Witu-Land, Haus des Sultans Achmed Simba in Witu

Deutsch-Witu-Land

Deutsch-Witu-Land, die Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Witu 1885 – 1890 und eine Übersicht der echten Witu-Briefmarken.

Deutsch-Witu, Landkarte
Deutsch-Witu, Landkarte

Deutsch-Witu-Land 1885 – 1890

Die Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Witu ist nur von kurzer Dauer und heute weitgehend unbekannt. Selbst in einschlägiger Literatur über die deutschen Kolonien wird es kaum erwähnt. Die Reichsregierung tauschte das kleine Land, neben anderen Gebieten, im Helgoland-Sansibar-Vertrag gegen die Nordseeinsel Helgoland, mit katastrophalen Folgen für die Bewohner in Witu. Die deutschen Abenteurer und Kolonialpioniere, die Brüder Clemens und Gustav Denhardt, starben später völlig verarmt in der Heimat.

Witu-Land, Haus des Sultans Achmed Simba in Witu
Witu-Land, Haus des Sultans Achmed Simba in Witu

Wegen ständiger Kriege mit den Sultanen von Sansibar ziehen sich die Sultane von Nabahamis ins Landesinnere von Ostafrika zurück. Im 19. Jahrhundert wird Witu zum Hauptsitz der Sultane von Nabahamis. Da entflohene Sklaven dort Asyl finden, sieht sich das Sultanat Witu ständiger Bedrohungen und Angriffe des Sultans von Sansibar (Said Bargash) ausgesetzt. 1867 fordert Sultan Achmed von Witu (über den deutschen Afrikaforscher Brenner) Preußen auf, die Schutzherrschaft über Wituland zu übernehmen um „endliche Ruhe vor den Überfällen der Sansibarkrieger zu haben„.

Witu-Land, Östlicher Eingang zur Stadt Witu
Witu-Land, Östlicher Eingang zur Stadt Witu

Am 8. April 1885 erwerben die Brüder Clemens und Gustav Denhardt vom Sultan Achmed von Witu etwa 25 Quadratmeilen Land „mit allen ihm daran zustehenden Hoheits- und Privatrechten“ und veranlassen ihn gleichzeitig, sich auch „hinsichtlich seines übrigen Gebietes unter deutschen Schutz zu stellen„. Großbritannien unter seinem Generalkonsul Sir John Kirk unterstützt den Sultan von Sansibar, um eine weiter deutsche Kolonie in Ostafrika zu verhindern. Die Briten verfolgten den Plan einer durchgehenden Kolonie von Kairo bis Kapstadt. Reichskanzler Otto von Bismarck entsendet zunächst S.M.S. Gneisenau zur Tana-Mündung; von dort marschiert ein Landkommando von 3 Offizieren und 30 Mann 3 Tage durch den Busch nach Witu und wird dort freudig empfangen.

Witu-Land, Arabisches Fort in Lamu auf der Insel Lamu
Witu-Land, Arabisches Fort in Lamu auf der Insel Lamu

Am 27. Mai 1885 werden die erworbenen Gebiete unter deutschen Schutz gestellt. Aus Dankbarkeit ernennt Sultan Achmed Clemens Denhardt zum Minister für äußere und innere Angelegenheit. Nach dem Tod von Sultan Achmed wird Fumo Bakari sein Nachfolger. Am 1. Juli 1890 schließt Reichskanzler Leo Graf von Caprivi mit Großbritannien den Helgoland-Sansibar-Vertrag ab, in dem beide Staaten ihre ostafrikanischen Interessensphären abgrenzen.

Clemens Denhardt

Clemens Denhardt
* 03.08.1852 in Zeitz
† 07.06.1929 in Bad Sulza (Thüringen)

Deutschland zieht seine Schutzherrschaft über Wituland, gegen den Widerstand des Sultans Simba, zugunsten Großbritanniens zurück und erklärt sich außerdem mit der künftigen Schutzherrschaft der Briten über Sansibar einverstanden. In Wituland kommt es daraufhin zu deutschfeindlichen Ausschreitungen bei denen mehrere Deutsche erschlagen werden, die Gebrüder Denhardt müssen fliehen. Die Briten führen ein Strafexpedition gegen Wituland durch, der Sultan wird ins Gefängnis geworfen und dort später vergiftet.

Gustav Denhardt

Gustav Denhardt
* 13.07.1856 in Zeitz
† 19.07.1917 in Leipzig

Durch einen Vertrag mit dem Deutschen Reich trat Clemens Denhardt seine Rechte ab und Wituland wurde im Austausch gegen die Insel Helgoland im Jahr 1890 an Großbritannien abgetreten. Die Forderung Denhardts an das Reich in Höhe von 150.000,- Mark (entspricht ca. 1.650.000 Euro) als Entschädigung wurde vor dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) abgelehnt. Danach erhielt er auf Grund seiner ständigen Eingaben ab und zu 500,- bis 800,- Mark Unterstützung. Er starb als armer Mann in Bad Sulza (bei Jena). Am Grab ereilte ihn der Dank seines Vaterlandes in Form großer Lorbeerkränze und schöner Grabreden mit Rühmung seiner Verdienste durch Vertreter des Auswärtigen Amtes. Eine Straße in Bad Sulza erhielt seinen Namen verliehen.

