Der Kanton Solothurn in einer Darstellung um 1900, Geschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.
Hauptort Solothurn
Kanton Solothurn
Solothurn (franz. Soleure, ital. Soletta), ein Kanton der Schweiz, wird im Osten von Basel und Aargau, im Süden und Westen von Bern begrenzt, umfasst mit zwei Exklaven Mariastein und Klein-Lützel 791,51 km², gehört fast zu gleichen Teilen dem Kettenjura und dem Mittelland an und wird hier von der Aare durchflossen. Gegen die Birs zu liegt das „Schwarzbubenland“, zwischen Aare und Dünnern das „Gäu“ (mit Olten); letztere durchfließt das „Tal“ und bricht durch die Klus heraus ins Gäu. Dementsprechend gibt es zwei verschiedene klimatische und anbaufähige Teile. Das produktive Areal umfasst 97,56 %, wovon 36,83 % Wald und 0,8 % Rebland. Von den im Jahr 1900 = 100.806 Einwohnern, die zu 97 % Deutsch sprechen und zu 69 % katholischer Konfession sind, leben 79 % in der Niederung unter 500 m, die übrigen 21 % zwischen 500 und 1000 m.
Stadt Solothurn
Solothurn ist die Hauptstadt des gleichnamigen Kantons, breitet sich an beiden Seiten der Aare aus, als „Vorstadt“ oder Neu-Solothurn auf dem linken, als Alt-Solothurn oder eigentliche Stadt auf dem rechten Ufer. Sie ist Knotenpunkt der Bahnlinien Herzogenbuchsee-Biel, Olten-Lyß, Solothurn-Langnau und Solothurn-Moutier und liegt 426 Meter über dem Meer. Solothurn hat im Jahr 1900 = 10.095 vorherrschend katholische Einwohner und ist Sitz des Bischofs von Basel. Als Sehenswürdigkeiten sind zu nennen das Ursusmünster, schönster Hochrenaissancebau der Schweiz (1762–73, von Pisoni erbaut), das Zeughaus mit kostbarer Waffensammlung (Zelt Karls des Kühnen), der Zeitglockenturm, 4 öffentliche Brunnen (16. Jahrhundert), das 1900 vollendete städtische Museum mit naturhistorischen, antiquarischen Gemäldesammlungen (Madonna von Holbein).
Von den 1667–1727 errichteten Festungswerken ist nur ein Teil erhalten. In den Steinbrüchen liegt die Einsiedelei St. Verena, Gletscherfeld. Über der Stadt die Kurhäuser Weißenstein (1287 m) mit großartiger Fernsicht u. Ober-Balmberg (1060 m); in der Nähe Zuchwil mit dem Grab von Kosziuszko. Im Westen liegt das Dorf Selzach mit Passionsspiel seit 1893.
Aufnahme in die Schweizer Eidgenossenschaft:
Im Jahr 1481 treten Freiburg (9. Kanton) und Solothurn (10. Kanton) der Schweizer Eidgenossenschaft bei.
Größe:
Angaben 1880: 783,6 km²
Bevölkerungsdichte:
101,40 Einwohner/km² (Angaben 1879)
Einwohner:
- 1879: 79.460
- 1880: 80.449
- 1900: 100.806
Gewässer:
Fluss Aare
Sprachen:
(Angaben 1879)
- 99,6 % Deutsch
- 0,4 % Französisch
Religionen:
Der Kanton Solothurn ist ein überwiegend römisch-katholischer Kanton. (Angaben 1879)
- 16,7 % protestantisch
- 83,1 % römisch-katholisch
Wirtschaft:
Das produktive Areal umfasst 97,56 %, wovon 36,83 % Wald und 0,8 % Rebland. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung widmet sich der Landwirtschaft. Man zählte 1901: 3608 Pferde, 37.935 Rinder, 15.568 Schweine, 1330 Schafe, 10.166 Ziegen und 10.554 Bienenstöcke. Der Bergbau liefert berühmte Bausteine (Marmor) bei Solothurn u. a., feuerfeste Tone bei Matzendorf, etwas Bohnerz, Mergel, Kalke zu Zement (Bärswil, Grindel im Jura). Die Industrie hat sich durch Erbauung des Emmenkanals besonders um die Stadt Solothurn entwickelt (in der die Uhrenindustrie blüht) und umfasst eine Zellulosefabrik in Biberist, Eisenwerke in Gerlafingen (1000 Arbeiter), Baumwoll-, Kammgarnfabriken in Derendingen bei Luterbach, Seidenindustrie im Jura (Balstal etc.); s. besonders unter Olten. Von höheren Lehranstalten sind zu nennen die Kantonschule in Solothurn-Stadt (Gymnasium, Gewerbe- und Handelsschule, Lehrerbildungsanstalt), ferner eine Uhrmacherschule. Auf Rosegg ist eine kantonale Irrenanstalt.
