Zwickau, Markt

Zwickau in Sachsen

Zwickau im Königreich Sachsen, Stadtgeschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Zwickau 68.472 Einwohner – 1905 = 58. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.

Zwickau i. S., Marktplatz mit Marienkirche
Zwickau i. S., Marktplatz mit Marienkirche

Neben der Stadt Zwickau in Sachsen existiert:

  • Zwickau in Böhmen, eine Stadt im Kaisertum Österreich, Königreich Böhmen, Bezirkshauptmannschaft Deutsch-Gabel, am Südfuß des Lausitzer Gebirges, an der Linie Röhrsdorf-Zwickau der Böhmischen Nordbahn gelegen, Sitz eines Bezirksgerichts, hat ein Krankenhaus, mechanische Buntwebereien, Färbereien, Bleicherei, Zwirnerei, Bierbrauerei, Dampfsäge, Elektrizitätswerk. Im Jahr 1900 leben hier 6020 deutsche Einwohner.

 

Zwickau im Königreich Sachsen

Zwickau in Sachsen, ist die Hauptstadt der gleichnamigen Kreis- und Amtshauptmannschaft, liegt an der Zwickauer Mulde und 267 Meter über dem Meer.

Zwickau Stadtplan 1910 (Wagner & Debes Leipzig)
Zwickau Stadtplan 1910 (Wagner & Debes Leipzig)

Sie ist in ihrem älteren Teil unregelmäßig gebaut und von altertümlichem Aussehen. Unter den 9 Kirchen (worunter eine Methodistenkirche und eine neue katholische Kirche) zeichnet sich die seit 1451 im gotischen Stil wieder erbaute, 1885–91 restaurierte und an der Außenseite mit 70 Statuen geschmückte Marienkirche von 1118 aus.

Landkarte Königreich Sachsen, Thüringische Staaten
Landkarte Königreich Sachsen, Thüringische Staaten

Auf ihrem 87 m hohen Turm ist eine 115 Zentner schwere Glocke, in ihrem Innern Gemälde von Lukas Cranach dem Jüngern, ein in Holz geschnitzter Flügelaltar von Michael Wolgemut, eine Holzschnitzerei (das Heilige Grab) von 1507, wahrscheinlich von Veit Stoß, und ein kostbares Kruzifix aus Bergkristall.

Zwickau i. S., Hauptmarkt
Zwickau i. S., Hauptmarkt

Die 1893–94 restaurierte Katharinenkirche (an der Thomas Münzer 1520–22 Prediger war), ebenfalls im gotischen Stil erbaut, ist mit einem Altargemälde von Lukas Cranach dem Älteren geziert. Ansonsten sind zu nennen das Rathaus (von 1581, mit dem an Urkunden bis zum 13. Jahrhundert reichen Ratsarchiv, das auch das von Hans Sachs geschriebene Manuskript von 15 Bänden seiner Gedichte enthält), das im spätgotischen Stil 1522–24 erbaute Gewandhaus (als Theater und zu Konzerten benutzt), die Gebäude des Kunstvereins mit Gemäldesammlung, das Schloss Osterstein (jetzt Strafanstalt) etc.

Zwickau i. S., Hauptmarkt
Zwickau i. S., Hauptmarkt

Bemerkenswert sind auch das Geburtshaus des Komponisten Robert Schumann am Markt und ein anderes Haus dort, in dem Luther und Melanchthon bei ihrer Anwesenheit in Zwickau wohnten. Zwickau besitzt ein schönes Kriegerdenkmal, ein Denkmal des Komponisten Robert Schumann auf dem Hauptmarkt und ein Streitdenkmal im Stadtpark. Im Jahr 1905 leben hier mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 133) auf 68.502 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 4201 Katholiken und 124 Juden.

Zwickau i. S., Hauptmarkt mit Gewandhaus
Zwickau i. S., Hauptmarkt mit Gewandhaus

Zwickau ist Mittelpunkt des Steinkohlenbergbaues im Erzgebirge. Die dortigen Kohlenlager werden schon 1348 erwähnt, aber erst seit 1823 im großen ausgebeutet. Um das Jahr 1900 sind dabei mehr als 13.000 Arbeiter beschäftigt, die Produktion beträgt über 2,5 Millionen Tonnen jährlich. Außerdem hat Zwickau bedeutende Spinnerei und Weberei, Eisengießerei, Automobil- und Maschinenbau,

Zwickau i. S., Kaiser-Wilhelm-Platz mit Bismarckdenkmal
Zwickau i. S., Kaiser-Wilhelm-Platz mit Bismarckdenkmal

Fabrikation von chemischen Produkten, Porzellan, Papier, Glas, Farbwaren, Draht- und Hanfseilen, Handschuhen, Strumpfwaren, englischen Gardinen, Segeltuch, Drahtstiften, Sieben und Geflechten, Goldschlägerformen, Sicherheitslampen, Metallwaren, Rohrflanschen, Fässern, Dachpappe, Holzzement, Papierstuck, Portefeuillewaren, Malz, Senf, Seife etc.

