Frauenfeld mit Schloss

Thurgau

Der Kanton Thurgau in einer Darstellung um 1900, Geschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Hauptort Frauenfeld

Frauenfeld, Schloss und Rathaus
Frauenfeld, Schloss und Rathaus

Kanton Thurgau

Kanton Thurgau, Karte 1914
Kanton Thurgau, Karte 1914

Thurgau ein Kanton der nördlichen Schweiz, durch den Bodensee und Rhein von Baden, Württemberg und Bayern getrennt, umfasst 1011,6 km² (18,3 Quadratmeilen). In dem zum Talsystem der Murg gehörenden Hinterthurgau steigt das Land fast zu voralpinen Höhen an, so am Hörnli (1135 m), jedoch ohne dessen Gipfel zu erreichen. Zwischen Thurtal und Bodensee zieht ein breites Plateau (Seerücken) hin, zu dem als einer der markantesten Punkte der Ottenberg (671 m) gehört. Der Kanton Thurgau zählt im Jahr 1900 = 113.535 Einwohner deutscher Abstammung. Die Katholiken (im ganzen 35.944) gehören der Diözese Basel an. Klöster bestehen nicht mehr. Das Gelände besteht aus tertiären Sandsteinen und Mergeln, die magere Verwitterungsböden liefern; im östlichen und westlichen Teil bedingen Moränen tiefgründige Böden und intensivere Siedelungen.

Frauenfeld, Stadtansicht
Frauenfeld, Stadtansicht

Stadt Frauenfeld

Frauenfeld ist die Hauptstadt des Kantons Thurgau, Bezirkshauptort und eidgenössischer Artilleriewaffenplatz. Sie liegt 414 Meter über dem Meer, in fruchtbarer Gegend auf einem Bergvorsprung an der Murg, an der Eisenbahn Zürich-Romanshorn und der Straßenbahn Wil-Frauenfeld gelegen. Die Stadt wurde seit den großen Feuersbrünsten von 1771 und 1788 größtenteils neugebaut.

Frauenfeld, Schloss
Frauenfeld, Schloss

Das efeuumrankte Schloss, einst Sitz der eidgenössischen Landvögte, ist die auffälligste Sehenswürdigkeit des Städtchens, das ein in edlem Stil erbautes Regierungsgebäude, ein stattliches Stadthaus, eine Kantonsschule, mehrere industrielle Etablissements (auch im nahen Islikon), wie Waffen- und Maschinenfabrik, Eisengießerei, Gerberei, Tabakfabrik, Baumwollweberei, große Buchdruckerei etc. besitzt. Frauenfeld hat im Jahr 1900 = 7850 Einwohner (2230 Katholiken) zählt. In der Umgebung liegt die verlassene Kartause (Einsiedelei) Ittingen inmitten von Weingärten.

Aufnahme in die Schweizer Eidgenossenschaft:

Im Jahr 1803 trat Thurgau als 16. Kanton der Schweizer Eidgenossenschaft bei.

Schweizer Kantone, Karte 1914
Schweizer Kantone, Karte 1914

Größe:

Angaben 1880: 988,0 km²

Bevölkerungsdichte:

97,19 Einwohner/km² (Angaben 1879)

Einwohner:

  • 1879:  96.024
  • 1880:  99.000
  • 1900: 113.535

Gewässer:

Flüsse Thur, Rhein und Murg, der Kanton Thurgau grenzt an den Bodensee

Frauenfeld, Neue katholische Kirche
Frauenfeld, Neue katholische Kirche

Sprachen:

  • 99,9 % Deutsch
  •  0,1 % Italienisch und Rätoromanisch

Religionen:

Der Kanton Thurgau ist ein überwiegend protestantischer Kanton.

  • 74,2 % protestantisch
  • 25,1 % römisch-katholisch
Romanshorn, Hafen
Romanshorn, Hafen

Wirtschaft:

Die Waldfläche beträgt im Jahr 1906 = 179,66 km², das Rebland 11,63 km², das übrige vorherrschend dem Wiesenbau dienende Areal 655,78 km². Die Getreideproduktion ist auf Kosten der Milchwirtschaft sehr zurückgegangen. Hervorragend ist der Obstbau. 1906 betrug der Viehstand bei 11.222 Viehbesitzern 5619 Pferde, 63.439 Rinder, 23.473 Schweine, 709 Schafe, 6788 Ziegen und im Jahr 1901 = 10.220 Bienenstöcke. Zahlreiche Genossenschaftskäsereien vermitteln die Verarbeitung der Milch. In Ermatingen und Gottlieben werden jährlich über 150.000 Gangfische gefangen. Neben der Landwirtschaft tritt die Textilindustrie in den Vordergrund, namentlich Baumwollspinnerei und -Weberei, Maschinenstickerei nebst Färberei und Bleicherei, ferner Fabrikation von Maschinen (Arbon, Steckborn, Frauenfeld), Papier, Spielkarten etc. Es standen 1901: 336 Etablissements mit 11.724 Arbeitern unter dem schweizerischen Fabrikgesetz, und man zählte 1904: 256 Dampfkessel und 8 Brauereien. Größere Marktorte sind Frauenfeld, Weinfelden, Amriswil und Dießenhofen. Der Kanton Thurgau ist durch die See- und Thurlinie sowie die Eisenbahn Winterthur-St. Gallen erschlossen. Romanshorn ist ein bedeutender Hafenort und Stapelplatz. In Frauenfeld und Weinfelden arbeiten die beiden thurgauischen Zettelbanken: die Thurgauische Hypothekenbank (1851 gegründet) und die Thurgauische Kantonalbank (seit 1870).

