Appenzell, Prozession b.d. Abtskapelle

Appenzell-Innerrhoden

Der Halb-Kanton Appenzell-Innerrhoden in einer Darstellung um 1900, Geschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Hauptort Appenzell

Appenzell
Appenzell

Halb-Kanton Appenzell-Innerrhoden

Appenzell-Innerrhoden, Karte 1914
Appenzell-Innerrhoden, Karte 1914

Appenzell ist ein Kanton der nordöstlichen Schweiz, ganz vom Kanton St. Gallen umgeben, ist ein wald- und wiesengrünes, mit hübschen Dörfern und zahllosen Häuschen übersätes, von tiefen Flusstälern durchfurchtes und vom Säntisgebirge (2504 m hoch) überragtes Voralpenland, das gegen den Bodensee abdacht. Der Kanton Appenzell gliedert sich seit 1597 infolge der Reformation in zwei selbstständige Halbkantone: das äußere Gebiet (Außer-Rhoden), dessen Bewohner größtenteils reformiert sind, und das fast ganz katholische innere Gebiet (Inner-Rhoden). Erst 1999 wurden beide Landesteile vollwertige Kantone.

Ort Appenzell

Hauptort des Kantons Appenzell-Innerrhoden ist der Flecken Appenzell. Er liegt 778 Meter über dem Meer, an der Sitter und ist Endpunkt der Schmalspurbahn Winkeln-Herisau-Appenzell. Appenzell ist ein belebter Touristen- und Kurort mit einem Kapuzinerkloster und hat im Jahr 1900 = 4553 Einwohner.

Appenzell, Appenzeller Landsgemeinde
Appenzell, Appenzeller Landsgemeinde

In der Nähe die beiden Kurorte Weißbad und Gonten, ferner das Wildkirchli, die Ebenalp, der Säntis etc.

Aufnahme in die Schweizer Eidgenossenschaft:

Appenzell wurde 1513 als 13. Ort in die Eidgenossenschaft aufgenommen.

Schweizer Kantone, Karte 1914
Schweizer Kantone, Karte 1914

Größe:

Angaben 1880: 159 km²

Bevölkerungsdichte:

  • 1879 = 75 Einwohner/km²
  • 1900 = 84 Einwohner/km²

Einwohner:

  • 1879: 11.906
  • 1880: 12.843
  • 1900: 13.469
Appenzell, Appenzeller Landsgemeinde (Trommler und Pfeifer)
Appenzell, Appenzeller Landsgemeinde (Trommler und Pfeifer)

Gewässer:

Fluss Sitter

Sprache:

100 % Deutsch

Religionen:

Der Kanton Appenzell trennte sich 1597 im Konfessionsstreit in die Halbkantone Appenzell-Innerrhoden (katholisch) und Appenzell-Ausserrhoden (protestantisch)

  •   0,16 % protestantisch
  • 98,40 % römisch-katholisch
Appenzell, Täfli-Jungfrauen vor der Prozession
Appenzell, Täfli-Jungfrauen vor der Prozession

Wirtschaft:

1901 zählte man 9497 Stück Rindvieh, 3282 Ziegen und 9652 Schweine. Hauptindustriezweig ist die Stickerei; sie beschäftigt 1890: 3812 Einwohner oder 28 % der Bevölkerung. Weltbekannt sind die feinen, stilvollen Fabrikate der Handstickerinnen.

Politische Verwaltung und Einteilung:

Die Verfassung vom 24. Oktober 1872, revidiert 1883 und 1895, ist demokratisch. Die Staatsgewalt wird durch die Landsgemeinde, die aus der Gesamtheit der Kantons- und ansässigen Schweizerbürger besteht, ausgeübt. Die Landsgemeinde gibt sich Verfassung und Gesetze und wählt die obersten Landesbehörden: Standeskommission, d.h. Regierung (9 Mitglieder) und Kantonsgericht. Inner-Rhoden hat (1897) 15 Primärschulen und eine Sekundärschule. Die katholische Bevölkerung steht unter der Administration des Bischofs von St. Gallen.

Appenzell, Kollegium St. Antonius
Appenzell, Kollegium St. Antonius

Die Staatsrechnung für 1899 ergab 173.400 Franken Einnahmen und 123.174 Franken Ausgaben; das Vermögen zeigte an Aktiven ohne Spezialfonds 212.658 Franken, an Passiven 314.129 Franken. Hauptort ist der Flecken Appenzell 778 Meter über dem Meer, an der Sitter, Endpunkt der Schmalspurbahn Winkeln-Herisau-Appenzell, belebter Touristen- und Kurort mit einem Kapuzinerkloster und im Jahr 1900 = 4553 Einwohner. In der Nähe die beiden Kurorte Weißbad und Gonten, ferner das Wildkirchli, die Ebenalp, der Säntis etc.

