Witzenhausen im Königreich Preußen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Witzenhausen 3788 Einwohner – 1905 (Städte im Kaiserreich)
Witzenhausen im Königreich Preußen
Witzenhausen ist eine Kreisstadt im Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel. Sie liegt am Einfluss der Gelster in die Werra und an der Staatsbahnlinie Blankenheim-Münden, 131 Meter über dem Meer.
Die Stadt Witzenhausen hat eine evangelische und eine katholische Kirche, Synagoge, eine Kolonialschule „Wilhelmshof“, Amtsgericht, Oberförsterei, Spezialkommission, eine bedeutende Papierfabrik, Zigarren- und Zigaretten-, Blechwaren-, Drahtstift-, Zuckerwaren- und Schloßfabrikation, eine Fabrik für Herstellung von Ventilationsanlagen, Gerberei, Färberei, Basaltwerke, Kalk- und Ziegelbrennerei, Wein- und Obstbau. Im Jahr 1905 leben hier 3788 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 199 sind Katholiken und 117 Juden. In der Nähe liegt der Johannisberg mit Anlagen. Ursprünglich mainzisch, kam Witzenhausen im 13. Jahrhundert an Hessen.
Die „Deutsche Kolonialschule für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe“ Wilhelmshof in Witzenhausen wurde im Jahre 1899 begründet. Sie diente der Vorbereitung praktischer Wirtschafts- und Plantagenbeamter, sowie von Landwirten, Viehzüchtern, Wein- und Obstbauern für die deutschen Kolonien und überseeischen Ansiedlungsgebiete und sparte dadurch einen Teil der überseeischen Lehrzeit. An den sonnigen Ufern der Werra gelegen, inmitten des thüringisch-hessischen Berglandes, umfasste die Schule einen für ihre Zwecke eingerichteten Gutshof nebst den aus gedehnten Gebäuden eines alten Wilhelmiterklosters. Aufnahme fanden reichsangehörige junge Männer im Alter von 17 – 27 Jahren im April und Oktober eines jeden Jahres.
Hier konnte man das „Diplom der Deutschen Kolonialschule“ erwerben und die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfter Koloniallandwirt“ erhalten. Der Lehrgang war 2- oder 3jährig.
Die Lehrfächer waren
I. Allgemeinbildende, und zwar Kulturwissenschaften, Naturwissenschaften, Sonstiges;
II. Wirtschaftliche, und zwar Landwirtschaft, Tierzucht und Tierheilkunde, Gärtnerei, Forstwirtschaft, Kaufmännisches, Praktische Landwirtschaft, Gärtnerei und Forstwirtschaft;
III. Technische, und zwar Baufach, Kulturtechnik, Landmessen, Handwerke;
IV. Leibesübungen als Turnen, Reiten, Fechten. Koloniale Praxis und Theorie werden gleichmäßig und in enger Verbindung berücksichtigt.
Die Anwärter hatten sich über ihre sittliche und körperliche Eignung, für den Kolonialdienst auszuweisen und eine Probezeit durchzumachen, um unsolide, wenig eifrige, verwöhnte sowie körperlich zu wenig leistungsfähige Elemente rechtzeitig wieder ausscheiden zu können. Die halbjährlichen Kosten für den Besuch der Kolonialschule betrugen etwa 800,- Mark, die einmaligen auf 150,- Mark.
Geschäftsführender Direktor war Prof. E. A. Fabarius, das Kuratorium setzte sich aus sachverständigen Kolonialkennern zusammen. Schutzherr war der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg. Die Ausbildung erfolgte in ausgeprägt nationalem Geiste auf Grund christlich-sittlicher Lebensanschauung. Der Wahlspruch der Deutschen Kolonialschule lautete: „Mit Gott für Deutschlands Ehr‘ – Daheim und überm Meer!„
Aus der Deutschen Kolonialschule sind das Deutsche Instituts für tropische und subtropische Landwirtschaft und eine eine Lehranstalt (DEULA) für Umwelt und Technologie, Landwirtschaft, Gartenbau und Garten-/Landschaftsbau hervorgegangen.
Witzenhausen ist heute eine Stadt in Hessen, Werra-Meißner-Kreis, mit rund 15.000 Einwohnern (2021).
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
- „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
- „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
- „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
- „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
- „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
- „Deutsches Kolonial Lexikon“, 1920
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