Politische Verwaltung und Einteilung:
Nach der 1895 revidierten Verfassung ist der Kanton Solothurn eine Repräsentativdemokratie mit Referendum und proportionalem Wahlsystem. Der Kantonsrat (Legislative) und der fünfgliedrige Regierungsrat (Exekutive) werden auf je vier Jahre gewählt. Der Präsident des letzteren führt den Titel Landammann. Die Staatsrechnung zeigt Ende 1906 an Einnahmen 3.064.707 Franken, an Ausgaben 3.048.356 Franken. Es betragen die Aktiva 12.865.141 Franken, die Passiva 9.564.210 Franken, demnach das reine Staatsvermögen 3.300.931 Franken. Dazu kommen siebzehn Spezialfonds mit (1905) einem Reinvermögen von 6,49 Millionen Franken.
Städte und Gemeinden:
Der Kanton Solothurn besteht aus 5 Bezirken.Städte und Gemeinden: Solothurn, Olten, Grenchen, Dornach, Aedermannsdorf, Aeschi, Aetigkofen, Aetingen, Balm bei Günsberg, Balm bei Messen, Balsthal, Bärschwil, Bättwil, Beinwil, Bellach, Bettlach, Biberist, Bibern, Biezwil, Bolken, Boningen, Breitenbach, Brügglen, Brunnenthal, Büren, Büsserach, Däniken, Deitingen, Derendingen, Dulliken, Egerkingen, Eppenberg-Wöschnau, Erschwil, Etziken, Fehren, Feldbrunnen-St.Niklaus, Flumenthal, Fulenbach, Gänsbrunnen, Gempen, Gerlafingen, Gossliwil, Gretzenbach, Grindel, Günsberg, Gunzgen, Hägendorf, Halten, Härkingen, Hauenstein-Ifenthal, Heinrichswil-Winistorf, Herbetswil, Hersiwil, Hessigkofen, Himmelried, Hochwald, Hofstetten-Flüh, Holderbank, Horriwil, Hubersdorf, Hüniken, Kammersrohr, Kappel, Kestenholz, Kienberg, Kleinlützel, Kriegstetten, Küttigkofen, Kyburg-Buchegg, Langendorf, Laupersdorf, Lohn-Ammannsegg, Lommiswil, Lostorf, Lüsslingen, Luterbach, Lüterkofen-Ichertswil, Lüterswil-Gächliwil, Matzendorf, Meltingen, Messen, Metzerlen-Mariastein, Mühledorf, Mümliswil-Ramiswil, Nennigkofen, Neuendorf, Niederbuchsiten, Niedererlinsbach, Niedergösgen, Niederwil, Nuglar-St.Pantaleon, Nunningen, Oberbuchsiten, Oberdorf, Obererlinsbach, Obergerlafingen, Obergösgen, Oberramsern, Oekingen, Oensingen, Recherswil, Rickenbach, Riedholz, Rodersdorf, Rohr, Rüttenen, Schnottwil, Schönenwerd, Seewen, Selzach, Starrkirch-Wil, Steinhof, Stüsslingen, Subingen, Trimbach, Tscheppach, Unterramsern, Walterswil, Wangen bei Olten, Welschenrohr, Winznau, Wisen, Witterswil, Wolfwil, Zuchwil, Zullwil
Geschichte:
Das Kastell Solothurn (Salodurum) war zur Römerzeit ein Knotenpunkt der großen Heerstraßen Helvetiens. Im Mittelalter Sitz eines angesehenen Chorherrenstifts des heil. Ursus, war Solothurn im neuburgundischen Reiche eine königliche Burg, weshalb Heinrich III. der Salier dort 1038 zum König von Burgund gekrönt wurde. Mit dem Rektorat über Burgund fiel es an die Zähringer, nach deren Erloschen (1218) es eine Reichsstadt wurde. 1295 schloss es mit Bern ein Bündnis und hatte 1318 eine Belagerung durch Herzog Leopold auszustehen, weil es Friedrich den Schönen nicht als König anerkannte. Ein Versuch des Grafen Rudolf von Habsburg-Kyburg, sich der Stadt durch Verrat zu bemächtigen, wurde vereitelt (Solothurner Mordnacht, 10. November 1382) und führte zum Kyburger Krieg, in dem Bern und Solothurn das Grafenhaus zugrunde richteten. Als treue Verbündete Berns nahm Solothurn an den Schicksalen der Eidgenossen schon seit dem 14. Jahrhundert Anteil. Das Land wurde aber infolge des Widerstandes der Länder erst am 22. Dezember 1481 gleichzeitig mit Freiburg in den Bund aufgenommen, nachdem es sich durch Kauf den größten Teil des heutigen Kantons als Untertanenland erworben.