Zwickau i. S., Blick in die Innere Pauen'sche Straße
Zwickau i. S., Blick in die Innere Pauen’sche Straße

Ferner bestehen Dampfsteinschneiderei, Diamant- u. Glasschleiferei, Dampfmühlen, Dampfsägewerke, Ziegeleien und große Bierbrauereien. Der Handel, unterstützt durch eine Nebenstelle der Reichsbank (Umsatz 1907: 576,2 Millionen Mark), Filialen der Dresdener und der Sächsischen Bank und andere Geldinstitute sowie durch eine Börse (hauptsächlich für Kohlenaktien), ist sehr lebhaft, besonders in Getreide, Ziegeln, Holz, Steinkohlen, Leinen etc.

Zwickau i. S., Kaiserliches Postamt
Zwickau i. S., Kaiserliches Postamt

Dem Verkehr in der Stadt und nach einigen Vororten dient eine elektrische Straßenbahn. Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Reichenbach i. V.-Chemnitz, Werdau-Zwickau, Zwickau-Ölsnitz, Zwickau-Schwarzenberg u. a. An Bildungs- und ähnlichen Anstalten besitzt Zwickau ein Gymnasium mit einer für die Reformationsgeschichte wertvollen Bibliothek (25.000 Bände, darunter auch seltene Musikalien), ein Realgymnasium nebst Realschule,

Zwickau i. S., Albertplatz mit Realgymnasium
Zwickau i. S., Albertplatz mit Realgymnasium

eine Handels- und eine Bergschule, eine Ingenieurschule, mehrere Innungsfachschulen, ein Waisenhaus, einen Kunstverein, eine mineralogisch-geologische Sammlung (Richterstiftung) und zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten. Die Stadt ist Sitz einer Kreis- und einer Amtshauptmannschaft, eines Landgerichts, eines Kreissteuerrates, einer Eisenbahnbetriebsdirektion, eines Hauptsteueramts, einer Berginspektion etc. Die städtischen Behörden zählen 15 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete.

Zwickau i. S., Ingenieur-Schule
Zwickau i. S., Ingenieur-Schule

In der Umgebung sind bemerkenswert der an der Südseite der Stadt gelegene Stadtpark mit dem 18 Hektar großen Schwanenteich und dem Schwanenschloss und der Windberg (Alberthöhe) mit Bismarckturm und hübscher Aussicht. Zum Landgerichtsbezirk Zwickau gehören die 17 Amtsgerichte zu: Aue, Eibenstock, Glauchau, Hartenstein, Hohenstein-Ernstthal, Johanngeorgenstadt, Kirchberg, Krimmitschau, Lichtenstein, Lößnitz, Meerane, Schneeberg, Schwarzenberg, Waldenburg i. S., Werdau, Wildenfels und Zwickau.

Zwickau i. S., Reichsbank
Zwickau i. S., Reichsbank

Zwickau (fälschlich durch Cygnea, „Schwanenstadt“, erklärt) ist sorbischen Ursprungs und blühte nach 1000 rasch empor, da es an einer der Handelsstraßen lag, die von Halle nach Böhmen führten. Zwickau gehörte zum Osterland, dann zum Pleißengau, war aber Reichsgut. Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen erhielt die Stadt als Unterpfand für die Mitgift bei der Verlobung seines Sohnes Albrecht mit Margarete, Kaiser Friedrichs II. Tochter; 1311 und 1323 wurde der Pfandbesitz den Markgrafen bestätigt und von Karl IV. in ein Lehen verwandelt.

Zwickau i. S., Königliches Lehrer-Seminar
Zwickau i. S., Königliches Lehrer-Seminar

Nach dem Brand von 1403 wieder aufgebaut, entfaltete sich Zwickau zu immer größerer Blüte, besonders nach der 1470 erfolgten Einrichtung der Schneeberger Silberbergwerke. Die Reformation wurde schon 1521 eingeführt, von hier ging die Bewegung der Wiedertäufer aus. Durch den Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg wurden der Stadt tiefe Wunden geschlagen, von denen sie sich erst in neuerer Zeit wieder erholt hat.

Zwickau i. S., König-Albert-Museum
Zwickau i. S., König-Albert-Museum

Die Kreishauptmannschaft Zwickau umfasst 2548 km² (46,28 Quadratmeilen) mit (1905) 800.231 Einwohnern (darunter 761.170 Evangelische, 29.123 Katholiken und 840 Juden), 314/km², und besteht aus den fünf Amtshauptmannschaften: Auerbach, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg und Zwickau.

Zwickau ist heute ein Stadt im Freistaat Sachsen mit rund 90.000 Einwohnern (2020).

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
Reichsadler 1889-1918

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