Erster Schutzvertrag Deutsch-Südwestafrika 1884

Erster Schutzvertrag in Deutsch-Südwestafrika 1884

Der erste Schutzvertrag in Deutsch-Südwestafrika (28. Oktober 1884)

Bethanien, den 28. Oktober 1884.

Schutz- und Freundschaftsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und Bethanien.

Seine Majestät, der Deutsche Kaiser, König von Preußen usw. Wilhelm 1. im Namen des Deutschen Reiches einerseits

und

der unabhängige Beherrscher von Bethanien im Großnamaqualand, Kapitän Josef Fredericks für sich und seine Rechtsnachfolger, andererseits,

von dem Wunsche geleitet, ihre freundschaftlichen Beziehungen und gegenseitigen Interessen möglichst zu fördern und zu befestigen, haben beschlossen, einen Schutz- und Freundschaftsvertrag abzuschließen. Zu diesem Zwecke ist der Kaiserlich deutsche Generalkonsul Dr. G. Nachtigal, von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser guter und gehöriger Form bevollmächtigt, mit dem Kapitän Josef Fredericks
und dessen Ratsversammlung über nachstehende Artikel übereingekommen:

Artikel 1

Der Kapitän Josef Fredericks von Bethanien bittet Seine Majestät den Deutschen Kaiser, über das von ihm beherrschte Gebiet die Schutzherrlichkeit übernehmen zu wollen. Seine Majestät der Deutsche Kaiser genehmigt diesen Antrag und sichert dem Kapitän Seinen Allerhöchsten Schutz zu. Als äußeres Zeichen dieses Schutzverhältnisses wird die deutsche Flagge gehißt.

Artikel 2

Der Kapitän Josef Fredericks verpflichtet sich, sein Land oder Teile desselben nicht an irgendeine andere Nation oder Angehörige einer solchen ohne Zustimmung Seiner Majestät des Deutschen Kaisers abzutreten, noch Verträge mit anderen Regierungen abzuschließen, ohne jene Zustimmung.

Artikel 3

Seine Majestät der Deutsche Kaiser will die von anderen Nationen oder deren Angehörigen mit den Beherrschern von Bethanien früher abgeschlossenen und zu Recht bestehenden Handelsverträge und Kontrakte respektieren und den Kapitän weder in der Erhebung der ihm nach den Gesetzen und Gebräuchen des Landes zustehenden Einnahmen, noch in der Ausführung der Gerichtsbarkeit über seine
Untertanen beeinträchtigen.

Artikel 4.

Der Kapitän hat durch Kaufverträge vom 1. Mai und 25. August 1883 das zwischen dem 26. Grad südlicher Breite und dem Oranjeflusse gelegene und sich zwanzig Meilen landeinwärts erstreckende Küstengebiet seines Landes dem deutschen Reichsangehörigen F. A. E. Lüderitz in Bremen mit allen darauf haftenden Rechten abgetreten.

Artikel 5.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser anerkennt diese Landesabtretung, unterstellt das betreffende Gebiet dem Schutz des Deutschen Reiches und übernimmt die Oberhoheit über dasselbe.

Artikel 13.

Der gegenwärtige Vertrag wird vom Tage der Unterzeichnung ab in Kraft und Gültigkeit treten, vorbehaltlich dessen, daß derselbe wieder ungültig wird, falls die Ratifikation desselben seitens der deutschen Regierung innerhalb der Frist von achtzehn Monaten, vom Tage der Unterzeichnung ab, nicht erfolgt sein sollte.

Der vorstehende Vertrag ist im Hause des Kapitäns Josef Fredericks in doppelter Ausfertigung von dem Bevollmächtigten Seiner Majestät des Deutschen Kaisers sowie von dem Kapitän und seinen Ratsherren und den nachstehenden Zeugen am achtundzwanzigsten Oktober des Jahres achtzehnhundertvierundachtzig unterzeichnet worden, wie folgt:

gez. Dr. G. Nachtigal
Kaiserlicher Generalkonsul u. Kommissär für die Westküste von Afrika.

gez. Graf Spee,
Unterleutnant zur See.

gez. Heinrich Vogelsang,
Vertreter von F. A. E. Lüderitz.

gez. L.H.Bam,
zugleich als Dolmetscher für die holländische Sprache.

gez. 1. Christian Goliath,
zugleich als Dolmetscher für die Namaquasprache.

gez. Josef Fredericks,
+ Handzeichen des Kapitäns.

Ratsherren:
gez. Adam Lambert +
gez. Ruben Fredericks +
gez. Klaas Saul +
gez. Daniel Fredericks

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