Gegen die Reformation verhielt sich Solothurn eine Zeitlang schwankend; aber nach der Schlacht von Kappel waren die Katholiken im Begriff, die reformierte Minderheit mit den Waffen zu vernichten, als der katholische Schultheiß Wengi sich vor die Mündung der Kanonen stellte und durch sein Eingreifen einen blutigen Zusammenstoß verhütete. Doch blieb Solothurn der Reformation verloren und schloss sich 1586 dem Borromeischen Bund an. Dagegen hielt es sich fern vom Bunde der übrigen katholischen Orte mit Spanien (1587), vornehmlich aus Ergebenheit gegenüber Frankreich, dessen Repräsentanten Solothurn zu ihrer regelmäßigen Residenz erwählt hatten. Auch in Solothurn bildete sich ein erbliches Patriziat aus, das im französischen Kriegs- und Hofdienst eine Hauptquelle seines Wohlstands hatte, dessen Regiment aber mit dem Einrücken der Franzosen am 1. März 1798 ein Ende nahm. Die Mediationsakte erhob 1803 Solothurn zu einem der sechs Direktorialkantone mit einer Repräsentativverfassung. Nach dem Einrücken der Österreicher bemächtigten sich die noch lebenden Mitglieder der alten patrizischen Räte in der Nacht vom 8. zum 9. Januar 1814 des Rathauses, erklärten sich für die rechtmäßige Regierung und schlugen eine Erhebung der Landschaft mit bernischer Hilfe nieder; nur ein Drittel des Großen Rates wurde dieser zugestanden. 1828 wurde Solothurn durch ein Konkordat der Kantone Bern, Luzern, Zug, Solothurn, Aargau und Thurgau zum Sitz des neugegründeten Bistums Basel erhoben.
1830 gab der Große Rat dem stürmischen Verlangen der Landschaft nach Rechtsgleichheit nach und vereinbarte zu Balsthal mit den Ausschüssen derselben eine neue Verfassung, die, obwohl sie der Hauptstadt noch 37 Vertreter auf 109 gewährte, am 13. Januar 1831 mit großer Mehrheit angenommen wurde. 1841 wurde durch eine Verfassungsrevision, die das Wahlvorrecht der Stadt beseitigte, das seit 1830 bestehende liberale Regiment befestigt. Daher hielt sich der Kanton Solothurn trotz seiner katholischen Bevölkerung zu den entschiedensten Gegnern des Sonderbundes und nahm die neue Bundesverfassung 1848 mit großer Mehrheit an. Durch zwei Verfassungsrevisionen (1851 und 1856) wurde das lange festgehaltene System der indirekten Wahlen beseitigt. Nachdem 1869 Referendum und Initiative eingeführt worden waren, wurde 1875 die gesamte Verfassung revidiert. Inzwischen war der Konflikt der Baseler Diözesanstände gegen den in Solothurn residierenden Bischof Lachat ausgebrochen, in dem Solothurn sich der Mehrheit anschloss und den Bischof nötigte, nach seiner Absetzung seine Amtswohnung zu räumen.
Zugleich strengte die Regierung im Namen der Stände einen Prozess gegen Lachat wegen stiftungswidriger Verwendung von bedeutenden Legaten (Nachlassvermögen) an, der 1877 vom Obergericht zu ihren Gunsten entschieden wurde. Eine Folge dieses Konflikts war die Aufhebung einer Anzahl kirchlicher Stiftungen, deren ca. 4 Millionen Franken betragendes Vermögen zu Schul- und Krankenfonds verwendet wurde (18. September 1874). Auch fand das christkatholische Bistum staatliche Anerkennung in Solothurn, doch vermieden sowohl die Regierung als die römisch-katholische Geistlichkeit einen offenen Bruch, und die letztere unterwarf sich 1879 der in der Verfassung vorgesehenen periodischen Wiederwahl durch die Gemeinden. 1885 wurde der Friede mit der Kurie durch Wiedererrichtung des Bistums Basel und des Domkapitels in Solothurn hergestellt, wo der neue Bischof Fiala seinen Sitz nahm. Am 23. Oktober 1887 beschloss das Volk eine neue Verfassung, die bei der Bestellung sämtlicher Staatsbehörden Berücksichtigung der Minderheiten vorschrieb und die Volkswahl für die Regierung festsetzte. Durch eine Partialrevision vom 17. März 1895 wurde die Volksinitiative für Verfassungsänderungen, das proportionale Wahlverfahren und eine direkte Staatssteuer eingeführt.
Bildergalerie
Quellenhinweise:
- „Ortslexikon der Schweiz“ von Henry Weber, Verlag von M. Kreutzmann, St. Gallen 1887
- „Meyers Konversations-Lexikon“ in 24 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1906
- „Meyers kleines Konversations-Lexikon“ in 6 Bänden 1908
- „Meyers Lexikon“ in 12 Bänden Bibliographisches Institut Leipzig 1924
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