Weinfelden mit katholischer Kirche
Weinfelden mit katholischer Kirche

Außer vortrefflichen Volksschulen besitzt der Kanton ein Lehrerseminar in Kreuzlingen, die Kantonschule in Frauenfeld und die landwirtschaftliche Schule in Arenaberg, außerdem eine Rettungs- und eine Zwangsarbeitsanstalt. Die öffentlichen Bibliotheken enthalten 60.000 Bände, wovon über 30.000 auf die Kantonsbibliothek in Frauenfeld entfallen.

Politische Verwaltung und Einteilung:

Nach der Verfassung vom 28. Februar 1869 gehört der Thurgau zu den rein demokratischen Kantonen. Sie gibt dem Volke das obligatorische Referendum, dem auch die Beschlüsse der Legislative unterstellt werden können. Die Legislative übt der Große Rat, der auf je drei Jahre durch das Volk gewählt wird. Die oberste vollziehende Behörde ist der Regierungsrat, mit fünf Mitgliedern und ebenfalls dreijähriger Amtsdauer. Die oberste Gerichtsinstanz heißt Obergericht, dessen sieben Mitglieder ebenfalls auf drei Jahre durch den Großen Rat gewählt werden. Der Kanton Thurgau ist in acht Bezirke eingeteilt; jeder derselben hat seinen Bezirksstatthalter, dem ein Bezirksrat zur Seite steht, und ein Bezirksgericht, jede Gemeinde ihren Gemeinderat, dessen Vorsitz der Ammann führt; für die Kreise, aus mehreren Gemeinden zusammengesetzt, besteht je ein Friedensrichter und ein Notar. Die Staatsrechnung für 1906 weist an Einnahmen 2.772.301 Franken, an Ausgaben 2.583.758 Franken auf; das reine Staatsvermögen beträgt 15.091.097 Franken. Hauptstadt ist Frauenfeld.

Weinfelden, Schloss
Weinfelden, Schloss

Städte und Gemeinden:

Der Kanton Thurgau besteht aus 8 Bezirken.

Städte und Gemeinden:

Frauenfeld, Kreuzlingen, Arbon, Amriswil, Weinfelden, Romanshorn, Aadorf, Sirnach, Bischofszell, Münchwilen

Geschichte:

Thurgau war der Name einer alten alemannischen Grafschaft, die ursprünglich außer dem Kanton Thurgau auch die heutigen Kantone Zürich, Uri, Schwyz, Zug, Appenzell sowie Stücke von St. Gallen, Aargau und Luzern umfasste, aber durch die Lostrennung des westlichen Teiles als eines besonderen Zürichgaues, durch die Immunitätsprivilegien des Klosters St. Gallen etc. zusammenschmolz. Nach dem Aussterben der Grafen von Kyburg, welche die Landgrafschaft Thurgau besessen, kam dieselbe an Rudolf von Habsburg (1264). 1417 wurde infolge der Ächtung Herzog Friedrichs das Landgericht im Thurgau von Kaiser Siegmund an Konstanz verpfändet, 1460 entrissen die Eidgenossen das Land Österreich gänzlich und machten daraus eine gemeine Vogtei der sieben alten Orte (ohne Bern). Im Frieden von Basel (1499) musste Konstanz ihnen auch das Landgericht abtreten. Unter dem Schutze Zürichs wandte sich der größte Teil des Landes der Reformation zu.

Schloss Arenenberg am Untersee
Schloss Arenenberg am Untersee

Der Umsturz der alten Eidgenossenschaft (1798) befreite den Thurgau aus seiner Untertanenschaft, und die Mediationsakte erhob ihn 1803 zum selbständigen Kanton mit einer Repräsentativverfassung, die 1814 durch Zensus, lange Amtsdauern, künstliche Wahlart etc. ein aristokratisches Gepräge erhielt. Nach der Julirevolution machte Thurgau unter der Führung des Pfarrers Bornhauser den Anfang mit der Demokratisierung der schweizerischen Kantone durch seine neue, am 26. April 1831 angenommene Verfassung. Seitdem gehörte der Thurgau beständig zu den liberalen Kantonen, nahm teil an den Badener Konferenzbeschlüssen, hob 1848 seine Klöster auf bis auf eins und erklärte sich für Annahme der neuen Bundesverfassung wie auch für deren Revisionen 1872 und 1874. Nachdem schon 1837 und 1849 das Grundgesetz revidiert worden war, begann 1868 eine neue Revisionsbewegung, die Einführung des Referendums und der Initiative, der direkten Volkswahl der Regierung etc. anstrebte und in der Verfassung vom 28. Februar 1869 ihren Abschluss fand.

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Ortslexikon der Schweiz“ von Henry Weber, Verlag von M. Kreutzmann, St. Gallen 1887
  • „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
  • „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
  • „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
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