Kampf um Wituland
Kampf um Wituland

Gustav Denhardt wurde im Ersten Weltkrieg festgesetzt und kam als Gefangenenlager nach Indien. Todkrank wird er entlassen und stirbt am 19. Juli 1917 in Leipzig.

Nach den Brüdern Denhardt wurde u.a. ein Mineral, das 1905 von Potonie beschrieben worden ist, „Denhardtit“ benannt.

Deutsch-Witu Briefmarken

Alle Marken sind mit dem Handstempel auf farbigem Papier ohne Gummierung hergestellt worden. Fälschungen entstanden meistens im Lithographieverfahren. Zur Entwertung dienten Kreisstempel mit der Inschrift WITO, dem Datum und „Witu“ in arabischer Schrift oder Balkenstempel mit „W“! Die Währung der Briefmarken war die Rupie (1 Rupie = 64 Pesa).

Deutsch-Witu

Witu-Schutzgebiet, 4er-Block
Witu-Schutzgebiet, 4er-Block

Portomarken:

13. Juli 1889: 1. Freimarken-Ausgabe (gültig bis 18. August 1889), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (Suaheli-Inschrift: alama ya posta sultaniya sawahiliiya = Marke der Post des Sultans des Suahelilandes)

26. Juli 1889: 2. Freimarken-Ausgabe (gültig bis 18. August 1889), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (arabische Inschrift: posta essultanije esswahielije = Post des Suahelisultanats)

3. August 1889: 3. Freimarken-Ausgabe (gültig bis 18. August1889), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4und 1 Rupie (arabische Inschrift wie 2. Ausgabe)

15. August 1889: 4. Freimarken-Ausgabe (gültig bis 18. August 1889), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (arabische Inschrift wie vordem)

18. August 1889: 5. Freimarken-Ausgabe (gültig bis 24. Juli 1890), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (arabische Inschrift wie vordem)

Dienstmarken:

13. Juli 1889: 1. Dienstmarken-Ausgabe (gültig_ bis 24. Juli 1890), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (Suaheli-Inschrift wie bei 1. Freimarken-Ausgabe)

Witu, Dienstmarke 1889
Witu, Dienstmarke 1889

Deutsch-Witu

24. Juli 1889: 2. Dienstmarken-Ausgabe (gültig bis 24. Juli 1890), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa, 1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (Suaheli-Inschrift wie vordem)

Witu, Dienstmarke 1889
Witu, Dienstmarke 1889

Deutsch-Witu

8. August 1889: 3. Dienstmarken-Ausgabe (gültig bis 24. Juli 1890), 12 Marken von 1 bis 8 Pesa,1/4, 1/2, 3/4 und 1 Rupie (arabische Inschrift wie bei 2. Freimarken-Ausgabe.

Malakote

Malakote, 1 Rupie
Malakote, 1 Rupie

Immer wieder wird behauptet die sogenannten Malakote-Marken seien Briefmarken aus Witu, das sind sie aber nicht. Sie sind nicht einmal offizielle Briefmarken, sondern nur Privatdrucke. Einen Staat Malakote hat es nie gegeben. Die Marken haben die Denhardts 1896 drucken lassen. Erst 1929 im Nachlass gefunden sind sie im Briefmarkenhandel aufgetaucht und von einigen Händlern über teils phantasievolle Anzeigen verkauft worden. Angeblich „echt gelaufene Briefe“ und postalisch gestempelte Marken sind demnach Fälschungen. Siehe auch den Beitrag Malakote-Briefmarken.

Witu, auch Wituland, war ein afrikanisches Sultanat an der Küste des heutigen Kenia.

Als Leiter des Deutschen-Witu-Archivs schrieb Bernd Nowack 1999 die Fachpublikation „Die Kolonie Deutsch-Witu und ihr Tausch gegen Helgoland“.

Bernd Nowack (Künstlername Barry Noa) * 8. August 1951 in Dessau † 6. Dezember 2020 in Dessau.

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • „Deutschlands Kolonien“ von Rochus Schmidt Verlag des Vereins der Bücherfreunde Schall & Grund 1898
  • „Großes Lehrbuch der Geographie“ E. von Seydlitz, Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“ 7. Auflage Braunschweig und Leipzig Hellmuth Wollermann 1906
  • „Konversationslexikon“, Leipzig und Wien 1909
  • „Die deutschen Kolonien“ Geographie, E. von Seydlitz – Königliche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung Breslau 1910
  • „Deutschlands Kolonien“ von W. Scheel Verlagsanstalt für Farbfotographie Weller & Hüttich 1912
  • „Die deutschen Kolonien“ Herausgegeben von Kurd Schwabe Nationalausgabe – Band I/II 1914
  • „Deutsches Kolonial-Lexikon“ Leipzig 1920
  • Deutsches Witu-Archiv, Dessau
Reichsadler 1889-1918

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