Bremerhaven im Deutschen Reich 1871 – 1918 (Kaiserreich), Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Bremerhaven 24.166 Einwohner – 1905 = 173. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Bremerhaven im Deutschen Reich 1871 – 1918 (Kaiserreich)
Bremerhaven ist eine Stadt im Gebiete der Freien Hansestadt Bremen.
Bremerhaven liegt rechts am Ausfluss der Geeste in die meerbusenartige Wesermündung, gegenüber der auf dem linken Geesteufer gelegenen preußischen Stadt Geestemünde, mit der es durch eine Drehbrücke verbunden ist, und nach Nordosten zusammenhängend mit dem preußischen Flecken Lehe, 4 Meter über der Nordsee.
Die Stadt Bremerhaven ist einer der größten deutschen Seehäfen.
Die für die größten Seeschiffe zugänglichen Hafenanlagen, seit 1826 auf Anregung des Bremer Bürgermeisters Smidt auf einem dazu vom vormaligen Königreich Hannover abgetretenen und später durch Abtretungen namentlich vonseiten Preußens erheblich vergrößerten Gebiet eingerichtet, bestehen aus drei durch Deiche gegen Sturmfluten geschützten Hafenbecken, dem Alten (7,2 Hektar),
Neuen (8,27 Hektar) und dem Kaiserhafen (24,75 Hektar), dessen älterer Teil 1876 dem Verkehr übergeben wurde, während eine großartige Erweiterung mit einer 215 Meter langen, 28 Meter breiten und 10,56 Meter tiefen Kammerschleuse, der großen Kaiserschleuse (um 1900 die größte Schleuse der Welt), 1897 eröffnet wurde.
Die Gesamtwasserfläche der Häfen beträgt 40,22 Hektar, die Länge der Ufermauern 6565 Meter. Die Hafenanlagen dienen in erster Linie dem Verkehr des Norddeutschen Lloyd, der bei diesen großartige Reparaturwerkstätten, Proviant- und Materialmagazine und Trockendocks sowie eine Schiffsmodell-Schleppversuchsstation (um 1900 die einzige in Deutschland) erbaut hat.
Zur Bezeichnung des Fahrwassers unterhalb der Stadt bis zur Nordsee dienen zahlreiche Tonnen, zwei Feuerschiffe und acht Leuchttürme, unter letzteren der 1884–85 erbaute Rothefand-Leuchtturm. Schutz gegen die Angriffe einer feindlichen Flotte gewähren vier unterhalb Bremerhaven gelegene, mit eisernen Drehtürmen und schweren Geschützen ausgestattete Forts.
In den Hafen liefen ein 1902: 1600 Seeschiffe zu 1.643.408 Registertonnen. Die Güterausfuhr ist unbedeutend, die Einfuhr dagegen sehr erheblich, besonders in Baumwolle, Reis, Petroleum sowie in den Ergebnissen der deutschen Hochseefischerei (wöchentlicher Verkehr durchschnittlich 9 Fischdampfer). Bremerhaven hat 2 evangelische und eine katholische Kirche, eine Methodistenkapelle, Denkmäler Kaiser Wilhelms I. und des Bürgermeisters Smidt, ein Kriegerdenkmal, in einem prächtigen Neubau ein Gymnasium mit Realschule,
Maschinistenschule, Waisenhaus, Stadtbibliothek, naturwissenschaftliche Sammlung, Theater, Amtsgericht mit Kammer für Handelssachen, Postamt erster Klasse, Hauptzollamt, Hafen-, See- und Seemannsamt, Seemannsheim, Quarantäneanstalt für sämtliche Weserhäfen, Gaswerk und Wasserleitung, eine Schiffswerft (G. Seebeck, Aktiengesellschaft), Fabrikation von Chronometern, Schiffsmeßinstrumenten, Rettungsapparaten etc.
Im Jahr 1900 leben in Bremerhaven 20.315 meist evangelische Einwohner. Dem Handel und Verkehr dienen mehrere öffentliche Bankinstitute, die Dampferverbindung mit Bremen sowie eine Straßenbahn, die Bremerhaven mit den benachbarten Orten Geestemünde und Lehe sowie mit dem Kaiserhafen verbindet.
Bremerhaven ist heute eine Stadt im Nordwesten Deutschlands, die als Exklave zum Land Freie Hansestadt Bremen gehört, mit rund 113.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
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