Der Halb-Kanton Appenzell-Innerrhoden umfasst die geschlossene Kernregion des Inneren Landes, das Äußere Land Oberegg und die weiteren Exklaven der Frauenklöster Grimmenstein und Wonnenstein.
Der Halb-Kanton Appenzell-Inner-Rhoden besteht aus 6 Bezirken:

  1. Appenzell
  2. Gonten
  3. Rüte
  4. Schwende
  5. Schlatt-Hasle
  6. Oberegg
Appenzell, Wappen
Appenzell, Wappen

Geschichte:

Seit dem 8. Jahrhundert hatte das Kloster St. Gallen durch Kauf und Schenkung die Grundherrschaft fast über den ganzen jetzigen Kanton Appenzell erworben und 1061 weihte Abt Norbert eine Kirche in dem neugerodeten Ort Abbacella ein, der später der ganzen Gegend den Namen gab. 1345 erwarb das Kloster mit der hohen Gerichtsbarkeit die eigentliche Landeshoheit; aber schon 1377 erhielten die vier Gemeinden Appenzell, Hundwil, Urnäschen und Teufen von Abt Georg das Zugeständnis, dass sie in ein Bündnis mit den schwäbischen Städten treten und sich einen Landrat von 13 Mitgliedern geben durften, dessen Wahl wohl die Entstehung der Landsgemeinde veranlasste. So bildete sich innerhalb des äbtischen Fürstentums das demokratische Gemeinwesen, das schon 1379 als „Appenzell das Land“ bezeichnet wird. Als der neue Abt Kuno von Stoffeln (1379–1411) seine herrschaftlichen Rechte hart geltend machte, erhoben sich die Appenzeller, denen sich nunmehr auch die übrigen Gemeinden des Berglandes anschlossen, gegen ihn (1401). Sie zerstörten seine Burgen, traten in ein „Landrecht“ mit den Schwyzern und brachten mit ihrer Hilfe dem Heer des Abtes und der mit ihm verbündeten Reichsstädte am Bodensee am 15. Mai 1403 bei Vögelinseck eine schimpfliche Niederlage bei. Nicht besser erging es einer österreichischen Kriegsmacht am Stoß am 17. Juni 1405. Hierauf streiften die Appenzeller in den Thurgau, über den Rhein, überall die Burgen der Herren brechend und die Bauern zum Aufstand ermunternd und bildeten einen „Bund ob dem See“, der sich rasch über die Nordostschweiz und das Vorarlberg bis nach Tirol hinein verbreitete.

Appenzell, Seealpsee
Appenzell, Seealpsee

Eine Niederlage, die sie 1408 bei Bregenz durch die schwäbische Ritterschaft erlitten, löste diesen Bund zwar wieder ebenso schnell auf, ihre Freiheit aber blieb gesichert. 1411 sagten ihnen die sieben Orte der Eidgenossen (ohne Bern) durch ein „Burg- und Landrecht“ ihren Schutz zu und suchten ihre Pflichten gegen das Kloster in billiger Weise zu regeln. 1429 kam ein Vergleich zustande, wonach die Appenzeller die Entrichtung oder Ablösung der Zinsen und Gefälle verbürgten, während der Abt sich anheischig machte, ihnen den Blutbann und damit die politische Selbständigkeit zu verschaffen, was 1442 auch geschah. 1452 erlangte Appenzell infolge seiner Teilnahme am alten Zürichkrieg eine höhere Stellung in der Eidgenossenschaft und nach den Mailänder Feldzügen wurde es am 17. Dezember 1513 zum vollberechtigten 13. Orte derselben erhoben. Die Reformation erregte anfänglich in Appenzell keine heftigen Stürme; schon 1522 entschieden sich einzelne Gemeinden dafür, während andere, namentlich der Hauptflecken, beim alten Glauben beharrten. Erst die Einführung des neuen Kalenders, die Aufnahme der Kapuziner im Hauptort und die Absicht der Katholiken, den Sonderbünden der katholischen Kantone unter sich und mit Spanien beizutreten, entzündeten den Religionshass so, dass nach zehnjährigen Wirren durch ein eidgenössisches Schiedsgericht am 8. September 1597 die Teilung des Landes in zwei selbständige Halbkantone vollzogen wurde, die jedoch in der Eidgenossenschaft nur als Ein Ort galten.

Appenzell, Landsgemeinde, Trommler und Pfeifer
Appenzell, Landsgemeinde, Trommler und Pfeifer

Die Reformierten zogen nach den äußern Rhoden (Bezirken), wo sie schon die Mehrheit hatten und die Katholiken nach den inneren, die sofort dem Borromeischen und Spanischen Bund beitraten. Anfang des 18. Jahrhunderts fand die Musselinfabrikation und -Stickerei in Außer-Rhoden Eingang, während Inner-Rhoden seiner Hirtenbeschäftigung treu blieb. Durch die helvetische Verfassung wurden die beiden Appenzell 1798 mit St. Gallen, Untertoggenburg und Rheinthal zu einem Kanton Säntis verschmolzen. Durch die Mediationsakte wurde aber 1803 ihre Landsgemeinden wiederhergestellt. 1829 brachte Inner-Rhoden, 1834 Außer-Rhoden die alte Landsgemeindeverfassung in ein systematisches Grundgesetz. Letzteres trennte 1858 durch eine Verfassungsrevision die Justiz von der Verwaltung und verbesserte durch ein neues Grundgesetz vom 15. Oktober 1876, das 1880 und 1892 teilweise revidiert wurde, den Organismus der Behörden und das Steuerwesen. Inner-Rhoden gab sich eine neue Verfassung vom 24. Oktober 1872, an der 1880, 1883 und 1895 Abänderungen vorgenommen wurden.

Gruss von der Landgemeinde in Appenzell
Gruss von der Landgemeinde in Appenzell

Der Kanton Appenzell gliedert sich seit 1597 infolge der Reformation in zwei selbstständige Halbkantone: das äußere Gebiet (Außer-Roden), dessen Bewohner größtenteils reformiert sind, und das fast ganz katholische innere Gebiet (Inner-Roden). 1999 wurden beide Landesteile vollwertige Kantone.

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Ortslexikon der Schweiz“ von Henry Weber, Verlag von M. Kreutzmann, St. Gallen 1887
  • „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
  • „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
  • „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
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