1208 zur Stadt erhoben wurde. Mit den Äbten von Fulda kam es öfter zu Zwistigkeiten, besonders 1320, als Abt Heinrich eine Burg innerhalb der Stadt errichtete, die von den Bürgern zerstört wurde.

Fulda, Stadtansicht
Fulda, Stadtansicht

Fulda verfiel der Reichsacht und wurde 1331 zur Wiederherstellung der Burg genötigt. Die im 14. Jahrhundert auch in Fulda ausbrechende Pest schrieb der Aberglaube den Juden zu, von denen 600 einen martervollen Tod fanden. Im Bauernkrieg wurden Stadt und Kloster Fulda 1525 von den Bauern erobert, aber diese vom Landgrafen Philipp von Hessen zur Übergabe genötigt, worauf die Stadt einige Jahre an Hessen verpfändet war.

Fulda, Paulustor
Fulda, Paulustor

1734 erhielt Fulda eine Universität, die 1804 in ein Gymnasium umgewandelt wurde. Im Siebenjährigen Kriege wurde Fulda 1762 von einem hannöverschen Korps unter Luckner eingenommen. Am 2. November 1850 wurde es von den Preußen besetzt, aber nach dem Zusammenstoß mit den Österreichern bei Bronnzell am 9. November freiwillig geräumt und dann auf kurze Zeit von den Bayern besetzt.

Fulda, Militär-Lazarett
Fulda, Militär-Lazarett

Im Deutscher Krieg von 1866 besetzten es die Preußen am 6. Juli abermals. Mehrmals in neuester Zeit haben in Fulda „am Grabe des Bonifatius“ die Bischöfe Preußens und Deutschlands Versammlungen abgehalten.

Fulda ist heute eine Stadt in Hessen, Kreisstadt des Landkreises Fulda, mit rund 69.000 Einwohnern (2021).

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
Reichsadler 1889-1918

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