Quedlinburg im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Quedlinburg 24.803 Einwohner – 1905 = 168. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Quedlinburg in der Provinz Sachsen im Königreich Preußen
Quedlinburg ist eine Kreisstadt im Königreich Preußen, Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Magdeburg, liegt an der Bode und 121 Meter über dem Meer.
Die Stadt Quedlinburg ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Wegeleben-Thale und Quedlinburg-Frose. Quedlinburg ist zum Teil von Mauern und Türmen umgeben und besteht aus der Alt- und der Neustadt mit 4 Vorstädten.
Auf einem Felsen in der Vorstadt Westendorf erhebt sich das Schloss, einst Sitz gefürsteter Äbtissinnen, die schöne, restaurierte romanische Schlosskirche (1129 geweiht) mit den Grabmälern des deutschen Königs Heinrich I.
und seiner Gemahlin Mathilde sowie dem Sarg der Gräfin Aurora von Königsmark in einem Grabgewölbe und interessanten Sehenswürdigkeiten in der Sakristei („Zitter“) enthaltend. Außer der Schlosskirche hat Quedlinburg noch 6 evangelische Kirchen, darunter die Marktkirche mit schönem Schnitzwerk, eine katholische Kirche und eine Synagoge. Bemerkenswert ist auch das alte Rathaus von Quedlinburg mit vielen Altertümern, interessanten Gemälden und einer Rolandsstatue.
In der Nähe des Bahnhofs erhebt sich das schöne Kriegerdenkmal „Reiter von Marsla-Tour“, auf dem Mummentalplatze das des Turnvaters und Pädagogen Guts Muths, beide modelliert von Anders. Im Jahr 1905 leben inn Quedlinburg mit der Garnison (eine Eskadron Kürassiere Nr. 7) 24.803 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 1313 Katholiken und 112 Juden. Die Quedlinburger betreiben Draht-, Blechwaren-, Armaturen-, Anilinfarben-, Nudel- und Mehlwaren- und Maschinenfabrikation, Tuch- und Wollzeugweberei, Glasmalerei, Kunstglaserei etc. Außerdem besitzt die Stadt ein Elektrizitätswerk.
Von besonderer Bedeutung sind Gartenbau, Blumenzucht und Samenhandel. Die weltberühmte Gärtnerei der Gebrüder Dippe bebaut allein in Quedlinburg und Umgebung über 12.000 Morgen Land und beschäftigt ungefähr 2000 Personen. Quedlinburg hat ein Gymnasium (mit der ehemaligen Stiftsbibliothek), eine Oberreal-, eine landwirtschaftliche Winter- und eine Präparandenschule, ein Waisenhaus, städtisches Museum mit Rüstungen, Waffen, Münzen, Urkunden u. dgl., mehrere Hospitäler etc. und ist Sitz eines Amtsgerichts und einer Nebenstelle der Reichsbank. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 30 Stadtverordnete.
Im Südwesten der Stadt Quedlinburg liegt das Brühlwäldchen mit einer Büste Klopstocks und dem Denkmal des Geographen Karl Ritter, die beide in Quedlinburg geboren wurden, sowie ein Denkmal des früheren Oberbürgermeisters Brecht, darüber die Altenburg mit Anlagen und einem Aussichtsturm; im Westen der Münzenberg, wo das ehemalige Marienkloster stand, im Südosten nahe dem Bahnhofe der Bismarckturm, weiter die Seewecker Berge mit einer Gipsmühle und der Gersdorfer Burg. Zwischen Quedlinburg und dem westlich davon liegenden Dorfe Westerhausen findet alljährlich im Sommer ein großes Pferderennen statt.
Die Stadt Quedlinburg ist aus der uralten Siedlung Quitlingen entstanden, die Kaiser Heinrich I. gegen die Magyaren befestigte. Die Burg wird seit 922 genannt. Bis ins 13. Jahrhundert haben die deutschen Könige häufig hier geweilt. In den Kämpfen zwischen den Grafen von Regenstein und den Bischöfen von Halberstadt, die sich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert um die Vorherrschaft im Harzgau stritten, stellte sich Quedlinburg auf die Seite der Bischöfe. Im Anfang des 15. Jahrhunderts stand die Stadt Quedlinburg dem Stifte gegenüber fast selbständig da, musste aber 1477 die Oberhoheit Kursachsens anerkennen. Auf der Synode zu Quedlinburg 1085 wurde der Bann gegen Heinrich IV. erneuert.
1207 kamen hier die Gegenkönige Philipp und Otto IV. zusammen, beim Religionsgespräch 1583 stritten sich die pfälzisch-sächsisch-brandenburgischen mit den braunschweigischen Theologen über die Abendmahlslehre. Bemerkenswerte Kunstdenkmäler sind die Wipertikrypta, die ehemalige kleine Hofkirche in der Pfalz der sächsischen Ludolfinger, ein Bau aus Heinrichs I. Zeiten, und die romanische Servatiikirche (Schlosskirche), auf hohem Sandsteinfelsen gelegen, mit kostbaren Kunstschätzen des Mittelalters.
Quedlinburg ist heute eine Stadt in Sachsen-Anhalt, Landkreis Harz, mit rund 23.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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